Coaching-Tools

K-I-E Skala

Ein universelles Bewertungssystem für Kognition und Intuition

K-I-E Business-Tools sind alltagstaugliche Instrumente für gemeinsam getragene Entscheidungen von Führungskräften, Teams und Unternehmen. Die Tools basieren auf einem normierten Bewertungssystem, der K-I-E Skala, die im Folgenden vorgestellt wird.

10 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 1 | 2016 am 24.02.2016

Kurzbeschreibung

Einer jeden Entscheidung geht eine Bewertung voraus. Welche Bedeutung der Bewertung zugeordnet wird und welche Konsequenzen sie für die Umsetzung hat, ist ein relevanter Aspekt für das Treffen klarer und entschlossener Entscheidungen.

Der Mensch hat zwei unterschiedliche Entscheidungssysteme, das Kognitions- und das Emotionssystem. Diese Arbeiten parallel, weitgehend autonom und kommen zu unterschiedlichen Zeitpunkten, auf Basis unterschiedlicher Gedächtnissysteme zu unterschiedlichen Entscheidungen. Gleichzeitig interagieren die beiden Systeme, wodurch sie eher wie ein monolithisches System erscheinen. Im emotionalen Erfahrungsgedächtnis ist das handlungsorientierte und das Expertenwissen repräsentiert, das sich durch die Intuition ausdrücken kann. Die Interaktion zwischen den beiden Systemen ist im K-I-E Konzept zusammengefasst.

Die K-I-E Skala ist ein normiertes Bewertungssystem für alle Arten von Entscheidungsprozessen. Sie kommt im Coaching bei der Qualifizierung der Zieldefinition, der Ist-Situation und bei der Prozessgestaltung zum Einsatz. Die Bewertung erfolgt mithilfe eines Skalenwertes, der von 1 bis 10 rangiert. Der Skalenwert ist direkt mit einer vorgegebenen Bedeutung verbunden.

Entscheidungen herbeizuführen und umzusetzen, ist die Kerntätigkeit jeglicher Coaching-Arbeit. Damit dies gelingen kann, sollten Coaches wissen, wie man bewusst – vor allem gemeinsam getragene – Entscheidungen herstellen kann. Wesentlich dabei ist, wieweit die bewusste Bewertung und deren Abgleich mit der Intuition gelingt.  

Zur besseren Einordnung wird empfohlen, sich den Güte-Prozess (Coaching-Magazin 4/2015) und den Commitment-Prozess (Coaching-Magazin 3/2015) in Erinnerung zu rufen.

Anwendungsbereiche

Eine Bewertung anhand einer normierten, universell einsetzbaren Skala wird in jeder Phase des Coaching-Prozesses vorgenommen: von der Zieldefinition zur Ist-Situation, vom Ressourcen-Einsatz zur Zielerreichung bis hin zur Beurteilung der Prozess- und Ergebnisqualität eines durchgeführten Coachings. Liegt die Bewertung eines abgeschlossenen Coachings außerhalb des Akzeptanzbereichs, kann mit der Ressourcenfrage aus dem Commitment-Prozess (Coaching-Magazin 3/2015) der Bedarf des Klienten erfragt werden. 

Von zentraler Bedeutung wird die K-I-E Skala im Business-Coaching beim interaktiven Dialog zur Quantifizierung und Dokumentation, in allen Arten von Meetings und Besprechungen, in Projekten aller Art, für die Dokumentation und in Prozessen, seien es informelle oder formale Prozesse. Besonders gut eignet sie sich bei großen Moderationen: zum Herstellen einer vollständigen Beteiligung der Teilnehmer, zur klaren Bewertung und schnellen sowie verständlichen Präsentation der Ergebnisse. Die Eignung der Skala erstreckt sich vom freien Dialog, über Check-Listen, dokumentierten Prozessen bis hin zu IT-basierten Verfahren. 

Bewährt hat sich der Einsatz in kreativen Coachings von der ersten Idee, über die Planung, den Entwurf, die Umsetzung, Kontrolle, Steuerung und Abnahme. Exzellente und messbare Ergebnisse und Verbesserungen sind in formalen Entscheidungsgremien und Prozessen zu erzielen.  

Die K-I-E Skala bildet die Intuition ab und ist somit gleichermaßen für eine kognitive wie intuitive Bewertung und deren Zusammenführung geeignet.

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Abb.: Abgleich von Kognition und Intuition im Entscheidungsprozess

Effekte

Die K-I-E Skala führt zu schnellen und einfachen Bewertungen und Abstimmungen. Sie ermöglicht eine exakte Darstellung von Selbst- und Fremdeinschätzungen und einfachen, vergleichbaren Soll- und Ist-Beschreibungen. Damit erhält man ein transparentes Instrument, um Entscheidungen und Change-Prozesse jeglicher Art zu planen, zu gestalten, zu dokumentieren und damit Ziele zu erreichen. Es entsteht damit im Coaching-Prozess eine Verbindlichkeit, Klarheit und Wertschätzung, die der Atmosphäre der Beziehung und der Zielerreichung dient. 

Die Bedeutung der Intuition und der blitzschnelle Abruf des Expertenwissens für Entscheidungen sind unumstritten und im Coaching von zentraler Bedeutung. Der einfache Impuls aus der Intuition ist jedoch für viele Entscheidungen nicht differenziert genug. Mit der K-I-E Skala kann die Intuition auf einer Skala abgebildet und für den Klienten und alle Beteiligten transparent gemacht werden. 

Die Erfahrungen bei konsequentem Einsatz der K-I-E Skala zeigen eine Beschleunigung des Coaching-Prozesses mit gleichzeitig einhergehender Transparenz und verbesserter Zielerreichung. Der Coaching-Prozess wird gleichermaßen robuster gegen Störungen, zielorientierter, professioneller und wertschätzender.

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Abb. 2: Drei Bestandteile der K-i-E Skala-Bewertung (Skalen-Typ Standard aufsteigend: Akzeptanzbereich rechts)

Ausführliche Beschreibung

Die K-I-E Skala, präziser die K-I-E Skala-Bewertung, besteht aus drei Bestandteilen: der Leitfrage, dem K-I-E Skala-Typ und den Bewertungsbereichen.

Leitfrage

Die Leitfrage sollte kurz und präzise sein. Eine längere und unscharfe Aussage liefert bei der intuitiven Antwort der Klienten eine schlechte Trennschärfe, und bei der kognitiven Antwort führt sie zu Diskussionen und Widerständen. Das Design der Leitfrage ist der wichtigste Prozessschritt. Durch die Einfachheit und Klarheit der K-I-E Skala neigen Anfänger dazu, sie unüberlegt einzusetzen und stoßen dann in der Anwendung auf Irritationen.

Die Leitfrage wird mit einem quantitativen Fragewort eingeleitet. „Wie gut …?“, „Wieweit …?“, „Wie viel …?“, „Wie stark …?“, „Wie bedrohlich …?“, „Wie entschieden …?“ sind gute Einleitungen für die Leitfrage. Die quantitative Frage richtet Kognition und Intuition auf die Bedeutungsbereiche aus. Mit etwas Erfahrung und einer guten Auswahl an vorgefertigten Leitfragen gelingt es mühelos, präzise Leitfragen für beliebige Bewertungen in unterschiedlichen Kontexten zu erstellen.

K-I-E Skalen-Typ

Der K-I-E Skalen-Typ gibt die Antwortstruktur vor. Die fehlende Mitte forciert Entscheidungen und verhindert ein Unentschieden, eine Nicht-Entscheidung, ein Vermeiden oder Ausweichen. Gleichzeitig ermöglicht sie den Abruf der Intuition, basierend auf dem Erfahrungswissen. Dieses ist handlungs-, lebens- und überlebensorientiert und fordert immer eine klare Entscheidung. Die Intuition würde auf einer Skala mit einer Mitte, die bei einer ungeraden Zahlenmenge gegeben wäre, nicht reagieren.

Unterschiedliche Wissenschaften haben die Verlustaversion deutlich nachgewiesen: Wir vermeiden eher das Risiko, als dass wir Chancen suchen. Das gilt natürlich nicht für jeden Menschen und nicht für jede Situation. Für eine universelle und normierte Skala ist dies jedoch zu berücksichtigen und für die individuelle Situation entsprechend in der K-I-E Skala anzupassen.

Die Intuition würde bei einer symmetrischen Skala verzerrt werden und unscharf reagieren, da im Emotionssystem die Verlustaversion repräsentiert ist. Das Leben und das Business genügen keinen linearen und auch keinen symmetrischen Prozessen. Nur weil Statistikprogramme mit linearen symmetrischen Skalen besser funktionieren, sollten asymmetrische Prozesse nicht in symmetrischen Skalen abgebildet und dadurch verzerrt werden.

Die Intuition weniger Klienten reagiert nicht auf die aufsteigende K-I-E Skala. In der Folge ist die kognitive Zuordnung der Bewertung schwierig. Für diese Klienten hat es sich als sinnvoll herausgestellt, die Zahlen in absteigender Reihenfolge zu präsentieren (K-I-E Skala Standard absteigend: Akzeptanzbereich rechts).

Für manche Fragen, Bewertungen und Themen ist es sinnvoller, den Akzeptanzbereich links zu platzieren. Insbesondere dann, wenn nach der Ausprägung einer Bedrohung, Ablehnung, Angst usw. gefragt wird. Wie groß ist die Bedrohung? Wie sehr ist Ihre Position gefährdet?

Die Skalen-Typen Standard und Invers gehen von einem Akzeptanzbereich aus, der als Gegenüber einen einzigen dysfunktionalen Bereich hat. Die dahinterliegende Annahme heißt, etwas sei funktional und das Gegenüber dysfunktional. Bestimmte Fragen und Bewertungen lassen sich nicht mit einer linearen – weder einer aufsteigenden noch einer absteigenden – Skala abbilden.

Der häufigste Fall ist eine Dynamik mit zwei dysfunktionalen Bereichen und einem Akzeptanzbereich. Der Akzeptanzbereich liegt zwischen den Polaritäten „zu viel“ und „zu wenig“. Beispielsweise kann eine Besprechungsdauer im dysfunktionalen Bereich zu lang oder zu kurz sein. Oder: Ein angemessener Methodeneinsatz im Coaching führt zur Zielerreichung, ein Zuviel zur Übersteuerung und einem Zuwenig fehlt der Impuls zur Veränderung. Der K-I-E Skalen-Typ Polarität bildet diese Dynamiken ab.

In professionellen Umgebungen ist der Akzeptanzbereich kleiner. Die Bewertungen zwischen dysfunktionalen Bereichen und dem Akzeptanzbereich werden blau eingefärbt. Für besondere Coaching-Situationen muss der Akzeptanzbereich asymmetrisch verschoben werden, um die Gegebenheiten abzubilden.

Der K-I-E Skalen-Typ kann somit für spezielle Frage- und Themenstellungen individuell abgebildet und angepasst werden.

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Abb. 3: K-I-E Skala Invers aufsteigend: Akzeptanzbereich links

Bedeutungsbereiche

Das dritte wichtige Merkmal der K-I-E Skala ist die Bedeutung, die in den Bedeutungsbereichen abgebildet wird. Diese werden in der Einführungsphase detaillierter dargestellt. Dazu wird den K-I-E Zahlen jeweils eine Bedeutung zugeordnet, was Verständnis und Akzeptanz der Skala erhöht. 

Die detaillierte Zuordnung der Bedeutungen zu den K-I-E Zahlen wird nach der Einführungsphase wieder auf die Bedeutungsbereiche reduziert. Sie prägen sich bei den Beteiligten erfahrungsgemäß rasch ein.

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Abb. 4: K-I-E Skala Polarität aufsteigend: Akzeptanzbereich mittig

Fachlichkeit durch normierte Kommunikation

Die K-I-E Skala gibt mit den drei Bestandteilen eine normierte Kommunikation vor. Im Güteprozess (Coaching-Magazin 4/2015) wird die Qualität im Übergang von organisatorischen Schnittstellen hergestellt. Beim Artefakt „Anforderung“ treffen Vertreter des Business‘ und der IT aufeinander. Im tradierten Rollenverständnis: Kunde und Dienstleister. Der Dienstleister fühlt sich untergeordnet und soll dem Kunden, der gefühlt übergeordnet ist, erklären, warum dessen Anforderungen nicht gut genug sein sollen.

Diese fehlende Augenhöhe kann im Rahmen einer freien Diskussion zur Hemmschwelle werden, die eine effektive Feedback-Schleife erschwert. Zum einen gelingt es – möglicherweise unerfahrenen und introvertierten – Entwicklern mitunter nicht, sich ausreichend Gehör zu verschaffen. Zum anderen gelingt es dem Business aufgrund hoher Eloquenz, jenseits der Sachinformation Wertungen zu transportieren, die den agilen Prozess unterlaufen und unterschwellig Druck erzeugen können. So kann eine ungleiche Situation entstehen, die sich auf die Güte der Anforderungen unmittelbar negativ auswirkt. Das ursprünglich gemeinsame Interesse an hohem Alignment zwischen Business und IT geht als Basis für Effektivität im Entwicklungsprozess verloren.

Der Einsatz der K-I-E Skala bewirkt, dass nicht die Redefertigkeit oder der Status der Personen über die Güte der Anforderungen entscheiden, sondern rein die Fachlichkeit im Inhalt. Die K-I-E Skala stellt auf diese Weise Chancengleichheit her und sorgt für bestmögliche Anforderungen. Das gilt natürlich auch für die Kommunikation zwischen Klient und Coach.

Die K-I-E Skala entfaltet ihren wirklichen Nutzen, wenn sie als normierte Skala im Team Verwendung findet. Entscheidungsprozesse werden um Faktoren kürzer und gleichzeitig steigen die Qualität, Sicherheit, Tragfähigkeit, Transparenz, Beteiligung und Nachhaltigkeit von Entscheidungen. Der Entscheidungsprozess selbst wird leichter, freudiger, kreativer und sicher.

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Abb. 5: K-I-E SkalaPolarität aufsteigend: verkleinerter Akzeptanzbereich mittig

Voraussetzungen

Der Aufbau der K-I-E Skala muss erlernt und ihre Anwendung geübt werden. Ihr Einsatz im Business-Coaching ist insbesondere im Kontext eines Change-Prozesses anzuraten.

Persönlicher Hinweis

In unzähligen Projekten und Coaching-Sitzungen hat sich die K-I-E Skala als sicher, trennscharf in der Abbildung von Expertenwissen und anwendbar erwiesen, sowohl für Frauen als auch für Männer, für Experten wie Unerfahrene, für Intellektuelle wie Praktiker. Sie eignet sich für Business- und persönliche Themen, für faktische genauso wie für weiche Themen.

Technische Hinweise

Die Zielgruppen erfordern unterschiedliche technische Umsetzungen in der Anwendung der K-I-E Skala. Im Einzel-Coaching hat sich eine Visualisierung auf einem Flipchart oder Notizblock als sehr praktikabel herausgestellt. Im Einzelfall ist die Verwendung von K-I-E Skala-Karten angezeigt. Der Coach führt den Prozess und der Klient kann und muss sich unbeeinflusst entscheiden. Es ist faszinierend, wie leicht es ist, eine Karte zu wählen und damit eine präzise Wahl zu dokumentieren, statt dass viele Worte gewechselt werden ohne eine greifbare Bewertung.

Im Team sind vorbereitete Flip-Charts oder Plakate bzw. bei einer Team-Größe bis 16 Mitglieder die K-I-E Skala-Karten gut geeignet. In größeren Team-Prozessen und Moderationen erlauben auch vorbereitete Pin-Wände eine gute Visualisierung.


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Tabelle: Ausdifferenzierungder Bedeutungsbereiche für Qualität

K-I-E Business Tools

sind alltagstaugliche Instrumente für gemeinsam getragene Entscheidungen für Führungskräfte, Teams und Unternehmen. Der besondere Erfolg der Business-Tools resultiert aus der Ausrichtung an der Neuroarchitektur des Menschen und seinen natürlichen Entscheidungsprozessen. Die Tools basieren auf einem normierten Bewertungssystem, der K-I-E Skala, der bewussten Nutzung der Intuition, einem universellen Güteprozess, dem Priorisierungsprozess und sind in beliebige Prozesse integrierbar.

Literatur

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