Jede Krise hat auch eine Chance. Diese Aussage ist Coaches gut bekannt – und sie kennen auch das Zauberwort für die Lösung jeder Krise: Reframing, also Umdeutung – den Betrachtungsstandpunkt wechseln, um etwas zu sehen, was vorher unsichtbar war –, Reinventing, um sich und das eigene Business noch einmal ganz neu zu erfinden.
Diese Hinweise machen deutlich, dass die Lösung für den ökonomischen Aspekt der Corona-Krise eigentlich bekannt sein sollte, zumindest all denjenigen, die sich mit Coaching befassen. Was aber heißt das konkret für Coaches und Coaching-Ausbildungsinstitute, die plötzlich vor allem eines bekommen, nämlich Terminabsagen?
Nach Auffassung des Autors sind Coaching und Coaching-Ausbildungen heute und in Zukunft mehr gefragt denn je. Sie sind nicht in der Krise. Was aktuell in der Krise ist, ist die überstarke Dominanz des Präsenz-Formats. Damit liegt die Lösung klar auf dem Tisch: die Aufwertung des Online-Formats. Eine Weiterentwicklung, die schon längst hätte vollzogen sein müssen. Ähnlich wie bei Telearbeit im Homeoffice oder beim E-Learning in Schulen und Hochschulen.
Was könnte das für Coaching und Coaching-Ausbildungen bedeuten? Dieser Frage soll in diesem Beitrag nachgegangen werden, indem zunächst einmal geklärt wird, was das Präsenz-Format bisher so dominant gemacht und somit dazu beigetragen hat, dass die Corona-Pandemie die Coaching-Branche aktuell so hart treffen konnte.
Seit mehr als zehn Jahren gibt es Konzepte für die Digitalisierung von Coaching. Konzepte, die heute ganz klar den Weg aus der Krise weisen könnten, bisher aber mehrheitlich vehement abgelehnt wurden. Deutlich erkennbar wird diese Ablehnung z.B. anhand der Ergebnisse der Ende 2015 von Jörg Middendorf (2016) durchgeführten 14. Coaching-Umfrage Deutschland (Büro für Coaching und Organisationsberatung, BCO): Auf die Frage, welchen Kommunikationskanal sie bevorzugten, gaben 85 Prozent der insgesamt 454 befragten Coaches an, dass sie „Präsenz-Coaching“ bevorzugen. Nur 7 Prozent gaben „Telefon-Coaching“, 4 Prozent „Video-Systeme“, 2 Prozent „E-Mail“, 1 Prozent „Virtuelle Räume“ und ebenfalls 1 Prozent „online-gestützte Expertensysteme“ an. In diesem Sinne stellt David Ebermann 2017 fest: Bis heute ist das „Präsenz-Setting das Maß aller Dinge“ (Ebermann, 2017, S. 11).
Noch krasser ist das Bild, wenn wir auf die Coaching-Ausbildungen schauen. Denn es gibt – bis auf wenige Ausnahmen – keine Coaching-Ausbildung, die überwiegend oder gänzlich online durchgeführt wird. Und was vielleicht noch schlimmer ist: Es gibt bisher so gut wie keinen Diskurs über Online-Coaching-Ausbildungen. Was für Coaching gilt, trifft für Coaching-Ausbildungen deshalb noch sehr viel verschärfter zu, nämlich dass das Präsenz-Format das bis heute unhinterfragte Maß aller Dinge ist.
Für diese Dominanz des Präsenz-Formats im Coaching und in der Coaching-Ausbildung gibt es – in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen – wirtschaftliche, mentale und professionsethische Gründe.
Die bisherige Dominanz des Präsenz-Formats im Coaching stützt sich auf drei ökonomische Argumente. Das erste ist, dass sich Coachings mit einer Sitzungsdauer von mehreren Stunden oder sogar einem ganzen Tag bisher problemlos verkaufen ließen. Darüber hinaus waren die einkaufenden Organisationen auch häufig bereit, die anfallenden Spesen ganz oder teilweise zu übernehmen. In einer solchen Ausgangssituation spricht ökonomisch alles dagegen, Coachings auch per Video oder Telefon anzubieten. Denn Video- und Telefon-Coachings lassen sich nur in kleineren Zeitfenstern von maximal etwa 90 Minuten durchführen.
Das zweite ökonomische Argument bezieht sich auf die Tatsache, dass die Nachfrager von Coachings bisher keinen nennenswerten Marktdruck durch die kritische Rückfrage ausgeübt haben, ob bzw. unter welchen Bedingungen Online-Coachings ein besseres Kosten-Leistungs-Verhältnis als Präsenz-Coachings aufweisen können.
Das dritte ökonomische Argument schließlich hängt mit der Einsicht der Coaches zusammen, dass für die Durchführung von Online-Coachings zumindest partiell andere Kompetenzen notwendig sind. Das heißt: Online-Coachings erfordern neue Kompetenzen, welche nicht 1:1 aus dem Präsenz-Coaching adaptiert werden können. Diese Kompetenzlücke zu füllen, kostet Geld und Zeit.
Ganz ähnlich sind die Überlegungen im Bereich der Coaching-Ausbildungen. Denn auch hier konnten viele der angebotenen Präsenz-Ausbildungen bisher gut verkauft werden. Und auch hier kamen die offensichtlich hinreichend zahlungskräftigen Kunden bisher nicht oder nur sehr zögerlich auf die Idee, hartnäckig nachzufragen, ob es nicht mit Hilfe von Online-Formaten möglich sein könnte, die Kosten einer Coaching-Ausbildung deutlich zu senken.
Zu diesen beiden ökonomischen Argumenten kommt schließlich noch ein drittes hinzu, nämlich die Amortisation der Entwicklungskosten. Damit ist gemeint, dass die Entwicklung einer Coaching-Ausbildung nicht unerhebliche Kosten verursacht und dass es deshalb sinnvoll ist, sie möglichst lange unverändert beizubehalten.
Neben diesen ökonomischen Gründen gibt es noch einen ganz anderen, nämlich einen mentalen Grund für die bisherige Vorherrschaft des Präsenz-Formats im Coaching und in der Coaching-Ausbildung. Es ist die sogenannte Erfolgsfalle, sich an dem zu orientieren, was bisher erfolgreich war, und folglich daran festzuhalten.
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass sich heute in der Corona-Krise vor allem Zweierlei verändert hat. Das Erste ist, dass Präsenz-Formate aktuell ein Gesundheitsrisiko darstellen. Aus diesem Grunde werden Coaching-Termine und Coaching-Ausbildungen abgesagt. Dieses Problem wird sich wahrscheinlich im Laufe der nächsten Zeit reduzieren. Das Zweite, was sich verändert hat und wohl für lange Zeit anders sein wird als bisher, ist das ökonomische Kalkül, d.h. die Kosten-Nutzen-Kalkulation der Nachfrager von Coachings und Coaching-Ausbildungen. Wie diesem Problem zu begegnen ist, wird im übernächsten Abschnitt ausgeführt.
Zuvor jedoch soll das professionsethische Argument hinterfragt werden, dass Online-Coaching nur eingeschränkt zwischenmenschliche Nähe zulasse und deshalb nicht mit den Ansprüchen eines humanistischen Menschenbildes und eines darauf aufbauenden ganzheitlich-systemischen Coaching-Konzepts vereinbar sei (Bachmann & Fietze, 2018). Dieses Argument ist aus Sicht des Autors extrem wichtig, weil es allem Anschein nach für viele Coaches ein zentraler Identitätsanker ist.
Wenn wir klären wollen, welche Art von zwischenmenschlicher Nähe nur im Präsenz-Coaching, nicht aber in den verschiedenen Formaten des Online-Coachings möglich ist, stoßen wir zu allererst auf die Besonderheit, dass sich Präsenz-Coaching in einem Raum vollzieht, in dem sich Coach und Klient zeitgleich befinden. Dieser Raum kann das Büro des Coachs oder des Klienten sein, ein Hotelzimmer, der Garten des Coachs oder auch ein Wald- oder Wiesenweg, der für einen gemeinsamen Spaziergang genutzt wird.
In diesem Raum machen Coach und Klient die Erfahrung einer bestimmten zwischenmenschlichen Nähe. Diese wird zunächst einmal dadurch bestimmt, dass es – im Gegensatz zu allen elektronischen Kommunikationsmedien – keine Exit-Möglichkeit gibt, diesen Raum jederzeit und mühelos verlassen zu können oder für den anderen unsichtbar zu sein. Man kann also nicht einfach den Hörer auflegen wie im Telefon-Coaching oder unsichtbar werden wie im Video-Coaching, indem man die Kamera abstellt. Es ist vielmehr ein Raum, der beide, also sowohl den Coach wie auch den Klienten dazu zwingt, sich körperlich gegenüber dem anderen raumzeitlich zu positionieren. Jeder von beiden muss für sich entscheiden, an welcher Stelle des Raumes er stehen oder sitzen, welche Körperhaltung er einnehmen, welche Körperexpressionen er vollziehen bzw. zulassen, wo er hinschauen und was er in welcher Weise der anderen Seite von den eigenen aktuellen Gefühls- und Körpererfahrungen zeigen will. Bei alledem wissen beide, dass sie vom anderen mit allen Sinnen wahrgenommen werden. Aus diesem Grunde vollziehen sich in Präsenz-Coachings komplexe Rückkoppelungs- und Selbstspiegelungsprozesse. Denn der eine beobachtet den anderen und beobachtet dabei nicht zuletzt auch, wie der andere einen selbst beobachtet, was natürlich Folgen für die eigene Beobachtung hat – und so weiter.
Verbundenheits- und Bindungserfahrung
Zusammenfassend kann man deshalb sagen: Das für Präsenz-Coaching zentrale Merkmal ist die unhintergehbare interpersonelle raumzeitliche Verbundenheits- bzw. Bindungserfahrung des Coachs und Klienten. Es ist eine Erfahrung, die zwei Aspekte hat, nämlich zum einen, mit dem anderen raumzeitlich verbunden zu sein, und zum anderen, diese Verbundenheit permanent aktiv gestalten und verantworten zu müssen, und zwar unter der Bedingung wechselseitiger Beobachtung und Abhängigkeit.
Für viele Coaches ist diese Beziehung von zentraler Bedeutung sowohl für ihre diagnostischen Aktivitäten wie auch für ihre problemlösungsanregenden Interventionen. Sie betrachten diese Form der Beziehung deshalb als den wichtigsten Erfolgsfaktor und leiten daraus ab, dass nur Präsenz-Coaching wirklich erfolgreich sein könne.
Coaching-Forschung
Diese Auffassung entspricht allerdings nicht den Erkenntnissen der aktuellen Coaching-Forschung. Das zeigt vor allem die von de Haan et al. (2016) durchgeführte repräsentative Studie, in der insgesamt 1.895 Coach-Klient-Beziehungen retrospektiv untersucht wurden, und zwar aus der Sicht der Coaches, Klienten und Auftraggeber. Die Untersuchung hat gezeigt, dass im Gegensatz zur Psychotherapie der Bindungsaspekt, d.h. die gerade beschriebene Verbundenheits- bzw. Bindungserfahrung einen geringeren Einfluss auf das Coaching-Ergebnis hat als der Aufgaben- und Zielaspekt der Arbeitsallianz (Arbeitsbeziehung) zwischen Coach und Klient (Mannhardt & de Haan, 2018).
Damit wird deutlich: Klienten haben das letztlich ökonomisch akzentuierte Interesse, vom Coach eine Hilfe bei der Bearbeitung ihrer Coaching-Problematik zu bekommen, die sich durch eine optimale Problemlösung bei gleichzeitig möglichst geringen finanziellen, zeitlichen und psychischen Belastungen (Kosten) auszeichnet. Als wichtigste professionsethische Verpflichtung des Coachs kann es deshalb verstanden werden, diesem im weiteren Sinne ökonomischen Interesse des Klienten zu dienen.
Auf dieser Grundlage wird im nächsten Abschnitt der Frage nachgegangen, was zu beachten ist, damit Coaching in dem gerade umrissenen Sinne möglichst erfolgreich wird, und welche Bedeutung dabei den modernen Medien zukommt. Die Antwort auf diese Frage wird Coaches und Coaching-Ausbildungsanbietern zeigen, wie sie die Chancen der Corona-Krise nutzen können, und zwar nicht zuletzt auch mit Blick auf die Zeit danach.
Geht man von der oben dargelegten professionsethischen Verpflichtung des Coachs aus, die Kosten-Nutzen-Bilanz von Coachings zu optimieren, ist die Forderung berechtigt, die teilweise nicht unerheblichen Reisekosten durch die Nutzung der modernen Kommunikationsmedien einzusparen. Auf dieser Grundlage werden auch relativ kurze Coaching-Sitzungen von z.B. nur einer halben Stunde wirtschaftlich vertretbar. Aus diesem Grunde sollten Coaches das relativ kostenintensive Präsenz-Coaching nur dann einsetzen, wenn es unbedingt notwendig ist, und so weit wie möglich die synchronen Medien der Video-, Audio- und Textkommunikation sowie die asynchronen Medien der Video-, Audio- und Textbotschaften bedarfsgerecht nutzen.
Zu dieser Forderung kommt noch eine zweite hinzu, nämlich die Erfolgswirksamkeit dieser Kommunikationsmedien durch eine optimale Verbindung mit elektronischen Coaching-Problemlösungsmedien zu steigern (Berninger-Schäfer, 2018). Die zentrale Funktion dieses zweiten Medientyps ist es, die Problemlösung des Klienten gezielt anzuregen bzw. zu unterstützen, und zwar teilweise auch ohne den Coach in Selbst-Coachings, die der Vor- und Nachbereitung von Coaching-Sitzungen dienen. In dieser Ausrichtung bestehen Coaching-Problemlösungsmedien – in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen – aus Texten, Bildern und/oder virtuellen Welten mit Avataren. Bei letzteren handelt es sich um elektronisch erzeugte 3D-visuelle Lebewesen, also um Darstellungen von Menschen und Tieren, die individuell gestaltbar sind, ihre Gefühle durch bestimmte Bewegungen ausdrücken können und mit Hilfe von Denk- und Sprechblasen auch denken und sprechen können (Tawadros et al., 2018).
Die dritte und vielleicht wichtigste Forderung eines erfolgswirksamen kosten-nutzen-optimierenden Coachings ist, diese Kommunikations- und Problemlösungsmedien methodisch sinnvoll zu gestalten. Aus diesem Grunde bietet es sich an bzw. ist es geboten, konsequent die Forschungsergebnisse der Wirkfaktoren-Forschung zu nutzen. Denn die zentrale Fragestellung dieser Forschungsrichtung lautet: Was macht Coaching erfolgreich?
Was macht Coaching erfolgreich?
Besonders interessant sind dabei die Untersuchungsergebnisse von Peter Behrendt (2019). Dieser hat für die Qualität der Arbeitsbeziehung zwischen Coach und Klient, die, wie oben gezeigt, für den Coaching-Erfolg besonders wichtig ist, folgende drei Wirkfaktoren identifiziert: (1) strukturierte Führung des Coaching-Prozesses (Providing Structured Guidance), (2) persönliche Unterstützung des Klienten (Providing Personalized Support) und (3) Aktivierung der beim Klienten vorliegenden Ressourcen (Activating Resources).
Die methodische Gestaltung der im Coaching genutzten Kommunikations- und Problemlösungsmedien sollte sich unbedingt an diesen drei Wirkfaktoren orientieren. Mit Blick auf den Wirkfaktor der strukturierten Führung könnte das z.B. heißen, Coaching mit Hilfe eines Videosystems so durchzuführen, dass Coach und Klient ihre Kamera ausschalten und mit Hilfe der Screen-Sharing-Funktion auf den Bildschirmen ihrer Computer ein elektronisch vorliegendes Set von Coaching-Fragen sehen, das dem Coaching-Prozess eine verbindliche Rahmenstruktur gibt (Geißler, 2018).
Dabei bietet es sich an, den Wirkfaktor der strukturierten Führung mit demjenigen der Ressourcenaktivierung zu verbinden. Das kann dadurch gelingen, dass Coach und Klient die Coaching-Fragen des gerade erwähnten Problemlösungs-Tools zur Guideline ihres Dialogs machen und der Coach den Klienten wiederholt auffordert, die so erarbeiteten Einzelerkenntnisse in Form schriftlicher Antworten in das Fragen-Tool einzutragen.
Und schließlich ist dabei auch dem Wirkfaktor der persönlichen Unterstützung Rechnung zu tragen. Denn jenes Fragen-Set strukturiert nur den Rahmen des Coaching-Prozesses und lässt viel Freiraum für die Entfaltung individueller Aspekte.
Aber nicht nur textbasierte elektronische Problemlösungs-Tools können helfen, Coaching in finanzieller, zeitlicher und psychischer Hinsicht erfolgreich zu gestalten, sondern auch Bilder und 3D-visuell virtuelle Welten mit Avataren. Denn der Erfolg von Coaching wird nicht nur durch die oben ins Spiel gebrachten drei Wirkfaktoren einer erfolgversprechenden Arbeitsallianz bestimmt, sondern auch durch einen Wirkfaktor, den Behrendt (2019) als „Change-Warranting Coach Behavior“ bezeichnet. Konkret bedeutet das, mit gefühlsstimulierenden Bildern, wie z.B. den Fotos, zu arbeiten, die das elektronische Coaching-Tool des Züricher Ressourcenmodells anbietet. Darüber hinaus empfiehlt es sich, den Klienten zu nachhaltigen Problemlösungserfahrungen anzuregen, und zwar durch emotional eindrucksvolle Erfahrungen in virtuellen Welten und mit Avataren.
Diese Ausführungen machen deutlich, dass die Wahl und die methodische Gestaltung der elektronischen Kommunikations- und Problemlösungsmedien für den Coaching-Erfolg von großer Bedeutung und deshalb ein wichtiger Erfolgsfaktor sind. Aus dieser Erkenntnis leitet sich die Schlussfolgerung ab, dass Wirkfaktoren, also Ursachen, die Coaching-Erfolge wahrscheinlich machen, immer zwei Komponenten aufweisen, nämlich eine mediale und eine methodische Komponente und dass die Wirkkraft der verschiedenen Wirkfaktoren von der spezifischen Verbindung dieser beiden Komponenten abhängt.
Diese Überlegungen leiten zu den Gedanken des nächsten Abschnitts, nämlich zu der Frage: Und wie kann man das alles lernen?
Im Anschluss an die Gedanken des letzten Abschnitts bedarf es keiner umfangreichen Ausführungen, um klar zu machen, dass professionelles Online-Coaching Handlungskompetenzen verlangt, die mancherlei Unterschiede zu denen aufweisen, die für Face-to-Face-Coaching notwendig sind. Denn um die Möglichkeiten der modernen Medien für Coaching professionell nutzen zu können, braucht man nicht nur die Fähigkeiten, bedarfsgerecht die richtigen Kommunikations- und Problemlösungsmedien auswählen und sie passungsgerecht kombinieren zu können. Zusätzlich braucht man auch die Fähigkeit, sie methodisch sinnvoll gestalten zu können.
Diese Kompetenzen kann man natürlich nicht allein durch das Lesen von Büchern und Aufsätzen erwerben. Es ist vielmehr notwendig, an einer entsprechenden Aus- bzw. Weiterbildung teilzunehmen. Und diese sollte unbedingt ausschließlich online durchgeführt werden, und zwar nicht nur deshalb, weil Online-Coaching am besten in Online-Coaching-Ausbildungen vermittelt werden kann, sondern auch, um dem professionsethischen Anspruch der Kosten-Nutzen-Optimierung Rechnung zu tragen.
Wie beim Coaching gliedert sich dieses Argument auch hier in zwei Teile. Erstens macht die Nutzung der modernen Kommunikationsmedien bei der Durchführung von Coaching-Ausbildungen bzw. -weiterbildungen es möglich, die oft nicht unerheblichen Reise- und Übernachtungskosten einzusparen.
Zweitens geht es im Hinblick auf die Kosten-Nutzen-Optimierung um das didaktische Design von Online-Coaching-Ausbildungen und die methodische Gestaltung der hierbei genutzten modernen Medien. Besonders zu empfehlen ist dabei, konsequent die technische Möglichkeit zu nutzen, von allen videokommunizierten Besprechungen und praktischen Übungen Aufnahmen zu machen und den Kursteilnehmern zur Vertiefung des Gelernten bzw. als Fernstudienmaterialien anzubieten.
Im Einzelnen empfiehlt sich dabei ein ausbildungsdidaktisches Design, in dessen Mittelpunkt videodokumentierte Gruppensitzungen mit Peer-Coachings stehen, die von den jeweils anderen Kursteilnehmern beobachtet werden. Es ist sinnvoll, dass sich an dem anschließenden Feedback auch die Kursleitung beteiligt, und zwar nicht nur mit Beobachtungen und Kommentaren, sondern zusätzlich auch durch praktisches Vormachen. Diese relativ kurzen, also nur etwa fünf bis zehn Minuten umfassenden Master-Coachings, die mit den Teilnehmern anschließend detailliert besprochen werden, haben sich – so die Erfahrung des Autors – als höchst lernwirksam erwiesen und können deshalb als ein besonders wichtiger Wirk- bzw. Erfolgsfaktor von Online-Coaching-Ausbildungen betrachtet werden (Geißler, 2017).