Der Beruf des Coachs unterliegt in Deutschland keinem staatlichen Schutz. Folglich bestehen auch keine verbindlichen Vorschriften, die definieren, welchen Ausbildungsweg ein Coach absolvieren sollte. Nach Ergebnissen der 3. Marburger Coaching-Studie 2013 haben 65 Prozent der in Deutschland arbeitenden Coaches ein Studium absolviert – besonders häufig im Bereich der Wirtschaftswissenschaften oder der Psychologie. Eine Berufsausbildung schlossen hingegen 33 Prozent der 971 Befragten ab (Mehrfachnennungen möglich). Immerhin 72,2 Prozent der Studienteilnehmer gaben an, eine Coaching-Zusatzausbildung durchlaufen zu haben. Einheitliche und für jedermann verbindliche Kriterien, wie diese auszusehen haben, gibt es jedoch nicht.
Die Coaching-Verbände sind bemüht, diese Lücke selbstregulativ zu schließen. Sie entwickeln Standards, nach denen Ausbildungsanbieter sich bzw. ihre Ausbildungsgänge anerkennen lassen können.
Der Roundtable der Coachingverbände (RTC), eine 2005 gegründete Interessengemeinschaft, in der aktuell zwölf in Deutschland aktive Coaching-Verbände engagiert sind, legte 2015 erstmals ein von seinen (damals zehn) Mitgliedsverbänden gemeinsam beschlossenes Positionspapier vor. Dieses enthält u.a. Richtlinien für die Gestaltung von Coaching-Ausbildungen. In dem Papier äußern sich die Mitgliedsverbände auch zum Rahmen, innerhalb dessen Coaching-Qualifizierungen aus Sicht des RTC erfolgen sollten. Hierbei greifen sie die Möglichkeit der akademischen Ausbildung als gleichrangige Alternative zu dem großen, den Markt zahlenmäßig dominierenden Angebot nichtakademischer Weiterbildungsgänge explizit auf: „Die für die Ausübung des Coachings erforderlichen Kompetenzen werden in aller Regel im Rahmen einer berufsbegleitenden Weiterbildung/eines berufsbegleitenden Studiums erworben.“
In der Tat hält der Markt mittlerweile mehrere akkreditierte Masterstudiengänge bereit, die von staatlich anerkannten bzw. staatlichen Hochschulen angeboten werden und sich namentlich explizit auf Coaching beziehen.
Neben diesen „Coaching-Studiengängen“ (siehe Tabelle) besteht ein Angebot an Masterstudiengängen im Bereich der Wirtschafts- und/oder Organisationspsychologie, die einen inhaltlichen Bezug zum Thema haben oder – wie ein Studiengang der Hochschule für angewandtes Management in Erding – gar die optionale Setzung eines Schwerpunktes im Feld des Business-Coachings anbieten. Darüber hinaus bieten einige Hochschulen sogenannte Zertifikatsstudiengänge an, die nicht zu einem akademischen Grad, sondern zum Erhalt eines Ausbildungszertifikats führen.
Ob jedoch bereits von einem Trend zur Akademisierung der Coaching-Ausbildung die Rede sein kann, bleibt – unter rein quantitativen Gesichtspunkten betrachtet – fraglich.
Festzuhalten bleibt zudem, dass Coaching-Studiengänge keine betriebswirtschaftlichen Selbstläufer sind. Dies zeigt das Beispiel der bbw Hochschule in Berlin, die ihren Studiengang „Coaching, Leadership und Changemanagement“ zum März 2016 nach eigenen Angaben aufgrund geringer Nachfrage einstellte.
In der PDF-Ansicht dieses Artikels finden Sie eine Tabelle akkreditierter, berufsbegleitender Coaching-Studiengänge mit Masterabschluss in Deutschland (Stand 2016).
Der RTC betont den berufsbegleitenden Charakter der meisten Ausbildungs- und Studiengänge im Coaching-Bereich. Tatsächlich verfügen Coaches in Deutschland in aller Regel bereits bevor sie diese Profession ergreifen über nicht geringe Berufserfahrung, wie die 2015 veröffentlichten Ergebnisse der 13. Coaching-Umfrage von Jörg Middendorf, eine jährlich durchgeführte Studie zum deutschen Coaching-Markt, zeigen. Demnach verfügen Coaching-Einsteiger über durchschnittlich 16,5 Jahre Erfahrung in ihrem zuvor ausgeübten Beruf. 279 der insgesamt 399 befragten Coaches gaben zudem an, bereits Führungsverantwortung innegehabt zu haben.
Dies sind wichtige Aspekte, wenn man bedenkt, dass die sogenannte Feldkompetenz als besonderes Qualitätsmerkmal eines Business-Coachs verstanden werden kann. In der Konsequenz finden sich Berufs- und Führungserfahrung in aller Regel als Kriterien in den Zulassungsvoraussetzungen der Coaching-Studiengänge wieder.
In diesen Fällen kann auch von weiterbildenden Studiengängen gesprochen werden. Diese seien insbesondere für Personen interessant, die bereits „einen breiten praktischen Erfahrungshorizont mitbringen. Für sie ist die Weiterentwicklung von theoretischem Gedankengut hoch attraktiv“, erklären Prof. Dr. Frank Strikker, Coach und Dekan des Studiengangs „Business Coaching und Change Management“ an der Euro-FH Hamburg, und Heidrun Strikker, Coach, Personalentwicklerin sowie Lehrbeauftragte der Euro-FH, im Coaching-Magazin 2/2013.
Da die Studiengänge zum Masterabschluss führen, wird zudem ein grundständiges Studium mit erstem akademischem Abschluss vorausgesetzt, der dem Bachelor-Standard entspricht. Einzelne Studiengänge halten jedoch auch alternative Zugangsmöglichkeiten bereit, die kein erfolgreich absolviertes Erststudium erfordern – beispielsweise für besonders berufserfahrene Interessenten.
Die wenigsten Coaches leben ausschließlich von ihren Coachings. Den Ergebnissen der 13. Coaching-Umfrage zufolge machen diese im Mittelwert 30,5 Prozent des Bruttojahreseinkommens aus. Die Honorar- und Gehaltsstudie „Weiterbildungsszene Deutschland 2016“ beziffert den durchschnittlichen Umsatz, den ein Anbieter im Jahr 2015 mit Coaching-Leistungen erzielte, auf 15.792 Euro und unterstreicht damit das Bild vom Coaching als Teilgeschäft. Andere Beratungsleistungen ergänzen daher das Angebot vieler Coaches.
In dieses Bild passt, dass an den Hochschulen im Regelfall keine reinen Coaching-, sondern vorwiegend Mischstudiengänge angeboten werden, die Coaching mit verwandten oder angrenzenden Disziplinen verbinden. Angebotene Kombinationen sind: Coaching und Supervision, Coaching und Organisationsberatung bzw. -entwicklung oder Coaching und Change-Management.
Die interdisziplinäre Ausrichtung mag auch aufgrund dessen sinnvoll sein, dass Coaching-Qualifizierungen nicht zwangsläufig Coaches hervorbringen. Oftmals werden sie auch von Personalverantwortlichen, Führungskräften und weiteren Funktionsträgern in Unternehmen mit dem Ziel des zusätzlichen Kompetenzerwerbs absolviert. In den von den Hochschulen ausdrücklich adressierten Zielgruppen spiegelt sich dieser Umstand teilweise wider.
In wenigen Fällen kann gar ein Schwerpunkt herausgelesen werden, der Coaching als Führungsinstrument definiert. So sollten Interessierte auf Formulierungen achten, wie sie die bbw Hochschule bezüglich ihres kürzlich eingestellten Studiengangs verwendete: „Ziel des Masterstudiengangs ist es unter anderem, berufserfahrenen Akademikern und Akademikerinnen in Management und Führungspositionen ein professionelles, spezialisiertes und wissenschaftlich fundiertes Wissen für das Führen und Fördern von Individuen und Gruppen zur Verfügung zu stellen.“
Der RTC bezieht in seinem Positionspapier Stellung bezüglich der Anerkennung von Coaching-Studiengängen. Diese seien nach den Regularien der auf gesetzlicher Grundlage handelnden „Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland“, deren Beschlussorgan als Akkreditierungsrat bezeichnet wird, zu akkreditieren. Die Studiengänge, auf die sich dieser Artikel bezieht, erfüllen diese Anforderung. Sie sind durch privatwirtschaftliche Agenturen zertifiziert, die wiederum vom Akkreditierungsrat hierzu zugelassen sind.
„Der Akkreditierungsprozess erfordert von den Hochschulen eine klare Strukturierung des Angebots, eine überprüfbare Formulierung der lernbaren Kompetenzen und eindeutige Aussagen zu den wissenschaftlichen Modellen und Theorien, die als Basis des Studiengangs gelten“, erläutern Strikker und Strikker. Die Prüfung durch Dritte forciere daher Transparenz und stelle somit eine Chance für die Branche dar: „Wenn Coaching sich diesem Prozess stellt, erlebt es zugleich einen deutlichen Professionalisierungsschub.“ Allerdings setzen einige Studiengangs-Anbieter neben der Akkreditierung zudem auf die Anerkennung durch Berufs- bzw. Branchenverbände.
Abschließend bleibt festzuhalten: Insbesondere für Personen, die Coaching-Know-how mit angrenzenden Disziplinen in einer wissenschaftlich fundierten Qualifizierung kombinieren möchten und für die der Erwerb des Mastergrades – z.B. mit Blick auf die Promotionsberechtigung oder die Befähigung zum höheren Beamtendienst – attraktiv ist, dürften die Studiengänge interessant sein.
In der PDF-Ansicht dieses Artikels finden Sie eine Tabelle akkreditierter, berufsbegleitender Coaching-Studiengänge mit Masterabschluss in Deutschland (Stand 2016).
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