Coaching als Begriff
Noch vor einigen Jahren durfte das Wort Coaching im Bereich Organisationen nur flüsternd ausgesprochen werden. Man wollte ja niemanden kompromittieren. Mittlerweile hat "Coaching" als vermeintlicher Alleskönner und Wertwort fast "Systemisch" abgelöst. Dabei heißt jetzt alles Mögliche Coaching, was vorher Supervision, Teamentwicklung, Personalgespräch, Lebensberatung ja sogar Führung geheißen hatte. Dies trägt einerseits nicht unbedingt zu Transparenz bei, führt aber andererseits umso notwendiger zur Frage, was im konkreten Fall eigentlich gemeint ist. Insofern hilft ein inflationärer Begriff paradoxerweise bei Klärungsprozessen.
Am Institut für Systemische Beratung, Wiesloch-Zürich unterscheiden wir Coaching als Funktions- bzw. Professionsberatung von Persönlichkeits-Coaching. Bei der Funktionsberatung wird auf das Ausfüllen einer bestimmten Funktion in einer konkreten Situation einer speziellen Organisation abgehoben. Beispiel wäre eine Führungskraft, die in einer Krise als Sanierer berufen wurde. Für ein solches Funktionscoaching braucht der Coach Kenntnisse über die entsprechenden Funktionen, Organisationen und Branchen. Bei der Professionsberatung steht die Qualifizierung und Identitätsfindung in bestimmten Professionen im Vordergrund. Hierzu braucht der Coach Vorstellungen davon, welche Kernkompetenzen, Talente und Motivationen für die angestrebten Professionen von Bedeutung sind, aber auch davon, wie Märkte sich entwickeln und berufliche Lebenswege aussehen können. Das häufigste Beispiel hierfür ist der Wechsel von der Fachkraft zur Führungskraft als nicht immer erkannter Berufswechsel. Die Auseinandersetzung mit aktuellen Funktionen und mit der - über den aktuellen Kontext hinausreichenden - professionellen Entwicklung kann sich durchaus überlappen. Es geht um die Prioritäten, nach denen das Coaching optimiert werden soll und auch darum, wer profitiert und wer finanziert.
Unter Coaching im engeren Sinne verstehen wir Persönlichkeitsberatung. Hier darf persönlich allerdings nicht mit privat verwechselt werden. Entsprechend dem Drei-Welten-Modell der Persönlichkeit vollzieht sich Persönlichkeitsentwicklung in der Professionswelt, auf den Bühnen und in den Rollen der Organisationswelt und in den Sphären der Privatwelt, besonders aber in den Wechselwirkungen zwischen diesen Welten und im Zusammenspiel ihrer Bewegungen und Kräfte. Das Persönliche darf also nicht als privat-menschlich im Unterschied zur Organisationswelt herausgelöst und psychologisch gedeutet werden, sondern vollzieht und entwickelt sich in den Rollen die in Szenen auf den Bühnen aller drei Welten gespielt werden.
Beispiel wäre eine in kleinem Rahmen bisher erfolgreiche Führungskraft, die im Zusammenhang mit einer neu übernommenen Aufgabe zunehmend Fehlverhalten zeigt und der gleichzeitig virulent werdende Eheprobleme über den Kopf wachsen. Die Kunst des Coachs besteht darin die Zusammenhänge zu verdeutlichen und kombiniert bzw. integriert Ansatzpunkte zu finden, über die Entwicklungen innerhalb der Welten, aber auch im Zusammenspiel zwischen den Welten gefördert werden. Steht Eheberatung an, ist Funktionsberatung angesagt, muss am Organisationskontext angesetzt werden oder wird jetzt ein beruflicher Qualifizierungsbedarf erkennbar. Wie bedingen sich Probleme gegenseitig bzw. welche Wirkungen und Wechselwirkungen können erwartet werden. Welches sind die schlanksten und doch im Wechselspiel wirksamsten Maßnahmen, die neben der persönlichen Lebenskultur auch Erfordernisse von Berufs- und Organisationswelt berücksichtigen.
Darüber hinaus sollte Coaching nicht nur als persönliche Beratung angesehen werden sondern als Fachkompetenz im Umgang mit Menschen im Beruf. Diese Fachkompetenz, integriert in den Organisationsalltag, in Projekte der Organisations-, der Personal- und der Kulturentwicklung wird dringend gebraucht. Sie darf hierzu jedoch kein Eigenleben führen, sondern muss mit anderen Perspektiven in komplementären Einklang gebracht werden.
Coaching als Berufswunsch
Viele Professionelle, die sich bisher als Psychotherapeuten, als Sozialpädagogen, Supervisoren oder Pädagogen platziert sahen, möchten ihre Dienstleistung nun auch als Coaching und damit für den auch finanziell interessanten Organisationsbereich geeignet eingeordnet sehen. Andere Professionelle, die sich bisher als Bildungsfachleute, Berater, Moderatoren, Trainer, Personaler, ja auch als Manager oder Führungskräfte richtig eingeordnet sahen, möchten zumindest zusätzlich als Coach gesehen werden. Dies nicht nur wegen des Prestiges von Coaching, sondern weil darin auch ein zunehmendes Bedürfnis zum Ausdruck kommt, sich den menschlichen Belangen in Organisationen mehr zuwenden zu wollen. Man möchte dem Menschlichen im eigenen Lebensvollzug und eben auch in der beruflichen Tätigkeit mehr Gewicht zu geben.
Nicht zuletzt träumen viele von relativ überschaubaren Vier-Augen-Gesprächen, in denen Berührendes zur Sprache kommt und die oft komplizierten und schwer einzuordnenden Umwälzungen der Gesellschaft etwas auf Abstand gehalten werden können. Wenn solche Gespräche mit Hochrangigen in Organisationen geführt werden, kann dies vielleicht auch mehr zur Humanisierung des Arbeitslebens beitragen, als wenn man sich selbst in weniger angesehenen Organisationsfunktionen abmüht. Wenn genügend Coaching-Aufträge in Sicht wären, könnte man als Coach auch freiberuflich tätig sein und hätte sich ein Arbeitsfeld erschlossen, das als gehaltvoll erlebt wird und vielerlei Freiheitsgrade bietet, besonders für die Kombination von Beruf und Familie oder Beruf und andere Lebensinteressen.
Solche Beweggründe sind verständlich und ehrenhaft, doch schleichen sich hier oft auch illusionäre Erwartungen ein, die zu Fehlentwicklungen und Enttäuschungen führen können. Daher ist ein nüchterner Blick auf Coaching als Berufsmöglichkeit, als persönliche Identität und als Instrument der Organisationsentwicklung angezeigt.
Teil II des Artikels folgt im Coaching-Newsletter 12-2002. Dr. Schmid wird dann über "Coaching als Berufswunsch", "Coaching als Markt" und den "Einstieg in den Coaching-Markt" berichten.
Die von Dr. Astrid Schreyögg herausgegebene Zeitschrift "Organisationsberatung - Supervision Coaching" (OSC) (Verlag Leske + Budrich, Leverkusen) hat in der demnächst erscheinenden Ausgabe 4/2002 den Themenschwerpunkt "Konfliktmanagement und Konfliktcoaching". Weiterlesen
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