Für jedes größere Unternehmen stellt sich irgendwann die Aufgabe, einen Coach-Pool aufzubauen oder externe Coachs zu verpflichten. Sei es auf Grund interner Nachfrage durch interessierte Manager des Unternehmens, sei es auf Grund des Zeitgeists, der Coaching zum Must-Have erfolgreicher Wirtschaftsführer erklärt oder sei es aufgrund der positiven Erfahrungen, von denen befreundete Kollegen der Personalentwicklung anderer Unternehmen berichten. Was also tun? Die Menge der Erfolg versprechenden Suchstrategien ist immens:
Ein nahe liegender, einfach gangbarer Weg ist eine erste Recherche im Internet: Wir googeln uns einen Coach! Zum Beispiel mit den Stichwörtern „Coaching Führung Manager“ und geben nach 1.660.000 Einträgen zuzüglich ungezählter Anzeigen sowie dem Verweis auf die täglich weiter anwachsende Zahl an Coaching-Verbänden und -ausbildungen diesen Weg sehr schnell – und klugerweise – als aussichtslos auf.
Der nächste Weg führt in die Buchhandlung oder in eine Universitätsbibliothek, nach dem Motto: Wer viel, eloquent und augenscheinlich kenntnisreich zum Thema schreibt, wird auch als Coach erfolgreich sein! Die bittere Erfahrung nach ersten Versuchen zeigt: Auch im Coaching gibt es brillante Theoretiker, die nicht zwangsläufig brillante Praktiker abgeben müssen.
Dann vielleicht Empfehlungen? Wenn der Coach dann im Kennenlerngespräch entweder erstaunlich – und nicht mehr tolerabel – freigiebig ist mit seinen Informationen oder aber verbal und nonverbal sein berufsethisches Dilemma ausdrückt auf unsere Frage: „Sie sind uns ja von Herrn Krause aus dem XY-Unternehmen empfohlen worden. Welche Themen und Personen haben Sie denn dort gecoacht?“, spätestens dann wissen wir, dass Interessenkonflikte, Datensicherheit, Vertrauen und Vertraulichkeit im Coaching von vitaler Bedeutung sind.
Das finale Aus für das Thema Coaching im Unternehmen bedeutet es, sollte der Personalentwickler die alptraumartige Idee umsetzen: „Ich schreibe einfach mal einige Psychotherapeuten in der Region an, die müssten das mit dem Coachen doch auch können.“
Wer einen Coach-Pool aufbaut, kommt nicht umhin, viele Stunden mit der Auswahl und Prüfung von Coaching-Anbietern zu verbringen. Zumal natürlich dann, wenn die Dienstleistung hohen Ansprüchen genügen soll. Über die unabdingbaren inhaltlichen, fachlichen, person- und prozessbezogenen Qualitätskriterien hinaus, auf die an dieser Stelle nicht eingegangen werden kann, soll durch einen vielfältigen Coach-Pool sichergestellt werden, dass
Zu den Gütekriterien eines Coachs gehört der umschriebene, klar formulierte Arbeitsschwerpunkt, der auch die Einsatzgrenzen deutlich macht. Insofern sind wesentlich mehr und vielfältigere Spezialisten als Coachs notwendig als etwa intern bereitgehalten werden könnten.
All dies macht einen umfangreichen Pool von Coachs nötig. Und um den Ansprüchen nachzukommen, ist es für den unternehmensinternen Personalentwickler als Makler notwendig, einen guten Überblick über den Anbietermarkt zu haben, zuverlässige Informationswege und Vernetzungen in der Coach-Community zu haben und – in schwierigeren Fragestellungen – Zeit in Recherche investieren zu wollen und können.
Mitte der 90er Jahre bestand die Coach-Szene aus wenigen herausragenden Könnern, die aus anderen Beratungsumfeldern, wie Gruppendynamik, Organisationsentwicklung oder Therapie zum Coaching gekommen waren, und vielen Anfängern, die der Illusion erlagen, dass ein sozialwissenschaftliches Studium hinreicht, um Menschen in Unternehmen zu unterstützen.
Heute ist der Markt überschwemmt mit Coachs unterschiedlicher fachlicher Provenienz und Qualität. Es gibt inzwischen darüber hinaus – obgleich die Berufbezeichnung Coach nicht geschützt ist – viele verschiedene Qualifizierungsangebote zum Coach. Der Einzelne, der sich Coach nennt, sieht sich vor die Aufgabe gestellt, sich mit seinem Angebot zu unterscheiden und einzigartig zu sein, um überhaupt eine Chance zu haben, von Kunden gesehen zu werden.
Damals wie heute besteht andererseits für den Kunden mithin die Notwendigkeit, die Anbieter sorgfältig zu prüfen. Dies ist schon für den individuellen Coaching-Interessierten ein äußerst schwieriges Unterfangen, für einen „institutionalisierten Kunden“ besteht darüber hinaus die Forderung, Schaden vom Unternehmen abzuwenden, der entstehen könnte, wenn wesentliche Spitzenleister und Führungskräfte ungeeigneten, kontraproduktiven, destabilisierenden Coachs und Coaching-Methoden oder geschickten Geschäftemachern ausgesetzt sind.
Heute wird der „organisationale Kunde“, also zum Beispiel eine PE-Abteilung, die Coaching als Dienstleistung ins Unternehmen anbietet, ungefragt und unaufgefordert mit erheblichen Mengen von teilweise sehr „fantasievollen“ Angeboten externer Coachs konfrontiert.
Der Selektionsprozess beginnt dabei schon auf dem Schreibtisch: Entspricht das in den Unterlagen oder im Internet dargestellte bzw. implizierte Menschenbild, dem, was wir unseren internen Kunden zumuten möchten und dürfen?
Transparenz und symmetrische Beziehungsgestaltung sind Basisvoraussetzungen: der Kunde erhält Einblick in die Gedanken, Hypothesen, Modelle und Vorgehensweise im Prozess. Ihm stehen – als eigenverantwortlichem erwachsenem Partner – diese Informationen zu. Er sitzt als Experte dem Coaching-Experten gegenüber. Dieses Verständnis der gemeinsamen Beziehung und der wechselseitigen Kommunikation im Coaching-Prozess muss bereits in den Akquisitionsunterlagen bzw. in den ersten Kontakten deutlich werden. Das gern zitierte Statement „Coaching als Hilfe zur Selbsthilfe“ ist an der Grenze dessen, was akzeptabel ist – setzt es doch den Coaching-Kunden als derzeit „Hilflosen“ voraus, der einen Begleiter benötigt, der ihn zur Selbsthilfe ermächtigt.
Die Masse der Coaching-Angebote macht es dem Einzelkunden nicht einfacher, sich für ein seiner spezifischen Situation angemessenes Coaching zu entscheiden. Hinzu kommt eine weitere, nicht weniger bedeutsame Überlegung: Neben der Frage nach dem „richtigen Coaching“ stellt sich die Frage nach der Qualität des Leistungsangebots. Welche Aspekte geben verlässliche Auskünfte über die Qualität eines Coachs und wie wird diese Qualität sichergestellt? In der Regel kann der einzelne Coaching-Kunde erst nach der Entscheidung zur Zusammenarbeit die Qualität eines Coachs beurteilen.
Für junge bzw. angehende Coachs bedeutet dies, dass sie sich in ihrer Selbstvermarktung klar sein sollten, dass ein Großteil der Akquisitionstätigkeit darin besteht, einen potenziellen Kunden davon zu überzeugen, dass man in jeder Hinsicht die beste Wahl für ein bestimmtes Projekt darstellt. Immerhin gibt es im überreichen Ausmaß berufs-, business- und führungserfahrene Coachs, die zu reellen Preisen ihre Arbeit anbieten.
Der Kunde will – und muss (!) – für seine Entscheidung wissen, wodurch unterscheidet dieser Coach sich von anderen Coachs,
Die letztgenannte Frage führt oft zu entrüsteten Reaktionen in den Bewerbungsgesprächen für den Coach-Pool, aber ist diese Frage wirklich einfach zu beantworten?
Jahrelange Erfahrung in der Auswahl und Vermittlung von Coachs an Kunden führen zu folgenden Überlegungen: Basis der Geschäftstätigkeit als Coach sind professionelles Image und ein guter Ruf, Selbstdisziplin, einwandfreie moralische Prinzipien (und die Fähigkeit, sie kommunizieren zu können), ein entwicklungsorientiertes, optimistisches Menschenbild, die Überzeugung, dass Menschen sich ändern können und ihrem beruflichen Schicksal nicht ausgeliefert sind.
Es scheint trivial, doch zeigt die Erfahrung weiterhin, dass die folgenden Ratschläge an junge Coachs ihre Berechtigung haben. Denn sie spiegeln die Erwartungen der Einkäufer wider.
„Coachs sind einfach keine Geschäftsleute“, sagte die Sekretärin, nachdem sie zum dritten Mal die Rechnungsstellung des Dienstleisters moniert hatte. In der ersten Rechnung waren vier Coaching-Stunden berechnet worden, die bereits zwei Monate vorher in Rechnung gestellt und bezahlt worden waren. In der zweiten aktualisierten Rechnungsausfertigung fehlte der Beleg für eine Taxifahrt, von der sich im anschließenden Telefonat herausstellte, dass das Taxi den Coach zu einem anderen Kunden gebracht hatte.
Wie ist eine solche Situation zu beurteilen: Ein Coach, der seine Kunden zu äußerster Zufriedenheit berät, aber nicht in der Lage zu sein scheint, korrekte Rechnungen zu stellen?!
Schätzen Sie Ihre Expertise realistisch ein. Analysieren Sie anhand Ihrer eigenen Berufsbiographie, wo Sie ausreichende bis exzellente Feldkenntnisse behaupten können. Ein Ferienjob am Band macht Sie nicht zum Experten für die Meisterebene in der Produktion. Aber schätzen Sie andererseits Ihre beruflichen Umwege auch nicht zu gering ein: Eine Lehre im Einzelhandel oder einem Dienstleistungsgewerbe macht Sie möglicherweise zum Experten für verschiedenste Aspekte in den Anbieter-Kundenbeziehungen (b2c). Sich zu bescheiden, verringert zwar die Anzahl potenzieller Kunden, erhöht aber die Glaubwürdigkeit des Coachs.
Sie werden dies dann auch gut begründen können. Was heißt, Ihre Philosophie, Ihr Vorgehen und Ihre Methoden können Sie zurückführen auf eine „theoretische Heimat“. Damit können Sie dem Kunden verständlich machen, wie und warum Ihre Coaching-Arbeit zur Wirkung kommt. Wenn es darum geht, in einen Coach-Pool aufgenommen zu werden, ist der leider häufiger zu hörende Satz „Das kann man nicht erklären, das muss man erleben“. Dies kann nicht anders gewertet werden als ein Signal mangelnder inhaltlicher Kompetenz oder mangelnder souveräner Rollensicherheit. Gute Coachs sind redliche Arbeiter, keine Trickkünstler!
Das spiegelt sich auch in Ihren Honorarerwartungen. Der angemessene Preis signalisiert dem versierten Kunden, wie gut sich der Coach in der Coaching-Szene orientiert hat und seine Dienstleistung und fachliches Können in ihrer Einmaligkeit oder Häufigkeit richtig einschätzt. Aus Kundensicht ergibt sich die Honorarhöhe aus Aspekten wie Vernetztheit und/oder Bekanntheit (weltweit? Europa weit? Deutschsprachige Länder?), Menge der Veröffentlichungen und öffentliche Auftritte und der daraus abgeleiteten Meinungsführerschaft in der Coaching-Szene. Internationale Einsetzbarkeit wie Sprachen, die coachingfähig beherrscht werden und Coaching-Erfahrung auch international, Spezialisierungsgrad in Feldkenntnissen, Methoden, Coaching-Themen und -fragestellungen.
Seien Sie offen und ehrlich. Ein Coach, der dem unternehmensinternen Coaching-Makler einen Honorarstundensatz von 280 € nennt, auf seiner Homepage im Internet einen Honorarhöhe von 160 € nennt, hat sich möglicherweise blenden lassen durch gläserne, beeindruckende Unternehmensfassaden – soweit entschuldbar. Nicht entschuldbar dagegen ist es, den Gesprächpartner für dumm genug zu halten für plumpe Täuschungen.
Legen Sie Interessenkonflikte dar. Die Tatsache, dass Sie bereits bei einem Wettbewerber gut im Geschäft sind, muss nicht zwangsläufig darauf hinaus laufen, dass Sie nicht als Coach in Erwägung gezogen werden. Allerdings wird der Kunde erwarten, dass Sie diese Geschäftsbeziehung nicht verheimlichen und stattdessen deutlich machen, wie Sie mit diesem Sachverhalt umgehen wollen. Schwieriger wird es, wenn Sie als Coach im Unternehmen mit Managern arbeiten, die miteinander im Wettbewerb sind oder in wechselseitiger struktureller Abhängigkeit stehen. Hier werden Sie auf einen der beiden Kunden verzichten müssen, wenn Sie weiterhin im Ruf stehen wollen, saubere Geschäfte zu machen – und dies gilt unabhängig von Ihrer Charakterstärke. Nutzen Sie Ihr Insiderwissen nicht zum eigenen Vorteil, etwa um andere Coachs und Kollegen oder Kunden zu beeindrucken.
Zum Abschluss meine Hypothese: Drei Aspekte scheinen – so legt die intensive Zusammenarbeit mit vielen hundert Coachs in den letzten zwölf Jahren nahe – sozusagen Super-Variablen oder Indikatoren zu sein für die Qualität eines Coachs und die Erfolgsaussichten seiner Coaching-Prozesse.
Der erste Aspekt ist das, was der Coach zu seiner eigenen Qualitätssicherung sagen kann und natürlich konkret auch tut. Qualitätssicherung darf für den Coach kein Begriff sein, den er nur mühsam mit seiner Arbeit in Verbindung bringen kann. Das individuelle Coaching einzelner Kunden geht zwangsläufig einher mit verminderter Möglichkeit sozialen Vergleichs – dies ist aber die machtvolle und wirksamste Realitätsprüfung meiner Hypothese, dass ich gut bin. Das Kundenurteil ist aus vielerlei Gründen wenig geeignet, ein realistisches Feedback mit Handlungsrelevanz zu geben. Gute Coachs nennen bei der Frage nach Qualitätssicherung ein ganzes Repertoire an Qualitäts-Checks: Weiterhin regelmäßige Weiterbildungen, Fallsupervisionen im Kollegenkreis, sie stellen sich der kritischen Fachöffentlichkeit auf Kongressen und mit Veröffentlichungen: All dies, um „geerdet“ zu bleiben in der Selbsteinschätzung und offen zu bleiben für neue Lernchancen.
Als Argument für die Überlegenheit von Coaching gegenüber anderen einstellungs- und verhaltensrelevanten Entwicklungsmaßnahmen im Beruf wird immer wieder betont, dass Coaching nahe an der beruflichen Realität und dem Alltagserleben des Kunden stattfindet und somit der Transfer des Coaching-Inhalts in Verhalten erleichtert ist. Wie aber sehen die Aktivitäten des Coachs aus, um tatsächlich gelungene Transferleistungen des Kunden sicher zu stellen? Für Unternehmen, die Coaching für ihr Management anbieten, ist diese Frage in Euro und Cent wesentlich. Personalentwickler, die sich für Coaching stark machen, wissen, dass gute, erfolgreiche Coachs bezüglich Transferunterstützung die Antworten nicht schuldig bleiben: Angefangen bei kurzen Telefonkontakten zwischen den Coaching-Treffen bis hin zu differenzierten Aktionsplänen. Der gute Coach misst der Nachhaltigkeit seiner Arbeit mehr Bedeutung bei als der Euphorie des Kunden nach der Session.
Die genaue Eingrenzung und begründbare Spezialisierung in Thema und Klientel, das Kennen der eigenen Grenzen, sicher zu wissen, was man wirklich gut kann, was man zu Not auch kann, was man nur stümperhaft kann, was man zwar kann, aber nicht tun möchte. Also das gekonnte und kenntnisreiche Kommunizieren der eigenen Fähigkeiten, der Stärken und das Abgrenzen zu den Tätigkeitsfeldern, für die ich nicht zur Verfügung stehen kann, fällt erstaunlich vielen Coachs sehr schwer, ist aber eine der drei Super-Variablen, die gute Coachs von mittelmäßigen unterscheiden.
Eine ausführliche Diskussion zu diesen drei Aspekten ist nicht nur interessant, lehrreich und intellektuell anregend, sondern von guter prognostischer Relevanz, was die Erfolgsaussichten des Coachs bei den Managern eines Unternehmens angehen.
Nicht jedes Unternehmen kann sich einen eigenen Coach-Pool leisten (oder dessen Aufbauphase), deshalb zum Abschluss dies Fazit. Es bleiben drei relativ sichere Wege für Personalentwickler zum richtigen und guten Coach bzw. zu den ersten Coachs im aufzubauenden Pool: man wende sich
Der „Umkehrschluss“ stimmt natürlich auch: Es ist zielführend, als Coach bei einem renommierten Aus- und Weiterbildungsanbieter gelernt zu haben, sich danach mit Sorgfalt für einen Verband zu entschließen und in einem großen Unternehmen den Sprung in den Coach-Pool geschafft zu haben.