Dieser dreiteilige Beitrag befasst sich mit der Frage, wie Coaches gezielt Klientinnen und Klienten ansprechen und Aufträge generieren können. Denn, so trivial es klingt: ohne Klienten, kein Coaching – und damit auch kein Einkommen. Dementsprechend sollte Marketing zum Alltagsgeschäft aller Coaches gehören. Allerdings gibt es eine Vielzahl an Marketingmöglichkeiten, weshalb es wichtig ist, die Maßnahmen herauszusuchen, die auch tatsächlich Nutzen zeigen, insbesondere, wenn diese Maßnahmen mit Aufwand und Kosten verbunden sind.
Der erste Teil der Reihe, erschienen in der Juli-Ausgabe des Coaching-Newsletters, blickte auf die wirksamsten Marketingmaßnahmen für Coaches sowie auf jene, die lediglich für einen bestimmten Personenkreis (z.B. weibliche Coaches mit vielen Jahren Coaching-Erfahrung) effektiv sind. Das grundsätzliche Fazit: Die Mund-zu-Mund-Propaganda sowie das aktive Empfehlungsmanagement sind die wirkmächtigsten Marketinginstrumente. Allerdings ist es sinnvoll, deren Wirkmächtigkeit durch weitere Maßnahmen wie regelmäßige Newsletter oder weitere Möglichkeiten zur Kontakt- und Netzwerkpflege zu verstärken.
Auf einen Blick
Der vorliegende zweite Teil befasst sich mit Social Media als einem wichtigen Baustein, um Synergien unter den Marketingmaßnahmen zu schaffen und auch um die eigene Reichweite zu erweitern. Abermals wird auch auf die Effektivität der Maßnahmen für bestimmte Personengruppen geblickt. Der dritte und letzte Teil der Reihe erscheint in der September-Ausgabe des Coaching-Newsletters. Thema sind Coaching-Portale und ihre Wirksamkeit sowie Vorteile bei der Klientinnen- und Klientensuche bzw. -ansprache.
Auch der zweite Teil der Artikelreihe hat die Daten der RAUEN Coaching-Marktanalyse 2023 zur Grundlage und gibt diese wieder, um konkrete Aussagen zur Wirksamkeit der von Coaches eingesetzten Marketingmaßnahmen treffen zu können (Rauen et al., 2023). Die Marktanalyse 2023 sowie die Analysen der Vorjahre stehen allen Interessierten kostenfrei zur Verfügung und liefern neben den besagten Informationen zum Marketing statistische Daten u.a. zum Einkommen von Coaches, zu deren Zielgruppen sowie zu Coaching-Themen und -Formaten.
Wie im ersten Teil der Reihe, ist es wichtig, kurz anzuführen, dass die Coaching-Marktanalyse 2023 bei der Wirksamkeit der Marketingmaßnahmen zwischen vier Gruppen von Coaches unterscheidet (ebd.):
Der differenzierte Blick ermöglicht es, genauere Aussagen hinsichtlich der Wirksamkeit zu treffen und bessere Handlungsempfehlungen – auch spezifisch für die jeweiligen Personengruppen – zu geben. So wird auch deutlich, welche Marketingmaßnahmen tatsächlich eine breite Wirkung zeigen, sprich bei allen Personengruppen wirken, und welche im Grunde hinsichtlich ihrer Effektivität bei der Kundengewinnung zu vernachlässigen sind.
Dass die sozialen Medien und Netzwerke als Marketingmaßnahmen genutzt werden können, ist hinlänglich bekannt, auch unter Coaches: Bereits die Marktanalysen der Jahre 2020 und 2021 zeigten die hohe Verbreitung der Social Media als Marketinginstrument unter Coaches sowie deren Nutzen bei der Klientengewinnung (Rauen, 2020; Rauen, 2021). Aufgrund einer differenzierten Abfrage in den Marktanalysen 2022 und 2023 kann man sagen, dass weit über die Hälfte aller befragten Coaches Social Media zu Werbezwecken einsetzen (Rauen et al., 2022; Rauen et al., 2023).
Der Grund hierfür ist einfach: Social Media können – zumindest vordergründig – mit wenig Aufwand und Kosten eingesetzt werden und potentiell eine sehr große Personenzahl erreichen. Jüngste Erhebungen zeigen, dass über 85 % der Bevölkerung Deutschlands aktiv Social Media nutzen, in der Schweiz sind es 83,1 %, in Österreich 82 % (Statista, 2023a).
Doch welche der vielen Social Media-Plattformern sind für Coaches empfehlenswert, um effektiv potentielle Klienten anzusprechen? Ein Blick in die Abbildung (siehe unten) zeigt sehr eindeutig, dass die Business-Netzwerke LinkedIn und Xing sehr gute Wirkungen erzielen. Allerdings sticht LinkedIn mit großem Abstand hervor: Den größten Nutzen schreiben Männer mit fünf oder weniger Jahren Coaching-Erfahrung LinkedIn zu (55,00 %), gefolgt von Frauen mit 15 oder mehr Jahren Coaching-Erfahrung (48,86 %), Männern mit über 15 Jahren Erfahrung (48,23 %) und Frauen mit fünf oder weniger Jahren Erfahrung (46,92 %). Setzt man voraus, dass weniger Coaching-Erfahrung auch mit einem geringeren Lebensalter verbunden ist, dann ist der auffällige Ausschlag der männlichen Coaches mit weniger Erfahrung möglicherweise einer allgemein höheren Affinität jüngerer Personen zu den sozialen Medien geschuldet. Allerdings würde das bedeuten, dass ebenso jüngere weibliche Coaches (mit weniger Coaching-Erfahrung) LinkedIn nicht in dem Maße intensiv/effektiv nutzen wie ihre männlichen Kollegen mit ebenso viel Coaching-Erfahrung.
Die Wichtigkeit von LinkedIn in der Gesamtübersicht aller Marketingmaßnahmen wird umso deutlicher, vergleicht man es mit der Effektivität der Mund-zu-Mund-Propaganda aus dem ersten Teil des Beitrags, deren Spitzenwert bei 56,55 % und der niedrigste Nutzenwert bei 42,81% lag (Rauen & Barczynski, 2023). Damit diese Maßnahme wirkt, muss man im Bewusstsein und Gespräch potentieller Klienten bleiben, d.h., sein Netzwerk, seine Kontakte pflegen. Das funktioniert via LinkedIn, doch bietet die Business Social Media-Plattform offenbar auch eine sehr gute Möglichkeit, um direkt Klienten und Auftraggeber anzusprechen.
Zwar gilt Ähnliches auch für Xing, das für Coaches mit 15 oder mehr Jahren Coaching-Erfahrung (Frauen: 15,04 %; Männer: 15,42 %) den größeren Nutzen aufzeigt verglichen mit weniger erfahrenen Coaches (Frauen: 7,46 %; Männer: 9,88 %). Doch ist der Abstand zu LinkedIn um fast durchweg 40 Prozentpunkte immens. Das wird umso eindrücklicher, betrachtet man die Nutzungszahlen der beiden Plattformen in der DACH-Region: Ende 2022 wies Xing insgesamt 21,52 Millionen Nutzer (Statista, 2023b) auf, LinkedIn 19 Millionen (Statista, 2023c) – allerdings weist LinkedIn für das Jahr 2023 „21+“ Millionen Nutzer auf (LinkedIn, 2023). Über die Ursachen, warum LinkedIn dennoch so viel effektiver eingesetzt wird, kann nur spekuliert werden: Es kann z.B. nicht ausgeschlossen werden, dass Coaches und insbesondere deren spezifische Zielgruppen Xing einfach seltener nutzen. Jedoch gilt auch für Xing, dass es sich um ein gutes Marketinginstrument handeln kann, das nicht außer Acht gelassen werden sollte.
Die unterschiedliche Nutzeneinschätzung zwischen Coaches mit viel und mit weniger Erfahrung, sprich zwischen älteren und jüngeren Coaches, ist eventuell darauf zurückzuführen, dass Xing (zumindest in Deutschland) etwas ältere Nutzer anspricht, während LinkedIn insbesondere in der Altersgruppe 20–29 Jahre vorne liegt (Statista, 2023d; Statista, 2023e). D.h., jüngere Coaches könnten Xing weniger intensiv nutzen – was hinsichtlich dessen guter Effektivität allerdings nicht empfehlenswert ist, zumal es bei allen anderen Nutzeraltersgruppen keine bzw. kaum Unterschiede zwischen den Business-Netzwerken gibt. Man sollte also als junger Coach unabhängig vom Geschlecht beachten, dass auch Xing effektiv und zielgruppengerichtet eingesetzt werden kann, ältere Coaches zeigen das eindeutig.
Der Vorteil beider Business-Social Media-Plattformen ist ihre spezifische Ausrichtung. Hier können Coaches neuen Netzwerken beitreten und bestehende Kontakte pflegen. Man kann via Postings auf die eigene Homepage verweisen (was ein eigenes Marketinginstrument ist, siehe Teil 1), Interessierten die eigenen Dienstleistungen näherbringen und sie darauf aufmerksam machen. Das geht mittels Textnachrichten, Verlinkungen aber auch mittels Videos (siehe unten den Abschnitt zu YouTube). Darüber hinaus gibt es zahlreiche ausgeklügelte allerdings i.d.R. kostenpflichtige Möglichkeiten, seine Kontakte zu erweitern bzw. mehr Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Einen nochmals auffälligeren Unterschied zwischen den Personengruppen mit viel und wenig Berufserfahrung, sprich zwischen älteren und jüngeren Jahrgängen, zeigt Instagram. Die Plattform, die dafür bekannt ist, eher jüngere Generationen anzusprechen, wird dementsprechend von erfahrenen (sprich älteren) Coaches schlechter bewertet (Frauen: 2,61 %; Männer: 2,72 %). Dagegen messen Männer mit fünf oder weniger Jahren Coaching-Erfahrung (7,56 %) und Frauen mit weniger Coaching-Erfahrung (13,34 %) Instagram einen wesentlich höheren Nutzen bei. Für die letztgenannte Gruppe, die man unter den gestellten Vorannahmen wahrscheinlich als jüngere Frauen verstehen kann, ist Instagram die zweitbeste Social Media-Plattform hinsichtlich des Marketingnutzens. Dieser Wert zeigt, dass auch eine Plattform, mit der man nicht (bzw. noch nicht) in erster Linie den Business-Bereich und damit auch Business-Coaching in Verbindung bringt, sehr effektiv zur Klientenansprache eingesetzt werden kann. Zudem gilt es zu beachten, dass Instagram in der Gruppe der 14–29 Jährigen die Social Media-Plattform schlechthin ist mit einem Anteil von 74 % (zum Vergleich: Facebook hat in dieser Gruppe einen Anteil von 42 %, bei den 30–49 Jährigen steht es 47 % (Facebook) zu 39 % (Instagram); Statista, 2023f). Die jüngste Generation von Führungskräften ist auf Instagram aktiv, wenn Coaches sie ansprechen möchten, sollten sie auch hier präsent sein.
Das erwähnte Facebook bleibt gemäß der erwähnten Statistik die meistgenutzte Social Media-Plattform in Deutschland bei allen Personen über 30 Jahre – je älter die Personengruppe, desto größer wird der Abstand zu Instagram, Twitter, Pinterest usw. (ebd.). Entsprechend ist es ein wichtiges und effektives Marketingmittel, insbesondere für Männer mit viel Coaching-Erfahrung (7,55 %), die hieraus mehr Nutzen ziehen als z.B. aus Instagram, und für Frauen mit weniger Coaching-Erfahrung (7,46 %), für die Facebook genauso wirksam ist wie Xing. Auch für Frauen mit über 15 Jahren Erfahrung ist Facebook mit 3,43 % effektiver als Instagram. Nur bei Männern mit weniger Erfahrung ist Facebook mit 4,53 % die schwächste unter den großen Social Media-Plattformen (LinkedIn, Xing, Instagram, YouTube). Im Prinzip kann Facebook genau so eingesetzt werden wie LinkedIn und Xing, hat aber insgesamt betrachtet eine wesentlich höhere Reichweite aufgrund der größeren Verbreitung und Nutzung – mehr Menschen werden auf das eigene Coaching-Angebot aufmerksam, die sonst ggf. nicht damit in Verbindung gekommen wären. Allerdings ist die breite Masse selten eine Zielgruppe von Coaches, sodass Streuverluste bei Facebook als sehr hoch zu bewerten sind – Gleiches trifft jedoch auch auf Instagram zu. Die Business-Netzwerke sind hier als zielgruppenspezifischer einzuschätzen.
Zwar gehört auch YouTube zu den sehr breit genutzten Social Media-Plattformen und hat damit ebenso hohe Streuverluste wie Facebook und Instagram. Doch sind die hier erstellen „Posts“ in Form von Videos sehr vielseitig einsetzbar. Die Clips können auf der eigenen Homepage eingebunden werden und sind wiederum selbst als Inhalte für Posts auf anderen Kanälen verwendbar. Ein großer Vorteil ist zudem die durch ein Video vermittelte Nähe: Potentielle Klienten erhalten einen persönlichen, direkten Eindruck. Zugleich ist das Erstellen einer kurzen Filmsequenz zwar mittlerweile technisch kaum ein Problem (Notebook und Smartphones haben ausreichend gute Technik und es gibt einfach zu bedienende Schnittsoftware). Doch sollte für die Vor- und Nachbereitung viel Zeit eingeplant werden – ein Text-Post ist hingegen wesentlich schneller und unkomplizierter zu erstellen. Dies ist ggf. auch eine Erklärung für die im Vergleich zu Facebook, Instagram, LinkedIn und Xing niedrigere Wirksamkeit: Insbesondere Frauen mit 15 und mehr Jahren Coaching-Erfahrung ziehen mit 2,07 % bzw. Frauen mit weniger Coaching-Erfahrung mit 2,10 % relativ wenig Nutzen aus der Videoplattform. Männer mit fünf oder weniger Jahren Coaching-Erfahrung bewerten YouTube mit 5,96 %, Männer mit mehr Coaching-Erfahrung mit 4,62 %. Aufgrund der auffälligen Diskrepanz zwischen Männern und Frauen in der Wirksamkeitsbeimessung kann man annehmen, dass männliche Coaches YouTube häufiger und/oder effektiver einsetzen. Über die Gründe kann nur spekuliert werden. Allerdings ist der Einsatz der Videoplattform grundsätzlich eine Überlegung wert, insbesondere für weibliche Coaches, die YouTube als Marketingmaßnahme bisher nicht im Repertoire hatten.
Im Gegensatz zu den zuvor genannten Social Media-Plattformen werden Twitter/X und Pinterest von allen an der Coaching-Marktanalyse 2023 Beteiligten nur sehr geringe Wirksamkeiten zugeschrieben (siehe Abb.), weshalb Empfehlungen kaum möglich sind. Zugleich fällt die hohe Zahl der Coaches auf, die angeben, kein Social Media für Marketing zu nutzen. Das sind insbesondere Frauen mit 15 oder mehr Jahren Coaching-Erfahrung (25,14 %) und Männer mit ebenso viel Coaching-Erfahrung (18,62 %). Jedoch sind die Social Media grundsätzlich ein sehr effektives Marketinginstrument, weshalb es empfehlenswert ist, sie entsprechend einzusetzen.
Social Media kann ein sehr wirkmächtiges Werbemittel sein. Ganz besonders die Business-Netzwerke LinkedIn und Xing zeigen herausragende Effekte. Gerade für Coaches, die Social Media (noch) nicht zu Werbezwecken nutzen, ist es empfehlenswert, hier aktiv zu werden. Zu bedenken ist, dass man mehrere Kanäle gleichzeitig bedienen kann, d.h., Xing zu nutzen bedeutet nicht, auf Facebook verzichten zu müssen. Besonders interessant könnte die Verbindung von YouTube mit den anderen Social Media sein, da man die hier erstellten Inhalte auf den anderen Plattformen weiterverwenden könnte. Zudem kann man die Clips auch auf der eigenen Homepage platzieren und schafft damit Überschneidungseffekte mit anderen wichtigen Marketingmaßnahmen. Jedoch ist die Herstellung von Videos mit viel Zeit und Aufwand verbunden. Text-Posts oder selbst Bilder, die man ebenso vielfach weiterverbreiten kann, sind schnell erstellt – aber letztlich auch kurzlebiger.
Die genannten Überschneidungseffekte sind, wie bereits im ersten Teil dieser dreiteiligen Reihe, die effektivste Art, an sich bereits wirksame Marketingmaßnahmen einzusetzen. Zwar bedarf es hierzu einer gewissen Planung, doch das Ergebnis ist letztlich eine Zeitersparnis, da man mit einmaligem Aufwand gleich mehrere Social Media-Plattformen bedienen kann, konkret kann es wie folgt aussehen: Auf der Homepage erscheint eine Falldokumentation, die Interessierten die eigene Arbeit näherbringt. Darüber wird via Facebook und LinkedIn informiert. Das im ersten Teil genannte Orchester der Marketingmaßnahmen erhält durch Social Media nochmals sehr volltönende Instrumente, die außerordentlich viel zum Gesamtklang beitragen können.
Im dritten Teil und letzten Teil der Beitragsreihe werden Coaching-Portale betrachtet, die an sich zwar einen vergleichsweise kleinen direkten Effekt auf den Marketingerfolg von Coaches haben können. Doch ist ihr indirekter Einfluss, z.B. in Form eines Nachweises von Qualität und Professionalität, nicht zu unterschätzen. Der Beitrag wird in der September-Ausgabe des Coaching-Newsletters erscheinen.
Social Media als Marketingmaßnahme?