Um zu mehr Transparenz im Coaching-Markt beizutragen, führte RAUEN Coaching vom 02.09.2019 bis 09.03.2020 die Erhebung zur Coaching-Marktanalyse 2020 durch. Anhand einer Online-Befragung wurden aussagekräftige Daten über den deutschen Markt für Business-Coaching gesammelt und detailliert ausgewertet. Insgesamt wurden 550 Fragebögen ganz oder teilweise beantwortet. Davon waren 546 auswertbar.
Die befragten Coaches gaben Auskunft über ihre wirtschaftliche Situation und weitere Themenbereiche. Die eingesetzten Coaching-Formate, -Zielgruppen und -Themen fanden ebenso Betrachtung wie Aspekte der Evaluation, der Coach-Auswahl und der Weiterbildungsaktivitäten der Coaches. Darüber hinaus wurden die Teilnehmer bezüglich ihrer eingesetzten Marketinginstrumente und den damit verbundenen Effekten befragt. Hierauf wird im Rahmen dieses Artikels näher eingegangen: Welche Maßnahmen werden eingesetzt und welche führen zum gewünschten Erfolg?
Dieser Artikel stellt einen Auszug zentraler, hier in komprimierter Weise beschriebener Teilergebnisse der Marktanalyse dar. Der vollständige Ergebnisbericht ist kostenlos und ohne jede Zugangsbeschränkung abrufbar.
Coaches setzen eine Vielzahl von Marketingmaßnahmen ein, um auf sich bzw. auf ihr Angebot aufmerksam zu machen und eine Marketingkette aufzubauen, die letztlich zu Aufträgen führt. In der Befragung wurden insgesamt 23 Marketinginstrumente abgefragt (Rauen, 2020). Zu den beliebtesten Maßnahmen gehören der Aufbau und die Pflege einer eigenen Homepage, die Warmakquise, Social-Media-Aktivitäten und Einträge in Coach-Datenbanken. Diese Maßnahmen werden dabei häufiger von Männern als von Frauen genutzt. Frauen setzen dafür etwas stärker auf Netzwerkveranstaltungen, auf die Pflege von Referenzkunden sowie auf Vorträge bzw. Impulsveranstaltungen, um ihre Sichtbarkeit zu erhöhen.
Welche der Marketingmaßnahmen führen zu einer signifikanten Erhöhung von Auftragszahlen? Hier dominiert die Warmakquise vor der eigenen Homepage. Frauen scheinen von einer Homepage allerdings durchaus zu profitieren, wenn man als Vergleich betrachtet, wie oft sie diese Marketingmaßnahme einsetzen. Denn obwohl sie die Homepage zur Vermarktung seltener einsetzen als Männer, erhöhen sich ihre Auftragszahlen dadurch in größerem Umfang als bei ihren männlichen Kollegen. Die Männer profitieren wiederum stärker als die Frauen von Profilen in Coach-Datenbanken. Allerdings setzen sie diese Marketingmaßnahme auch deutlich häufiger als Frauen ein. Dies könnte darauf hinweisen, dass Frauen stärker davon profitieren könnten, wenn sie dieses Marketinginstrument mehr nutzen würden. Männer sollten hingegen mehr Zeit in die Warmakquise als in ihre Homepage investieren, da sie davon (wie auch die Frauen) in stärkerem Maße profitieren als von jeder anderen Maßnahme.
Eine negative Bilanz von Aufwand und Nutzen zeigt der Bereich Social Media. Obwohl dieses Medium von männlichen und weiblichen Coaches vergleichsweise oft genutzt wird (von Männern sogar ca. 10 Prozent mehr), erhöht es zwar die Auftragszahlen, aber nicht so stark, wie die Intensität des Einsatzes dieses Mediums erwarten lassen würde.
Ein deutlich besseres Verhältnis von Aufwand und Nutzen weist die aktive Pflege von Referenzkunden auf. Obwohl die Coaches weniger Aufwand in dieses Instrument investieren, hat es eine bessere Wirkung bei der Erhöhung von Auftragszahlen als der Bereich Social Media. Allerdings ist dafür auch das Vorhandensein eines Referenzkundenstamms notwendig, der erst aufgebaut werden muss. Für jüngere Coaches, die erst wenige Referenzkunden besitzen, dürfte daher die Nutzung von Social Media günstiger sein als für erfahrene Coaches mit größerem Kundenstamm.
Der Besuch von Netzwerkveranstaltungen zeigt ein in etwa ausgewogenes Verhältnis von Aufwand und Nutzen, wobei die Frauen hier deutlich stärker profitieren als die Männer. Ähnlich, aber mit stärkeren Vorteilen für die Männer lassen sich Vorträge, Impuls- und Teaserveranstaltungen betrachten. Diese Marketinginstrumente erbringen solide Ergebnisse bei der Erhöhung von Auftragszahlen. Das Verhältnis von Aufwand und Nutzen ist bei den Männern relativ gut. Der Bereich Direktmarketing, Mailing, Newsletter und Flyer funktioniert für die Männer hingegen etwas schlechter und zeigt – im Gegensatz zu den Frauen – ein negatives Verhältnis von Aufwand und Nutzen.
Unter den seltener eingesetzten Marketingmaßnahmen (siehe für weitere Informationen auch Rauen, 2020) ist die Kaltakquise positiv hervorzuheben, die sowohl von Männern als auch von Frauen öfter genutzt werden könnte, da die Coaches davon durchaus profitieren – insbesondere die Männer, obwohl sie dieses Instrument noch etwas seltener einsetzen als die Frauen. Ein positives Aufwand-Nutzen-Verhältnis weisen auch Innovationen bzw. Angebote mit neuen Coaching-Formaten auf.
Vergleicht man Coaches mit weniger als fünf Jahren Coaching-Erfahrung mit Coaches, die mehr als 15 Jahre Coaching-Erfahrung mitbringen, lassen sich deutliche Unterschiede in den eingesetzten Marketinginstrumenten feststellen. Nahezu erwartungsgemäß setzen „junge“ Coaches am stärksten Social Media für das Marketing ein (YouTube spielt jedoch keine nennenswerte Rolle). Es folgen die Warmakquise, die Homepage, Coach-Datenbanken, die Kaltakquise und der Besuch von Netzwerkveranstaltungen. Erfahrene Coaches setzen hingegen verstärkt auf die eigene Homepage, auf Warmakquise, Coach-Datenbanken, Social Media, auf die Pflege von Referenzkunden und die Fachbuchautorenschaft. Letztere wird – wenig überraschend – am geringsten von den wenig erfahrenen Coaches eingesetzt.
Im Ergebnis zeigt sich bei den erfahrenen Coaches, dass ihre Maßnahmen gut greifen. Warmakquise, Homepage, Pflege von Referenzkunden, Profile in Coach-Datenbanken und Social Media erhöhen ihre Erfolgsquote. Die Fachbuchautorenschaft zahlt sich hingegen eher weniger in Form konkreter Aufträge aus und dürfte für die erfahrenen Coaches eher einen Hygienefaktor haben. Insgesamt betrachtet sollten auch die erfahrenen Coaches den Fokus (noch) mehr auf die Warmakquise und die aktive Pflege von Referenzkunden legen.
Für die weniger erfahrenen Coaches zahlt sich ihr hohes Engagement im Bereich Social Media nur bedingt aus: An erster Stelle der Maßnahmen, die ihre Auftragszahlen erhöhen, liegt hier ebenfalls die Warmakquise (sogar in noch größerem Ausmaß als bei den erfahrenen Coaches). Es folgt die eigene Homepage. Social Media liegt auf dem dritten Platz. Ein sehr gutes Verhältnis von Aufwand und Nutzen ergibt sich bei den weniger erfahrenen Coaches bei der Kaltakquise und der aktiven Pflege von Referenzkunden. Der hohe Aufwand von Social Media scheint demzufolge dann Sinn zu machen, wenn zumindest eine geringe Anzahl von Klienten bzw. Kontakten generiert werden konnte. Entsprechendes gilt für den Besuch von Netzwerkveranstaltungen. Für sich genommen lohnt sich diese Maßnahme nicht. Als ein Element innerhalb einer Marketingkette können Netzwerkveranstaltungen Kontakte generieren, die dann der Warmakquise zugutekommen.
Beim Einsatz von Kundenveranstaltungen liegen die erfahrenen und weniger erfahrenen Coaches gleichauf. Im Ergebnis können jedoch nur die erfahrenen Coaches davon profitieren. Es zeigt sich ein sehr gutes Aufwand-Nutzen-Verhältnis. Erfahrene Coaches sollten daher darüber nachdenken, dieses Instrument deutlich intensiver bzw. öfter einzusetzen.
Die weniger erfahrenen Coaches müssen sich hingegen fragen, warum dieses Instrument für sie nicht funktioniert. Sie führen zu keiner nennenswerten Steigerung der Auftragszahlen und das Aufwand-Nutzen-Verhältnis ist schlecht. Hier scheint ein bisher nicht gehobenes Verbesserungspotenzial zu liegen. Diesbezüglich könnte es sinnvoll sein, von den erfahrenen Coaches zu lernen bzw. das bestehende Angebot im Dialog mit den Kunden deutlich in seiner Attraktivität zu steigern.
Beim Aufbau eines Corporate Designs (Identity/eigene Marke) unterscheiden sich erfahrene und weniger erfahrene Coaches nicht. Dies gilt sowohl für den Einsatz entsprechender Instrumente als auch für den Nutzen dieser Maßnahme. Die eigene Marke ist nicht vollkommen unwichtig, aber es gibt genügend andere Marketingmaßnahmen, die die Auftragszahlen (deutlich) mehr erhöhen.
Gerade bei der Markenbildung hätte man erwarten können, dass dieser Faktor für die erfahrenen Coaches deutlich vorteilhafter ausfällt. Dass dies offenbar nicht der Fall ist, könnte als eine weiteres Indiz für einen sehr schwer durchschaubaren Gesamtmarkt angesehen werden, in dem es für die einzelnen Coaches – schon aufgrund ihres Marketingbudgets – kaum möglich ist, eine sichtbare Marke zu entwickeln, die das Absatzpotenzial erhöht. Dass dies auch für die erfahrenen Coaches gilt, ernüchtert. Auch sie bleiben bei den Auftragszahlen abhängig von der Warmakquise und Kundenpflege. Am ehesten kann noch die eigene Homepage die Marke unterstützen. Aus anderen Dienstleistungsmärkten ist bekannt, dass die Markenbildung deutlich positiveren Einfluss auf den Absatz hat. Im Coaching-Markt scheint dies bestenfalls wenigen Coaches zu gelingen.