Das Dreier-Gespräch erweckt den Anschein, als hätte man mit allen drei Beteiligten – Auftraggeber, Klient, Coach – klare Vereinbarungen. Die Wirklichkeit sieht jedoch meist so aus, dass man gar keine klaren Aussagen bekommt. Weder wird der Auftraggeber im Klartext sagen, was er über den Klienten denkt, noch wird der Klient eindeutig Stellung beziehen, wenn ihm das im Angesicht seines Chefs zu riskant erscheint. So entgehen dem Coach unter Umständen wichtige Informationen.
Noch gravierender ist ein anderer Punkt: Bei einem Gespräch zu dritt ist es praktisch unmöglich, zum Ergebnis zu kommen, dass es sinnvoller wäre, den Auftraggeber zu coachen. Ein Vorgesetzter kann oftmals nicht im Beisein seines Mitarbeiters ein eigenes Coaching ins Auge fassen, das käme einem „Gesichtsverlust“ gleich. Bessere Erfahrungen habe ich bei Einzel-Gesprächen mit Auftraggeber und Klient gemacht, und zwar in dieser Reihenfolge. Denn manchmal erweist sich in der Tat, dass ein Coaching des Vorgesetzten der Sache dienlicher ist als eines für den Mitarbeiter.
Auf eine solche Bitte hin antworte ich, dass ich gern einen Bericht von ihm hätte. Ich erkläre ihm das damit, dass er nichts davon hat, wenn ich ihm mitteile, dass der Klient jetzt alle seine anstehenden Fragen gelöst hat – er davon in der Arbeitsrealität aber nichts merkt. Aber ich als Coach wüsste sehr gern, welche Fortschritte der Klient im Arbeitsalltag zeigt, denn ich brauche das für meine Arbeit. So bitte ich den Auftraggeber, mir einen Zwischenbericht zu geben, welche positiven Veränderungen er am Klienten wahrnimmt.
Das ist nicht nur ein wichtiges Feedback für mich, sondern dient auch dem Zweck, das Augenmerk des Vorgesetzten gezielt auf die positiven Veränderungen zu richten. Auch in einem guten Coaching-Prozess kann sich nicht alles gleichzeitig ändern – ist der Vorgesetzte darauf aus, zu prüfen, was noch nicht funktioniert, so wird er das dem Klienten in irgendeiner Weise kommunizieren, und das wirkt weder unterstützend noch motivierend. Hält er aber Ausschau nach dem, was sich in gutem Sinne verändert hat, verstärkt er damit auch die positiven Effekte des Coachings.
Für Coaches mit Erfahrung im Umgang mit emotionalen Ausbrüchen ist ein Sturzbach Tränen nichts erschreckendes, wer jedoch eher aus dem Wirtschaftsbereich kommt, fühlt sich schnell verunsichert. Er weiß nicht, was er tun soll und behilft sich meist damit, ein Taschentuch zu reichen. Auf der unbewussten Ebene des Klienten signalisiert dies aber eher: „Jetzt putz dir die Nase und werde wieder vernünftig!“ – wird also verstanden als Aufforderung, mit dem Weinen aufzuhören.
Ich denke jedoch, dass man als Coach dem Weinen Raum lassen und unter Umständen nachfragen sollte, was die Tränen denn aussagen. Weinen ist ja nichts Schlechtes, sondern zeigt einfach, dass eine starke innere Resonanz vorhanden ist, der Klient in Kontakt mit seiner Emotionalität ist. Wenn es sich ergibt und passt, bringe ich den Klienten auch zum Lachen, schließlich geht es bei den Tränen meist um Vergangenes – und es ist gut, wenn der Klient sich darüber klar wird. Stiege der Coach zu sehr in das gefühlsmäßige Drama ein, könnte der Klient anfangen, richtig zu „leiden“, davon hat er nichts. Also, dem Weinen Raum geben, ohne groß Aufhebens davon zu machen.
Oft ist es nötig, zu einer neuen Problemdefinition zu gelangen – nicht, weil die Problemdefinition des Klienten „falsch“ wäre, sondern weil sie eine Lösung verhindert. Jede Problemdefinition stellt eine bestimmte Sicht auf das Problem dar. Je nachdem, wie und aus welchem Blickwinkel man auf das Problem schaut, kann man andere oder überhaupt Lösungsmöglichkeiten erkennen. Die Frage, wie man das Problem des Klienten anders definieren könnte, führt oft zu genau den hilfreichen Aspekten, die dem Klienten bislang nicht zugänglich waren.