Führung

Coaching im Mittelstand

Was ist hier besonders?

Jedes Coaching stellt einen individuellen Prozess dar, da jeder Klient bzw. jede Organisation eigene Anliegen und Rahmenbedingungen mitbringt. Insbesondere mittelständische, familiengeführte Unternehmen weisen häufig sehr spezifische Biografien und Traditionen auf. Hinzu kommt ein komplexes Familiensystem, dessen Dynamiken ein Coach, der in diesem Kontext wirksam werden will, dringend berücksichtigen muss. Eine anspruchsvolle Aufgabe.

14 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 2 | 2019 am 15.05.2019

Da mittelständische Unternehmen in gewisser Weise nichts anderes sind als mehr oder minder große Organisationen, treten in ihnen alle Entwicklungsprozesse auf, wie man sie auch aus Konzernen kennt. Daher gibt es große fachliche und inhaltliche Überschneidungen. Das eigentlich Spezifische am Coaching in mittelständischen Unternehmen ergibt sich aus deren spezieller Situation, die in der überwältigenden Mehrzahl der Fälle, laut Cornelia Seewald (2015) in über 90 Prozent, darin besteht, dass mittelständische Unternehmen familiengeführt sind. Sie weisen also eine hoch individuelle Biografie und Tradition auf, die teilweise über mehrere Generationen hinweg eine geradezu lineare Entwicklung zeigt. Ein kleiner Teil mittelständischer Unternehmen hat zur Besonderheit, dass sie sich erst in der Gründungsphase befinden, also gerade keine Tradition haben, oder aber der traditionelle Kontext ging dadurch verloren, dass das Unternehmen verkauft wurde und insofern die gewohnte Unternehmenskultur zumindest eine heftige Erschütterung erlitten hat.

Zumindest die erste Phase eines Coachings muss darin bestehen, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen, zu klären, ob Coach und Unternehmen zusammenpassen, und miteinander herauszufinden, in welcher Weise dieses spezielle Unternehmen in seiner speziellen Situation von einem Coaching profitieren könnte.

Coaching im Mittelstand unterscheidet sich, bei aller Ähnlichkeit, in vielfacher Hinsicht von Coaching in Konzernen oder Coaching auf rein individueller Ebene. Dabei muss einschränkend erwähnt werden, dass Coaching im Mittelstand nicht allgemein abstrahiert werden kann – entsprechend der individuellen Natur mittelständischer Unternehmen.

Wenn das Thema Coaching in mittelständischen Unternehmen im Folgenden vorwiegend am Beispiel eigentümergeführter Unternehmen abgehandelt wird, soll dargestellt werden, dass gerade in mittelständischen Unternehmen Coaching auf unterschiedlichen existenziellen Ebenen wirksam sein kann. Die Anforderungen an den Coach ändern sich erheblich, je nachdem ob seine Aufgabe darin besteht,

  • ein Mitglied der Eigentümerfamilie in einer bestimmten Lebenssituation zu begleiten,
  • die Eigentümerfamilie als Ganzes zu unterstützen, z.B. bei einem Generationswechsel oder wenn intrafamiliäre Dynamiken so intensiv stören, dass das Funktionieren des ganzen Systems infrage gestellt ist,
  • die Interaktion zwischen Eigentümerfamilie und Management zu verbessern oder
  • eine einzelne Führungskraft zu unterstützen.

Coaching von Eigentümern

Konkrete Personen, die in der Tradition der Gründerfamilie stehen und sich meist entsprechend mit dieser identifizieren oder ihr sogar angehören, nehmen in entscheidender Weise Einfluss auf das Unternehmen. Gerade weil die verantwortlichen Personen oft in ausgesprochen idealistischer, häufig auch in sentimentaler Weise mit dem Unternehmen verbunden sind, ist es wenig sinnvoll, einen Coaching-Prozess auf vorwiegend fachlich professionelle Sachverhalte zu fokussieren. Ganz im Gegenteil ist es so, dass die fachliche Ebene häufig als Fluchtburg vor den familiendynamisch relevanten Entwicklungen und Verstrickungen dient. Wenn man dies ignoriert, stellt man häufig fest, dass jeglicher Versuch von Coaching von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.

Die emotionale Ebene

Mindestens die Eigentümer selbst fühlen sich nachhaltiger und langfristiger verantwortlich als externe Führungskräfte. Viele sehen sich in der Pflicht, das Vermächtnis des Gründers zu bewahren und weiterzuentwickeln. Wenn man dies von außen auch als ausgesprochen konstruktive Haltung werten kann, bedeutet es doch für die betroffenen Familienmitglieder häufig einen enormen Druck, verbunden mit entsprechenden Versagensängsten. Dieser Druck ist umso größer, wenn verschiedene Eigentümerfamilien oder Teile dieser Familien um die Führungsverantwortung im Unternehmen rivalisieren.

Kontinuität als Vorteil und als Risiko

Die Eigentümer lassen sich also nicht nur auf professionell mehr oder weniger gut funktionierende Instanzen reduzieren. Sie sind immer konkrete Personen, die persönlich vom Unternehmen und seinen Entwicklungen betroffen sind und häufig für die Dauer ihres gesamten beruflichen Lebens im Unternehmen verbleiben. Das ist die größte Stärke mittelständischer Unternehmen – und gleichzeitig deren größtes Risiko.

Wenn ein Familienmitglied die Leitung übernimmt, dann entscheidet es sich, dieses Unternehmen durch alle Wechselfälle seines eigenen Lebens zu tragen. Das bedeutet, es kann sich in Krisen nicht ohne Weiteres wegbewerben und muss bleiben. Gleichzeitig ist das Unternehmen ihm ausgeliefert. Das betrifft auch seine persönlichen Krisen und Hochphasen, besonders aber auch seine Schwächephasen.

Das komplexe Familiensystem im Hintergrund

Dann ist das Familienmitglied in Führungsverantwortung auch noch einem oft ungeheuer komplexen System von Strömungen und Tendenzen und möglicherweise noch dazu von Intrigen und Manipulationsversuchen ausgesetzt, falls mehrere Familienmitglieder auf die Unternehmensführung Einfluss nehmen. Neid und Rivalität toben sich hier typischerweise aus, ebenso aber kommen positive Themen zum Tragen wie Loyalität, Identifikation, Idealismus etc. Gerade wegen dieser hochkomplexen intrafamiliären Dynamik kann für die Einzelperson des Unternehmers oder für seine Mikrofamilie eine längerfristige Begleitung durch einen Coach wertvoll sein.   

Ein häufiges Problem besteht darin, dass zwar alle unter den Konflikten leiden, dass Klagen über dieses Leiden jedoch oft tabuisiert ist. Wie alle Kommunikationstabus führt dies zu einem verspannten, verkrampften Umgang miteinander. Die Familienatmosphäre kann bis ins Paranoide verzerrt sein, mit der Folge, dass mehrere relevante Familienmitglieder auf sehr unterschiedliche Weise in das Unternehmen hineinregieren.

Abgesehen von diesen heftigen Dynamiken ist es nur zu verständlich, dass jede Familie ihre Hoffnungsträger hat, von denen in der Regel nur einer die definitive Führungsposition übernehmen kann. Damit ein solcher Übergang ohne ernsthafte Schäden gelingen kann, müssen die anderen ihre Hoffnungen und Sehnsüchte in Demut begraben und dem Gemeinwohl des Unternehmens opfern. Von dieser ethisch anspruchsvollen Regel wird immer wieder abgewichen.

Was kann Coaching leisten?

Coaching hat bei solchen Konfliktsituationen zwei wesentliche Funktionen: Zum einen ist die Dyade mit dem Coach ein sicherer Ort, in dem die familiäre Situation relativ angstfrei reflektiert werden kann. Experimentelle Hypothesen sind möglich und allein schon die Erkenntnis, dass die familiären Zusammenhänge durchschaubar werden, ist oft sehr nützlich. Durch die intelligente Anwendung dieser Erkenntnisse kann mancher Konflikt aus der Welt geschafft werden.

Die zweite Ebene, auf der Coaching hier sehr helfen kann, ist jene der emotionalen Entlastung. Hier kann es sich der Unternehmer erlauben, seine Wut auf seine Angehörigen zum Ausdruck zu bringen. Hier kann er sich seine Ängste eingestehen, vielleicht seine Schuldgefühle, weil er Macht zulasten eines Rivalen ausübt. Auf alle Fälle kann er hier seine Emotionen zulassen, ohne dass dies gleich Konsequenzen in der realen Familie hat. Viele Emotionen verschwinden – einfach, weil man sie sich zugestanden hat. Manche relativieren sich, weil man sich selbst mit seinen Gefühlen besser versteht. Manche können dann greifbar gemacht werden, sodass es möglich wird, sie in strategisch angemessener Weise zu äußern, um damit die Familie als Ganzes in ihrer Funktion zu unterstützen.

An dieser Stelle ist der Hinweis wertvoll, dass Coaching zwar manchmal im Sinne einer Mediation zwischen den Konfliktparteien innerhalb weniger Sitzungen viel bewirken kann. Häufig ist es aber so, dass eine Familie oder eben ein signifikantes Mitglied aus den unterschiedlichsten Gründen für eine längere Wegstrecke einen Begleiter braucht. In beiden Fällen bleibt der Coach zwar immer als hinzugezogener Experte – systemisch gesehen – außen vor. Dennoch hängt alles davon ab, dass Coach und Klient ein tragfähiges Arbeitsbündnis entwickeln, das sich mit zunehmender gemeinsamer Erfahrung festigt und daher einen immer tieferen Austausch über persönliche Themen des Klienten erlaubt.

Dieses Sich-Einlassen des Klienten geht in der Regel auch damit einher, dass der Coach die unterschiedlichen systemischen Dynamiken sowohl emotional als auch intellektuell kennenlernt. Diese Systemdynamiken haben enormen Einfluss auf das, was im Coaching passieren kann. Wenn z.B. in der Familie ein Verbot besteht, über familieninterne Dinge mit einem Dritten, also auch dem Coach, zu reden, entstehen im Klienten heftige Schuldgefühle, die ihn lange daran hindern können, über das zu reden, was ihn wirklich beschäftigt. Vielleicht verbietet das System Veränderung. Dann können auch noch so gute Erkenntnisse in einer übermächtigen Lähmung untergehen. Analoge Systemkräfte gibt es zuhauf. Die Systemtheoretiker haben sicher recht, wenn sie behaupten, dass jegliche Änderung an einem Subsystem das ganze System für immer verändert. Diese Kräfte sind für einen Coach, der neu in ein System kommt, niemals in ihrer Ganzheit erkennbar. Erst wenn er das System zumindest in seinen Grundzügen durchschaut, hat er die Chance, einerseits systemische Kräfte geschickt zu nutzen, andererseits eben nicht in den systemischen Verstrickungen unterzugehen.

Coaching von Eigentümerfamilien

Da die Dynamik der Eigentümerfamilie von enormer Bedeutung ist, sowohl für das geschäftsführende Familienmitglied wie auch für das Unternehmen als Ganzes, kann die Arbeit auf dieser Ebene immensen Einfluss haben. Beim familieninternen Coaching spielt die konstruktive, allparteiliche Interaktion mit den Subsystemen eine große Rolle. Hierfür ist eine geschützte Atmosphäre zwingend erforderlich.

Breite Zustimmung des Familiensystems

Coaching-Beziehungen im familiendynamischen Zusammenhang müssen meistens über längere Zeit wachsen. Dieser Prozess beginnt häufig schon lange vor der ersten Begegnung mit dem Coach. Das betreffende Familienmitglied bzw. das System als Ganzes muss zunächst dahin reifen, überhaupt akzeptieren zu können, dass eine fremde, externe Person ins Vertrauen gezogen werden darf, um der Familie bei der Bewältigung bestimmter Konflikte zu helfen. Insbesondere ältere Unternehmer denken bis heute oft, dass es eine Schwäche ist, für derartige Inhalte einen Coach zu bestellen. Die Generation der jetzt 30- bis 50-Jährigen ist da häufig schon viel offener. Gleichwohl kann Coaching im familiären System nur dann wirklich etwas Nachhaltiges bewirken, wenn alle Beteiligten ihre Zustimmung für den Coaching-Prozess gegeben haben. Allparteilichkeit setzt hier voraus, dass der Coach dazu in der Lage ist, den unterschiedlichen Teilnehmern des Systems die gleiche Wertschätzung zu erweisen. Nur so ist Vertrauen möglich.

Coaching zwischen Eigentümerfamilie und Management

Die Schnittstelle zwischen Eigentümerfamilie und Unternehmensführung hat einen großen Einfluss darauf, ob die Wünsche und Bedürfnisse, die Strategien und Innovationen, die die Eigentümerfamilie umsetzen möchte, so kommuniziert werden können, dass die Führungskräfte des Unternehmens es verstehen. Missverständnisse gibt es sogar dann, wenn die Führungskräfte selbst Familienmitglieder sind. Das Problem ist noch ungleich größer, wenn es sich bei den Managern um Nicht-Familienmitglieder handelt. Es gibt zudem auch oft Verzerrungen in der Wahrnehmung der Eigentümer von der Situation im Unternehmen. Diese kommen mitunter dadurch zustande, dass auch die Eigentümerfamilie manchmal sehr bedingt mitbekommt, was die Perspektiven und Wünsche, aber auch die Kritikpunkte des Managements sind.

Kommunikationsprobleme an der Schnittstelle zum Management

So sehr es auch auf der Hand liegt, dass an dieser Stelle ein großes Spektrum potentieller Komplikationen lauert, so häufig wird gerade hier der so evidente Coaching-Bedarf viel zu lange übersehen. Der Hintergrund dieses Versäumnisses besteht in aller Regel darin, dass die Familie oder deren Repräsentant der Illusion unterliegt, dass das, was er glaubt, gesagt zu haben, von dem Gegenüber auch so verstanden wird, wie er es gemeint hat. Spätestens seit Schulz von Thun (2010) ist klar, dass dies ganz oft nicht der Fall ist. An der beschriebenen Schnittstelle findet der Austausch zwischen Sender und Empfänger – von beiden Seiten unbemerkt – häufig nicht wirklich statt. Die eine Seite ordnet etwas an, die andere Seite macht dann, was sie glaubt, verstanden zu haben. Die damit einhergehenden Krisen geben dann oft den Anlass, nach professioneller Hilfe zu rufen.

Manchmal wirken ganze Unternehmen atmosphärisch so, als wäre irgendetwas blockiert. Es entwickeln sich Empfindungen von Stagnation. Der Außenstehende hat das Gefühl, zurückgewiesen zu werden, mindestens aber keine Antworten auf seine Fragen zu erhalten.

Blockade: Problemlösung misslingt

Auf beiden Seiten entstehen heftige, meist unbewusste Ängste und Ressentiments, die sich ganz häufig in der Verweigerung ausdrücken, sich voller Interesse und Offenheit dem Feedback der jeweils anderen Seite zu stellen. Manchmal fliehen die Eigentümer auch in ihre Machtposition, aus Angst, von ihren Mitarbeitern mit eigenen Defiziten konfrontiert zu werden. Um ihre Illusion der Unfehlbarkeit zu schützen, nehmen sie eine Drohgebärde ein, die auch motivierte und kompetente Mitarbeiter schließlich entmutigt, ihre wahre und eben häufig richtige Einschätzung der Situation zu äußern. Dabei sind Vertrauen und Offenheit unabdingbare Voraussetzungen dafür, dass Eigentümer und Management zu einer gemeinsamen Vorstellung der Unternehmensrealität kommen und damit richtige Entscheidungen treffen können. So wie das professionelle Management zwingend gegenüber der Familie seine Selbstachtung aufrechterhalten muss, muss das Familienmanagement die menschliche Kraft haben, den eigenen Führungskräften auf Augenhöhe zu begegnen.

Es darf hier nicht unerwähnt bleiben, dass Demut und Selbstrelativierung bei vielen Unternehmerpersönlichkeiten von vornherein zur persönlichen Ausstattung gehören. In diesen Unternehmen ist die Schnittstelle zwischen Familie und Management zumindest unternehmerseitig primär durchlässig, und es ist oft leicht, eventuelle kommunikative Hürden zu überwinden. Manchmal kommt die Blockade auch dadurch zustande, dass ein Mitglied des Managementteams der Eigentümerseite überheblich und feindselig gegenübersteht oder einfach selbst in Bezug auf seine kommunikativen Fähigkeiten Entwicklungsbedarf hat. In diesen Fällen muss das Unternehmen sich entscheiden, ob es sich von solchen Mitarbeitern trennen muss oder ob die Bereitschaft besteht, diesem speziellen Mitarbeiter im Zusammenhang mit einer klaren Konfrontation den Raum für einen persönlichen, professionell begleiteten Entwicklungsprozess zur Seite zu stellen.

Aufgaben des Coachs: Dialog und Interaktion ermöglichen

Es ist also häufig die fehlende Begegnung der Grund, weshalb das System zum Stillstand kommt oder aber in die Irre fährt. An dieser Stelle hat der Coach vor allem drei wesentliche Aufgaben:

  • Der Coach ist der ehrliche Makler, der in allparteilicher Empathie zunächst die Aufgabe hat, wirklich zu begreifen, was die Anliegen beider Seiten sind.
  • Im nächsten Schritt fällt es ihm zu, diese Anliegen in die Sprache der Gegenseite so zu übersetzen, dass beide Seiten einander wirklich verstehen. Wenn das gelingt, ist häufig schon der meiste Druck weg.
  • Die dritte Aufgabe des Coachs besteht darin, neue, sichere, oft auch mutige Wege von Interaktion zu eröffnen, die es an dieser Schnittstelle möglich machen, unmittelbarer miteinander in Beziehung zu treten.

Die Erschaffung und langfristige Pflege einer guten Schnittstelle zwischen Eigentümer und Management ist eine äußerst wichtige Aufgabe. Diese Schnittstelle ist eines der wichtigsten und gleichzeitig verletzlichsten Organe eines mittelständischen Unternehmens, dessen Pflege einen nie endenden Entwicklungsprozess darstellt.

Angesichts der oben beschriebenen drei Funktionen von Coaching ist es daher sinnvoll, die Mitglieder beider Systeme regelmäßig, nicht nur in Krisen, an einem Tisch zu versammeln. Kurze Interventionen können hier schon eine gute Interaktion auf Augenhöhe schaffen, die von gegenseitiger Achtsamkeit und Wertschätzung geprägt ist. Nachhaltiges Funktionieren setzt aber umfangreiche Entwicklungsprozesse in der Unternehmenskultur voraus. Z.B. sind die wesentlichen kommunikativen Tabus zu überwinden.

Coaching der einzelnen Führungskraft

Die dritte existenzielle Ebene, auf der Coaching in einem mittelständischen Unternehmen von Relevanz sein kann, ist im Grunde identisch mit den Coaching-Prozessen in allen größeren Organisationen. Es geht darum, die Mitglieder des Managements dabei zu unterstützen, in einen Reifeprozess einzutreten, der es ihnen ermöglicht, ihre Empathiefähigkeit zu verbessern. Zu verstehen ist darunter die Fähigkeit, im Kontakt berührbar zu sein. Diese Fähigkeit ist eine der wesentlichen Grundlagen dafür, kompetent führen zu können.

Dieser Aspekt der Personalentwicklung erweist sich in mittelständischen Unternehmen insofern als besonders wesentlich, als die Führungskraft praktisch immer zwischen Familie und Mitarbeiterschaft steht. Sie muss beiden Seiten auf Augenhöhe begegnen können. Dabei ist Loyalität ebenso wichtig wie die Fähigkeit, der Versuchung zu widerstehen, sich mit einer der beiden Seiten zu sehr zu identifizieren.

Fazit

Zusammenfassend kann man über Coaching in mittelständischen Unternehmen sicher Folgendes feststellen: Um wirksam zu sein, muss es der spezifischen Natur dieser Unternehmen gerecht werden.

Stärker als in Konzernen finden die meisten Konflikte in mittelständischen Unternehmen auf der persönlichen Ebene statt. Besonders wichtig sind die Situation der Eigentümerfamilie und deren Schnittstelle zum Management. Dies bedeutet, dass sich Coaching in einem sehr viel intensiveren Sinne der konkreten Psychodynamik eines speziellen Unternehmens mit seinen Traditionen und Kulturen und eben auch mit seinen persönlichen und oft langjährig relevanten Führungspersonen widmen muss.

 

Dieser gekürzte und modifizierte Beitrag stammt aus: Filbert, Wolfgang; Fildhaut, Birgitta; Happich, Gudrun; Höher, Friederike; Krahé, Wolfgang; Messerschmidt, Jasmin; Reinhardt, Britta J.; Seewald, Cornelia & Weigt, Heinz-Jürgen (2019). Coaching im Mittelstand. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.

Literatur

  • Schulz von Thun, Friedemann (2010). Miteinander reden 1. Reinbek: Rowohlt.
  • Seewald, Cornelia (2015). Coaching im Mittelstand. In Astrid Schreyögg & Christoph Schmidt-Lellek (Hrsg.), Die Professionalisierung von Coaching (S. 357–372). Wiesbaden: Springer.

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