Viele Coaches sind keine begabten Selbstvermarkter und stehen mit ihrem Marketing auf Kriegsfuß. Dabei spüren gerade Coaches, die besonders gut arbeiten, nach wenigen Sitzungen bereits wieder Lücken in ihren Auftragsbüchern und benötigen neue Klienten. So wird Marketing eigentlich zur Pflicht. Im Coaching ist der Coach selbst „das Produkt“. Das ist sowohl das Kernproblem als auch die Lösung – denn hier kann auf lange Sicht nur authentisches Marketing helfen. Die gute Nachricht ist: Gerade Coaches können diese Vorgehensweise sehr erfolgreich umsetzen und so die Kunden gewinnen, die wirklich zu ihnen passen.
Man muss sich einmal ehrlich fragen: Wer hat schon bei einer Gelegenheit, beispielsweise auf einem Sommerfest, während einer Messe oder einer Fortbildung, seinen Coach-Kollegen beim gemeinsamen Kaffee gefragt, welche Klienten er sich wünscht? Welche Menschen man zu ihm schicken sollte? Wer seine Zielgruppe ist? Man wird dabei leider oftmals feststellen, dass man Schulterzucken und ein hilfloses Lächeln erntet statt einer klaren Botschaft. Doch das ist geradezu erschreckend! Und jetzt Hand aufs Herz: Ist man da selbst besser aufgestellt?
Sollte man allerdings doch eine Antwort des Kollegen erhalten, so wird diese, nach mehr oder weniger kurzer Bedenkzeit, etwas sein, was sicher ein „gemeinsamer Nenner“ genannt werden kann – aber einer klaren Position im Markt auch nicht näher kommt: „Ich möchte nur mit Menschen arbeiten, die sich auch wirklich verändern wollen!“
Natürlich ist das eine Aussage, die mit einer sauberen Positionierung wenig zu tun hat. Aber meist entsteht dieser Wunsch aus dem Wissen heraus, dass mit Kunden, die z.B. von HR-Managern zum Coaching geschickt werden, häufig nicht gut gearbeitet werden kann, wenn diese es nicht auch selbst wollen.
Der Coaching-Markt wächst, jeden Tag gründen mehr Coaches eine eigene Praxis. Der Begriff ist nicht geschützt und der Klient steht vor einer Vielzahl von sehr unterschiedlich ausgebildeten Coaches (deren Methoden ihm kaum etwas sagen und selten interessieren) und muss – oft genug lediglich via Homepage-Vergleich – entscheiden, wer für ihn und zu seinem Anliegen passt. Eine schwierige Aufgabe aus Kundensicht!
Und eine schwierige, aber lohnende Aufgabe für den Coach, dem Klienten diese Entscheidungsfindung zu vereinfachen und eine klare Botschaft auszusenden, was die konkrete Positionierung angeht. Denn nur wer eine klare Positionierung hat und diese auch gut kommuniziert, gewinnt Klienten, die als Erstkunden starten und sich dann jahrelang, auch mit unterschiedlichen Anliegen, begleiten lassen. Die sich gut aufgehoben fühlen und den Coach weiterempfehlen.
Die Spezialisierung ist nicht zuletzt auch für das Honorar des Coachs ausschlaggebend (siehe u.a. Bittelmeyer, 2007). Wer sich traut, sich spitz aufzustellen und „nur“ ein ganz bestimmtes Feld zu bearbeiten, dessen Mut wird sich auf jeden Fall bezahlt machen.
Niemand glaubt, dass ein Coach alle Schwierigkeiten des Klienten lösen kann. Selbst wenn Ausbildung und Methoden das theoretisch möglich machen, so ist es doch unglaubwürdig und löst kein Vertrauen aus. Eine Ausrichtung auf die Zielgruppe hingegen verspricht, dass man die Welt dieser Klienten kennt, sie dort abholt wo sie stehen und möglicherweise sogar Erfahrung mit identischen Themen bei anderen Klienten machen konnte.
Die eigene Position im Markt finden, eine Nische suchen, von der und in der sich gut arbeiten lässt – das ist die Aufgabe. Oft wird dazu die berufliche Vergangenheit genutzt. Da die meisten Coaches bereits eine Karriere (hinter sich) haben, scheint es der natürlichste Weg zu sein, von dieser Berufswelt ausgehend eine Positionierung zu finden, in der das erworbene Know-how genutzt werden kann.
So kennt der Coach aufgrund seiner Vorerfahrung bereits das Umfeld der Kunden, die aus diesem Bereich zu ihm kommen, und ihre dazugehörige berufliche Umwelt. Es scheint auf jeden Fall folgerichtiger zu sein, als sich auf ganz neues Terrain zu begeben. So wird der Manager nicht gerade Mütter in Teilzeit als Zielgruppe suchen und ein ehemaliger Lehrer versucht nicht als Re-Location-Coach in einem internationalen Konzern sein Geld zu verdienen. Jedenfalls denkt man dies – wäre da nicht das liebe Geld...
Denn für viele gilt die Gleichung: Business-Coaching im Unternehmensauftrag = Geld Privatkunden-Coaching = Hartz IV
Das hört sich zwar zunächst logisch an, ist es aber nicht unbedingt. Um es pointiert darzustellen: Auch gut Situierte haben Coaching-Bedarf. Und wenden sich – jenseits Ihres Unternehmens – durchaus auch mit Business-Themen an Coaches. Business-Coaching, das von der Personalabteilung oder vom Vorgesetzten „angeordnet“ wird, bedeutet in vielen Fällen hohen Akquise- und Verwaltungsaufwand seitens des Coachs für seine Arbeit mit Kunden, die aber in diesem Fall eben nicht freiwillig zu ihm kommen.
Außerdem ist die vielzitierte Augenhöhe, die für einen gelungenen Coaching-Prozess stimmen muss, stets zu beachten. Denn auch, wenn man sich sicher ist, den Klienten unterstützen zu können – wichtiger ist, dass der Klient und der Auftraggeber auch sicher sind, dass der Coach der Aufgabe gewachsen ist. Es kann einfach nicht jeder mit einem Vorstandsvorsitzenden arbeiten. Schließlich, der Spiegelneurone sei Dank, kann der Klient fühlen, was man als Coach fühlt (Bauer, 2006). Die Spiegelneurone erlauben es uns erst, einfühlsam zu arbeiten. Und der Klient lernt am Modell: Wenn der Coach nicht authentisch ist, wird er ihm weder vertrauen noch für sein eigenes Leben ein anständiges Vorbild haben.
Sowohl eine gute Beratung als auch die eigenen Coaching-Methoden können einem sich positionierenden Coach dabei helfen. Die einfache Frage „für welche Klienten würden Sie morgens besonders gerne aufstehen?“ oder das „Backen“ eines Wunschklienten sind im ersten Schritt hilfreich. Natürlich ist das oft ein längerer Prozess: Wer beispielsweise gerne Spitzensportler als Coaching-Klienten haben möchte und auch das dafür notwendige theoretische Grundgerüst mitbringt, der wird in der Regel zunächst über ambitionierte Freizeitsportler und über die zweiten und dritten Ligen gehen müssen, um tatsächlich auch in der Spitze Aufträge einholen zu können. Der Weg bis dahin kann voller Steine sein, sich aber auch sehr gut anfühlen und den Coach mit der nötigen Erfahrung und eventuell auch der Routine ausrüsten.
Wer bei der Zielgruppendefinition erst mal von sozio-demographischen Merkmalen ausgeht und so beginnt, Kundengruppen zu clustern, dem entgehen spannende Gedankengänge:
Erstes Beispiel:
Wer gerne an Regatten teilnimmt, kann sich auch an einer Klientengruppe orientieren, die leidenschaftlich gerne segelt. Natürlich kommen diese Klienten mit ganz unterschiedlichen Themen ins Coaching, aber der Coach mit dieser Kenntnis wird trotzdem, problemunabhängig, ihre „Sprache“ sprechen und so eine Verbindung aufbauen können. Achtung: Das heißt nicht, dass man gleich jedes Hobby mit seinem verknüpfen sollte oder könnte! Weitere Gedankenspiele sind dann Überlegungen, wie beispielsweise eine gemeinsame Fahrt als Abschluss des Coachings (im Grunde als „Highlight“) oder die Tatsache, dass sich Klienten in einem solchen Rahmen, der ihr Hobby oder ihre Leidenschaft einbezieht, schlicht wohlfühlen und damit dem Coaching-Prozess offener gegenüber stehen können.
Zweites Beispiel:
Durch den Standort in der Nähe einer Metropole kommen überproportional viele Konzern-Mitarbeiter in eine Coaching-Praxis. Der Coach gewinnt durch die Biografien und Herausforderungen seiner Klienten schnell einen Einblick in Großkonzerne und Matrixstrukturen. Durch die Vielzahl der Klienten kann er bald ein ganz besonderes Händchen für diese Zielgruppe entwickeln und er kann sicher auch über das Coaching hinaus wertvolle Tipps geben (z.B. Buchtipps oder Hinweise auf Fachanwälte für Arbeitsrecht). So wird man Spezialist und kann sich sehr schnell zu einer Art „Knotenpunkt“ in diesem Umfeld entwickeln.
Im Kern gilt:
Umso spitzer man sich aufstellt, umso genauer wird man die eigene, spezifische Zielgruppe eingrenzen und umso besser gelingt es, die Nische zu besetzen und als Experte darin Aufträge und gute Honorare zu erarbeiten.
Wenn der Coach von seinem Klienten als Experte wahrgenommen wird, dauert es auch nicht lange, bis andere dies erkennen. Das kann im weiteren Sinne auch dazu führen, dass die Presse oder Verlage auf diesen Coach aufmerksam werden, schließlich hat er (beispielsweise in Zusammenhang mit seiner speziellen Ausrichtung) etwas zu erzählen, was andere hören oder lesen wollen. Das dient dann ebenfalls der Verbreitung seiner Ausrichtung und Expertise.
Hat man die „richtige“ Positionierung gefunden, doch bleibt der sichtbare und messbare Erfolg aus, so ist das oftmals wenig überraschend: Ausschlaggebend sind weniger die eigenen Marketing-Fähigkeiten (oder die der beauftragten Dienstleister), sondern das, was sich im Kopf des Coachs abspielt. Egal wie passend die Positionierung ist und egal wie groß die Zielgruppe im Umfeld dafür auch sein mag – oft behindern Coaches die gleichen Dinge wie ihre Klienten: Unbewusste und undienliche Überzeugungen über sich, die Qualität ihrer Arbeit und zu dem wichtigen Thema Geld.
Man kann den Eindruck gewinnen, dass einige Glaubenssätze offenbar zum „Inventar“ vieler Coaches gehören, da sie überdurchschnittlich häufig anzutreffen sind. Natürlich treffen nicht alle Sätze auf jeden Coach zu. Doch ihre Grundsätzlichkeit und mögliche Schnittmengen drücken die Problematik des Marketings im Bereich Coaching aus und verdeutlichen – auch bei nur wenigen Übereinstimmungen eines Coachs mit den unten genannten Aussagen –, dass der Umgang mit diesem Thema nicht unbeschwert ist:
Es ist wichtig, diese Erfolgsblockaden zu lösen, beispielsweise mit Hilfe eines Coachings – sollten doch insbesondere Coaches die Möglichkeiten und Vorteile von Coachings kennen und auch für ihr Marketing nutzen. Sind die wichtigsten dieser möglichen Blockaden erst gelöst, kann sich der Coach, der sein Marketing verbessern und sich optimal positionieren möchte, ganz in Ruhe anschauen, welche Werbemittel er sich für sich vorstellen könnte: Dabei ist es wichtig, tatsächlich Werbemittel für sich – nicht für die Zielgruppe – zu wählen, also jene, die ihn ansprechen, ihm gefallen. Das ist zudem auch viel einfacher und garantiert, dass sich der Coach mit der getroffenen Maßnahme identifiziert und wohlfühlt.
Das ist ein wichtiger Teil der authentischen Positionierung, denn was ist authentischer, als eine Werbemaßnahme, die mit der Person des Coachs übereinstimmt? Zudem kann man nur so sicher sein, dass die Werbematerialien nicht im Schrank verstauben, sondern auch wirklich – und mit Freude – aktiv eingesetzt werden. In der Fachliteratur gibt es Unmengen an Informationen darüber, welches Marketing zu welcher Zielgruppe passt. Aber welches Marketing zu einem Coach als Mensch passt, wird man dort nicht finden. Aus diesem Grund sollen im Folgenden vier verschiedene Marketing-Typen unterschieden werden, die mit Hilfe eines Marktforschers entwickelt wurden (Klein & Urban, 2012):
Das Marketing-„Mauerblümchen“ nutzt sehr wenige Marketingmittel wie z.B. einen rudimentäreren Internetaufritt und (zumeist selbst gemachte) Visitenkarten. Es ist mit der Außendarstellung insgesamt sehr zurückhaltend.
Die Königsdisziplin des „Mauerblümchens“ ist die Kundenbindung: Ein Marketing „Mauerblümchen“-Coach nutzt vor dem Coaching oftmals schriftliche Vorab-Informationen, um bereits eine Kundenbindung herzustellen, den Klienten darin über den Ablauf des Coachings ebenso wie über die Parkplatzsituation vor der eigenen Praxis zu informieren. Überhaupt sind es die kleinen, unauffälligen, aber oft sehr persönlichen Maßnahmen, die auch „Mauerblümchen“ erfolgreich sein lassen. Eine dieser Maßnahmen ist es beispielsweise, die Klienten nachhaltig mit relevanten und interessanten Informationen wie Buchtipps, Zeitungsartikel etc. zu versorgen.
Der „Netzbürger“ zeichnet sich dadurch aus, dass er – ähnlich wie das „Mauerblümchen“ – eine Visitenkarte besitzt und über einen Internetauftritt verfügt. Im Unterschied zum Marketing-„Mauerblümchen“ ist der Internetaufritt des „Netzbürger“-Coachs stets aktuell gehalten, gepflegt und deutlich umfangreicher. Zusätzlich nutzt er alle gegebenen Möglichkeiten der Social-Media, d.h. beispielsweise Facebook, Twitter, Xing uvm., geschickt für seine Werbung.
„Netzbürger“ experimentieren mit Werbemöglichkeiten wie Anzeigen bei Google oder Facebook und merken durch die Auswertung der Response z.B. schnell, welcher Anzeigentitel gut funktioniert. Dabei lernen sie eine Menge über ihre Zielgruppe. Die „Netzbürger“-Coachs sind zudem bei exotischeren Plattformen wie www.about.me zu finden und oft diejenigen, die Facebook-Gruppen zu ihren Themen ins Leben rufen und moderieren. Sie testen Webinare für sich und nutzen Skype oder Facetime zur Kundenbindung oder für ihre Coachings. Sie pflegen außerdem z.B. ein Profil beim Onlinehändler Amazon, das auf ihren Expertenstatus einzahlt indem es via Rezensionen und Lieblingslisten Vorlieben und Buchempfehlungen aufzeigt.
Die „Koryphäe“ setzt die Marketingmöglichkeiten des „Mauerblümchens“ und des „Netzbürgers“ ein und weiß sich darüber hinaus z.B. als Buchautor oder Redner als Experte zu positionieren.
Schriftliches geht vielen „Koryphäen“ leicht von der Hand. Pressearbeit, Fachartikel oder Bücher, die „Koryphäe“-Coaches wissen, dass diese Maßnahmen sich langfristig lohnen. Und sie wissen auch, wie man professionell an diese Dinge herangeht. Eine Herangehensweise dabei ist u.a. das Zusenden von Buch-Exposés an Verlage bevor sie endlose Stunden in dessen Ausformulierung investieren. Auch Messen, (Impuls-)Vorträge und Workshops sind für die „Koryphäen“ ein großer Hebel für die Akquise.
Die Marketing-„Rampensau“ (diese Beschreibung wird hier positiv verstanden, abseits der negativen Konnotationen) ist fachlich topp und nutzt alle Möglichkeiten, die ihr einfallen, um für sich selbst zu werben. Dadurch, dass sie wo sie steht und geht über ihren Beruf spricht, fallen ihr viele, auch ungewöhnliche Marketing-Möglichkeiten – auf die andere vermutlich kaum aufmerksam werden würden – in den Schoß.
Ob durchdacht oder ganz spontan, die Marketing-„Rampensau“ liebt das Scheinwerferlicht – sei es durch einen Youtube-Film, einen Artikel in einer Publikumszeitschrift oder via Fernseh- bzw. Radioauftritt. Natürlich werden diese Maßnahmen dann auch ausgenutzt, d.h., erstklassig verschlagwortet, auf der Homepage eingepflegt, via Social-Media beworben und im großen Stil per Mund-zu-Ohr-Propaganda bekannt gemacht. Oft sind sie das Aushängeschild einer ganzen Bewegung, viele Methoden sind durch „Rampensau“-Persönlichkeiten erst einem breiten (Fach-)Publikum bekannt geworden.
Eine authentische Positionierung bringt neben mehr Spaß an der Arbeit durch sehr guten Rapport auch eine große Chance auf einen Coaching-Erfolg für den Klienten. Es erleichtert das Marketing ungemein und macht es erst möglich, Nischen zu entdecken. Dort kann sich ein Coach als Experte seine Lorbeeren verdienen und jeden Tag mit seinen „Wunsch-Klienten“ arbeiten.