Mit dem Priorisierungsprozess wird die unternehmerische Kernfrage, was in welcher Reihenfolge zu tun ist, mit allen Beteiligten und Verantwortlichen gemeinsam gelöst. In einer Organisation konkurrieren diverse Anforderungen aus den verschiedenen Bereichen um die begrenzten Ressourcen an Zeit, Budget, Kreativität, Fokus und Umsetzungskapazitäten.
Das Ziel einer jeden Priorisierung ist es, eine gemeinsam getragene Auswahl von Anforderungen im Einklang mit dem vorgegebenen Scope bis hin zur Unternehmensstrategie zu finden, die anschließend mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen bewältigt werden kann.
Die gemeinsam getragene Auswahl wird klassifiziert in notwendige, sinnvolle Anforderungen, die mit den gegebenen Ressourcen erledigt werden können, und in nicht sinnvolle, die aktuell nicht weiter verfolgt werden. Eine normierte Metrik an quantifizierbaren Kennzahlen ist von entscheidender Bedeutung für die Akzeptanz und den Erfolg. Dieser Standardprozess gewichtet, ordnet und bringt die unterschiedlichen Bereiche und vielfältigen Themen von der Unternehmensentwicklung, den Business-Anforderungen und Prozessverbesserungen bis hin zu Tickets in der agilen Entwicklung zusammen.
Die schnellste Priorisierung ist die Vorgabe des Chefs. Unabhängig davon, wie angemessen diese Vorgabe ist, bleibt die Frage, wieweit die Vorgabe anschließend gemeinsam getragen wird und ob auf die Expertise und Beteiligung aller Verantwortlichen verzichtet werden kann. Entscheidend ist ein funktionierender Priorisierungsprozess, mit dem das Ziel sicher erreicht wird. Die Option der Chef-Entscheidung wird transparent integriert.
Der Priorisierungsprozess ist ein Standardprozess, der sich methodisch und strukturell für alle Arten von Priorisierungen im beruflichen und auch persönlichen Kontext eignet. Durch die Klarheit und Robustheit des Prozesses eignet er sich für kleine Unternehmen genauso wie für Konzerne. Bei größeren Unternehmen sind mehrere Bereiche beteiligt: Geschäftsführung, Unternehmensentwicklung, Strategie und Methoden, Vertrieb, Marketing und je nach Organisationsform die unterschiedlichen Business-Bereiche. Vorbereitung, Organisation und Prozessstrenge sind der Anzahl der Beteiligten anzupassen.
Der Prozess hat sich in dieser Form für viele Bereiche bewährt, so im Portfolio-Management für die strategische Unternehmensentwicklung, für den M&A-Integrations- und Transformationsprozess bis zum Anforderungsmanagement in Projekten.
Besondere Bedeutung bekommt der Priorisierungsprozess für die agile Methodik, die bisher allein weder bessere Projektergebnisse erzeugt noch die Entwicklungsprozesse nachhaltig beschleunigt. Die fehlende Operationalisierung in Scrum und ähnlichen agilen Methoden wird mit dem Priorisierungsprozess, der K-I-E Skala, dem Güte- und Commitment-Prozess wirkungsvoll ergänzt.
Im beruflichen wie persönlichen Bereich wird Priorisierung zum verlässlichen Standardprozess mit gesichertem Ergebnis. Ausgerichtet an den vorgegebenen Zielen erreichen die Verantwortlichen einen maximalen Nutzen mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen.
Als vorrangiger Effekt zeigt sich ein verlässliches und planbares Ergebnis, das in einem geordneten Prozess überprüfbar und messbar erzeugt wird. Die Robustheit des Prozesses sorgt dafür, dass eine gezielte Einflussnahme und Manipulation in eine gemeinsam getragene Auswahl überführt wird. Damit können auch aufgestaute Backlogs geplant abgearbeitet und die Priorisierung wieder in ein Regelverfahren überführt werden.
Die Ausrichtung an den Gehirnprozessen lässt den Zeitbedarf für den Priorisierungsprozess deutlich sinken, erfahrungsgemäß um einen Faktor 2 bis 5. Der deutliche Performance-Anstieg geht gleichzeitig einher mit einem wachsenden Verständnis der gemeinsamen Arbeit. Die beteiligten Verantwortlichen entwickeln eine Unternehmenskultur, in der Sicherheit, Wertschätzung und Verständnis durch den verlässlichen Prozess gemeinsam hergestellt wird. Es wird die Kompetenz der Gruppe genutzt und gleichzeitig werden alle Führungskräfte reicher, weil das Erfahrungswissen aller verfügbar gemacht wird und da durch die Kompetenz aller Führungskräfte wächst.
Anforderungen werden typischerweise nach den Kriterien „Wichtigkeit“ und „Dringlichkeit“ priorisiert und anschließend in eine Ordnung gebracht. Die Verantwortlichen stehen vor der Aufgabe, zu bewerten und zu entscheiden, und dafür ist eine klare und robuste Metrik notwendig.
Diese Entscheidungen werden in der Regel bereichsübergreifend in einem größeren Team von Verantwortlichen gefällt. Dabei muss der Widerspruch zwischen individuellem Bereichsinteresse und den Bedürfnissen des Gesamtunternehmens zusammengebracht werden. Dies gelingt, wenn die Güte der Anforderungen hergestellt und die Priorisierung in einem geordneten Prozess gesteuert wird.
Mit der K-I-E Skala wurde im Coaching-Magazin 1/2016 bereits ein normiertes und universell einsetzbares Bewertungssystem für alle Arten von Entscheidungsprozessen vorgestellt. Mithilfe eines Skalenwerts, der von 1 bis 10 rangiert, können alle Bewertungen sicher und akzeptiert durchgeführt werden.
Mit der K-I-E Skala kann das Expertenwissen bzw. Bauchgefühl blitzschnell abgerufen und mit der kognitiven Bewertung zusammengeführt werden.
Um das Ziel, die Wichtigkeit und Dringlichkeit der Anforderungen abzubilden, wird eine einzige Kennzahl, die Business-Importance, mit den Bedeutungsbereichen „notwendig“, „sinnvoll“ und „nicht sinnvoll“ in einem Design-Prozess als Prozess-Standard eingeführt.
Für die spezifischen Bedürfnisse des Unternehmens, aber auch für den Erhalt der Flexibilität bei Änderungen der Ziele, bei Anpassungen an Herausforderungen des Marktes, für innere Notwendigkeiten und Re-Priorisierungen werden die Dimensionen zur Bewertung formalisiert. In einem Change-Prozess werden die Dimensionen für den Priorisierungsprozess als Standard gemeinsam in einem Commitment-Prozess festgelegt und als verlässliche Größe transparent vorgehalten. Ein Auszug für das Portfolio-Management sind Dimensionen wie: das Ziel, das verfolgt wird, der Kundennutzen, der dabei entsteht, die Wirtschaftlichkeit für das Unternehmen, der Business-Impact und eine Grobschätzung. Diese Dimensionen werden beschrieben und mit der K-I-E Skala bewertet. Die Bewertungskennzahlen aller Dimensionen werden anschließend in die Business-Importance überführt und mit einer K-I-E Zahl dokumentiert.
Dieser Prozessschritt wird im Vorfeld des Priorisierungsprozesses mit dem Güteprozess (Coaching-Magazin 4/2015) ins Unternehmen eingeführt. Damit sind eine einfache und sichere Kontrolle, eine Flexibilität für notwendige Anpassung, ein transparenter Prozess und eine nachvollziehbare Dokumentation und Kommunikation gewährleistet.
Der K-I-E Priorisierungsprozess ist in drei Phasen organisiert: Verständnis, Bewertung und Priorisierung. Zuerst wird ein gemeinsames Verständnis geschaffen, im Anschluss werden die einzelnen Anforderungen bewertet und im letzten Schritt wird die Priorisierung transparent committed. Das Mitführen der Business-Importance über die gesamte Prozess-Kette bringt die notwendige Transparenz.
Ohne ein hinreichendes Verständnis der Teilnehmer ist keine Priorisierung möglich. Wie im Commitment-Prozess bereits dargestellt, committen sich Experten nur dann, wenn sie vom Erfolg überzeugt sind. Eine Überzeugung ist jedoch nur dann möglich, wenn ein hinreichendes Verständnis hergestellt ist. Dieser frühe Prozessschritt ist zwingend, damit in späteren Phasen und Schritten nicht abgebrochen werden muss.
Ein Güteprozess als integraler Teil der Einführung des Priorisierungsprozesses sorgt dafür, dass die Anforderungen in einer ausreichenden Güte vorliegen. Tatsächlich werden die meisten Priorisierungen, gerade in der Einführungsphase, aufgrund mangelnder Qualität zurückgewiesen. Um einen taktischen oder manipulativen Missbrauch zu vermeiden, ist die Güte der Anforderungsdokumentation ein essentieller Erfolgsfaktor.
Die Anforderung wird in einem definierten Setting präsentiert. Anschließend bewerten alle Teilnehmer ihr Verständnis mit der K-I-E Skala.
Liegt das Verständnis im Bewertungsbereich 1 bis 5, wird die Priorisierung unterbrochen und es wird dokumentiert, was die Verantwortlichen brauchen, damit sie bis zum nächsten Priorisierungsprozess das Verständnis erwerben. Der Leiter der Priorisierung entscheidet, wieweit diese Teilnehmer für diese Anforderung ausgeschlossen werden. Wie bei allen K-I-E Business-Tools kann die Priorisierung von Einzelnen im Nachgang komplettiert werden. Dieses Vorgehen ist im Design festzulegen. Ein Verschleiern des eigenen Verständnisses ist seitens der Teilnehmer auf Dauer auszuschließen. Zum einen wird der Prozess über alle Phasen transparent dokumentiert und zum anderen würde es in späteren Schritten sichtbar. Das motiviert die Teilnehmer, sich offen und unterstützend zu verhalten.
Bei einem Verständnis von 6 bis 7 wird im Design festgelegt, wie viele Verständnisfragen gestellt werden dürfen. Die Fragen werden in einem festgelegten Format durch die Expertise der anwesenden Teilnehmer beantwortet. Ein erneutes Commitment für das Verständnis dokumentiert das Einvernehmen für den nächsten Schritt.
Bei einem Verständnis von 8 bis 10 wird direkt mit dem nächsten Schritt fortgefahren.
Die Bewertung der Business-Importance selbst ist bei den Vorarbeiten im Priorisierungsprozess ein überschaubarer Vorgang. Im ersten Schritt, der stillen Betrachtung, wird den Teilnehmern eine kurze Zeit für die eigene Betrachtung ohne Beeinflussung anderer gegeben, um die Intuition abzurufen und diese mit der kognitiven Bewertung in Einklang zu bringen.
Die Leitfrage „Wie wichtig und dringlich ist die Anforderung für meinen Bereich und für das gesamte Unternehmen?“ aktiviert erneut die Intuition. Die Teilnehmer entscheiden sich und wählen für ihre Bewertung eine K-I-E Karte, die verdeckt abgelegt wird. Durch diese Technik werden Beeinflussung und Ankereffekte eliminiert. Alle Teilnehmer kommen mit einer normierten Bewertung zu Wort.
Nachdem alle Teilnehmer ihre Bewertung abgegeben haben, wird das Ergebnis aufgedeckt. In weniger als einer Minute erhalten der Moderator, der Leiter und alle Beteiligten einen ersten Einblick, wie nahe man bereits an einer gemeinsamen Business-Importance oder wie weit man davon entfernt ist. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es keine störenden Interaktionen wie Diskussionen, Überzeugungsversuche, Abwertungen oder Aufwertungen, Selbstdarstellungen oder Retourkutschen aus der Vergangenheit. Für jeden ist erkennbar, wie weit man von einer gemeinsamen Bewertung abweicht. Dieses Vorgehen ist ein weiterer wesentlicher Erfolgsfaktor.
Nun erläutern zuerst die Teilnehmer mit den niedrigsten und anschließend mit den höchsten Business-Importances ihre Gründe für ihre Bewertung. Die Anzahl wird im Design festgelegt. In der Praxis haben sich jeweils zwei bewährt. Mit diesem Prozess-Schritt wird die Expertise Einzelner der ganzen Gruppe zur Verfügung gestellt. Es gibt gute Gründe für die jeweilige Bewertung am unteren und oberen Ende. Durch die Transparenz des Prozesses wird verhindert, dass in diesem Schritt taktiert wird. Eine offene Begründung würde dies früher oder später aufdecken. Eine solide Begründung bereichert die Gruppe mit Einsichten, die vorher nicht vorhanden waren.
Mit den aus der Gruppe gewonnenen Einsichten wird nun eine zweite Bewertung vorgenommen. Bei einem eingeführten und eingeschwungenen Priorisierungsprozess führt dieser Prozessschritt die Bewertungen der Teilnehmer erfahrungsgemäß zusammen.
Die Bewertungsphase liefert für eine Anforderung in wenigen Minuten ein klares Bild über die Bewertung der gesamten Gruppe. Einer späteren Distanzierung oder Veränderung der Business-Importance wird durch die transparente Dokumentation vorgebeugt.
Die Phase der Priorisierung wird mit der stillen Betrachtung der bisher erarbeiteten gemeinsamen Bewertung eröffnet. Die Zeit gibt den Teilnehmern die Chance, ihre Intuition abzurufen und mit der kognitiven Bewertung in Einklang zu bringen. Der Moderator bildet in seiner Verantwortung aus dem Bild einen Vorschlag für eine Business-Importance, die für ein Commitment aller vorgegeben wird. Der Prozess wird wieder verdeckt ohne Diskussion ausgeführt.
Wird das Commitment mit 8 bis 10 gegeben, so liegt eine gemeinsam getragene Business-Importance für eine Anforderung vor. Sollten einige Teilnehmer ein Commitment zwischen 1 bis 7 abgeben, so wird eine definierte Anzahl von Verständnisfragen erlaubt, die aus der Gruppenexpertise beantwortet werden. Dieser Prozessschritt reichert das Gruppen-Know-how an und begünstigt die Chance für ein zweites erfolgreiches Commitment im nächsten Schritt.
Committen sich einer oder mehrere Teilnehmer nicht zu dieser Business-Importance, so wird die gemeinsame Priorisierung verlassen und der Leiter entscheidet, ob es eine Chef-Entscheidung gibt oder wie weiter verfahren wird. Als Hilfestellung erhält der Leiter in jedem Fall eine Einschätzung der Teilnehmer durch das vorher erarbeitete Bild. Der transparente Prozess sorgt durch dieses Vorgehen dafür, dass die Gruppe mit zunehmender Erfahrung lieber eine gemeinsam getragene Priorisierung wählt, als eine ungewisse Entscheidung auf den Leiter abzuwälzen.
Auch dieser Prozessschritt erzeugt in wenigen Minuten ein klares und nachvollziehbares Ergebnis.
Der K-I-E Priorisierungsprozess vereint die K-I-E Skala, den Güte- und Commitment-Prozess zu einem funktionalen und klaren Prozess, der mit begrenztem Zeitaufwand eine sichere und gemeinsam getragene Priorisierung hervorbringt.
Die Priorisierung ist als Change-Prozess mit designten Pilotläufen für eine zyklisch-evolutionäre Entwicklung und Akzeptanz einzuführen. Es wird dringend angeraten, die K-I-E Skala, den Güte- und Commitment-Prozess bereits im Vorfeld zu schulen.
Die K-I-E Karten oder die K-I-E App sind notwendige Voraussetzung, um den Prozess sicher umzusetzen.
K-I-E Business-Tools sind alltagstaugliche Instrumente für gemeinsam getragene Entscheidungen von Führungskräften, Teams und Unternehmen. Der besondere Erfolg der Business-Tools resultiert aus der Ausrichtung an der Neuroarchitektur des Menschen und seinen natürlichen Entscheidungsprozessen. Die Tools basieren auf einem normierten Bewertungssystem, der K-I-E Skala, der bewussten Nutzung der Intuition, einem universellen Güteprozess, dem Priorisierungsprozess und sind in beliebige Prozesse integrierbar.