Beruf Coach

Honorar- und Einkommensentwicklung im Coaching

Ergebnisse der Coaching-Marktanalyse 2021

7 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 4 | 2021 am 17.11.2021

Anhand der Coaching-Marktanalyse 2020 (Rauen, 2020), mit der differenzierte und belastbare Daten zum deutschen Coaching-Markt erhoben und ausgewertet wurden, konnte der Coaching-Branche erhebliches Wachstumspotenzial attestiert werden. Insbesondere unter dem Eindruck der COVID-19-Pandemie wurde zeitnah eine Folgeanalyse, die Coaching-Marktanalyse 2021 (Rauen, 2021a) durchgeführt. Dass die Pandemie auch deutliche Auswirkungen auf die Coaching-Branche haben würde, war abzusehen, nicht jedoch, in welchem konkreten Ausmaß.

Um einen umfassenden Überblick zu ermöglichen, werden im Folgenden pandemiebedingte Marktveränderungen skizziert, die in Rauen (2021b) detaillierter beschrieben wurden. Im Anschluss soll ausführlich auf die Honorar- und Einkommensentwicklung eingegangen werden.

Überblick pandemiebedingter Marktveränderungen

Das Online-Coaching erfuhr einen starken Schub. Wenngleich dieses Ergebnis wenig überraschend ist, kann das konkrete Ausmaß der Veränderung als eindrücklich bezeichnet werden: Coachings via Videoübertragung nahmen gegenüber dem Vorjahr in starkem Maße zu. Ihr Anteil am Spektrum der Coaching-Formate wuchs von 7,7 auf 37,11 Prozent an. Coachings im Präsenzformat nahmen derweil erheblich ab. Ihr Anteil fiel von 75,71 auf nunmehr 45,07 Prozent.

Hiermit könnte im Zusammenhang stehen, dass weniger Klienten aus dem Top-Management den Weg ins Coaching fanden, denn Diskrektion ist für viele Top-Manager außerordentlich wichtig. Bei einem Coaching via Videoübertragung ist es für die Klienten jedoch letztlich nicht kontrollierbar, ob das Coaching ausschließlich unter vier Augen stattfindet, die Datenübertragung ausreichend sicher ist oder womöglich sogar eine Aufzeichnung vorgenommen wird. Zudem nahmen Privatpersonen seltener Coaching in Anspruch, was auf eine unsichere finanzielle Lage zurückzuführen sein könnte.

Angewachsen ist hingegen die Anzahl der Coaches, die vergleichsweise wenige Coachings pro Jahr durchführen. 17,03 Prozent der Coaches haben in der Marktanalyse 2020 angegeben, nur null bis neun Coaching-Fälle in den letzten zwölf Monaten durchgeführt zu haben. Inzwischen ist dieser Wert auf 30,23 Prozent der Coaches gestiegen. Ein weiterer interessanter Aspekt besteht darin, dass sich der Anteil von Coaching an der gesamten Jahresarbeitszeit erhöht hat, die in Teilen auf andere Tätigkeiten und Leistungen wie z.B. Training entfällt. Coaching nimmt nun 33,19 Prozent der Jahresarbeitszeit des durchschnittlichen Coachs ein, was einer signifikanten Steigerung gegenüber der Vorjahresanalyse (27,77 Prozent) entspricht. Dies könnte darauf hindeuten, dass sich Coaching vergleichsweise gut via Videoübertragung durchführen lässt, was in der Pandemie ein klarer Vorteil ist.

Honorare und Einkommen

Das Einkommen der Coaches ist im Vergleich zur vorigen Marktanalyse deutlich gesunken und es ist naheliegend, dass dies auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist. Im Gesamtdurchschnitt betrug das Einkommen der Coaches 89.045 Euro, in der Marktanalyse 2020 waren es noch 105.261 Euro. Das entspricht einer Reduktion von 15,41 Prozent. Sowohl beim Einkommen als auch bei der vermutlich pandemiebedingten Entwicklung muss allerdings zwischen verschiedenen Coach-Typen unterschieden werden (siehe Tabelle):

Am stärksten von der Entwicklung (negativ) betroffen sind die Coaches mit 15 oder mehr Jahren Erfahrung. Zwar gehören sie immer noch zu den Bestverdienern unter den Coaches, ihr durchschnittliches Einkommen ist aber von 136.282 auf 104.623 Euro gefallen, ihr durchschnittliches Honorar pro Zeitstunde von 214,53 auf 198,72 Euro. Deutlich anders stellt sich die Situation bei den Coaches mit fünf oder weniger Jahren Erfahrung dar: Zwar ist auch ihr Einkommen von 74.394 auf 72.656 Euro gesunken, sie konnten jedoch beim Stundenhonorar von 134,49 auf 142,47 Euro zulegen. Dies deutet darauf hin, dass es ihnen vergleichsweise leichter gefallen ist, sich auf die veränderten Rahmenbedingungen einzustellen, als dies bei den erfahrenen Coaches der Fall war.

Zu den Spitzenverdienern unter den Coaches zählen nach wie vor die Selbständigen mit eigenen fest angestellten Mitarbeitern. Zwar haben auch sie deutliche Einkommenseinbußen zu verzeichnen, allerdings in geringerem Ausmaß als die erfahrenen Coaches. Allerdings ist die hier verfügbare Datenbasis sehr gering, so dass alle Aussagen dazu eher tendenziellen Charakter haben. Zu den Daten von den Selbständigen mit freien Mitarbeitern liegen keine Vergleichswerte vor. Es ist jedoch anzunehmen, dass auch sie in ähnlicher Weise wie der Gesamtmarkt Einkommenseinbußen zu verzeichnen haben. Mit einem Bruttojahreseinkommen von mehr als 120.000 Euro dürften sie die Pandemie vergleichsweise gut bewältigt haben.

Deutliche Einkommenseinbußen müssen auch Solo-Selbständige, die zu 100 Prozent berufstätig sind, verzeichnen. Ihr Bruttojahreseinkommen ist im Durchschnitt von 120.960 auf 88.767 Euro gesunken. Immerhin konnten sie ihr Stundenhonorar leicht verbessern: Es stieg von 184,27 auf 186,20 Euro. Solo-Selbständige, die zu 50 Prozent oder weniger berufstätig sind, gehören hingegen zu den wenigen, die ihr Einkommen sogar steigern konnten, wenn auch nur in geringem Maße. Es stieg von 48.330 auf 49.090 Euro. Sie mussten allerdings Einbußen beim Stundenhonorar hinnehmen. Dieses fiel von 162,66 auf 149,57 Euro. Ebenfalls zu den „Krisengewinnern“ zählen die Personen, die teilweise angestellt, teilweise selbständig sind. Sie konnten ihr Einkommen von 86.240 auf 87.484 Euro geringfügig steigern und ihren Stundensatz von 140,76 auf 156,70 Euro erhöhen. Bei den Angestellten in einem Beratungs-/Coaching-Unternehmen ist die Lage hingegen vermutlich eher andersherum. Aufgrund der geringen Fallzahlen verbieten sich hier allerdings weiterführende Interpretationen.

Mitglieder in einem Coaching-Verband haben deutliche Einbußen zu verzeichnen. Ihr durchschnittliches Einkommen fiel von 110.377 auf 91.996 Euro. Zudem ist ihr Netto-Honorar pro Zeitstunde von 184,34 auf 181,58 Euro gefallen, was jedoch nur eine geringfügige Verschlechterung darstellt. Coaches ohne Verbandsmitgliedschaft haben ein geringeres Einkommen als die Coaches in einem Coaching-Verband. Der Unterscheid ist allerdings geringer geworden. Ihr Einkommen hat sich von 98.694 auf 85.664 Euro reduziert. Ihr Honorarstundensatz ist zudem von 167,05 auf 165,85 Euro gesunken, hat sich damit aber nur geringfügig verschlechtert. Anzumerken ist, dass sich der Coaching-Anteil an ihrem Bruttojahreseinkommen sogar recht deutlich steigern lies: von 36,47 auf 42,40 Prozent. Das Coaching ist für sie also als Einkommensquelle wichtiger geworden. Dies trifft ebenso auf Coaches zu, die über eine Erfahrung von fünf oder weniger Jahren verfügen.

Einkommen und Honorar in Abhängigkeit vom Coach-Typ

Tabelle: Einkommen und Honorar in Abhängigkeit vom Coach-Typ
*Geringe Fallzahl N, Daten sind nur Tendenzaussage
**Keine Vergleichsdaten verfügbar
Angaben in Klammern: Werte aus der RAUEN Coaching-Marktanalyse 2020 (Rauen, 2020)

Bei der Frage, wer das Coaching bezahlt, haben sich keine substanziellen Veränderungen zu der Analyse aus 2020 ergeben. In der deutlich überwiegenden Zahl der Fälle werden die Coachings vom beauftragenden Unternehmen bezahlt. Klienten sind nur zu etwa einem Drittel Selbstzahler (siehe Abb.). Der um knapp zwei Prozentpunkte gestiegene Anteil „Sonstiges“ ist im Wesentlichen bedingt durch die Kostenübernahme von Coachings durch die Bundesagentur für Arbeit bzw. das Job-Center, verschiedene Weiterbildungsträger und Förderprogramme. Tendenziell lässt sich erkennen, dass Coaches, die von Unternehmen bezahlt werden, ein höheres Bruttojahreseinkommen realisieren können als Coaches, die von den Klienten selbst oder über Förderprogramme entlohnt werden. Dieser Effekt war auch in der Marktanalyse 2020 zu beobachten.

Bezahlung des Coachings

Abb.: Bezahlung des Coachings (N=346), gewichtete Mehrfachantworten, normiert auf 100 Prozent

Fazit

Die überwiegend reduzierten Bruttojahreseinkommen dürften zwar auch durch Einbußen aus den Coaching-Einnahmen resultieren, allerdings scheinen diese geringfügiger zu sein, als Einbußen bei anderen Einnahmequellen. Denn insgesamt betrachtet konnte der Coaching-Anteil am Bruttojahreseinkommen sogar leicht gesteigert werden und die geringen Stundenhonorareinbußen allein können die deutlichen Einbußen im Gesamteinkommen nicht erklären. Denn den reduzierten Stundenhonoraren steht der Umstand gegenüber, dass die Stundenzahlen pro Coaching-Fall zugenommen haben (siehe Rauen, 2021a). So bleibt zu vermuten, dass der substanzielle Anteil bei den Einkommensverlusten weniger auf die Coaching-Tätigkeit zurückzuführen ist, als vielmehr durch geringere Einnahmen aus anderen Bereichen verursacht wurde – immerhin liegt der Coaching-Anteil am Bruttojahreseinkommen der Anbieter im Durchschnitt „nur“ bei 39,28 Prozent.

Die vollständige Marktanalyse ist für alle Interessierten kostenlos und ohne jede Zugangsbeschränkung abrufbar unter: www.rauen.de/cma

Literatur

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