In der Auseinandersetzung über internes Coaching mischen sich methodische, ethische und Kompetenzfragen. Ich greife die prominentesten hier auf:
Soweit zu den häufigsten Kritikpunkten. Ich sehe die Stärken des internen Coachings vor allem hier:
In vielen Unternehmen ist es üblich, dass Personalverantwortliche, meist Personalentwickler, für Mitarbeiter und Führungskräfte intern als Coach zur Verfügung stehen. Diese Personen üben neben dieser Tätigkeit als Begleiter im persönlichen Entwicklungsprozess ihrer Klienten oft auch noch andere HR-Aufgaben, wie Bildungsbedarfsplanung oder Potentialanalyse aus – beziehungsweise sind dafür verantwortlich.
Es ist gut, einen Sparringspartner zur Verfügung zu haben, mit dem man schnell und unkompliziert aktuelle Fragestellungen oder Konfliktsituationen durchsprechen kann, einen Gesprächspartner, dem man nicht erst lang und breit die Unternehmenskultur oder -struktur erklären muss. Dennoch sollte klar zwischen kollegialer Beratung und Coaching unterschieden werden: Eines der wichtigsten Prinzipien im Coaching – die Neutralität des Coachs – ist durch internes Coaching nicht realisierbar.
Durch die Nicht-Zugehörigkeit des Coachs zum System seines Klienten stellt der Coach einen geschützten Raum zur Verfügung. Der Klient kann seine Gedanken ungefährdet artikulieren, kann auch mal Schwächen zugeben, Unternehmensstrategien anzweifeln und muss nicht befürchten, dass seine Äußerungen negative Folgen haben. Diese Freiheit der Gedankenäußerung wird erheblich erschwert, wenn ein Mitarbeiter desselben Unternehmens, der womöglich noch Personalentscheidungsbefugnisse hat, als Coach fungiert.
Der interne Coach sollte sich der Gefahr der Rollenkollision bewusst sein. Immerhin hat er auch seinem Unternehmen gegenüber loyal zu sein. Da kann ein Gespräch schnell mal in die falsche Richtung abgleiten. Das Prinzip der Vertraulichkeit eines solchen Gespräches steht möglicherweise in Konflikt mit der Wahrung der Unternehmensinteressen.
Auch bei weniger brisanten Gesprächsinhalten ist Vorsicht geboten: Personaler sind auch nur Menschen! Auch wenn sie nur die besten Absichten verfolgen, bilden sie sich durch intensive Coaching-Gespräche doch unbewusst ein Bild von ihrem Klienten. Ein Bild, das sich im Einzelfall womöglich negativ auf zukünftige Beurteilungen auswirkt.
Grundsätzlich sollte bei Inanspruchnahme eines „internen Coachings“ auch die Intention des Klienten infrage gestellt werden. Hier besteht die Gefahr, dass das Gespräch mit dem Coach für Karrierezwecke instrumentalisiert wird und der Personalverantwortliche subtil in seiner Meinung beeinflusst werden soll. Auch Personalverantwortliche sollten sich der Gefahr bewusst sein, dass sie sich mit ihrem Angebot als interne Coachs auch angreifbar machen. Was zum Beispiel, wenn ein „Coaching“ nicht so gut läuft? Was, wenn ein Gesprächspartner eine herausfordernde Frage oder Intervention in den „falschen Hals“ bekommt? Hier muss die Unternehmenskultur schon im Vorfeld kritisch beleuchtet werden: Gibt es eine konstruktive Fehlerkultur, die Lernen, Veränderungen, das Entwickeln neuer Ideen ermöglicht?
Die mangelnde Neutralität wirkt sich auf die Wirksamkeit des internen Coachings jedoch auch in anderer Hinsicht negativ aus. So erschwert die Zugehörigkeit zum Klientensystem auch den im Coaching so wichtigen Perspektivenwechsel. Ein interner Coach hat die Unternehmensgewohnheiten und -regeln meist ebenso „internalisiert“ wie sein Kollege. Er wird Mühe haben, genau die Fragen zu stellen, die seinen Klienten aus seinem Paradigma holen und ihn seine Situation von „außen“ betrachten lassen.