Beruf Coach

Professionalisierung im Marketing

Fünf Empfehlungen an Coaches

Deutschlands Coaching-Markt professionalisiert sich zunehmend – dem stimmen nahezu alle Branchenbeobachter zu. Was sich jedoch nicht in gleichen Maße professionalisiert, ist der Marktauftritt der Coaching-Anbieter: Positionierung, Basismaterial wie Internetseite oder Broschüre, Marketingstrategien und PR entsprechen bei weitem nicht dem Standard erfolgreicher kleiner Beratungsunternehmen oder erfolgreicher Trainer.

11 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 2 | 2008 am 20.05.2008

Ein Indiz für diesen Befund stellen auch die regelmäßigen Diskussionen dar: Wie konkret soll ein Coach konkrete Anliegen seiner Kunden benennen? Wie professionell ist es, den großen Leidensdruck von Kunden sehr direkt anzusprechen? Wie viel Persönlichkeit ist erlaubt und wo wird es eitel? Wie sollte ein Coach in den Medien auffallen? Dies sind nur einige der immer wieder aufgeworfenen Fragen, die Unsicherheit verraten, und zeigen, dass eine professionelle Positionierung immer noch keine Selbstverständlichkeit ist.

Für klares, professionelles Marketing, das Sie von der Masse Ihrer Mitbewerber unterscheidet, gebe ich Ihnen fünf Empfehlungen:

1. Spezialisieren Sie sich richtig

Nahezu jeder hat die Sätze von Marketingberatern im Ohr: „Du musst Dich spezialisieren“, „Nur in der Nische hast Du eine Chance“, „Suche Deine Alleinstellungsmerkmale“, „Biete etwas Einzigartiges“ und so weiter und so fort. Nur: Wie kann das gelingen bei sehr ähnlichen Dienstleistungen? Woher ein Alleinstellungsmerkmal nehmen, wo keine Alleinstellung ist? Wie eine Nische besetzen, wenn kaum eine Nische groß genug ist für ein gutes Geschäft?

Erfahrungsgemäß versuchen Coachs dieser Schwierigkeit auf zweierlei Weise zu entgehen:

  • Entweder, sie verzichten auf Positionierung und bieten ein „Rundumglücklich-Paket“ – schließlich ist Coaching ja ein universell nutzbares Instrument.
  • Oder sie positionieren sich in einer scheinbar genialen Nische, beispielsweise mit Karriere-Coaching für Frauen im mittleren Management.

Beide Konzepte scheitern in der Praxis oft. Ersteres, weil ein Universalpaket keinen konkreten Kunden mit seiner konkreten Aufgabe anspricht und schon inhaltlich in der Masse untergehen muss. Das Zweite, weil die Nische zu eng ist oder ein Interessent bei dieser Positionierung die Verzweiflungstat eines wenig erfolgreichen Anbieters wittert.

Um nun nicht in eine der beiden Fallen zu tappen, lohnt es sich, einen Blick auf die Bedürfnisse eines Coaching-Interessenten zu werfen. Der stellt sich bei der Vorauswahl eines Coachs einige Kernfragen:

  • Kann dieser Coach mich in meiner konkreten Situation unterstützen?
  • Ist er kompetent?
  • Stimmt die Chemie zwischen uns?

Was heißt das für Ihre Spezialisierung und Ihr Marketing? Zeigen Sie typische Situationen, in denen Sie Klienten unterstützen! Fast jeder erfolgreiche Coach hat bestimmte Stärken, was Branche, Position und Anliegen eine Kunden angeht. Warum dies nicht klar benennen?

„Als Coach unterstütze ich Geschäftsführer und Führungskräfte in mittelständischen Unternehmen. Fünf typische Anliegen meiner Kunden sind: a, b, c, d, e“. So kann eine klare Festlegung lauten. Beschreiben Sie wirkliche Anliegen dieser Zielgruppe und nutzen deren Alltagssprache, zeigen Sie zusätzlich Ihre Kompetenz für Position oder Branche und holen Sie so den Kunden ab. Und keine Angst: Auch wenn Sie bei weitem nicht jedes Anliegen aufführen können, merken Interessenten sehr wohl, dass Sie bei ähnlichen Themen ebenso kompetent sind. Fünf Anliegen sprechen als Teil für das Ganze Ihrer Dienstleistung.

Ergänzen Sie Ihren Marktauftritt nun noch um Referenzen (oder zumindest die Möglichkeit, Referenzen in einem persönlichen Gespräch zu erfahren), um konkrete Ausbildungsdaten, Ihre Verbandsmitgliedschaften und um Zertifikate, unterstreicht das zusätzlich Ihre Kompetenz.

Die Frage nach Passung und Kompetenz hat der Interessent nun bereits für sich beantwortet. Doch stimmt auch die Chemie zwischen Ihnen beiden? Diese Frage sollte er bereits durch Ihr Marketing gut beantworten können, indem Sie die zweite Empfehlung beherzigen:

2. Bekennen Sie Farbe

„Sehr geehrter Herr Weyand, das ist ja peinlich was Sie machen. Auf jeder Seite Ihres Internetauftritts ein Foto von sich. Ich schäme mich für Sie!“. Das ist der Wortlaut einer E-Mail an mich vor einigen Jahren, kurz nachdem ich großflächige Fotos von mir in meinem Internetauftritt nutzte. Die Nachricht stammte von einem Coach, die aus dem psychosozialen Bereich stammte und sich nun selbstständig gemacht hatte. Auch wenn es sich um ein Extrembeispiel handelt: Kaum eine andere Profession ist so zurückhaltend mit Selbstdarstellung wie Coachs.

Dabei gibt es gerade im Coaching nur zwei wichtige Personen: den Klienten und den Coach. Da sich erster nicht zeigen lässt, macht es doch zumindest Sinn, sich selbst zu zeigen. Und das zugleich doppelt, nämlich verbal und visuell. Ein Interessent möchte wissen, ob „die Chemie“ stimmt. Natürlich geht das am besten in einem Telefonat oder gar persönlichen Gespräch. Doch es ist die größte verschenkte Chance, sich nicht schon im Marktauftritt mit der ganzen Pracht der eigenen Persönlichkeit zu zeigen. Wie kann das gelingen?

Indem Sie Fotos von sich zeigen – und zwar mehr als Standard. Also nicht vom Typ „Passbild, lächelnd vor weißer Wand“ sondern wirklich aussagekräftige Abbildungen Ihrer Persönlichkeit. Das erreichen Sie, indem Sie einen Fotografen bitten, sich einige Stunden mit Ihnen in Ihrer Umgebung und der Umgebung Ihrer Kunden zu bewegen. Dabei fotografiert er Sie nicht in gestellten Haltungen, sondern zeigt alltägliche Gestik und Mimik: Vorgebeugt am Schreibtisch, mal lächelnd, mal ernst, mal herzhaft lachend, nachdenklich mit aufgestützter Hand, mit ironischem Ausdruck. Dazu entsprechende Hintergründe, die zeigen, Sie bewegen sich in Ihrer Arbeitsumgebung; und nicht im Studio. Diese Fotos zeigen Sie groß auf Ihrer Internetseite – und schon erfährt der Interessent unbewusst einiges über Sie. Eine für sich genommen kleine Maßnahme mit erstaunlich großer Wirkung beim Interessenten.

Und zum Zweiten zeigen Sie Persönlichkeit, indem Sie Besonderheiten in der Art und Weise Ihres Coachings beschreiben. Damit ist nicht die übliche Beschreibung der eigenen „systemischen, lösungsorientierten und kurzzeitorientierten Herangehensweise“ gemeint, sondern eine wirkliche Besonderheit. Was kann das sein? Der Berater und Coach Olaf Hinz zum Beispiel schreibt von sich: „Als bekennender Hanseat unterstütze ich meine Kunden darin, ihre Aufgaben mit seemännischer Gelassenheit zu erfüllen. Gemeint ist damit eine konzentrierte, wache und entspannte, aber auch konsequente Haltung sowohl zu beruflichen Herausforderungen als auch zu der eigenen Mannschaft.“ Im weiteren Text erläutert er das und zeigt damit einen Teil seiner Persönlichkeit und seiner Haltung. Sicherlich: Das kennzeichnet keine Kernkompetenz, keine Alleinstellung und keine umfassende Beschreibung. Aber alleine diese wenigen Sätze lassen besser vermuten, wer sich hinter einer Internetseite, einer Broschüre oder einem Profil verbirgt.

Bekennen Sie also Farbe und zeigen Sie sich – verbal und visuell. Völlig klar: Das gefällt einigen Interessenten und anderen nicht. Doch lieber 20 Prozent Gegenwind und 80 Prozent Rückenwind als gar keinen Wind.

3. Bieten Sie gute Unterhaltung

Neben „Selbstdarstellung ist etwas für Angeber“ ist das ein weiteres Paradigma der Coach-Profession: „Wer Wert auf Unterhaltung legt, ist ein Scharlatan“. Dahinter steckt der Gedanke, Unterhaltung sei das Gegenteil von Professionalität. Doch welcher Kunde möchte einen langweiligen Coach? Und wer beschäftigt sich gerne und ausführlich mit einem langweiligen Standard-Marktauftritt? Coachs die mitten im Leben und im Beruf stehen, haben etwas zu erzählen – und sind damit interessant. Zeigen Sie das, indem Sie die Texte Ihres Marktauftritts nicht nach Standard verfassen. Wenn Sie immer wieder überrascht sind, wie viele einschränkende Glaubenssätze Ihre Interessenten haben, dann beginnen Sie eine Internetseite doch einmal genau damit: „Das geht sowieso nicht! Was soll mir das bringen? Das haben wir noch nie so gemacht! Oh Gott, oh Gott, das klappt doch nie!

Die meisten Einschränkungen schaffen wir uns selbst – mit großen Konsequenzen“. Nun beschreiben Sie, wie Coaching helfen kann, gewohnte Pfade zu verlassen und neue Lösungsperspektiven zu entwickeln. Mit diesem Einstieg wird fast jeder schmunzeln – und Sie haben sich interessant verkauft.

4. Machen Sie ein professionelles Marketing

Noch immer sind große Teile der Coach-Szene der Auffassung, „das bisschen Marketing“ mache man sich doch selber. Doch für eine gute Positionierung, für spannende Inszenierung und für systematisches Bekannter-Werden fehlt ihnen der Blick von außen – und vor allem das Handwerkszeug. Entsprechend ist das Resultat: Unsicherheit bei der eigenen Spezialisierung, langweilige Texte und zu wenig Zeit für Fachartikel, Vorträge oder gar ein Buch.

Auch wenn das selbstverständlich klingt: Ihr Marketing machen Sie genauso schlecht selbst wie Ihr Kunde sich selbst schlecht coacht. Ein wirklicher Experte unterstützt Sie, Ihre Besonderheiten klar herauszustellen und in den Markt zu transportieren. Er schreibt Texte, die wirken. Und vor allem arbeitet er mit Ihnen an Ihrer Bekanntheit – platziert Artikel, Vorträge und eventuell ein Buch. Er tritt Ihnen in den Hintern, wenn die Motivation fehlt, oder steht Ihnen zur Seite, wenn Schwierigkeiten auftauchen. Kurzum: er ist Ihr Sparringspartner und Begleiter.

Entscheidend bei der Auswahl des Marketingberaters: Legen Sie ähnliche Maßstäbe an wie Ihre Kunden. Ihr Sparringspartner sollte sich in Ihrer Branche exzellent auskennen, viele anderes Coachs betreut haben und sich selbst entsprechend gut vermarkten.

In diesem Zusammenhang taucht oft auch die Frage nach einem sinnvollen Marketingbudget auf. Sind Sie bereits als Coach erfolgreich, empfiehlt es sich zwischen fünf und zehn Prozent Ihres Jahresumsatzes zu investieren: Bei 180.000 Euro Jahresumsatz also zwischen 9.000 und 18.000 Euro. Wollen Sie den Markt besonders intensiv bearbeiten, kann dieses Budget bis zu 20 Prozent des Nettoumsatzes betragen, beispielsweise wenn ein komplett neuer Marktauftritt erarbeitet werden soll.

Sind Sie Einsteiger unter den Coachs, sollten die genannten Prozentangaben vom Zielumsatz errechnet werden – denn der ist Ihr Maßstab.

Wenn Sie jetzt schlucken, geht es Ihnen wie den meisten Ihrer Kollegen. Anders als in anderen Dienstleistungsunternehmen ist der Umgang mit Marketingbudgets für viele Coachs eher ungewohnt. Doch genau deshalb ist es so wichtig zu betonen: gutes Marketing kostet gutes Geld.

5. Bewahren Sie Haltung

„Bitte kommen Sie am 5. Mai 2008 um 10 Uhr zu uns, um sich unserem Personalentwickler zu präsentieren“. Das ist eine häufige Aufforderung von Unternehmen. Meist erwartet man, dass Sie ein erstes persönliches Gespräch kostenlos führen, kostenlos anreisen und gegebenenfalls im Anschluss noch ein oder zwei kostenlose Gespräche mit potenziellen Klienten führen. Auch wenn eine solche Vorgehensweise branchenüblich ist, bin ich überzeugt: Damit machen sich Coachs ihren eigenen Markt kaputt! Denn was ist die Botschaft, wenn Sie dies mitmachen? „Ich will unbedingt Deinen Auftrag und bin bereit, Dir zig Stunden meiner Zeit dafür zu schenken. Hätte ich viele Aufträge, hätte ich das auch nicht nötig – aber so komme ich natürlich!“

Das wäre ungefähr so, als wenn Sie einen Tisch schreinern lassen wollten und dazu drei Schreiner bäten, Ihnen einen kostenlosen Beistelltisch zu schreinern. Dies mit der Aussicht, gegebenenfalls würden Sie dann für den eigentlichen Auftrag auf ihn zukommen. Nein: das ist geschäftlicher Unsinn und deshalb ist es wichtig, eine eigene Haltung zu Marketing und Akquise zu gewinnen. Bis wohin sind Sie bereit, Kunden kostenlos zu informieren? Und ab wann rechnet sich das einfach nicht? Sind Sie bereit, das wirklich durchzuhalten?

Auch im Marketing spürt man Ihre Haltung. Möchten Sie dem Interessenten unbedingt Ihre Leistung verkaufen, spürt er das: Sie reden und schreiben mehr, sind suggestiver und wirken wesentlich unentspannter. Doch genau das wünscht sich Ihr Gegenüber nicht. Er braucht einen gelassenen Sparringspartner, der selbst erfolgreich ist, sich über Aufträge freut, ihnen aber nicht hinterher rennt. Daher verstehe ich Marketing und PR nicht als Verkauf oder allumfassende Information, sondern in erster Linie als Gesprächsangebot. Sie zeigen, wer Sie sind, welche Themen Sie beherrschen, mit welchen Kunden Sie sich auskennen und wie Ihre Haltung zu bestimmten Themen ist. Ihr Gegenüber hat dann die Möglichkeit, mit Ihnen einen Dialog zu führen mit dem Ziel, eine gemeinsame Arbeitsbasis zu finden. Mit dieser Grundidee ist auch ein erstes Telefonat oder ein persönlicher Termin keine Präsentation Ihrer Leistungen, sondern ein Gespräch über gemeinsame Möglichkeiten. Der Unterschied klingt einfach und macht doch wirklich einen Unterschied: Sie sind wesentlich entspannter und wirken dadurch attraktiver – gleich ob persönlich oder in Ihrem Marktauftritt.

Dieses Selbstbewusstsein im Umgang mit Kunden setzt natürlich eines voraus: dass Sie Ihre Hausaufgaben im Marketing gemacht haben und regelmäßig Ihren Bekanntheitsgrad und Ihre Attraktivität erhöhen.

Fünf Empfehlungen – fünf Chancen für den entscheidenden Unterschied zum Mitbewerber. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei.

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