Um zu mehr Transparenz im Coaching-Markt beizutragen, führte RAUEN Coaching vom 02.09.2019 bis 09.03.2020 die Erhebung zur Coaching-Marktanalyse 2020 durch. Anhand einer Online-Befragung wurden aussagekräftige Daten über den deutschen Markt für Business-Coaching gesammelt und detailliert ausgewertet. Insgesamt wurden 550 Fragebögen ganz oder teilweise beantwortet. Davon waren 546 auswertbar. Angesichts des Gesamtumfangs des Fragebogens von 230 Items kann dies als guter bis sehr guter Wert angesehen werden, der auf ein hohes Engagement der teilnehmenden Coaches schließen lässt.
Sicher wird die derzeitige Corona-Krise den Coaching-Markt nachhaltig verändern. Die Auswertung der erhobenen Daten markiert somit den Status quo vor der Krise. Die Ergebnisse sind jedoch keinesfalls irrelevant, da sie z.B. im Rahmen zukünftiger Erhebungen valide Vergleichszahlen liefern, die Aussagen über krisenbedingte Marktveränderungen erlauben.
Die befragten Coaches gaben Auskunft über ihre wirtschaftliche Situation. Die eingesetzten Coaching-Formate fanden darüber hinaus ebenso Betrachtung wie die Zielgruppen des Coachings, Aspekte der Evaluation, die Weiterbildungsaktivitäten der Coaches und ihre Marketingaktivitäten. Zudem wurden die Teilnehmer bezüglich ihrer Erfahrungen hinsichtlich der Auswahl von Coaches durch Klienten befragt.
Die gewonnen Ergebnisse im Bereich der Coach-Auswahl stehen im Zentrum des vorliegenden Artikels. Das Thema ist wichtig – und zwar nicht ausschließlich aus der Sicht von Coaches, die Aufträge akquirieren möchten. Ebenso ist die Frage, welche Faktoren ausschlaggebend sind, um als Coach von Klienten positiv wahrgenommen und ausgewählt zu werden, als ein Gradmesser hinsichtlich der Professionalisierung des Coaching-Marktes zu verstehen. Es sei bereits vorweggenommen: Die Ergebnisse lassen in Bezug auf den Transparenz- und Professionalisierungsgrad der Branche Nachholbedarf vermuten.
Für Coaches ist es außerordentlich wichtig, zu verstehen, welche Faktoren besonders relevant sind, um im Coaching-Markt positiv wahrgenommen und letztlich nachgefragt zu werden. Die zwölf wichtigsten Faktoren sind in Abbildung 1 dargestellt. Die Top-5-Faktoren lauten:
Differenziert man die Ergebnisse nach Geschlecht, zeigen sich leichte Unterschiede bezüglich der Frage, welche Aspekte als relevant für eine positive Wahrnehmung angesehen werden. Frauen empfinden die Faktoren „Coaching-Ausbildung“ und „ethisches Selbstverständnis“ im Vergleich zu Männern als relevanter. Die Männer wiederum fokussieren stärker als die Frauen auf den Faktor „Führungserfahrung“. Insgesamt sind die Unterschiede zwischen den Geschlechtern allerdings eher gering.
Die Gründe dafür, als Coach nicht nur (positiv) wahrgenommen, sondern tatsächlich auch nachgefragt zu werden, sind in Abbildung 2 aufgeführt. Mit deutlichem Abstand am wichtigsten ist die Empfehlung durch eine gemeinsame bekannte Person. Coaches werden überwiegend aufgrund von Empfehlungen und Erfahrung (Senioritätsprinzip) und weniger aufgrund von professionellen Standards wie einer Coaching-Ausbildung oder einer Mitgliedschaft in bzw. Zertifizierung durch einen Verband nachgefragt. Dies deutet auf einen mangelnden Transparenz- und Professionalisierungsgrad der Branche hin.
Vereinzelt zeigen sich auch bei diesen Ergebnissen Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Wie dies bei den Faktoren für eine positive Wahrnehmung im Markt der Fall ist, betonen die Männer auch hinsichtlich der Gründe, als Coach häufig nachgefragt zu werden, die eigene Führungserfahrung in stärkerem Maße als die Frauen. Für die Frauen ist wiederum die Coaching-Ausbildung bedeutsamer als aus Sicht der Männer.
Einschränkend sei darauf hingewiesen, dass die in den Abbildungen dargestellten Einschätzungen von den befragten Coaches selbst vorgenommen wurden und nicht von Coaching-Einkäufern. Mögliche Verzerrungseffekte sind hier nicht auszuschließen. Allerdings kann sachlogisch plausibel davon ausgegangen werden, dass die Coaches aufgrund ihres Erfahrungswissens durchaus in der Lage sein sollten, die Aspekte, aufgrund derer sie nachgefragt wurden, valide zu benennen. Dies zu erfragen, ist wesentlich für ihr Geschäft und ihren Erfolg bei der Akquisition neuer Aufträge.
Zu klären bleibt allerdings die Frage, warum die Faktoren, als Coach positiv wahrgenommen zu werden, und die Gründe, häufig nachgefragt zu werden, sich teilweise deutlich in der Ausprägung unterscheiden. Woran machen die Coaches fest, dass ein Faktor ihre Wahrnehmung im Markt positiv beeinflusst, wenn er deutlich geringeren Einfluss auf die Nachfrage hat? Eine mögliche Erklärung: Bei den in Abbildung 1 dargestellten Faktoren für eine positive Wahrnehmung könnte es sich um Hygienefaktoren handeln, die wichtig sind, um als Coach überhaupt in die nähere Auswahl einbezogen zu werden (z.B. Aufnahme in einen Coaching-Pool). Hingegen könnten die Nachfragegründe (Abbildung 2) dann als Entscheidungsfaktoren den letztlichen Ausschlag dafür geben, schließlich auch einen konkreten Auftrag zu erhalten. In diesem Sinne bilden beide Aspekte eine Marketing- bzw. Akquisekette, die am schwächsten Glied reißt.
Dieser Artikel stellt einen Auszug zentraler Teilergebnisse der Marktanalyse dar. Der vollständige Ergebnisbericht ist kostenlos und ohne jede Zugangsbeschränkung abrufbar unter: www.rauen.de/cma