„Geld ist kein Wertgegenstand, sondern ein Gestaltungsmittel.“
Diese Orientierung hat der Autor seinen Kindern vermittelt und vertritt sie auch in seiner Arbeit. In aktuellen gesellschaftlichen Debatten wird zunehmend betont, dass übermäßige Geldorientierung Missstände erzeugt und dass Realwirtschaft und deren Gemeinwohlorientierung wieder stärker in den Vordergrund gehoben werden sollten. Als Ideal sollte die Existenzberechtigung jeden Unternehmens an einem werteorientierten Zweck gemessen werden: Wie macht dieses Unternehmen die Welt besser? Aus dieser Perspektive betrachtet stellt nicht der Gelderwerb das Hauptziel des Wirtschaftens dar. Stattdessen soll der Umgang mit Geld zum persönlichen Wohl der Beteiligten sowie zum Gemeinwohl beitragen. Dem Autor ist bewusst, dass er sich mit einer solchen Positionierung zugunsten einer Utopie weit aus dem Fenster lehnt. Aber er möchte diesen Aspekt der menschlichen Verantwortung stärken.
Wohlstand meint einen Stand, in dem den am Wirtschaften beteiligten und vom Wirtschaften betroffenen Menschen wohl ist. Neben materiellen Komponenten geht es ums Sinnerleben, das nicht nur im Privaten, sondern auch im Berufsleben erfahren wird. Wenn sinnvolle Bedingungen geboten werden, sind viele Menschen gerne bereit, Profit- und Gemeinwohlorientierung in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander zu setzen. Wie groß in unserer Gesellschaft die Bereitschaft zu sinnvollem Engagement und zur Solidarität ist, konnte man z.B. jüngst in den deutschen Hochwassergebieten beobachten.
Im Folgenden werden einige allgemeine Überlegungen zum Thema Profit und Gemeinwohl entwickelt. Dann wird am Beispiel der isb GmbH und der Schmid-Stiftung aufgezeigt, wie wichtig es ist, eine Balance zwischen Profit und Gemeinwohl zu finden.
Dass Menschen von ihren wirtschaftlichen Betätigungen leben können sollen und sich einen hinreichenden Wohlstand sichern wollen, ist klar. Solange dies fraglich bleibt und man nicht abgesichert ist, muss Gelderwerb ein wesentliches Ziel sein. Doch wäre es schön, wenn sich Geld- und Profitorientierung nicht verselbständigten, wie dies in unserer Gesellschaft leider weit verbreitet ist. Wie viel materiellen Wohlstand, Absicherung und Luxus ein Mensch zu brauchen glaubt, ist natürlich individuell. Doch über ein vernünftiges Maß hinaus muss mehr Geld nicht zwingend glücklicher machen. Das letzte Hemd hat bekanntlich keine Taschen und Geld kann man weder essen noch in den Arm nehmen. Nur Dagobert Duck scheint beim Bad in den Dukaten sinnliches Vergnügen zu empfinden. Am Ende geht es um Selbstverwirklichung und ein erfülltes Leben für den Einzelnen und um die Würde, mit seinem Wirken zum menschlichen Wohl beizutragen.
Eine entscheidende Herausforderung ist die Änderung von Gewohnheiten. Viele wären zu Einigem bereit, wenn sie dabei angemessen angeleitet und begleitet würden. Doch genau daran fehlt es massiv in unserer Gesellschaft. Das Entwickeln und Propagieren von guten Ideen oder Änderungen von Praktiken im kleinen Rahmen sind das eine, die konkrete Umgestaltung größerer gesellschaftlicher Prozesse das andere. Gute Ideen und Motivationen in komplexere unternehmerische und gesellschaftliche Zusammenhänge zu integrieren und diese im Alltag umzusetzen, erfordert unternehmerisches Geschick und die nachhaltige Umgestaltung von Organisationskulturen unter Einbezug der sie tragenden Menschen. Wie so oft wäre es leichter, in der DNA eines Berufslebens und einer Organisation möglichst von vornherein Muster zu entwickeln, die auf eine ausgewogene Profit- und Gemeinwohlorientierung angelegt sind. Doch ist für integrierende Ansätze noch viel Entwicklungsarbeit zu leisten.
Meist wird versucht, eine Organisation zunächst profitorientiert zu entwickeln und zu stabilisieren, um eventuell bei Gelingen gemeinwohlorientierte Perspektiven nachträglich einzubeziehen. Doch hat sich die DNA einer Organisation erst mal etabliert und in alle Gewohnheiten eingelagert, sind solche Weiterentwicklungen schwierig. Oft kann man beobachten, dass nach einer langen, vielleicht übermäßigen Profitorientierung erkennbar wird, dass man längst sein Ziel erreicht oder gar übertroffen hat. Vielleicht wäre man rückblickend gerne mit manchem anders umgegangen und hätte auch den Preis für mehr werteorientiertes Handelns zahlen wollen. Wie soll dann später mit Versäumnissen umgegangen werden?
Manche verlegen sich jetzt auf philanthropisches Engagement, spenden, gründen Stiftungen etc. Sicher ist das lobenswert, doch kann damit eine langjährige einseitige Orientierung nur bedingt gutgemacht werden. Dialoge zum ethischen und ökologischen Fußabdruck des eigenen Wirtschaftens gehören zum aufrichtigen Bilanzieren, doch noch wichtiger wäre es gewesen, frühzeitig die Weichen richtig zu stellen. Zäsuren aller Art, die eh größere Umwälzungen im Berufsleben oder der Entwicklung einer Organisation mit sich bringen können, können dennoch Gelegenheit bieten, die Rahmen neuzugestalten.
Leider kann dabei vermutlich selten auf direkt verwertbare Erfahrungen anderer zurückgegriffen werden, stattdessen müssen meist eigene Lernprojekte entwickelt werden, bei denen sich Betroffene und Gestalter zu Lerngemeinschaften zusammenfinden. Die Erfahrungen in der Schmid-Stiftung haben den Autor gelehrt, dass Gutwilligkeit wichtig ist, aber nicht ausreicht, um Unternehmertum und Gemeinwohlorientierung zu vereinen und viele Perspektiven und Kompetenzen dafür zu integrieren.
Wie kann eine Vermischung von wirtschaftlich erfolgreichem und gemeinschaftsorientiertem Handeln gelingen? Dies soll nun am Beispiel der isb GmbH und der Schmid-Stiftung beschrieben werden. Die isb GmbH ist ein Familienunternehmen. Da 25 Jahre gut gewirtschaftet worden war, war die Gründerfamilie reichlich abgesichert. Mehr musste nicht sein. Zur Zeit des 25-jährigen Jubiläums und des 62sten Lebensjahrs des Gründers war nicht in Sicht, dass jemand aus der Gründerfamilie eine unternehmerische Funktion im isb (Institut für systemische Beratung) ausfüllen oder das Unternehmen aus der Investorenperspektive steuern würde. Dennoch war es an der Zeit, die Weichen für die Zukunft des Unternehmens zu stellen.
Der Gründer entschied sich dafür, das isb langfristig aus der Gründerfamilie herauszulösen und sich zu einem sich selbst tragenden Organismus mit stabiler Wirtschaftskraft und Gemeinwohlorientierung entwickeln zu lassen. Dafür war die Übertragung der GmbH auf eine gemeinnützige Stiftung die funktionalste Lösung. Künftige Entscheidungen bezüglich der GmbH sollten nicht an privaten Investoreninteressen, sondern am Wohl aller Stakeholder des isb und an der Fortschreibung seiner Kultur ausgerichtet werden. Gleichzeitig sollten – anders als bei Förderstiftungen, die Geldmittel zur Verfügung stellen – die Stiftungsmittel dafür verwendet werden, Knowhow im Fachgebiet des isb in unentgeltliche Dienstleistungen für gemeinnützige Organisationen umzuwandeln und der Gesellschaft dort zur Verfügung zu stellen, wo dies nicht aus eigener Einsicht oder aus eigenen Mitteln geleistet werden kann. Zu dieser Kultur gehören Werte, Konzepte, Methoden, Arbeitsformen und Vorgehensweisen, bei denen die Beziehungen von Mensch und Beruf, Mensch und Organisation sowie Mensch und Wirtschaften im Fokus stehen. Dabei sollen multidisziplinäre Perspektiven und ein enger Theorie-Praxis-Zusammenhang bedeutsam sein.
Es sollen nicht einfach Lücken in vorhandenen Systemen gefüllt werden, sondern entscheidend soll sein, ob das Zusammenwirken zwischen Stiftung und Kundenorganisation Entwicklungen in Eigenverantwortung stärkt. Eine enge Verzahnung der GmbH und der Stiftung soll gewährleisten, dass verschiedene Aspekte von gemeinwohlorientiertem und humanem Wirtschaften nicht auseinanderfallen.
Im gemeinnützigen Bereich sollen durch die Stiftung über unentgeltliche Leistungen die angemessene Berücksichtigung von Organisationsentwicklungs-Knowhow angeregt werden. Dieses Anliegen unternehmerisch umzusetzen, erweist sich in der Praxis als weit anspruchsvoller als gedacht, da viele Interessenten, die sich an die Stiftung wenden, oft nur akute Notstände behoben haben wollen. Die Bereitschaft, das eigene Wirtschaften nachhaltig zu entwickeln, Verantwortung für unternehmerisches Lernen auch im gemeinwohlorientierten Bereich zu übernehmen und externes Organisationsentwicklungs-Knowhow für die eigenen Belange zu integrieren, ist selten gegeben. Stattdessen neigt man zu Feuerwehraktionen und sucht für gewohnte Herangehensweisen kostenlose Unterstützung. Dass in einem bestimmten Umfang unternehmerisches Lernen und Organisationsentwicklung nötig sind, um dem Gemeinwohlanliegen über die Pionierphase hinaus zu dienen, ist als Einsicht selten von vornherein anzutreffen. Viele gemeinwohlorientierte Engagierte wollen sich ganz ihrem eigentlichen Anliegen widmen und erkennen oft nicht, dass dies ohne nachhaltige unternehmerische Entwicklung in der Breite und über lange Zeit nicht zu realisieren ist. Dann geraten solche Organisationen wegen verschleppter Entwicklungen in Not und ihre Leistungsfähigkeit entwickelt sich nicht über erste Pionieransätze hinaus oder geht mit der Zeit wieder verloren.
Es ist also nicht so leicht, verständlich zu machen, dass Unterstützung zwar kostenlos aber nicht ohne Gegenleistung zur Verfügung gestellt werden soll. Als Gegenleistung werden eine Bereitschaft zur Entwicklung unternehmerischer Verantwortung und zum nachhaltigen Lernen der Organisation bezüglich ihrer eigenen Entwicklung erwartet. Da darin nicht das Primärinteresse der meisten Kunden liegt, muss ein schmaler Grat zwischen aktuellem konkreten Nutzen und der Herausforderung, sich notwendigen Entwicklungen zu stellen, gefunden werden. Die Stiftung als Dienstleister muss zwischen notwendiger Eigenverantwortung der Kunden für unternehmerische Entwicklungen und unangemessener Überforderung bzw. Belästigung mit für sie zunächst ungewohnten Anforderungen balancieren.
Dazu kommt, dass solchen Anforderungen ausgewichen werden kann, wenn andere Förderer und Unterstützungssysteme für bequemere Lösungen zu gewinnen sind. Diese Problematik ist dem Autor aus Beratungen in der Entwicklungshilfe vertraut. Dabei liegt es nicht daran, dass diese Unterstützer es sich bequem machen oder nur Geld verteilen wollen, sondern sie wissen nicht recht, was sie sonst tun können. Echte entwicklungsorientierte Unterstützung ist ein anspruchsvolles Geschäft, das seinerseits noch erheblich weiterentwickelt werden muss. Nachhaltige Unterstützung erfordert Entwicklungsarbeit, bei der man nicht so leicht mit Erfolgsmeldungen und großen Zahlen an die Öffentlichkeit treten kann.
Als Konsequenz bietet sich die Schmid-Stiftung beispielsweise nicht nur den Endkunden an, sondern als Entwicklungspartner für andere Unterstützungssysteme und Förderstiftungen, die ihrerseits ihre Förderkultur mit Organisationsentwicklungs-Knowhow anreichern und entwickeln wollen.
Die Schmid-Stiftung organisiert und finanziert Rahmen, in denen gemeinwohlorientierte Kunden ihre Situation und Entwicklungsmöglichkeiten reflektieren können. Gemeinsam werden Ideen entwickelt, was die Kunden eigenständig für ihre Entwicklung und die Lösung ihrer Probleme tun können und müssen, welche Haltung und Ausstattung sie dafür brauchen und wie sie dafür geeignete externe Dienstleistungen und Hilfestellungen in Anspruch nehmen können.
Die eigentliche Hilfe bei der Verfolgung von Entwicklungsthemen wird pro bono durch Netzwerkpartner des isb geleistet. Die bezahlten Mitarbeiter der Stiftung organisieren dafür den Rahmen und leisten das sogenannte Matching: Auf der einen Seite wird im Vorfeld mit den Interessierten geklärt, welche Anliegen und Erwartungen vorliegen sowie, welche Vorgehensweisen passend wären und wer die Unterstützung seitens der Netzwerkpartner wie leisten könnte. Auf der anderen Seite müssen die Netzwerkpartner gewonnen, speziell auf die besonderen Rollen und Aufgaben vorbereitet und während der eigentlichen Arbeit mit den Kunden begleitet werden. Die Stiftungsmitarbeiter sind auch für die Produktentwicklung, das Marketing, die Qualitätskontrolle und die Partnerbetreuung zuständig. Wie bei jedem Unternehmen sind vielfältige und komplexe Prozesse zu steuern, ohne die eine nachhaltige Entwicklung und Etablierung am Markt nicht erfolgreich sein kann. Dies ist umso anspruchsvoller, da es für Brückenfunktionen zwischen Profit- und Gemeinwohlbereichen in unserer Gesellschaft wenig eingespielte Vorstellungen und Abläufe gibt. Es ist neben den aktuellen Hilfestellungen also auch in vielerlei Hinsicht Pionierarbeit zu leisten.
Man kann sich nach Geschäftserfolgen im Business nicht im gemeinwohlorientierten Bereich zurücklehnen.. Stattdessen ist Unternehmertum hier oft sogar anspruchsvoller und gleichzeitig weniger entwickelt oder hat mit noch mehr gesellschaftlicher Trägheit zu kämpfen als im Profitbereich.
Daher geht es für die isb GmbH auch darum, in ihrem Kerngeschäft Unternehmertum so zu entwickeln und zu vermitteln, dass im Profitbereich mehr gemeinwohlorientierte Perspektiven integriert werden können. Also verschränken sich die Entwicklungsanliegen des isb als Bildungseinrichtung im Profitbereich mit denen der Schmid-Stiftung, die Unternehmertum im gemeinwohlorientierten Bereich fördert. Dies bietet zusätzliche Herausforderungen, aber auch Bereicherungen, und legt eine enge Zusammenarbeit zwischen GmbH und Stiftung nahe. Diese Verknüpfung bedeutet, sich selbst dem notwendigen Lernen und dem integrierenden Unternehmertum zu verpflichten.
Dieses Zusammenwirken wird auch durch die Finanzierungsstruktur unterstrichen. Die Schmid-Stiftung lebt von Überschüssen der isb GmbH und hat daher allen Grund, deren Erfolg zu fördern. Derzeit geschieht dies über Spenden der GmbH an die Stiftung, künftig nach Übereignung durch Gewinnentnahmen aus der GmbH. Die GmbH hat allen Grund, den Entwicklungsanliegen der Stiftung zuzuarbeiten, steht sie doch in ihrer Kernidentität für humanistisches Wirtschaften. Zudem ist Glaubwürdigkeit hier entscheidend. Weder darf die Gemeinwohlorientierung als humanes Mäntelchen oder Vehikel zu mehr Kommerz ausgenutzt werden, noch dürfen marktwirtschaftliche und unternehmerische Gesichtspunkte dazu führen, alles kommerziellen Diktaten unterzuordnen. Im Konkreten sind Grenzen auch bei bester Absicht nicht so leicht bestimmbar. Es bedarf einer intensiven Kommunikation zwischen allen Stakeholdern, um sinnvolle Bestimmungen festzulegen.
GmbH und Stiftung haben sich daher für ihre eigene Entwicklung Zeit gegeben, um Konzepte, Produkte und Strategien zu entwickeln und sich gemeinsam in nachhaltiges Funktionieren einzuarbeiten. Der Stiftungsvorstand, der Stiftungsrat und die Stiftungsleitung sind fachkundig und haben sich über Jahre gemeinsam in die neuen Funktionen, Rollen und Prozesse eingearbeitet. Jetzt nachdem das Modell zu einem eigenständig lebensfähigen Organismus entwickelt wurde, steht an, die GmbH an die Stiftung zu übertragen.
Die Schmid-Stiftung besteht seit zehn, die isb GmbH seit 37 Jahren. Beide sind in vielerlei Hinsicht gewachsen. Viele neue Konzepte, Themen, Mitarbeiter und Partner sind dazugekommen. Die Integration schreitet voran.
Viele wollen der Gesellschaft, in der ihnen der Rahmen für so viel hochwertiges Leben und Wirken geboten wurde, mehr als das Übliche zurückgeben. Am Beispiel des Zusammenwirkens zwischen der isb GmbH und der Schmid-Stiftung zeigt sich, dass sich neue Netzwerkdimensionen auftun können in der Integration von gemeinwohlorientiertem Handeln in ein profitmotiviertes Unternehmen.