Ethik

Scheitern einbeziehen – gescheiter scheitern

Eine Frage der Haltung

Jede Tat, Handlung und menschliche Unternehmung wird von der Möglichkeit des Scheiterns begleitet, weshalb das Scheitern unser ständiger Begleiter ist, den jeder erlebt hat und erleben wird. Akzeptiert man dies und plant das Scheitern als einen möglichen Ausgang der eigenen Handlung ein, so kann man diesem vermeintlichen Schreckensszenario gelassener begegnen – und letztlich das Scheitern als konstruktive Option begreifen, die zu einem Lernprozess führt.

14 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 3 | 2013 am 11.09.2013

Die Sache mit dem Scheitern

Scheitern – ein Wort, das vielen Unbehagen bereitet. Scheitern bedeutet Versagen, nicht funktionieren, irgendwie das Gegenteil von Glück. In unserem westlichen Kulturkreis streben wir kollektiv nach Glück, denn Glück scheint kalkulierbarer Bestandteil des Lebens zu sein. Da hat das Scheitern keinen Platz. Der US-amerikanische Soziologe Peter Sennett bezeichnet Scheitern sogar als das letzte große Tabu der Moderne.

Nun gibt es in den letzten Jahren vermehrt zaghafte Versuche, das Thema aus den Untiefen des Verdrängens hervorzuholen – diese sind aber eher halbherzig. Zwei Gedanken dazu: Auch, wenn sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass „Scheitern zum Leben dazugehört“, so bleibt dieser gesellschaftliche Konsens doch eher eine leere Hülle – denn mein eigenes Scheitern soll es bitte nicht sein. Medial wird Scheitern, vor allem das von Personen des öffentlichen Lebens, en détail aufbereitet. So kann man aus sicherer Entfernung, vielleicht sogar lustvoll, schauen, wie andere Menschen zu Boden gehen.

Schade ist, dass Scheitern dabei gerne als „bunter Strauß aus Peinlichkeiten“ (Zschirnt, 2005) präsentiert wird. Damit vergrößert sich die Schwierigkeit, über eigenes Scheitern reden zu können. Zudem handelt es sich bei diesem öffentlich diskutierten Scheitern häufig um verarbeitetes Scheitern, um inszenierte Erinnerungen an ein Scheitern vor einem letztendlich erfolgreichen Neustart (Zahlmann & Scholz, 2005). Dies führt zu dem zweiten „Problem“: der Farce, dass Scheitern (konsequent in unserer erfolgsorientierten Gesellschaft) sofort in „Learnings“ umgewandelt werden soll. Wenn schon scheitern, dann aber auch sofort etwas daraus mitnehmen und schnell wieder lachen können. So, dass es nachher ja gar kein Scheitern war.

Unterm Strich bleibt Scheitern also bei den meisten Menschen eine Lebenserfahrung, die konsequent ausgeblendet wird. Und das, obwohl Erfahrungen des Scheiterns jeden Menschen von Kindheit an begleiten. Kein Mensch kann laufen lernen, ohne dabei zu stürzen. Die meisten Menschen müssen den Verlust der ersten Liebe (und möglicher weiterer) durchleben, um vielleicht eine reifere Beziehung führen zu können. Und das bedeutet in der Konsequenz: Verbietet man es sich zu scheitern, kann man auch nicht aus Fehlern lernen und beraubt sich somit einer Chance auf mögliche Weiterentwicklung.

Aber: Dafür müssen wir auch die Zeit des Schmerzes, der Trauer, der Wut akzeptieren und anerkennen. Wir müssen unsere „Scheiterpunkte“ durchdringen – Kontext, eigene Muster und Logiken, involvierte Umwelten. Erst auf dieser Grundlage ist echtes Wachstum möglich; auf individueller Ebene ebenso wie auf gesellschaftlicher oder organisationaler. Wichtig ist dabei auch die Akzeptanz, dass Scheitern nicht immer in Erfolg verwandelt werden kann. Wir können aber, statt alte, dumme Fehler zu wiederholen, neue, intelligentere Fehler wagen.

Scheitern als neuzeitliches Phänomen – zum Verständnis des Kontextes

Scheitern war vor 400 Jahren ein anderes Scheitern als heute, die gesellschaftliche Bedeutung und individuelle Konsequenzen haben sich über die Epochen hinweg verändert. So wurde in der Antike Scheitern als Entscheidung der Götter gesehen, die die Pläne des Menschen durchkreuzten. Die Hinnahme des eigenen Schicksals als Gott gegeben bzw. als von Geburt zu einem bestimmten Lebensweg verdammt führte im Mittelalter dazu, dass Scheitern in unserem heutigen Sinne kaum existierte.

In der Renaissance bildete sich der Gedanke einer individuellen Freiheit des Menschen heraus und damit wurden Ambitionen, Neugier, Ehrgeiz wichtiger. Mit dieser Entwicklung bekam das Scheitern einen neuen Stellenwert: Das Misslingen von Handlungen und Ideen war nun steter Begleiter aller menschlicher Projekte. Verstärkt wurde dies in der Zeit der Aufklärung, in der die Identität des Menschen theoretisch nicht mehr durch Geburt festgelegt war, sondern durch eigene Leistung und Wahl bestimmt werden konnte. Menschen versuchten nun, sich selbst zu verwirklichen und nach Erfolg zu streben.

Das, was ein Mensch im Leben erreichte, wurde ihm zugutegehalten, für das, was ihm versagt blieb, musste er Verantwortung übernehmen. Langsam gewann Scheitern die gegenwärtige Bedeutung – es wurde zum individuellen Konflikt. Der Grundstein dafür war gelegt, dass Scheitern in der industriellen Moderne im Spannungsfeld von Gesellschaft und Individuum stattfinden und einen Menschen so immer die Wertung der Situation durch eine Öffentlichkeit mitdenken lassen sollte. Und die Öffentlichkeit reagiert bis heute für den Gescheiterten wenig hilfreich: mit tabuisieren, schönreden, ja sogar mit Schadenfreue.

Blicken wir auf die Gegenwart, so ist Scheitern direkt an unsere Biographien angedockt. Denn es gibt für jeden Menschen täglich vielfache Gelegenheiten zu scheitern und das unterscheidet unsere Biographien von Lebensläufen vorangegangener Generationen. Ursache sind besonders gesellschaftliche Veränderungsprozesse, die sich auf den unterschiedlichsten Ebenen vollzogen haben bzw. vollziehen.

Im Erwerbsbereich werden immer mehr „sichere“ Arbeitsplätze abgebaut, prekäre Beschäftigungsverhältnisse nehmen auch bei Menschen mit hoher Qualifikation zu. Und damit ist Scheitern auf dem Berufsweg nicht mehr länger nur an individuelles Handeln gebunden. Selbst wenn alle Fehler und Risiken vermieden, „alles gegeben“ wird, gibt es für die Mehrheit der Menschen keinen sicheren Arbeitsplatz oder Planungssicherheit für die ökonomische Karriere. Und auch trotz aller Chancen und Möglichkeiten, die die Entwicklungen mit sich brachten – die soziale Aufwärtsmobilität erlebt nun nach mehreren Dekaden ihr Ende (Zschirnt, 2005). Und so müssen wir uns im 21. Jahrhundert daran gewöhnen, wenige Handlungsoptionen gegenüber den Kräften zu haben, die die Rahmenbedingungen von Berufstätigkeit bestimmen.

Auch privat leben wir immer weniger Verbindlichkeiten, sondern pflegen ein „modernes Nomadentum“ – in Beziehungen, Familienkonstellationen, Lebensorten. Weniger rigide gesellschaftliche Normen und Werte sorgen für große individuelle Freiheit. Dafür „bezahlen“ wir: Denn die Kehrseite der Freiheit ist die größere Wahrscheinlichkeit, dass unsere individuellen Lebenspläne misslingen. Dieses Misslingen wird dann als Scheitern konnotiert, weil wir die Illusion haben, im Rahmen unserer Freiheit alles erreichen zu können. Und trotzdem erleben wir auch, dass es ganz anders kommt als wir wollten: Arbeitslosigkeit, Beziehungsende oder Scheidung. Scheitern wird immer mehr zu einem Massenphänomen und kann nicht mehr ausgeschlossen werden – und so sollten wir es einplanen.

Scheitern einplanen – Empfehlungen zum Umgang mit Scheitern

Wenn Scheitern in den verschiedenen Lebensbereichen und auf unserem Entwicklungsweg nicht zu vermeiden ist, dann sollte das Thema auch im Rahmen von Beratung, Coaching und Supervision ganz konkret mitgedacht und thematisiert werden. Welche Impulse können wir dazu geben? Im Rahmen der Forschungsgruppe „Scheitern“ bei Königswieser & Network wurden Menschen aus verschiedenen Lebens- und Berufswelten zu diesem Thema befragt. Die Ergebnisse und die daraus abgeleiteten Empfehlungen werden im Folgenden kurz vorgestellt. Dabei basieren die Ausführungen auf einer systemischen Haltung: Der Blick richtet sich nicht nur auf den Einzelnen, sondern immer auch auf den Kontext, das System mit seinen Mustern, Wechselwirkungen und Funktionen (Simon, 2006; Königswieser & Hillebrand, 2007).

Das Scheitern wird immer von der individuellen Perspektive beeinflusst. Diese differenziert: Bin ich als Person gescheitert oder ist mein Vorhaben gescheitert? Dabei ist es hilfreich, das eigene Ich bzw. das Ich der Organisation mit all seinen Potenzialen, Fähigkeiten, Kompetenzen, aber auch den Risiken und Grenzen besser kennenzulernen. Und die Muster und Logiken eines Scheiterns zu reflektieren, um mit diesem Selbst-Bewusstsein eine bessere Selbststeuerung und Souveränität zu erlangen – nicht nur vor einer Krise (die so auch möglicherweise vermindert werden kann), sondern auch währenddessen.

Kann ich auf der Basis eines gesunden Selbstwertgefühls das Scheitern von mir als Person abstrahieren, dann kann ich mit meinem Scheitern konstruktiver umgehen und besser von einer Außenperspektive auf die Geschehnisse schauen. So kann nicht nur die Akzeptanz von Scheitern als „gesunder“ Entwicklungsschritt gestärkt, sondern auch eine Inspiration zur Etablierung einer (Unternehmens-)Kultur gesetzt werden, die Scheitern nicht tabuisiert, sondern die Kraft zu schätzen und nutzen weiß (Kultur des Scheiterns).

Scheitern in Unternehmen

Für Scheitern in Organisationen heißt das auch: So wie ich als Individuum mein eigenes vermeintliches Scheitern bewerte, so bewerte ich auch das Scheitern von Projekten oder meiner Mitarbeiter. Dementsprechend muss ich, will ich mich mit dem Thema Scheitern konstruktiv auseinandersetzen, zunächst einmal meine persönliche Einstellung hierzu bewusst reflektieren. Denn wenn ich als Verantwortlicher oder Führungskraft jedes gescheiterte Vorhaben als persönliche Niederlage erlebe, werde ich im beruflichen Alltag nicht in der Lage sein, zwischen der oben genannten Sach- und der persönlichen Ebene zu unterscheiden. Erst eine konstruktive Sichtweise des Scheiterns ermöglicht es, nach eingehender Reflexion in einen Lernprozess einzusteigen und Scheitern positiv als Gelegenheit zu Wachstum zu begreifen. Scheitern ist also immer eine Wirklichkeitskonstruktion, die lediglich im Kopf des Betrachters stattfindet.

Was kann ich als Individuum, als Führungskraft, als Berater oder Coach tun, um mit der Angst vor der großen Niederlage, einem Scheitern gelassener und konstruktiver umzugehen? Eine offene und ehrliche Auseinandersetzung mit diesem Thema ist tatsächlich die hilfreichste Intervention. Scheitern darf kein Tabu-Thema mehr sein, sondern muss als Tatsache jeden Handelns von vorneherein mitgedacht werden. Also, stellen wir uns schon dann die folgende Frage, wenn Scheitern noch nicht einmal in Sichtweite ist: Wie sähe dieses Projekt, jene Entwicklung aus, wenn es/sie scheitern würde? Was könnte Einfluss darauf nehmen? Welche unserer Ressourcen könnten wir dann einsetzen?

Wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, führt kein Weg an einer ehrlichen Aufklärung und tieferen Reflektion der Prozesse vorbei, die den Erfolg des Projektes womöglich verhindert haben – in Organisationen sollte dies insbesondere auf der Management-Ebene und öffentlich stattfinden. Und dabei ist es keinesfalls zuträglich, einen einzigen Schuldigen zu suchen. Ganz im Gegenteil müssen wir uns von der durchaus bequemen Lösung verabschieden, es gäbe immer eine verantwortliche Person, einen Sündenbock, und mit dem Identifizieren dieser Person sei das Problem behoben. Mit dieser Sichtweise hätten wir die Komplexität der Faktoren, die zum Scheitern führen, nicht verstanden.

Haltung ist in diesem Kontext ein wichtiges Stichwort, denn letztlich geht es genau darum: Das unvermeidliche Scheitern gedanklich in unser Handeln einzubeziehen, bei allem Ernst des Themas die Tragik herauszunehmen. Nehmen wir uns die Angst vor dem Scheitern, müssen wir auch nicht ständig davor wegrennen. Es gilt, eine aufrechte Haltung dem Scheitern gegenüber zu finden. Und das funktioniert mit einer gewissen Gelassenheit, sich selbst zu akzeptieren, Widersprüche zuzulassen und Fixierungen loslassen zu können – darauf werden wir im letzten Abschnitt eingehen.

Diese gelassene Haltung sollte nicht nur uns selbst gegenüber gelten, sondern auch für unser Umfeld. Für Unternehmen bedeutet das: die Etablierung einer ernstgemeinten Kultur des Scheiterns, die mutig und experimentell ist und die von Menschen getragen wird, die dies auch wirklich vorleben.

Beispiele eingeplanten Scheiterns in Unternehmen

So illusorisch eine Unternehmenskultur des Scheiterns klingen mag, es gibt Organisationen, die Fehler öffentlich machen und daran gewachsen sind, auch und besonders ökonomisch. Sie haben Scheitern eingeplant.

Eines dieser Unternehmen ist Toyota, einer der erfolgreichsten Autohersteller der Welt. Das Unternehmen hat aus Erfolgen und Fehlschlägen gelernt und ermutigt seine Führungskräfte und Mitarbeiter dazu, neue Wege zu gehen, zu experimentieren und auch eine Kultur des Scheiterns zu tolerieren. Toyota fordert seine Mitarbeiter explizit dazu auf, offen über Misserfolge zu reden und Hindernisse als Herausforderung zu sehen. Denn nur auf diese Art und Weise können scheinbar utopische Ziele verwirklicht werden. Die eiserne Regel lautet: Es ist absolut inakzeptabel, Fehler zu vertuschen, weil dies das Unternehmen der Chance beraubt, aus dem gemachten Fehler zu lernen. Toyota-Mitarbeiter müssen daher nicht mit Sanktionen rechnen, wenn sie scheitern, sondern erst dann, wenn sie einen gemachten Fehler zu vertuschen versuchten statt ihn offenzulegen. Somit ist eine verbindliche Spielregel gesetzt. Wichtig ist, dass Scheitern frühzeitig offengelegt wird, um die Kosten der Fehlerbehebung – die sprunghaft ansteigen, je später der Fehler erkannt wird – möglichst gering zu halten.

Ein zweites Beispiel ist das Multitechnologie-Unternehmen 3M. Ein Mitarbeiter der Klebstoffabteilung hatte die Aufgabe, einen besonders langhaftenden Klebstoff zu erfinden. Nach Monaten der Forschung entpuppte sich das Produkt als unbrauchbar, es klebte nicht dauerhaft. Anstatt das gescheiterte Produkt klammheimlich zu entsorgen, verteilte er es. Ein Kollege verwendete den Haftzettel als Lesezeichen – und die Idee des bekannten Post-Its war geboren. Zunächst eine glatte Fehlentwicklung, sind die kleinen gelben Zettel heute von vielen Schreibtischen nicht mehr wegzudenken. Die 3M-Firmenphilosophie: „Die Führungsprinzipien bei 3M unterstützen Eigeninitiative und Mut zum Risiko. Das erfordert auch Toleranz seitens der Vorgesetzten und das Zulassen von Fehlern. Denn Fehler sind eine wichtige Voraussetzung, um zu lernen“ (Unternehmenskultur 3M).

Eine Frage der Haltung

Abschließend werden fünf Anregungen vorgestellt, die dabei helfen können, Scheitern als elementaren Bestandteil unseres Lebens akzeptieren, möglicherweise sogar schätzen zu können. Wie zuvor angedeutet, geht es dabei um die Gelassenheit. Gelassenheit ist eine zentrale Kompetenz im Leben (Königswieser, 1990). Gelassenheit ist die Balance zwischen zwei Polen, fest und offen zu sein, abgegrenzt und nah, überlegend und risikobereit gleichzeitig:

Im Wort Gelassenheit steckt die Sinneinheit „lassen“. Lassen kann die Bedeutung von loslassen (im Gegensatz zu festhalten) haben und die Bedeutung von zu-lassen (im Gegensatz zu abwehren) bekommen. Und genau darum geht es: um ein Loslassen-können von fixierten Vorstellungen davon, was glücklich macht, von bestimmten Zielen, starren Urteilen. Und gleichzeitig um ein Zulassen-können von beängstigendem Neuen, von chaotischen, unlogischen Herausforderungen. Gelassenheit beschreibt den Umgang des Menschen mit den eigenen Grenzen. Und als Konsequenz bedeutet das auch: die Wucht der Widersprüche des Lebens durch sich durch zu lassen. Es ist ein ewiges balancieren und justieren. Denn wer alles zulässt, hat keine Identität mehr und wer alles loslässt ist gleichzeitig ohne Profil. Was erleichtert uns den Weg zu einer größeren Gelassenheit im Leben und damit auch zu einer guten Haltung dem Scheitern gegenüber?

1. Sich selbst akzeptieren

Ohne positives Selbstbild, ohne Freundschaft mit sich kann man nicht gelassen sein. Menschen, die sich selbst nicht mögen, projizieren diese Ablehnung auf ihre Umwelt und bekommen sie zurück. Wer mit sich zufrieden ist, ist es auch mit den anderen.

2. Den Schlüssel in sich selbst finden

Das Bild, das wir von der Welt, vom Leben, von Menschen, Organisationen haben, steht in einem engen Zusammenhang mit unserem Selbstbild. Stehen wir dem Leben grundsätzlich positiv gegenüber, gehen wir davon aus, dass das Leben sinnhaft ist, werden wir alle Ereignisse in diesen Sinnhorizont einordnen. Auf diese Weise definieren wir uns eher als Akteur, der zu den Konsequenzen seiner Handlungen steht. Das Gefühl der Selbstwirksamkeit bildet ein gutes Fundament für Weiterentwicklung.

3. Widersprüche zulassen, Fixierungen loslassen können

Wir haben bereits geschrieben, dass Gelassenheit eine Durchlässigkeit positiv und negativ besetzten Dingen gegenüber meint. Das gilt auch für Gefühle und Wünsche, für die man sich schämt, die man nicht wahrhaben will. Unterdrückt man diese, blockiert man sich selbst. Das gleiche gilt für das Loslassen von Fixierungen.

4. In der Gegenwart leben

Ist man damit beschäftigt, bestimmte Ziele zu fixieren, hat man keinen Blick mehr für das, was einen umgibt. Die Zukunft hat immer schon begonnen. Gelassenheit ist, jetzt zu sein, zu leben und nicht morgen zu haben, zu bekommen. Dies bedeutet nicht, dass man keine Visionen haben sollte, keine Hoffnungen und Sehnsüchte, sondern es heißt, ein intensives Leben im Hier und Jetzt und in Zuversicht zu führen.

5. Das Gute im Schlechten

Und schließlich geht es auch darum, das Gute im Schlechten sehen zu können – denn wir wissen nie, was sich aus dem Scheitern ergeben wird – möglicherweise hilft es uns dabei, einen radikal neuen Weg gehen zu müssen, der uns letztlich zu großer Zufriedenheit führen wird.

Fazit

Letztlich sei dafür plädiert, Scheitern konsequent in unser Leben einzuplanen und dabei nicht zu vergessen, dass wir zumindest die Art, wie wir scheitern, erheblich beeinflussen können. Damit ist nicht gemeint, möglichst so zu scheitern, dass man besonders viel Erfolg daraus ziehen kann. Es ist viel einfacher: Wir können schlechter scheitern und wir können besser scheitern. Wir können „gescheiter scheitern“.

Literatur

  • Burmeister, Lars & Steinhilper, Leila (2011). Gescheiter scheitern. Eine Anleitung für Führungskräfte und Berater. Heidelberg: Carl-Auer.
  • Königswieser, Roswita & Hillebrand, Martin (2007). Einführung in die systemische Organisationsberatung. Heidelberg: Carl-Auer.
  • Königswieser, Roswita (1990). Gelassenheit. In Roswita Königswieser & Christian Lutz (Hrsg.). Das systemisch-evolutionäre Management. Wien: Orac. 251ff.
  • Simon, Fritz B. (2006). Einführung in Systemtheorie und Konstruktivismus. Heidelberg: Carl-Auer.
  • Unternehmenskultur 3M. Abgerufen am 28.11.2012. Quelle: www.3m.com/intl/AT/ austrian/about/careers/.
  • Zschirnt, Christiane (2005). Keine Sorge, wird schon schiefgehen. München: Goldmann.
  • Zahlmann, Stefan & Scholz, Sylka (2005). Scheitern und Biographie: Die andere Seite moderner Lebensgeschichten. Gießen: Psychosozial-Verlag.

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