In den letzten Jahren nehme ich ein steigendes Interesse an dem Thema Coaching im deutschen Mittelstand wahr, und zwar speziell in Handwerksbetrieben. Interesse heißt jedoch noch nicht, dass aktiv nachgefragt wird. Aber das Angebot Coaching beginnt, beispielsweise über die Industriehandelskammern und die verschiedenen Unternehmerverbände des Mittelstandes, transparent zu werden. Man wird neugierig auf das Produkt Coaching und dessen Möglichkeiten. Hier sollten wir Coaches Angebote schaffen, um unser Produkt auch durch innovative Marketingmaßnahmen, wie z.B. über Facebook oder Online-Sprechstunden, bekannt zu machen. Aber Vorsicht vor der Hoffnung, hier hohe Stundensätze zu erzielen. Hier werden mit Sicherheit kleine Brötchen gebacken.
Neben den klassischen Kompetenzen wie „Aktives Zuhören“, „Ständige Achtsamkeit“, „Sensibilität für die verborgenen Ursachen“ sowie „Konfrontationsbereitschaft“, um nur einige zu nennen, sind die Kenntnisse über den beruflichen Alltag der Klienten und der betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen absolut notwendig. Ein Handwerker braucht zunächst Verständnis für seine Situation und den ihn umgebenden Arbeitsalltag. Häufig fehlt diesem Personenkreis eine qualifizierte Führungsausbildung. So bekommt der Coach immer wieder grundlegende Fragen zu diversen Führungsthemen gestellt und sollte hier auch Antworten liefern. Die Balance zwischen Fragen und Sagen, zwischen Coaching und Beratung ist hier wichtig.
Team-Coaching in Hochleistungsteams wird an Bedeutung gewinnen. Die individuellen Probleme unserer Klienten treten häufig auch gesammelt in einem Managementteam auf. So gibt es bei dem Thema der Lebensbalance bzw. Work-Life-Balance die Frage nach einer Lösung nicht nur bei Einzelnen, sondern im gesamten Team. Eine offene und vertrauensvolle Herangehensweise bei dem Thema durch den Coach kann neben der Entwicklung von gemeinsamen und individuellen Lösungen auch die Teamperformance insgesamt steigern. Bei Konflikten im Team ist das individuelle Gespräch im Vorfeld zwischen dem Coach und jedem einzelnen Teammitglied notwendig. Gibt es hier bei Einzelnen keine Bereitschaft in einem Coaching-Prozess an den Themen zu arbeiten, dann kann jedoch Coaching nicht gelingen.
In einer Zeit, wo z.B. das Thema Stress und Burnout nach wie vor akut ist, gehört das Wissen der Arbeitsweise von Psychotherapeuten m.E. zu dem Kenntnisschatz eines qualifizierten Coachs. Gerade bei der Analyse des Stresszustands sind hier die Kenntnisse von Prüffragen für den Coach zwingend notwendig. Während bei Trennungen oder Tod eines nahen Verwandten starke Gefühle von Niedergeschlagenheit oder Wut normale physische Reaktionen sind, ist die Kenntnis der Diagnose von Depressionen notwendig, um hier ggf. den Psychotherapeuten das Handwerk zu überlassen und bei der Suche nach einem passenden Therapeuten zu helfen.
Wie in jedem qualifizierten Beruf sollte nach der „Grundausbildung“ auch ein Coach Interesse an seiner eigenen Weiterbildung haben. Zurzeit werden diverse Themen im Markt an geboten. Hier sollte ein Coach genau recherchieren, was die konkreten Inhalte sind und ob sie zu seinem eigenen Schwerpunkt/Profil passen. Als Karriere-Coach muss ich nicht unbedingt eine Zusatzqualifikation zur Transaktionsanalyse machen, wenn ich dieses Thema bislang nicht in meinem Angebot hatte. Umgekehrt kann eine Vertiefung, z.B. einer psychologischen Schule folgend, ein echter Mehrwert sein. Wer als systemisch qualifizierter Coach z.B. Life-Coaching anbietet, der kann mit dem Thema „Familienaufstellung“ seinen Schwerpunkt qualifiziert erweitern. Unabhängig davon sind natürlich übergreifende Themen, wie z.B. das Thema „Achtsamkeit“.