Immer wieder wird vonseiten staatlicher Institutionen angekündigt: Langzeiterwerbslose sollen mittels Coaching unterstützt werden und so den Weg zurück in den Arbeitsmarkt finden. Obwohl grundsätzlich zu hinterfragen ist, ob es sich dabei im Einzelfall auch tatsächlich um Coaching handelt und nicht etwa eine Begriffsverwendung als „Container“ vorliegt: Es spricht per se nichts dagegen, Arbeitssuchenden ein sogenanntes Job-Coaching (der Begriff wird mitunter auch im hier nicht adressierten Kontext der Inklusionsbegleitung von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsplatz verwendet) zugänglich zu machen, in dem der Klient gemeinsam mit seinem professionell ausgebildeten Coach neue Perspektiven erarbeitet – selbstbestimmt und auf Augenhöhe. Im Gegenteil: Es darf angenommen werden, dass eine individuelle Begleitung mit der Stärkung des Selbstwirksamkeitsempfindens einhergehen und somit gerade für Personen, die dieses infolge langjähriger Arbeitslosigkeit eingebüßt haben (könnten), nutzbringender sein kann als standardisierte Maßnahmen.
Wie ein Job-Coaching aussieht und mit welchem Nutzen es für den arbeitssuchenden Klienten verbunden sein kann, wurde im Coaching-Magazin 1/2017 (Schlösser & Kiesele, 2017) beschrieben. Ebenso ist vorstellbar, dass eine „beschäftigungsbegleitende Betreuung“, die nach Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses für die Dauer von sechs Monaten ansetzt, zur Sicherung dessen Nachhaltigkeit beitragen kann. So habe sich gezeigt, dass der Beratungsbedarf mit der Arbeitsaufnahme häufig sogar zunehme, teilt die Pressestelle der Bundesagentur für Arbeit auf Anfrage mit.
Gerade Selbstbestimmung und Augenhöhe können jedoch im Job-Coaching, das zum Zeitpunkt der Arbeitssuche und damit des Leistungsbezugs ansetzt, abhandenkommen oder von vornherein fehlen. Ursachen hierfür können innerhalb der Dreieckskonstellation aus Coach, Klient und dem Auftrag gebenden sowie Kosten tragenden Jobcenter entstehen. Der Auftraggeber wird in dieser Konstellation durch den Sachbearbeiter vertreten, der für den Klienten zuständig ist. Was im Grundsatz in Bezug auf jedes Coaching gilt, in dem Auftraggeber und Klient nicht dieselbe Person sind, erhält im Rahmen dieses Kontextes eine noch stärkere Bedeutung: Ist der Coach, der mit der Begleitung von Arbeitslosen eine neue Geldquelle aufgetan hat, nicht willens oder dazu in der Lage, auf Störungen des Prozesses oder fehlende Voraussetzungen eines Coachings adäquat zu reagieren, gefährdet er die Interessen seiner Klienten.
Das Mitwirken im Prozess der Arbeitsvermittlung ist für den am Existenzminimum lebenden Klienten mit nichts Geringerem als seiner Grundsicherung verbunden. Sanktionierung wird vom Auftraggeber nicht selten als gängiges Druckmittel eingesetzt. So beschreiben Schlösser und Kiesele (2017) mögliche finanzielle Einbußen des Klienten, die z.B. aus dem Abbruch der Maßnahme resultieren können, als ethische Herausforderung des Job-Coachings. Aufseiten der Jobcenter dürfte zudem noch lange nicht dasselbe Verständnis für die Erfolgsfaktoren eines Coachings vorliegen, das Coaches im Business-Kontext über einen längeren Zeitraum beharrlich erarbeiten mussten.
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