Der Einstieg in den Beruf des Business-Coachs ist nicht leicht. Da es sich um keinen staatlich anerkannten Beruf handelt, gibt es auch keinen direkten, genauer gesagt keinen als notwendig vorgegebenen Bildungsweg. Natürlich hat das gewisse Vorteile, wie beispielsweise die Möglichkeit des Quereinstiegs in diesen Beruf aus vielen erdenklichen Berufs- und Bildungswegen heraus. Der Nachteil jedoch ist, dass durch das Fehlen von Vorgaben und Richtlinien man sich selbst ein geeignetes strukturiertes Vorgehen schaffen und Informationen eigenständig zusammensuchen muss. Zudem gilt stets zu beachten: Wie vermittelt man Klientinnen und Klienten, dass man im Gegensatz zu jenen zwielichtigen Coaches, die in schnellen Clips von noch schnellerem Geldmachen fabulieren, eine seriöse Dienstleistung mit professioneller Haltung und wissenschaftlich fundierten Methoden anbietet?
Dieser Artikel ist als erste Unterstützung für all jene gedacht, die mit dem Gedanken spielen, im Business-Coaching ihren neuen Arbeitsbereich zu finden. Wer sich schon sehr konkret zu diesem Schritt entschieden hat, findet u.a. in der Text-Reihe „Erste Schritte im Beruf Coach“ konkrete Informationen und Tipps beispielsweise zu Themen wie Finanzierung und Form der Selbständigkeit oder zur Positionierung im Coaching-Markt und zum Marketing.
Auf einen Blick
Im Folgenden werden acht Schritte aufgezählt und anschließend näher erläutert, die den Berufseinstieg ins Business-Coaching erleichtern sollen. Dabei handelt es sich um Punkte, die teilweise noch vor dem Einstieg in den Beruf zu beachten sind sowie um Maßnahmen, die man im Berufsalltag stets berücksichtigen und möglichst vom Beginn der Karriere an einbinden sollte.
Wichtig festzuhalten ist, dass es sich dabei um keine Liste handelt, die abgearbeitet werden muss. Wie eingangs erwähnt, ist „Coach“ keine geschützte Berufsbezeichnung, sodass es schlicht keine rechtlich verbindlichen Qualifikationsanforderungen oder sonstigen Vorgaben gibt. Zugleich sind beispielsweise Coaching-Verbände bestrebt, eine Professionalisierung mit einheitlichen beziehungsweise verbindlichen Qualitätsstandards zu schaffen, was durch Zertifizierungen des jeweiligen Coachs vermittelt wird (Barczynski, 2019) – Näheres dazu im Abschnitt „Coaching-Ausbildung und Zertifikate“.
Die acht Schritte sind:
Im anschließenden Teil wird dargestellt, was konkret mit diesen Schritten gemeint ist und was es dabei zu beachten gilt.
Eine Coaching-Ausbildung macht ihre Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit den grundlegenden Konzepten, Techniken und Prozessen des Coachings vertraut. Man lernt die diversen Coaching-Ansätze und -Methoden und vor allem ihre Unterschiede kennen. Besonders hervorzuheben ist die oftmals angebotene Möglichkeit, unter Anleitung erfahrener Coaches zu üben, Coaching-Prozesse zu simulieren und anschließend konstruktives Feedback zu erhalten. Gute Coaching-Ausbildungen ermöglichen darüber hinaus Selbsterfahrung und die Auseinandersetzung mit persönlichen Themen, die zu klären sind, um im Coaching z.B. Projektionen zu vermeiden. Außerdem ist eine Coaching-Ausbildung ein wichtiger Schritt, um eine Zertifizierung durch einen der großen und relevanten Coaching-Verbände zu erhalten.
Wie zuvor kurz angesprochen, ist ein solches Zertifikat ein Beleg für einen bestimmten Grad an Professionalität und Qualität – damit ein nicht zu unterschätzendes Unterscheidungsmerkmal zu allen zwielichtigen „Coaches“, die leider seit jeher der Branche einen sehr negativen Beigeschmack beisteuern. Mindestvoraussetzung für die Zertifizierung ist der erfolgreiche Abschluss einer durch den entsprechenden Verband anerkannten Coaching-Ausbildungen (Barczynski, 2019). Daher ist es unerlässlich, bei der Wahl der Ausbildung auch auf die jeweilige Verbandsanerkennung zu achten. Darüber hinaus sollte man Faktoren bei der Ausbildungssuche berücksichtigen wie beispielsweise (nach CoachDb, 2023):
Ferner ist zu beachten, dass es sich bei einer Coaching-Ausbildung oft um eine Investition von mehreren tausend Euro handelt, weshalb es sehr ratsam ist, diesen Schritt mit Bedacht zu wählen.
Wie sieht der Coaching-Markt eigentlich aus? Welche Coaching-Varianten und -Methoden werden welchen Zielgruppen und Berufsbranchen angeboten? Ein Überblick hierüber verschafft die Möglichkeit, die eigene Positionierung zu überdenken und zu präzisieren (siehe Punkt „Positionierung und Zielgruppendefinition“) – und sich so auch von der Konkurrenz abzuheben und seine Angebote gezielter zu platzieren. Zudem erhält man so einen Blick darauf, welche Coaches bzw. Coaching-Unternehmen in welchen Branchen aktiv sind und welche Netzwerkveranstaltungen sie besuchen, in welchen Coaching-Verbänden sie aktiv sind. Mit diesem Wissen kann man seine ersten Schritte im Beruf als Coach deutlich zielgerichteter setzen, als auf gut Glück eine Veranstaltung zu besuchen oder einem Verband beizutreten.
Zur Analyse der Branche gehört auch die Analyse der Informationsangebote: Wo findet man welche Informationsquellen, die einem in der eigenen, täglichen Arbeit nützlich sein könnten? Zu nennen sind hier beispielsweise:
Diese Medien informieren – oftmals kostenlos – über aktuelle Methoden, Trends und Entwicklungen im Bereich des Business-Coachings sowie in der Coaching-Branche allgemein. Interessierte finden eine Medienübersicht im Artikel „Erste Schritte im Beruf Coach. Teil 3“. Herauszustellen ist hier zudem die RAUEN Coaching-Marktanalyse, die jährlich erhoben wird und kostenlos Informationen und Analysen des Coaching-Marktes anbietet inkl. der Auswertung der Effizienz von Marketing-Methoden.
Letztlich handelt es sich dabei um eine Spezialisierung, die auch im Zuge des Einstiegs in die Business-Coaching-Branche getroffen werden sollte. Spezialisierung bedeutet dabei auch, sich von der Konkurrenz und damit von anderen Coaches abzuheben und die eigene Kompetenz in einem bestimmten Bereich darzustellen und nach Möglichkeit auch zu belegen.
Bei der Wahl der Zielgruppe gilt es im Auge zu behalten, mit wem man arbeiten kann, beispielsweise aufgrund der eigenen Kenntnisse oder der beruflichen Vita, aber auch, mit wem man arbeiten möchte. Schließlich entscheidet man sich aktiv und freiwillig, mit jenen Personen aus einer speziellen Berufsgruppe auf einer bestimmten Hierarchieebene zu arbeiten und sollte daher ein Mindestmaß an Interesse und Kenntnis, zumindest aber eine Grundsympathie mitbringen. Zusammengefasst gilt:
Auch hier sei auf die Coaching-Marktanalyse hingewiesen, die u.a. aufschlüsselt, in welcher Berufsbranche und in welcher Hierarchieebene Coaches wie viele Aufträge jährlich durchführen – zum gleichen Thema und die Ergebnisse der Analyse 2021 aufgreifend gibt es den Beitrag „Themen und Varianten im Coaching“ im Coaching-Magazin. Diese Erkenntnisse und Analysen kann man als Anhaltspunkt nehmen, wo es großen oder nur bedingten Coaching-Bedarf gibt und sich selbst dann entsprechend im Coaching-Markt positionieren.
Eine eigene starke Marke zu haben, dient der Bekanntheit. Ihr Ziel ist es, eine Wiedererkennbarkeit bei potentiellen Klientinnen und Klienten zu schaffen und die Marke bzw. den eigenen Namen eng mit der Dienstleistung zu verknüpfen. Das passiert allerdings nicht über Nacht, vielmehr ist es ein Prozess, der Jahre dauert. Dennoch ist es sinnvoll, schon früh die ersten Schritte zu setzen, auch weil man so von Beginn an eine bessere Unterscheidbarkeit zu anderen Business-Coaches und deren Angeboten herstellt. Gerade im Business-Coaching ist das keine triviale Maßnahme, weil viele Coaches aufgrund der (verhältnismäßig hohen) Coaching-Bedarfe in bestimmten Branchen und Zielgruppen sehr ähnliche Dienstleistungen anbieten.
Zudem ist einzuräumen, dass „Markenaufbau“ tatsächlich nach viel mehr klingt, als es letztlich ist. Denn hierbei geht es in erster Linie um die Präsentation gegenüber Interessierten, was mittlerweile fast ausschließlich online passiert und als Nebenarm oder gar Nebeneffekt des Marketings (siehe Abschnitt zu „Marketing“) verstanden werden kann. Entsprechend kann man folgende Punkte einsetzen, um sich als „Marke“ dezidiert zu präsentieren:
Netzwerke sind grundsätzlich dazu da, um Kontakte zu knüpfen und in Kontakt zu bleiben. Gerade am Anfang der Coaching-Karriere hat man eher selten eine umfassende Kontaktliste mit Unternehmen und Klientinnen und Klienten, denen man die eigenen Dienstleistungen anbieten könnte. Daher ist es sinnvoll, bestehende Kontakte nicht abbrechen zu lassen, sondern effektiv zu pflegen und kontinuierlich auszubauen, das schließt auch Personengruppen wie (ehemalige) Arbeitskolleginnen und -kollegen, Geschäftspartner, Bekannte und Freunde ein. Neue Verbindungen durch Coaching-Aufträge oder den Besuch von fachspezifischen Veranstaltungen (siehe unten) werden dann dem bestehenden Netzwerk hinzugefügt. Mehr Bekanntschaften und Kontakte erweitern die Sichtbarkeit des eigenen Angebots und führen zu (mehr) Aufträgen, da Coaching – dies geht aus der RAUEN Coaching-Marktanalyse (Rauen et al., 2022) hervor – ein Empfehlungsgeschäft ist.
Allerdings gilt es zu beachten, dass der Netzwerkaufbau eng mit der Netzwerkpflege verbunden ist. Denn ohne Kontaktpflege – beispielsweise durch Informationen/Nachrichten über die Social Media, regelmäßige Newsletter oder Treffen auf Netzwerkveranstaltungen – löst sich auch das größte Netzwerk irgendwann auf.
Ein anderer Vorteil des Netzwerkaufbaus ist der Fachaustausch unter Coaches und die Möglichkeit, einen breiteren Blick auf den Coaching-Markt und die diversen Coaching-Angebote zu erhalten. Gerade für Berufseinsteiger – sowie auch für langjährige Coaches – ist es relevant zu wissen, was die Konkurrenz macht, welche Themen gerade seitens der Auftraggeber angefragt werden und wo es aktuell verstärkten oder neu aufkommenden Coaching-Bedarf gibt.
Doch wie baut man ein Netzwerk, insbesondere am Karriereanfang auf? Hier gibt es zwei relativ einfache Wege:
Ohne Klientin bzw. Klient kein Coaching – das klingt sehr trivial, zumal es eine allseits bekannte und faktisch zwingende Notwendigkeit benennt. Keineswegs trivial ist jedoch die Frage, wie man Personen erreicht, die bei entsprechendem Anliegen und Bedarf die angebotene Coaching-Dienstleistung kaufen. Da hier im Folgenden lediglich die wichtigsten Aspekte zum Thema Kundenakquise benannt werden, sei auf die tiefergehenden und verschiedene Aspekte wie Wirksamkeit aufgreifenden Texte des Coaching-Magazins zum Thema Marketing verwiesen.
Zunächst ist es wichtig, dass man Werbemaßnahmen nutzt, die zu einem passen und die auch eine Wirksamkeit vorweisen können. Eine wichtige Erkenntnis der jährlich durchgeführten RAUEN Coaching-Marktanalyse ist, dass beispielsweise die Social Media als Werbeplattform – auch hinsichtlich der Aufwand-Nutzen-Rechnung – sehr effektiv sind (Rauen et al., 2022): Regelmäßige Posts und Informationen gerade über die Business-orientierten Plattformen wie LinkedIn und Xing sind wirksame Marketingkanäle, deren Nutzen den Aufwand, den man hierfür betreiben muss, übersteigt. Dabei sollte man den Punkt des Aufwands nicht aus den Augen verlieren, da im Grunde jede Maßnahme mit teilweise nicht unerheblichem Arbeits- und Zeitaufwand (bzw. auch Kostenaufwand) verbunden ist. So verlangen z.B. Social Media sowie Newsletter sehr regelmäßige Bespielung, und zwar mit sich stets unterscheidenden Inhalten. Andere Werbemöglichkeiten wie das Schreiben von Fachbeiträgen oder Coaching-Büchern bedürfen neben einem hohen Zeitaufwand auch das Vorhandensein von Expertise. Das Veröffentlichen von Anzeigen (Print oder Online) ist zwar mit einem sehr überschaubaren eigenen Zeitaufwand verbunden, doch dafür mit moderaten bis teilweise nicht unerheblichen Kosten. Im Gegenzug erreicht man allerdings Personen- bzw. Zielgruppen abseits der eigenen Reichweite und des üblichen Spektrums. Sehr ähnlich verhält es sich mit der Mitgliedschaft in einer Coach-Datenbank.
Grundsätzliche Punkte, die man bei der Wahl der Marketing-Instrumente berücksichtigen sollte, sind u.a.:
Viele Coaches arbeiten als Soloselbständige, was auch bedeutet, dass sie sich neben ihrer eigentlichen Coaching-Arbeit um alles kümmern müssen, was im Arbeitsalltag anfällt: Rechnungen begleichen und ausstellen, allgemeine Buchhaltung, Steuern, Organisation der Arbeitstage, Marketing usw. Kommt es zu einem Hindernis oder Problem im Alltagsablauf, fällt z.B. die Internetverbindung aus, dann muss man sich selbst zügig darum kümmern.
Unterstützungssysteme sollen dabei diese Arten der Belastung übernehmen bzw. abmildern. Das bekannteste Beispiel für eine solche Unterstützung ist sicherlich der Steuerberater gefolgt von der Bürokraft. Neben personeller Unterstützung gibt es auch zahlreiche Software-Lösungen, die im Bereich Finanzen und Tagesplanung genutzt werden können – oder auch Marketingplattformen, die bei der Verwaltung der Werbemaßnahmen unterstützen.
Zwar ist es sehr empfehlenswert, sich frühzeitig für bestimmte Unterstützungssysteme zu entscheiden, insbesondere, wenn man seine Stärken (z.B. Marketing) effektiv einsetzen möchte und die Schwächen (z.B. Finanzverwaltung) als mögliche Störung eines funktionierenden Tagesablaufs minimieren möchte. Doch sind derlei Systeme oftmals mit Kosten verbunden, was gerade beim Berufseinstieg eine zusätzliche Belastung des Budgets bedeutet. Wichtig ist daher abzuschätzen, ob das Maß an Unterstützung die Kosten rechtfertigt.
Ein Blick auf die Anzahl der jährlichen Veröffentlichungen von Coaching-Studien und -Fachbüchern zeigt, dass das Thema stetig weiterentwickelt wird, stets etwas Neues dazukommt. Will man mit dieser Entwicklung Schritt halten, gehören Selbststudium aber auch regelmäßige Weiterbildungen zu bestimmten Methoden und neuen Standards schlichtweg zur professionellen Haltung eines Coachs.
Zudem kann die aktive Weiterbildungstätigkeit auch als Unterscheidungsmerkmal zu anderen Coaches genutzt werden. Die Möglichkeit, potentiellen Klientinnen und Klienten wissenschaftlich fundierte Methoden und Ansätze sowie neueste Coaching-Tools anbieten zu können, ist ein Ausdruck von Professionalität und zeugt davon, dass man seinen Berufsstand mit seinen Fortentwicklungen ernst nimmt. Grundsätzlich gibt es dabei drei Möglichkeiten für kontinuierliche Weiterbildung als Business-Coach:
Zu erwähnen sei an dieser Stelle noch die Supervision die wie kontinuierliche Weiterbildung eine zwingende Maßnahme ist, um professionell arbeiten zu können. Denn Supervision ist letztlich nichts anderes als eine Form psychischer Hygiene. Zu bedenken ist, dass Coaching-Prozesse nicht nur für die gecoachte Person anstrengend, manchmal sogar überfordernd sein können, sondern gleichermaßen für den Coach. Im Laufe des Prozesses können durchaus Schicksalsschläge bis hin zu tragischen Ereignissen zur Sprache kommen, beispielsweise Krankheiten oder Todesfälle, die gerade aufgrund der intensiven Beziehung zwischen Coach und Klient auch den Coach nur selten unberührt lassen. Um dies besser einordnen und verarbeiten zu können, ist jedem Coach – und zwar vollkommen unabhängig von seinem Erfahrungslevel – regelmäßige Supervision anzuraten.
Die ersten Schritte hin zum Beruf des Business-Coaches sind nicht leicht, zumal man schnell von der Vielfalt und Vielzahl diverser Optionen und Wege überfordert sein kann. Grundsätzlich gilt daher: Zeit nehmen, recherchieren und viele eigene Überlegungen anstellen. Zudem ist es empfehlenswert, eine möglichst durch einen Coaching-Verband anerkannte Coaching-Ausbildung zu absolvieren. Hier findet man Gleichgesinnte und kann auch i.d.R. seine Fragen aber auch Unsicherheiten offen zur Sprache bringen.
Man muss sich stets vor Augen halten, dass man weder die erste noch die letzte Person ist, die sich in diesen Beruf wagt. Es gibt zahlreiche seriöse Unterstützungsangebote und Informationsquellen zum Thema, die oftmals kostenlos erhältlich sind.