Im Coaching stellt sich häufig die Frage, auf welcher Interventionsebene nachhaltige Erfolge erzielt werden können. In Abhängigkeit vom jeweiligen Klientenanliegen, der Auftragstellung und den kulturellen und zeitlichen Rahmenbedingungen beeinflussen insbesondere die Fähigkeiten, Kenntnisse und Vorlieben des Coachs die konkrete Vorgehensweise.
Manche Coachings sind sehr auf eine operative Verhaltensebene fokussiert, beispielsweise wenn ein Klient eine bestimmte Kompetenz verbessern möchte (z.B. Vorträge halten, Mitarbeitergespräche führen); andere Coachings ähneln hingegen eher philosophischen Gesprächen und beinhalten stark reflexive Anteile, z.B. um die Führungsrolle besser verstehen und ausfüllen zu können.
Nun ist es jedoch nicht so, dass eine simple "Wenn-dann-Logik" hier den Maßstab vorgibt. Ob eine Interventionsebene angezeigt ist oder nicht, lässt sich nicht allein von der Auftragstellung ableiten. So kann eine Kompetenzverbesserung bzgl. des Führens von Mitarbeitergesprächen durch ein Coaching mit reflexiven Elementen genauso wirksam sein, wie ein Coaching mit Verhaltensanteilen.
Die Erfahrung zeigt hier, dass es immer wieder Klienten gibt, die besonders gut auf einer bestimmten Ebene erreichbar sind. Manche Klienten fokussieren sich primär auf den Intellekt, andere auf ihre Gefühle, dritte auf die Beziehungsebene usw.
Derartige Fokussierungen kann man aufgreifen, um sie als "Zugangsweg" zum Klienten zu nutzen. Man kann aber auch den gegenteiligen Weg wählen und den Klienten mit den Ebenen konfrontieren, auf die er weniger stark fokussiert ist und die er möglicherweise vernachlässigt.
Damit stellt sich die Frage, wie diese Aspekte in ein Coaching-Konzept integriert werden können, welches einen Coaching-Prozess beschreibt, ohne den Prozess zu normieren. Diese Zusammenhänge sind insbesondere deshalb herausfordernd, weil ein Coaching einerseits selbstverständlich ein individuelles Vorgehen erfordert, sich andererseits jedoch nicht in der totalen Beliebigkeit des "anything goes" verlieren sollte.
Ein hilfreiches Modell dazu liefert der Ansatz des "Multimodalen Coachings". In dem Artikel "Multimodal coaching and its application to the workplace, life and health coaching" (The Coaching Psychologist, Vol.4 No. 1, April 2008, 21–29) erläutert der britische Forscher Dr. Stephen Palmer einen Ansatz, der auf die Arbeiten des Psychologen Arnold A. Lazarus aus den 1970er Jahren zurückgeht. Lazarus war der Ansicht, dass kein Therapiesystem die menschliche Psyche völlig beschreibt und erfasst. So hatte er beobachtet, dass viele Klienten nach einer Verhaltenstherapie wieder rückfällig wurden, aber auf kognitive Strategien besser ansprachen. Dies ließ ihn den multimodalen Ansatz entwickeln, der auf sieben Dimensionen oder Modalitäten der Persönlichkeit zielt, die auf einander bezogen sind und sich gegenseitig bedingen. Diese Dimensionen werden mit BASIC ID abgekürzt:
Menschen unterscheiden sich allerdings im Grad der individuellen Ausprägung oder Ansprechbarkeit auf diesen Dimensionen. Im Coaching ist dieser Unterschiedlichkeit daher Rechnung zu tragen, indem ein Modalitäten-Profil des Klienten erstellt wird. Außerdem kommen im Multimodalen Coaching zahlreiche Techniken und Strategien zum Einsatz, die vom Zeitmanagement über Imaginationsübungen bis hin zu Rollenspielen reichen. D.h. ein Anliegen des Klienten wird auf allen sieben Dimensionen bearbeitet. Wenngleich man davon ausgeht, dass nicht auf jeder Dimensionen die gleiche Wirkung erzielt werden kann, ist dennoch das Zusammenwirken bzw. Berücksichtigen der unterschiedlichen Dimensionen wichtig.
Auf diese Weise ist es möglich, nicht nur eine Symptomatik zu verbessern, sondern den Klienten auf mehreren Ebenen zu erreichen – und somit die Veränderungswahrscheinlichkeit zu erhöhen.
Wenngleich der Ansatz des Multimodalen Coachings auf dem der Multimodalen Verhaltenstherapie beruht, welche bereits 1976 unter dem Titel "Multimodal Behavior Therapy" veröffentlicht wurde, ist der Ansatz im Coaching-Bereich noch nicht weit verbreitet. Aufgrund seines erklärenden und integrativen Potenzials und der Betonung der Individualität des Klienten ist jedoch zu erwarten, dass der Multimodale Ansatz bei Coaches als auch Klienten auf Akzeptanz stoßen dürfte.