Erwähnenswert ist, dass der Umfang aller in Österreich und der Schweiz angebotenen Coaching-Studiengänge nach dem Europäischen System zur Übertragung und Akkumulierung von Studienleistungen (European Credit Transfer and Accumulation System, kurz ECTS) bewertet wird – und zwar auch dann, wenn ein Programm nicht mit der Verleihung eines akademischen Grades, sondern mit der Vergabe eines Hochschulzertifikats abschließt. In Deutschland ist dies nicht in allen Fällen gegeben. Die ausgewiesenen ECTS-Leistungspunkte kennzeichnen den Gesamtaufwand eines Studiums. Außenstehenden wie etwa Arbeitgebern oder Personalverantwortlichen wird somit ersichtlich, welche Arbeitsleistung ein Absolvent – unabhängig von der im Bereich der berufsbegleitenden Fort- und Weiterbildung mitunter stark variierenden Laufzeit eines Studiums – erbracht hat.
Neben ordentlichen Studiengängen bieten Österreichs Hochschulen im Rahmen ihres Fort- und Weiterbildungsangebotes sogenannte Universitäts- bzw. Hochschullehrgänge an, die insbesondere Interessenten mit erstem Hochschulabschluss und mehrjähriger Berufserfahrung offenstehen.
Hierbei handelt es sich um außerordentliche akademische Studien, „die vor allem der berufsbegleitenden Spezialisierung, Vertiefung und Aktualisierung des Wissens und der Kompetenzen in einem bestimmten Themenbereich dienen“, wie die Medizinische Universität Wien auf ihrer Webpräsenz anschaulich erklärt. In dieser Funktion sind die Universitäts- und Hochschullehrgänge mit deutschen Zertifikats- und Kontaktstudiengängen (Coaching-Magazin 3/2016) vergleichbar. Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch darin, dass sie bei entsprechendem Umfang zum Erhalt eines akademischen Grades führen können, was die in Deutschland angebotenen Zertifikatsprogramme nicht vorsehen.
Mitunter bieten Österreichs Hochschulen ihre Lehrgänge in zwei Varianten an. Eine umfangreichere, die mit 120 ECTS-Leistungspunkten dem Workload eines regulären, viersemestrigen Masterstudiums entspricht und zum Masterabschluss (Master of Science bzw. Master of Arts) führt, wird dann von einer im Arbeitsumfang (nicht zwingend bezüglich der Semesteranzahl) verkürzten Alternative flankiert, die den Absolventen den weniger arbeits- bzw. zeitaufwändigen Erwerb eines Hochschulzertifikats in Aussicht stellt. Dies trifft auf die Coaching-Programme der Universität Wien sowie der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz zu. Einige der angebotenen Coaching-Studiengänge sind von vornherein ausschließlich verknappt angelegt, andere sehen grundsätzlich den Abschluss mit Graduierung vor.
Letzteres trifft auf die Programme der Universität Salzburg und der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems (Kommunikation und Coaching, Master of Arts, Details online) zu. Die verkürzte Studienvariante dürfte beispielsweise für Funktionsträger in Unternehmen interessant sein, die nach einem Weg suchen, die eigenen Kompetenzen parallel zum laufenden Arbeitsalltag und daher mit verringertem Aufwand, aber dennoch auf akademischem Niveau um Coaching-Know-how zu erweitern.
Mit Blick auf das Studienangebot wird deutlich: Nur in wenigen Fällen handelt es sich um originäre Coaching-Angebote. In der Mehrzahl sind die Lehrgänge interdisziplinär ausgerichtet. Sie vereinen verschiedene Beratungsformate wie Coaching, Training, Supervision, Organisationsberatung oder Mediation in Mischstudiengängen – ein Bild, das sich bereits bei der Analyse in Deutschland angebotener Masterstudiengänge (Coaching-Magazin 2/2016) in ähnlicher Form offenbarte und dem bekannten Umstand gerecht wird, dass ein Großteil der Anbieter von Beratungsleistungen mehr als eines der genannten Formate praktiziert. Als konsequent erscheint vor diesem Hintergrund, dass sich die Mehrzahl der Hochschulen mit ihren Programmen explizit auch an Personen in Management- und Leitungsfunktionen bzw. Personalentwicklung richtet. Beratungskompetenz wird hier als modernes Führungsinstrument verstanden.
Auch in der Schweiz sind Coaching-Studiengänge Sache der Fort- und Weiterbildung und richten sich vornehmlich an zumeist berufserfahrene Hochschulabsolventen, eröffnen in nicht wenigen Fällen aber auch Interessenten den Zugang, die andere tertiäre Bildungsabschlüsse vorzuweisen haben.
Die Studienprogramme fallen in den Bereich der Advanced Studies. Zu unterscheiden sind drei – für die Teilnehmer mit unterschiedlichem Aufwand verbundene – Formate und Abschlüsse. Der Master of Advanced Studies (MAS) weist in aller Regel einen Workload von 60 ECTS-Punkten auf, was zwei regulären Hochschulsemestern bzw. ca. 1.800 Arbeitsstunden (1 ECTS = ca. 30 Stunden) entspricht. Für einen Lehrgang, der zum Diploma of Advanced Studies (DAS) führt, werden immerhin 30 Credits veranschlagt – der Workload eines regulären Semesters.
Wer ein Hochschulzertifikat, das im Coaching-Bereich überwiegend angebotene Certificate of Advanced Studies (CAS), erwerben möchte, hat einen vergleichsweise geringen Arbeitsumfang zu verrichten, der in der Regel 10 bis 15 Leistungspunkten entspricht.
An einigen Hochschulen bauen die Kurse modular aufeinander auf. Veranschaulichen lässt sich dies am Beispiel der „Coaching Studies“ der – auch als Ausrichterin des Internationalen Coachingkongresses „Coaching meets Research“ bekannten – Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW). Die drei hier angebotenen, jeweils mit 15 ECTS-Punkten versehenen CAS-Coaching-Kurse sind Bestandteile des MAS-Coaching-Programms. Mit Abschluss der ersten zwei CAS-Lehrgänge erlangen die Absolventen ein DAS. Wird auch der dritte CAS- sowie ein ebenfalls mit 15 Credits bewerteter Abschlusskurs absolviert, wird der MAS verliehen.
Dr. Michael Loebbert, Programmleiter der „Coaching Studies“, sieht einen wesentlichen Vorteil des dreistufigen Kurssystems in der Flexibilität: „Unsere Studierenden schätzen diesen modularen Aufbau für die Differenzierung ihres Bedarfs.“ Schließlich sei nicht jeder an der umfassenden Ausarbeitung eines professionellen Coaching- und Beratungsprofils interessiert – nur etwa ein Drittel seiner Teilnehmer studiere bis zum Master, verdeutlicht der Executive-Coach. Darüber hinaus biete der modulare Studienaufbau den Teilnehmern die Gelegenheit, „sich zwischen den Kursen etwas Zeit für mehr Praxiserfahrung zu lassen“. Einen weiteren Vorteil verortet Loebbert in der Anrechnungsmöglichkeit anderer Coaching-Weiterbildungen, da hierdurch auch der Quereinstieg in einen weiterführenden Kurs ermöglicht werde.
Ähnlich aufgebaute, modulare Konzepte finden sich bei der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und der Pädagogischen Hochschule Zug. Auch die Kalaidos FH in Zürich bietet einen CAS-Coaching-Lehrgang (Laufbahncoaching, Details online) an, der wiederum Bestandteil unterschiedlicher MAS-Programme ist – diese sind jedoch thematisch breiter aufgestellt und gehen über die Coaching-Thematik hinaus. Sie sind in den Bereichen der allgemeinen Wirtschaftspsychologie oder der Human Resources angesiedelt.
Neben Studienmöglichkeiten, die insbesondere für (künftige) Business-Coaches oder Personen in Führungsfunktionen, die Coaching-Elemente in ihren Berufsalltag integrieren möchten, interessant sein dürften, besteht in der Schweiz ein – misst man dies am Umfang des Gesamtangebotes – auffallend großes Lehrgangsspektrum, dessen Zielgruppe im pädagogischen Bereich angesiedelt ist. Insbesondere die Pädagogischen Hochschulen (PH) richten sich mit ihren Coaching-Programmen an (Praxis-)Lehrer, Lehrerbildner und weiteres schulisches Fachpersonal wie beispielsweise Heilpädagogen oder Schulsozialarbeiter. Mentoring und Coaching im Lehrberuf, Lerncoaching, Unterrichtscoaching und Intervention oder Mentoring und Coaching in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung, so die Titel nur einiger Weiterbildungsoptionen. Die Kurse sind in aller Regel als CAS-Lehrgänge konzipiert. Letzteres trifft übrigens ebenso auf jene zu, die Coaching vorwiegend als Führungsinstrument definieren, so etwa die Kurse der Hochschule Luzern und der Fachhochschule St. Gallen.
In der Gesamtschau wird klar: Für Interessenten, die den Beruf des Coachs ergreifen und das hierfür notwendige professionelle Profil entwickeln möchten, halten die Hochschulen beider Länder umfassende Coaching-Lehrgänge bereit. Fach- und Führungskräfte finden zugleich die Möglichkeit vor, Coaching-Know-how unter geringerem Zeiteinsatz zu erwerben – zur Bereicherung der eigenen Professionspraxis.
In der PDF-Ansicht dieses Artikels finden Sie eine tabellarische Übersicht der Coaching-Studiengänge in Österreich und der Schweiz (Stand 11/2016).
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