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Unterschiedliche Beratungsansätze vermengt?

Leserbrief von Jörg Middendorf zum Artikel von Dr. Karin von Schumann im Coaching-Magazin 3/2013

In ihrem Artikel „Coaching mit mediativen Anteilen“, erschienen im Coaching-Magazin 3/2013, beschreibt Dr. Karin von Schumann, wie man Coaching durch mediative Anteile bereichern kann. Eine Replik von Jörg Middendorf sowie ein Kommentar Dr. Karin von Schumann.

4 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 4 | 2013 am 20.11.2013

Leserbrief von Jörg Middendorf

Der Artikel „Coaching mit mediativen Anteilen“ beschreibt, wie man Coaching durch mediative Anteile bereichern kann. In einem dargestellten Coaching-Fall wird eine weitere Partei zum Zwecke der Mediation eingeladen. Aus meiner Sicht wird durch das vorgestellte Vorgehen allerdings nicht die Profession des Coachings bereichert oder erweitert, sondern es werden zwei unterschiedliche Beratungsansätze vermengt.

Da ich selbst als Coach und Mediator arbeite, ist es mir wichtig, dass Coaching und Mediation unterschiedliche Konzepte sind und bleiben sollten. Für mich ist es in beiden Rollen wichtig, eine möglichst große Transparenz und auch Klarheit zu schaffen. Zudem sehe ich es für die noch recht junge Profession Coaching als wichtig an, sich als Beratungsansatz klar zu positionieren und nicht durch Aufnahme verwandter Beratungskonzepte an Einzigartigkeit zu verlieren.

Als Coach und Mediator habe ich zwei unterschiedliche Rollen. Der Coach ist ein gleichberechtigter Partner, mit dem vertraulich über ein Anliegen des Coaching-Klienten reflektiert wird. An diesem besonderen Verhältnis sollte sich auch dann nichts ändern, wenn im Coaching eine dritte Partei (z.B. als Feedback-Geber) zeitweise hinzugezogen wird.

Der Mediator dagegen ist ein Vermittler zwischen mindestens zwei Parteien, wobei Allparteilichkeit und Neutralität oberstes Gebot sind. Nach diesem Verständnis von Coaching und Mediation scheidet die erste Variante im Artikel von Dr. von Schumann aus: In einem bestehenden Coaching-Verhältnis wird eine zweite Partei hineingezogen und der Prozess wird zu einer Art Mediation zwischen den Beteiligten. Das ist aber ein Widerspruch zu den genannten Geboten. Im Artikel wird sogar erwähnt, wie wichtig eine neutrale Sitzordnung ist, um die Allparteilichkeit zu betonen.

Dem stimme ich zwar zu, doch wie können Allparteilichkeit, Neutralität und Offenheit gegenüber der zweiten Partei glaubhaft versichert werden, wenn der Coach zuvor mit der ersten in vertrauter Zweisamkeit gearbeitet hat? Was haben beide vorab besprochen? Welches Bild hat sich beim Coach über den Sachverhalt oder die zweite Partei entwickelt? Was sagt der Coach und was fällt unter die Verschwiegenheitspflicht aus dem Coaching? Diese Fragen stellt sich die zweite Partei unweigerlich. In einem solchen Fall empfehle ich als Mediator einen Kollegen, damit der Verdacht der Parteinahme gar nicht erst entstehen kann. Der Verweis der Autorin auf die notwendige Freiwilligkeit eines durch die Mediation erweiterten Coachings ist zwar richtig, doch erlebe ich das in der Mediationspraxis als kompliziert: „Mein Chef lädt mich zu einem Klärungsgespräch ein. Aber nur, wenn ich mag …“ Natürlich gibt es Befruchtungen zwischen den Ansätzen (Gesprächstechniken, Grundhaltungen, Problemlösetechniken), es ist aber weder der Mediation noch dem Coaching gedient, beide Ansätze zu vermengen und damit die Unklarheit in Bezug auf die verschiedenen Beratungsansätze zu verstärken.

Gleichzeitig bietet sich für Coaches im Bereich Konfliktklärung sehr wohl ein sinnstiftendes Arbeitsfeld! Gerade im Rahmen des Coachings könnte ein Coach sehr hilfreich sein, in dem mit dem Klienten Strategien entwickelt werden, die ihn selbst in die Lage versetzen, mit dem vorliegenden Konfliktfall umzugehen. Dies wäre im besten Sinne des Wortes „Coaching“: Eine personenzentrierte Beratung, die dem Klienten hilft, seine Ressourcen zu nutzen und zu schärfen, um selbst- und eigenverantwortlich mit einer bestehenden Situation umzugehen. Das bräuchte kein neues Label, es nennt sich bereits seit einiger Zeit „Konflikt-Coaching“. 

Kommentar von Dr. Karin von Schumann

Herr Middendorf bezeichnet Coaching als „junge Profession“, die sich erst klar positionieren muss – das sehe ich anders.

Coaching ist seit Jahren klar positioniert und verträgt methodische Weiterentwicklungen bestens. Coaching mit mediativen Anteilen (CMA) stellt ohne Frage eine Herausforderung dar, die erfahrene Coaches mit hoher Rollensicherheit und maximaler Klarheit und Transparenz jedoch meistern können.

Herrn Middendorfs Vorschlag, auf einen neutralen Kollegen zu verweisen, der die Mediation vornimmt, halte ich persönlich für etwas realitätsfern. „Erst brauche ich ein Coaching, jetzt hilft auch das nicht und ich kriege einen Mediator“ – so werden doch viele Manager (heimlich) denken und Gründe finden, die Mediation abzulehnen. Selbstredend gilt es im Coaching zunächst, „Ressourcen (des Klienten) zu nutzen und zu schärfen“. Wenn die Konfliktdynamik den Klienten überfordert, möchte ich mich nicht unter Verweis auf die reine Lehre zurückziehen, sondern ihn unterstützen – und habe deshalb CMA entwickelt.

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