Die Wurzeln des Unternehmer Coaching Netzwerks (UCN) liegen im internen Coaching. In Unternehmen wie SAP, Computacenter, dem Universitätsklinikum Frankfurt und vielen anderen war es die intrinsische Motivation Einzelner, die zu einem professionellen internen Coaching-Angebot geführt hat. Diese Mitarbeiter sind ihrem Unternehmen sehr verbunden und haben ein starkes Interesse daran, Führungskräfte und Mitarbeiter in ihrer Entwicklung individuell zu unterstützen. Sie erkennen das große Potential für alle Beteiligten, wenn eine professionelle und vertrauliche Begleitung zu persönlichen Fragestellungen auch aus dem Unternehmen heraus erfolgt.
Trotz positiven Feedbacks und einer sehr großen Bereitschaft, Coaching (teilweise zusätzlich zur regulären Arbeit) anzubieten, kommen immer wieder Fragen auf: Wurde der richtige Ansatz gewählt? Ist eine nachhaltige Wirkung gegeben? Dem kann sehr gut begegnet werden, indem sich Gleichgesinnte verschiedener Firmen mit Hochschulen austauschen. So kann das eigene Handeln reflektiert, neue Trends erkannt und voneinander gelernt werden. Das große Interesse am Austausch im UCN zeigt, dass dort besonders geeignete Rahmendaten gegeben sind, um dies umzusetzen.
Erstmals Anfang 2010 fanden sich Unternehmen zusammen, die bereits erfolgreich Coaching intern und/oder extern implementiert hatten und an einer ernsthaften Zusammenarbeit zu coachingspezifischen Fragen aus Sicht der Unternehmen interessiert waren. Daraus entstand im Dezember 2010 das Unternehmer Coaching Netzwerk (UCN), gegründet durch Vertreter von Allianz, Bertelsmann, Bosch, Daimler, Porsche, SAP, Universitätsklinikum Frankfurt, EBS und Universität Augsburg. Die Fachthemen in den ersten beiden Jahren waren u.a. Erfolgsmessung von Coaching, Aufbau eines internen Coach-Pools, virtuelles Coaching und Führungskräfte-Coaching. Dabei wurde schnell deutlich, dass das UCN eine wertvolle Ergänzung zu Fachkongressen und Berufsverbänden ist, weil ein besonderes Gewicht auf dem internen Coaching liegt, es sich an Coaching-Experten in Firmen richtet und es sich frei von kommerziellen Zwängen dem Thema Coaching widmet.
Im Laufe der Zeit zeigte sich, dass bei aller Euphorie ein anspruchsvoller Austausch ein regelmäßiges zeitliches Investment erfordert, das aufgrund des Drucks durch das Tagesgeschäft nicht immer hinreichend gegeben ist. Dazu kommt, dass das Thema Coaching und insbesondere der Aufbau eines internen Coachings zumindest zwischenzeitlich für einige Firmen eine geringere Priorität hat. Als logische Konsequenz haben einige Teilnehmer ihre Teilnahme eingestellt – mit dem Wunsch zu einem späteren Zeitpunkt wieder aktiv zu werden. Andere Institute und Firmen hingegen haben ihr Interesse an einer Mitarbeit signalisiert und sind dem UCN beigetreten: Computacenter im Jahr 2012 und Jeppesen und Fraport im Jahr 2013.
Das UCN ist ein von Firmen für Firmen getragenes Expertennetzwerk, um hochwertige und praxisnahe Lösungen zu Coaching-Themen zu erarbeiten. Es legt sehr viel Wert darauf, dass nur wirklich relevante Themen bearbeitet werden und dass ein Engagement im UCN durch ein echtes Interesse am Thema „Coaching in Unternehmen“ motiviert ist. Aus diesem Grunde basiert das Netzwerk auf Freiwilligkeit. Es lebt quasi davon, dass Firmen den Mitarbeitern Freiraum schaffen, um mitzuwirken. Daher erhebt der UCN auch keine Mitgliedsbeiträge. Alle individuellen Kosten werden durch die jeweiligen Firmen getragen. UCN-Treffen und -Veranstaltungen wie die Coaching Days erfolgen auf Einladung von UCN-Mitgliedern, die dann als Gastgeber für die Kosten aufkommen.
Von besonderer Bedeutung ist auch die Zusammensetzung des UCN. Unterschiedlichste Unternehmen aus den Bereich EDV, Automobilindustrie, Luftfahrt, Gesundheitswesen und Verkehr sowie Vertreter aus Wissenschaft und Coaching-Ausbildung sind an einem offenen Austausch unter Coaching-Experten interessiert und gewähren offen Einblick in die eigenen Bereiche. Dabei wird der Aufwand an Organisation und Administration so gering wie möglich gehalten. Hinzu kommt der jährliche UCN-Coaching Day (siehe Kapitel „UCN-Coaching Days“), zu dem nicht nur die Mitglieder und Fördermitglieder, sondern auch interne und ausgewählte externe Coaches der UCN-Unternehmen sowie Experten und weitere Interessierte eingeladen werden. Somit wird ein lebendiger Fluss an kreativen Ideen mit dem Anspruch, Coaching zum Nutzen der beteiligten Unternehmen kontinuierlich weiterzuentwickeln, gewährleistet.
Das steigende, große Interesse am UCN brachte neue Herausforderungen mit sich, da deutlich wurde, dass die bisherigen Strukturen nicht hinreichend genau Antwort auf anstehende Fragen gaben: Wer organisiert was? Wer darf wobei mitarbeiten? Wer bestimmt, nach welchen Kriterien und wie neue Unternehmen ins Netzwerk aufgenommen werden? Wer vertritt das Netzwerk nach außen? Wie sichern wir eine qualitativ hochwertige Zusammenarbeit? Wie grenzen wir uns von Berufsverbänden und externen Coaching-Anbietern ab? Wie schaffen wir eine Zusammenarbeit von Unternehmen, in der es ein gutes und verbindliches Maß an Interesse und Engagement gibt?
Um ein geordnetes Wachstum des Netzwerks zu gewährleisten, wurden Ziele, Wesen und Struktur des UCNs definiert und Kriterien für die Aufnahme ins Netzwerk abgeleitet. Das Ergebnis wurde im Februar 2013 in Form einer Satzung festgehalten (UCN-Struktur: siehe Abb., S. 38). Gleichzeitig wurde ein Vorstand gewählt, der diese Funktion bis zur Neuwahl im Februar 2015 innehat. Dem derzeitigen Vorstand gehören Annelie Eichhorn-Pezzi, Michael Born und Matthias Fübbeker als Vorsitzender an.
Die Aufgaben sind definiert: Als wichtigste Funktion gewährleistet der Vorstand die regelmäßige Information und den Austausch im Netzwerk. Dabei unterstützt eine elektronische Plattform den Austausch von Informationen. Weiterhin führt der Vorstand die Aufnahme neuer Unternehmen ins UCN durch und organisiert den jährlichen Coaching Day. Die Vorstandsmitglieder halten engen Kontakt zu den UCN-Arbeitsgruppen – die im folgenden Kapitel näher erläutert werden – und übernehmen die Öffentlichkeitsarbeit.
Derzeit laufen mehrere Aufnahmeverfahren mit Unternehmen, teilweise international tätigen Konzernen, aus verschiedenen Branchen. Die Voraussetzungen sind, dass die Unternehmen Coaching entweder schon eingeführt haben oder bereits die strategische Entscheidung getroffen haben, dies in naher Zukunft zu beginnen. Weiterhin müssen die Unternehmensvertreter von ihren Unternehmen für die Mitarbeit im Netzwerk autorisiert sein und selbst eine zertifizierte Ausbildung zum Coach nachweisen.
Je nach Einführungsstand von Coaching und dem möglichen Engagement im Netzwerk ist nach einem erfolgreichen Interview mit zwei Vorstandmitgliedern eine Aufnahme als Mitglied oder Fördermitglied möglich. Das UCN nimmt darüber hinaus auch Coaching-Experten auf, wenn diese sich in die aktuellen Themen des Netzwerkes aktiv einbringen können und möchten. Eine Vernetzung zur Wissenschaft und auch Coaching-Ausbildung war und ist dem UCN wichtig.
Mit dem Ziel, einen Raum zu schaffen in dem interessierte Unternehmensvertreter sich über die Themen, die sie selbst im Zusammenhang mit Coaching interessieren, in einem größeren Format austauschen und Vereinbarungen über eine mögliche zukünftige Zusammenarbeit treffen können, organisiert das UCN seit 2012 jährlich einen UCN-Coaching Day.
Erstmals fand diese Veranstaltung am 28. September 2012 in St. Leon-Rot beim Gastgeber SAP statt. Die geladenen Teilnehmer waren zahlreiche UCN-Unternehmensvertreter, am UCN interessierte Firmenvertreter sowie interne und externe Coaches. Als Herzstück der Veranstaltung arbeiteten alle Beteiligten an vier Coaching-Themen. Daraus entwickelten sich vier Arbeitsgruppen, die über den Coaching Day hinaus die Themen vertieften und weiterentwickelten. Die Arbeitsgruppen arbeiten weitgehend selbständig und berichten an den Vorstand.
Die erste Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit dem Thema „Implementierung von internem Coaching“. Dabei geht es um eine Sammlung von positiven Beispielen und Erfahrungen aus Unternehmen, die dies bereits erfolgreich geschafft haben – was war hilfreich, welche Schwierigkeiten entstanden und wie wurden diese bewältigt? Unternehmen, die genau vor diesem Schritt stehen, sollen hier eine praktische Handlungshilfe an die Hand bekommen.
In einer weiteren Arbeitsgruppe arbeiten nur Unternehmen, die internes Coaching bereits durchführen. Hier geht es um eine unternehmensübergreifende Zusammenarbeit interner Coaches. Diese hatte bereits vor der Gründung der Arbeitsgruppe begonnen, durch persönlichen Austausch und unternehmensübergreifende Fortbildungen für Coaches und Führungskräfte. Aktuell haben die internen Coaches der beteiligten Unternehmen die Möglichkeit, an Supervisionsveranstaltungen von SAP teilzunehmen. Gerade die Erweiterung des Blickfeldes durch die unterschiedlichen Unternehmenskulturen, Erfahrungen und Ansichten der Teilnehmer wird als eine wertvolle Bereicherung wahrgenommen.
Das Fazit des Coaching Days 2012, „Coaching hat noch viel Potenzial“, war auch Initial für die Gründung der dritten Arbeitsgruppe mit dem Titel „Coaching 2020“. Diese Gruppe von Coaches verschiedener Firmen hat unter der Leitung von Utz Hellstern (Daimler) heutige Entwicklungen aufgegriffen, um daraus das Coaching im Jahre 2020 abzuleiten. Demnach ist davon auszugehen, dass die Coaching-Formate und -Medien vielfältiger werden, um den Bedarf der Firmen nach Flexibilisierung und Internationalisierung von Coaching-Services Rechnung zu tragen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass derzeitige Bestrebungen, Coaching-Methoden und -Haltungen breiter in Unternehmen zu verankern, dazu führen, dass Reorganisationen, Trainings und Projekte wirksamer und nachhaltiger werden. Auch ist davon auszugehen, dass geänderte Ansprüche künftiger Mitarbeiter eine Verschiebung der Coaching-Themen bewirkt.
Mit einem aus Unternehmenssicht auch wichtigen und ausbaufähigen Thema befasst sich die vierte Arbeitsgruppe „Internes und externes Coaching“. Sie beschäftigt sich mit Best Practises zum Thema: „Welche Bedingungen und Erfolgsfaktoren lassen sich identifizieren, die Koexistenz von internem und externem Coaching zum Nutzen der Nachfragenden, der Unternehmen und Anbieter zu gestalten?“ Die Zusammenarbeit von internen und externen Coaches mit einem Klienten und/oder einer Gruppe von Klienten kann sinnvoll sein, bedarf aber der achtsamen Betrachtung und Berücksichtigung einer Reihe von Kontextbedingungen, da sich sonst der Mehrwert nicht einstellt – das Gegenteil ist der Fall.
Als erfolgreiches Beispiel wurde im Universitätsklinikum Frankfurt ein Gruppen-Coaching für Führungskräfte von einem internen und einem externen Coach gemeinsam durchgeführt. Ziel und Zweck war hier der interne Anker und der externe Spiegel, sodass sowohl Organisationsregeln als auch die bewusste Distanzierung davon, die fachliche Tiefe aber auch die notwendige Fokussierung auf die systemischen Zusammenhänge gelingen konnten.
Die Diskussion der Arbeitsgruppenergebnisse und das Wählen und Bearbeiten neuer Themen war ein Schwerpunkt des zweiten Coaching Days am 25. Juni 2013 bei der Daimler AG. Der zunehmende Wettbewerbsdruck der Unternehmen und das starke Interesse an der Mitgestaltung der Zukunft stellt auch das UCN inhaltlich vor Herausforderungen.
Beispielhaft für Changeprozesse gilt erstens der demografische Wandel, d.h., wie setzt man die Mitarbeiter auch im fortgeschrittenen Alter ihren Kompetenzen und Potenzialen entsprechend ein und wie sichert man den Erhalt ihres Wissens und der Erfahrungen im Unternehmen, wenn Beschäftigte ausscheiden? Ähnliches gilt für Reorganisationsprozesse, in die sich die Beschäftigten aktiv einbringen können und sollen. Als zweites Beispiel hat die junge Generation an Arbeitnehmern andere Erwartungen und Bedürfnisse, auf die sich die Unternehmen einstellen müssen, um weiterhin als Arbeitgeber attraktiv zu sein. Coaching wird im Zusammenhang mit Change-Management als ein Schlüsselinstrument gesehen, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu erhalten und auszubauen. Deshalb hat das UCN eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema gegründet.
Gleichzeitig entwickelt sich auch das Coaching selbst weiter. Die Arbeitsgruppe Coaching 2020 wird an diesem Thema weiterarbeiten: Welche Coaching-Themen bedürfen welcher Formate? Welche Methoden und Techniken können eingesetzt werden? Welche Herausforderungen stellen sich dem Coaching auf dem Weg von dem Thema „Work-Life-Balance“ hin zum Thema „Lebenszeit“?
Das dritte Thema des Coaching Days, womit sich das Netzwerk auch weiterhin beschäftigt, ist die Coach-Qualifikation: Welche Qualifikationen benötigt ein interner Coach in einem Unternehmen? Welche unternehmensübergreifenden Standards sind uns wichtig? Wie können wir gemeinsam die bereits aktiven internen Coaches hinsichtlich der neuen Themen qualifizieren und eine Qualitätssicherung inkl. Benchmark etablieren? Diese Fragen wurden von der bereits bestehenden Arbeitsgruppe „Unternehmensübergreifendes Coaching“ mit aufgenommen und neue Personen werden zukünftig mitarbeiten.
Schließlich wurde auf dem UCN-Coaching Day 2013 auch eine Austauschplattform vorgestellt, die es allen UCN-Mitgliedern und Fördermitgliedern erlaubt, auf alle UCN-Arbeitsergebnisse zuzugreifen. So hat jedes Mitglied jederzeit Zugriff auf aktuelles Wissen zu dem Coaching-Thema, welches gerade im eigenen Unternehmen ansteht.
Und wenn Sie auch Interesse haben, sich mit Ihrem Unternehmen oder Ihrem Expertenwissen im Unternehmer Coaching Netzwerk einzubringen, dann nehmen Sie Kontakt mit dem UCN auf!
„Teilnahme am UCN-Coaching Day 2012 – kein Tag wie jeder andere! Wochenlang habe ich mir den Tag freigehalten … und dann einen inspirierenden Tag mit besonderen Menschen erlebt. Doch zurück zum Anfang: Der Kontakt zum UCN kam über einen Kontakt zwischen Jeppesen und SAP im Zuge eines gegenseitigen Benchmarkings zur Firmenkultur vor einigen Jahren, erweiterte sich stetig und mündete in der Einladung zum UCN-Coaching Day.
Der Coaching Day: Die Mischung aus Information, Podiumsdiskussion und Arbeitsgruppen haben zur Wirksamkeit des Tages erheblich beigetragen und alle Themen und Folgeaktivitäten entstanden aus dem Tag selbst. Überhaupt habe ich an diesem Tag alle Beteiligten als sehr begeistert und aktiv erlebt. Neben wichtigen persönlichen und beruflichen Kontakten über die eigene Firma hinaus habe ich Einflussfaktoren auf internes Coaching für uns identifiziert. Das UCN nutzen wir für das Thema internes Coaching hinsichtlich Best Practices.
Die Kontakte sind in jeder Hinsicht sehr bereichernd und wir freuen uns auf einen weiteren regelmäßigen Austausch im UCN – sehr wertvoll, stets professionell und dabei doch immer sehr menschlich. Eine besondere Mischung, die nicht selbstverständlich ist.“ Jutta Schultejans, Global Organizational Development, OD Consultant and Trainer. Jeppesen GmbH, A Boeing Company. UCN-Fördermitglied seit April 2013 „Als Forscher ist es für mich wichtig, im beständigen Austausch mit der Praxis zu stehen. Im UCN besteht reges Interesse an neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die UCN-Arbeitsgruppen bieten die Chance, diesen Austausch auf einem fachlich sehr hohen Niveau zu betreiben.“
Marcel Hülsbeck, Universität Augsburg. UCN-Mitglied seit 2010, Mitarbeit in zwei UCN-Arbeitsgruppen