Äußerer Stress ist zweifellos belastend, wirklich zermürbend ist jedoch der innere Stress, den er auslöst. Im Beitrag wird dargestellt, welche Möglichkeiten es für Coaches gibt, ihren Klienten zu mehr Stress-Resistenz zu verhelfen, auch um damit der Gefahr eines möglichen Burn-outs zu entgehen. Denn Burn-out ist im Wesentlichen ein Stress-Phänomen.
Auch wenn der Stress nicht zu Burn-out führt, stellt er für die Betroffenen eine starke Beeinträchtigung dar. Ein Coaching-Tool wie Introvision-Coaching soll in diesen Situationen den Klienten auf seinem Weg zurück zur Handlungsfähigkeit, Gelassenheit, innerer Ruhe und Lebensfreude unterstützen. Innere Stressoren zu „entschärfen“, zu verstehen, was innere „Alarme“ triggert, und diese dann zu löschen, ist die Hauptarbeit im Introvision-Coaching. Sie ist eine auf meditativen Achtsamkeitstechniken beruhende Methode, inneren Druck dauerhaft aufzulösen.
Zwar ist das Coaching-Tool vorrangig dafür gedacht, dass es Coaches bei der Arbeit mit ihren Klienten unterstützt – doch auch Coaches selbst sind nicht gegen Stress gefeit, wie das folgende Beispiel zeigt.
Dominic (Name geändert) arbeitet seit einigen Jahren als Coach und Trainer und hat sich während dieser ganzen Zeit komplett überfordert. Aus Angst, als Selbständiger irgendwann womöglich ohne Einkommen dazustehen, hat er praktisch alle Aufträge und jeden Klienten angenommen und deshalb viel zu viel gearbeitet. Inzwischen steht er kurz vor dem Burn-out und hat beschlossen, selbst ein Coaching in Anspruch zu nehmen. In der ersten Sitzung schildert er seine Schlafprobleme, die inzwischen zu einem eklatanten Schlafmangel geführt haben, er fühlt sich völlig erschöpft, kommt aber nicht mehr zur Ruhe. Außerdem berichtet er über die Selbstzweifel, die ihm besonders vormittags zu schaffen machen. Er zermürbt sich mit der Frage, ob er überhaupt gut genug ist, und er wird gequält von der Angst (Originalzitat): „Womöglich könnten die anderen merken, dass ich eigentlich gar nichts kann.“ In der Fachwelt ist das als das klassische „Imposter-Syndrom“ bekannt.
Wenn Menschen im beruflichen Alltag mit Stress reagieren oder sich, wie im vorliegenden Fall, selbst in eine überaus stressige Arbeitssituation bringen, kann man davon ausgehen, dass das auf alte Muster zurückzuführen ist. Deshalb nutzt es auch herzlich wenig, den guten Ratschlag zu geben, doch etwas weniger zu arbeiten. Oder, im Fall der Selbstzweifel, demjenigen zu empfehlen, seine innere Stimme mit „positiven Botschaften“ zu übertönen oder auf ähnliche Maßnahmen zur Vertrauensbildung in sich selbst zurückzugreifen.
Diese alten Muster gehen zurück auf Begebenheiten oder Situationen, die vom Betroffenen, oft in Kindheit oder Jugend, als traumatisch oder bedrohlich erlebt wurden und dazu führten, dass „innere Alarme“ installiert wurden, die im limbischen System beheimatet sind. Auch noch als Erwachsener kann man etwas erleben, das zur Bildung eines Alarms führt. Im Berufsleben etwa, wenn man vom eigenen Chef vor versammelter Mannschaft heruntergeputzt wurde oder wenn man das Gefühl hatte, sich vor Kollegen, Kunden oder Vorgesetzten blamiert zu haben. So etwas Belastendes will man nie wieder erleben, schon gar nicht das Gefühl des Scheiterns oder Versagens, das vielleicht noch aus Erlebnissen und Erfahrungen von früher stammt.
Diese Muster sind individuell ausgeprägt, sodass Menschen unterschiedlich auf äußere Belastungen wie z.B. auf eine sehr hohe Arbeitsintensität reagieren. In den allermeisten Fällen erleben Menschen deshalb Stress-Belastung oder Burn-out, weil durch die hohe Arbeitsbelastung bei ihnen die inneren Alarme anspringen. Wer diese inneren Alarme nicht hat, kommt mit der gleichen Arbeitsbelastung problemlos klar. So ist es nicht die Menge an Arbeit, die bei den meisten den Stress verursacht, sondern die Angst davor, es nicht zu schaffen!
Stress entsteht also nicht selten, weil durch irgendetwas Ängste und Befürchtungen getriggert werden. So war es auch in Dominics Fall. Die Angst zu scheitern verursachte das sehr viel größere Problem als die Menge an Aufträgen.
Wird nichts gegen den anhaltenden Stress unternommen, kommt es irgendwann zum Burn-out. Dabei handelt es sich um einen schleichenden, sich über einen längeren Zeitraum anbahnenden Prozess und keinen über Nacht plötzlich aufkommenden Schnupfen. Wenn man sich in irgendeiner Form überfordert fühlt, Angst hat, etwas nicht zu packen, womöglich noch private Belastungen und Sorgen hinzukommen und deswegen auch die nötigen Erholungsphasen wegfallen, bringt der Mensch seinen Energiespeicher peu à peu gegen Null und rückt so dem Burn-out immer näher.
Ein Folge von anhaltendem Stress sind irgendwann archaische Reaktionen wie Angriff, Flucht oder, wie man es beim Burn-out-Syndrom oftmals beobachten kann, Erstarren. Der Betroffene ist dann selbst von kleinsten Entscheidungen überfordert – es geht rein gar nichts mehr.
Die inneren Alarme, wie zuvor beschrieben, wurden zu irgendeinem Zeitpunkt im limbischen System, genauer in der Amygdala, installiert. Vereinfachend kann man sagen, dass in der Amygdala die menschlichen Überlebensprogramme beheimatet sind. Zu diesem Überlebensprogramm gehört die Ausschüttung von Stress-Hormonen, denn die befähigen den Menschen in einer gefährlichen Situation zu Höchstleistungen. Macht der Mensch eine bedrohliche, gefährliche Erfahrung, wird das in der Amygdala gespeichert. So sorgt sie dafür, dass er rechtzeitig gewarnt wird, wenn ihm eine Gefahr droht. Entsprechend springen die inneren Alarme immer dann an, wenn es Anzeichen dafür gibt (oder zu geben scheint), dass eine Situation sich wieder zu einer solchen vermeintlichen Gefahr entwickeln könnte. Dabei genügt der Amygdala bereits eine partielle Übereinstimmung/Nähe mit einer erlebten Gefahrensituation oder einem traumatischen Ereignis, um die Ausschüttung jener Stress-Hormone zu initiieren, die die Menschen brauchen, um in einer tatsächlichen Gefahr so schnell sie nur können um ihr Leben zu rennen.
Da die Amygdala, um ihrer wichtigen Aufgabe des Lebenserhalts des Menschen gerecht zu werden, sehr, sehr schnell reagieren können muss, ist es unmöglich, mit bewusstem Nachdenken gegen „irrationale“ Ängste anzukommen. Dominic war es völlig klar, wenn er ruhig und rational darüber nachdachte, dass seine Angst, „es gar nicht zu können“, keinerlei Berechtigung besaß. Schließlich war er zu seinen vielen Aufträgen nicht wegen erwiesener Unfähigkeit gekommen. Doch das bewusste Nachdenken passiert im Großhirn und das ist einfach zu langsam, um instinktive Reaktionen noch stoppen zu können: Die Stresshormone wirken bereits, bevor das Großhirn Zeit hatte, zu registrieren, dass keine Gefahr besteht. Ist der Alarm erst in Gang gesetzt, dann läuft er auch ab.
Der Sinn eines jeden Alarms besteht darin, eine Handlung hervorzurufen. Allerdings kosten Alarme, insbesondere jene, die im limbischen System ausgelöst werden, Energie. Da unser Gehirn ein sehr energiebewusstes Organ ist, schaltet es sehr schnell den Alarm ab, wenn es merkt, dass er ins Leere läuft. Wie kann man diesen Effekt zur Stressbewältigung im Coaching nutzen?
Die Introvision wurde vor etwa zwanzig Jahren an der Universität Hamburg entwickelt, um genau solche Alarm-Reaktionen in den Griff zu bekommen. Nicht durch Nachdenken, nicht durch den „Entschluss“, ganz ruhig und entspannt zu bleiben, sondern durch die Idee, sich innerlich in die stressige Situation hineinzuversetzen und dann nur zu beobachten, was dabei alles passiert, ohne bewusst etwas verändern zu wollen.
Jeder Versuch, in der akuten Situation den Alarm abzubrechen, stellt nämlich ein Eingreifen, also ein Handeln dar. Man reagiert auf den Alarm – und bestätigt damit immer wieder, dass er gebraucht wird. Im Introvision-Coaching hingegen wird der Klient angeleitet, seinen Alarm wertfrei zu beobachten, mit allem, was er im Inneren an negativen körperlichen, seelischen und mentalen Auswirkungen auslöst.
Im Coaching wurde mit Dominic herausgearbeitet, dass die Angst vor dem Scheitern sein alles beherrschendes Thema ist. Um bei ihm den inneren Stress auszulösen, den er auch in den realen Bewährungs-Situationen erlebt, wurde der Satz gefunden: „Es kann sein, dass ich total scheitere und dann abgelehnt werde, so wie ich bin“. Bei ihm löste der Satz einen sehr starken Alarm aus. Er schilderte, dass er im ersten Moment innerlich nur aufschrie und augenblicklich flüchten wollte. Doch da er vorher mit etlichen Übungen gelernt hatte, die Haltung der beobachtenden Wahrnehmung einzunehmen und beizubehalten, gelang es ihm, über ca. zehn Minuten hinweg nicht einzugreifen, sondern sich anzuschauen, was in seinem Inneren passiert.
Um Introvision-Coaching wirksam durchführen zu können, ist es von entscheidender Bedeutung, den „Schlüsselsatz“ zu finden, der beim Klienten tatsächlich – wie bei Dominic – Stress auslöst. Denn ohne den Alarm zu erzeugen, kann man ihn nicht löschen. Das klingt zwar schlicht, doch es kommt sehr auf die richtige Wortwahl an. „Versagen“ und „scheitern“ z.B. sind zwei Vokabeln, die das Gleiche aussagen, doch es kann sein, dass der Satz „Ich darf nicht versagen“ den Klienten völlig gleichgültig lässt, während „Ich darf nicht scheitern“ ihn in helle Aufregung versetzt.
Die Vorbereitung auf das Introvision-Coaching beinhaltet mehrere Schritte: Zum einen das Herausarbeiten des richtigen Satzes, die Erklärung, was Introvision ist und wie sie funktioniert, sowie das Einüben der Haltung der weiten Wahrnehmung. Sehr geeignet dazu sind Übungen aus dem MBSR-Programm (MBSR = Mindfulness based Stress Reduction) nach Jon Kabat-Zinn. Damit lernt der Klient, alle körperlichen, emotionalen und mentalen Vorgänge bei sich wertfrei zu beobachten, ohne sich speziell auf Einzelnes zu fokussieren und ohne etwas verändern zu wollen. Vor allem dann, wenn Klienten vorher schon Versuche unternommen hatten, ihren Stress zu bewältigen, haben sie vielleicht Atemtechniken gelernt, um innere Aufregung zu besänftigen. Das ist jedoch beim Sitzen und Beobachten kontra-indiziert. Es geht ausschließlich um das Beobachten, um so den Alarm ins Nichts laufen zu lassen. Schließlich bedeutet jede aktive Reaktion auf den Alarm ein Eingreifen, das letztlich seine „Notwendigkeit“ bestätigt und dadurch für seinen Fortbestand sorgt.
Im weiteren Verlauf des Coaching-Prozesses wurde die Übung mit Dominic zwei Mal wiederholt. Während dieser zweimal zehn Minuten kam es bereits zu einer deutlichen Verringerung des Alarms. Versehen mit einer Aufnahme der Anleitung, wie er sich mit seinem stress-auslösenden Satz konfrontieren sollte, erhielt Dominic die Hausaufgabe, diese Übung täglich etwa eine halbe Stunde durchzuführen, entweder bis zum nächsten Coaching-Termin oder bis der Alarm bei Null angekommen, also überhaupt nicht mehr wahrnehmbar war.
Menschen, die unter Stressbelastung leiden, benutzen häufig das Bild: „Ich stehe total unter Druck“, um zu beschreiben, wie es ihnen geht. Daher ist das Bild des Dampfkochtopfs gut geeignet, um den Unterschied zwischen manch anderer Maßnahme gegen Stress und dem Einsatz des Coaching-Tools Introvision-Coaching zu erläutern. Herkömmliche Maßnahmen wie Jogging oder überhaupt Bewegung, gute Ratschläge zu Lebensführung und Ernährung etc. sind das Ventil, das sich öffnet, um den Druck abzulassen, damit einem der Topf nicht um die Ohren fliegt. Diese genannten Maßnahmen sind jedoch Stressabbau und nur bedingt bzw. nicht in jedem Fall eine Stress-Prävention.
Ein Coaching, das die Introvision nutzt, stellt in gewisser Weise die Herdplatte ab: In Zukunft ist der Dampf raus. Das heißt, eine bis dato stressige Situation löst keinen Stress mehr aus, weil durch sie kein innerer Druck mehr erzeugt wird.