Beruf Coach

Coaching-Podcasts

Ein Überblick

13 Min.

Erschienen im Coaching-Newsletter in Ausgabe 05 | 2021

Podcasts erfreuen sich zunehmender Beliebtheit: Laut einer umfassenden Studie nutzen 70,8 Prozent der Deutschen online Audio-Inhalte. Darunter hören 34,5 Prozent aller über 14-Jährigen Podcasts, 2019 waren es noch 27 Prozent (OAM, 2020). Ein Grund hierfür ist sicherlich die große Spannbreite der Podcasts von Nachrichten/Information über Wissensvermittlung zu Unterhaltung – mit oft fließenden Übergängen –, und die Masse der verschiedenen Angebote und Anbieter. Ein anderer ist, dass man zwar kaum nebenbei sehen oder lesen, aber gut nebenher hören kann; beim Autofahren, Laufen, Kochen, Zähneputzen oder Einschlafen – wie es tatsächlich die große Mehrheit macht (ebd.). Außerdem: Podcasts sind kostenlos.

Es darf also nicht wundern, dass Themen zu Führung, Führungskräfteentwicklung und insbesondere Coaching längst in der Podcast-Welt beheimatet sind. Für die Hörerschaft bedeutet das leicht zugängliche und immer abrufbare Information und Wissensvermittlung, für die Produzierenden eine Erhöhung ihrer Sichtbarkeit im Markt. Da das Angebot groß und unüberschaubar ist, stellt dieser Beitrag einige interessante Coaching-Podcasts vor. Vorab soll darauf eingegangen werden, wie Interessierte selbst einen Podcast erstellen und betreiben können.

Eigenen Coaching-Podcast produzieren

Der eigene Coaching-Podcasts kann einerseits als Marketing-Instrument verstanden werden: Indem man interessante und relevante Beiträge zum Thema liefert, spannende oder komplizierte Coaching-Fälle schildert sowie wichtige Coaching-Methoden und -Ansätze erklärt, demonstriert man letztlich seine eigene Kompetenz. So gesehen ist es eine Ergänzung zur Selbst-Präsentation auf der eigenen Homepage und eine Entscheidungshilfe für potentielle Klientinnen und Klienten. Betreibt man seinen Podcast vorrangig mit diesem Ziel, ist die Gefahr aber groß, zu sehr in Richtung Eigenwerbung abzudriften – und das dürften die wenigsten Hörer gutheißen. Es gilt, stets die Erwartungshaltung der Hörerschaft zu bedienen, denn sie wollen Folge um Folge etwas Neues und vor allem Interessantes hören. Das bedeutet aber auch, dass der Coach sich darauf einstellen sollte, über einen längeren Zeitraum in bestimmten Abständen kontinuierlich neue Folgen zu veröffentlichen. Diesbezüglich ist es empfehlenswert, einen Redaktionsplan zu erstellen, der geeignete Themen und – sofern es sich nicht um eine feste personelle Besetzung handelt – dazu passende Gesprächspartner umfasst. Letztlich ist es auch ein Geduldspiel, denn die Hörerschaft wächst nur langsam.

Der Coaching-Podcast sollte technisch einwandfrei sein, d.h. ohne Störgeräusche und Hall, die Stimme klar und deutlich hörbar. Hierfür ist es empfehlenswert, sich ein externes Mikrofon zu kaufen (z.B. Yanmai USB Professional 25,69 € oder Marantz-Professional-MPM2000U 89,00 €). Tipp: Ein sogenannter Popschutz ist nützlich, da so ploppende Geräusche bei Plosiven (P, B, T usw.) minimiert werden – man spart sich so viel Zeit bei der Nachbearbeitung. Bezüglich der Nachbearbeitungs- und Aufnahme-Software gibt es zahlreiche Möglichkeiten: Kostenlos, vielseitig und sehr beliebt sind Audacity für Windows, Mac und Linux oder Garageband für Mac. Nun benötigt man noch ein Cover, ein in der Regel sehr klein dargestelltes quadratisches Bild und ein Intro und Outro, das man mit Musik unterlegen und einsprechen (lassen) kann. Die Kosten für die Nutzung eines Musikstücks sowie das Einsprechen durch Profi-Sprecher/in variieren stark, man sollte aber mit mind. 200 Euro rechnen.

Bei der Veröffentlichung des Podcasts nehmen sog. Podcast-Hoster einen großen Teil der Arbeit ab. Sie liefern u.a. Statistiken, automatische Einbindungen in alle gängigen Plattformen wie iTunes, Spotify, Deezer, Google Podcast usw., Podcast-Player (die man teilweise auch auf die eigene Homepage setzen kann), Blogs usw. Empfehlenswert sind folgende Hoster mit Sitz in Deutschland: Letscast.fm, Podcaster, Podigee. Die Kosten beginnen ab 1 Euro pro Monat.

Podcasts

Im Folgenden werden einige Coaching-Podcasts vorgestellt, die jeweils eine spezifische Ausrichtung haben. Diese Darstellung ist lediglich ein Auszug des breiten Angebots und somit keinesfalls vollständig.

Der ICF-Podcast (Anne Schweppenhäußer, Kirsten Dierolf, Peter Tschötschel)

Am Podcast des Coaching-Verbands ICF Deutschland sticht heraus, dass für jede der wöchentlich am Freitag um 8 Uhr – entsprechend dem Podcast-Slogan, „Jeden Freitag um 8 gib acht!“ – erscheinende Folge, ein anderer Gast eingeladen wird. Dabei handelt es sich in der Regel um bekannte Coaching-Experten/innen oder renommierte Wissenschaftler/innen. Mit dieser Person spricht dann ein Mitglied des ICF-Vorstands (es wechseln sich Anne Schweppenhäußer, Kirsten Dierolf und Peter Tschötschel ab) über deren Spezialthema bzw. Forschungsschwerpunkt. So stellt beispielsweise in der Folge vom 28.05.2020 Prof. Dr. Carsten Schermuly seine Studie zur „Zukunft des Coachings“ vor, am 15.05.2020 spricht Prof. Dr. Jonathan Passmore zum Thema „Team-Coaching-Kompetenz“ (in englischer Sprache). Weitere bekannte Gäste sind u.a. Prof. Dr. Uwe Kanning oder Prof. Dr. Siegfried Greif.

Zudem nutzt die ICF sehr geschickt ihre internationale Ausrichtung und lädt auch Coaches und Wissenschaftler beispielsweise aus Schottland, den USA oder Litauen ein – das Gespräch wird dann in englischer Sprache geführt. So erhält die Hörerschaft eine Perspektive außerhalb des möglicherweise schon Bekannten und Vertrauten. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Folge vom 01.04.2021 mit Matthew Bennett: Er ist langjähriger Coach im Vereinigten Königreich und Südost-Asien mit Spezialisierung auf Coachings von LGBTQ+-Personen sowie (selbständigen) Sex-Arbeiterinnen und -Arbeitern. Er berichtet u.a., welche Rolle Sexualität und geschlechtsspezifische Rollenzuweisung im Berufsalltag (auch einer Führungskraft) spielen kann.

Man merkt, dass die drei Gastgeber eine große Expertise im Coaching haben: Nach- und Rückfragen greifen oftmals an den richtigen, sprich spannenden und kontroversen Stellen. Allerdings ist die Tonqualität im Gegensatz zur inhaltlichen Qualität nicht immer optimal, weshalb man sehr aufmerksam zuhören und manchmal zurückspringen muss.

Der ICF-Podcast – Coaching für die Ohren
Erscheinungsweise: freitags um 8 Uhr

Der Business Coaching Podcast (Dr. Karin von Schumann)

Zwar lädt auch Dr. Karin von Schumann (Executive Coach) wie der ICF in ihrem „Der Business Coaching Podcast“ zu einigen ihrer Folgen einen Gast ein, doch liegt ihr Hauptaugenmerk auf der Praxis des Business-Coachings. Das spiegelt sich auch darin, dass in einigen Folgen ihre Coaching-Klienten teils selbst, teils von einem Sprecher nachgesprochen zu Wort kommen. In Folge 5 geht es beispielsweise um die Entscheidungsschwierigkeiten hinsichtlich des Berufswechsels eines Klienten. Der Fall wird präsentiert, von Schumann ordnet ein, erklärt, gibt Lösungswege. Ähnlich verhält es sich in Folge 8, in der es um Zufriedenheit mit dem Arbeitsumfeld und den eigenen Bedürfnissen hierbei geht. Auch hier melden sich ihre Klienten zu Wort, es wird eingeordnet und Lösungswege werden vorgestellt.

Der Podcast ist gerade für Coaching-Einsteiger und Coaching-Interessierte (und damit potentielle Klienten) interessant, da so anschaulich wird, wie Coaching in der Praxis bzw. in welchen Bereichen funktionieren kann. Außerdem gibt es auch Folgen, die sich beispielsweise mit kundenorientiertem Marketing befassen (Folge 6).

Der Business Coaching Podcast
Erscheinungsweise: unregelmäßig alle ein bis zwei Monate

Business-Coaching and more (Dr. Christopher Rauen, Andreas Steinhübel)

Mit dem jüngsten Podcast innerhalb dieser Aufzählung, möchten Dr. Christopher Rauen (1. Vorstand DBVC) und Andreas Steinhübel (Senior Coach DBVC) einen – auch tiefergreifenden – Überblick des großen Bereichs Coaching schaffen. „Business-Coaching and more“ versucht demnach, den Spagat zwischen – einerseits – Praxisnähe mit Fallschilderungen und Erfahrungswissen sowie – andererseits – Vermittlung von Coaching-Theorie. So liefert beispielsweise Folge 4 zum Thema Stress und Burnout nachvollziehbare Methoden zum Stress-Abbau und zur Burnout-Prävention. Gleichzeitig wird definiert und erklärt, was eigentlich Stress ist und was Burnout. Ein ähnliches Muster findet sich in allen bisher erschienenen Folgen, bemerkenswert ist darunter Folge 3, in der es um „Erfolgsgeheimnisse“ geht: Zwar sprechen die Coaches hier unerwartet offen über ihren eigenen – steinigen und von vielen Rückschlägen gezeichneten – „Erfolgsweg“, doch ordnen sie diesen anhand von Erklärungen und Definitionen des Konstrukts Erfolg ein als individuellen, von spezifischen Wertvorstellungen geprägten Prozess.

Rauen und Steinhübel sind hörbar ein eingespieltes Team. Sie schieben sich die thematischen Bälle gekonnt zu und ergänzen sich thematisch. Selbstdefinierte Zielgruppe sind „Coaching-Profis und alle, die es werden wollen“, wie es im Intro heißt. Tatsächlich ist der Podcast auch für Coaching-Einsteiger und -Interessierte nützlich, denn – wie dargestellt – spielt die Theorievermittlung hier auch eine Rolle, doch geschieht das eingängig und nicht selten auch kurzweilig-humorvoll.

Business-Coaching and More
Erscheinungsweise: monatlich

Der Persönlichkeits-Podcast von Roland Kopp-Wichmann

Den Abschluss dieser unvollständigen Podcast-Übersicht bildet einer der ältesten, langjährigen Coaching-Podcasts: Roland Kopp-Wichmanns Podcast existiert schon seit 2008 und umfasst deutlich über 300 Folgen. Pro Folge erzählt Kopp-Wichmann i.d.R. einen Coaching-Fall nach, wobei oft ein fast hörspielartiger Dialog zwischen Coach und Klient entsteht, der durchbrochen ist von Kopp-Wichmanns regelmäßiger Einordnung und Erläuterung. Das – sowie der Umstand, dass Kopp-Wichmann ein guter Erzähler ist – erzeugt eine gewisse Lebendigkeit und wirkt oftmals fesselnd.

Entsprechend der Folgenvielzahl ist die Auswahl an Themen, die geboten werden, sehr breit: In der Folge vom 17.02.2020 geht es um die Problematik einer zu engen Bindung des Ehemannes an seine Mutter und deren zu starken Einfluss auf die Ehe (Lebenshilfe- bzw. Life-Coaching). Ähnlich verhält es sich mit dem Thema Umgang mit der eigenen Krebserkrankung, wobei hier noch der Bereich der Psychotherapie hineingreift (Folge vom 16.09.2019), was noch etwas stärker in der Folge vom 23.03.2021 deutlich wird, in der es um traumatische Erlebnisse aus der Kindheit und deren Bewältigung geht. Ferner gibt es Folgen zur reinen (Coaching-)Wissensvermittlung: Folge vom 24.03.2018, die erklärt, was Empathie ist, oder Folge vom 11.04.2019 zum Thema Coaching-Ausbildung. Und letztlich werden auch Themen behandelt, die dem Business-Coaching zugeschrieben werden können, wie z.B. in der Folge vom 29.06.2020 über die Problematik der Selbstverwirklichung im Beruf. Allerdings sind die Übergänge innerhalb einer Folge bzw. eines Coaching-Falls zwischen Life- und Business-Coaching sowie zur Psychotherapie sehr oft fließend – was letztlich Kopp-Wichmanns Coaching-Verständnis entspricht (Barczynski, 2015). Die Hörerschaft sollte sich dieses Umstands stets bewusst sein, da gerade der Setting-Wechsel vom Coaching zur Psychotherapie in regulären Business-Coaching-Prozessen nicht vorgesehen ist und nur von Personen mit entsprechenden psychotherapeutischen Qualifikationen (wie Kopp-Wichmann sie besitzt), möglich ist. Dann aber findet man hier einen großen Wissensfundus.

Der Persönlichkeits-Podcast von Roland Kopp-Wichmann (mit der Zeit wurde der Podcast-Name geändert, man findet jedoch unter jedem der Namen alle Folgen)
Erscheinungsweise: unregelmäßig (von wöchentlich bis zu alle sechs Wochen)

Fazit

Der Coaching-Markt ist unübersichtlich, ebenso das Angebot an Coaching-Podcasts. Wie erwähnt, ist die hier getroffene Aufzählung keinesfalls vollständig. So wurde z.B. auf den Podcast von Sonja Kreye (Coaching Business Mastery) nicht näher eingegangen, weil es sich hierbei in erster Linie um einen Podcast für Coaches handelt, mit Tipps und Hinweisen für ein besseres Marketing und damit erfolgreiches Coaching-Geschäft. Das ist für diese Zielgruppe sehr relevant, weshalb der Podcast hier zumindest kurz erwähnt wird. Für Coaching-Interessierte wie Führungskräfte usw., die keiner Notwendigkeit unterliegen, sich selbst bzw. die eigenen Angebote zu vermarkten, dürfte der Podcast hingegen von geringerer Relevanz sein.

Wer grundsätzlich Interesse an einem Coaching-Podcast hat, sollte sich die kleine Mühe machen und sich die hinter dem Angebot stehende(n) Person(en) ansehen. Haben sie überhaupt etwas mit Coaching zu tun? Ist deren Angebot seriös? Gibt es Qualitätskriterien wie z.B. eine Verbandszugehörigkeit? Natürlich schadet Reinhören nie. Spätestens dann merkt man, ob das Gehörte Sinn ergibt oder nicht. Ab und an stößt man auf etwas, das „die“ Lösung für „das“ Problem verspricht, und zwar mit einer expliziten Handlungsanleitung – und in perfekter Tonqualität mit musikalischen Untermalungen. Hier gilt es, das Gehörte kritisch zu hinterfragen.

Allerdings ist die Anzahl an seriösen Podcasts, die man i.d.R. mit Gewinn für sich und die eigene Coaching-Praxis oder einfach aus Neugier an der Sache hören kann, groß.

Literatur

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