Susanne Edinger (Name von der Redaktion geändert) ist Coach für Change Management, interkulturelle Teamentwicklung und Konfliktbewältigung. Zu ihrem Kerngeschäft gehört die Begleitung mittelständischer Unternehmen bei internationalen Veränderungsprojekten. Die Positionierung in der Nische ist ihr gelungen. Nun hat sie beschlossen, mit ihrer Dienstleistung auch in den Medien sichtbarer zu werden. Die Wirtschaftswoche ist ein bekanntes, renommiertes Printmedium, denkt sie sich und setzt ihr Vorhaben um: In einer E-Mail an die Redaktion wirbt sie für ein Projekt, das sie vor kurzem umgesetzt hat: Das auf verbesserte Kommunikation zielende Coaching eines interkulturellen Projektteams bei einem deutsch-französischen Joint-Venture-Unternehmen.
„Bei dem interessanten Thema beißt die Redaktion bestimmt an“, denkt sich Edinger – Pustekuchen. Nach Wochen des Wartens ruft sie in der Redaktion an und erhält ohne weitere Erklärung eine Absage für ihr Artikelangebot. Was war schiefgelaufen? Die Wirtschaftswoche oder auch andere auflagenstarke Publikumsmagazine wie der Harvard Business Manager sind renommierte Medien. Allerdings greifen sie Themen von Coaches eher selten auf, und zwar aus folgendem Grund: In solchen Wirtschaftsmagazinen, die sich an ein breites Publikum richten, spielen sehr spezifische Themen rund um Personal- und Organisationsentwicklung nur eine Nebenrolle.
Das bedeutet: Die Beschreibung des von Susanne Edinger begleiteten Veränderungsprojektes ist in der Wirtschaftswoche selten ein Thema. Und selbst wenn es aufgegriffen wird, würde die Wirtschaftswoche darauf einen Journalisten ansetzen, der das Thema aus möglichst unterschiedlichen Perspektiven recherchiert und entsprechend Statements von verschiedenen Ansprechpartnern in Form von kurzen Zitaten einholt.
Ob Publikumszeitschrift, Tageszeitung oder Fachzeitschrift – jede Redaktion überlegt sich ganz genau, welche Themen in welcher Aufmachung für ihre Leser interessant sind. Gleichen sich viele Printmedien hinsichtlich ihrer starken Leserorientierung, unterscheiden sie sich im Hinblick auf ihr redaktionelles Konzept: Während die Inhalte bei Tages- und Publikumsmedien in der Regel von Journalisten geschrieben werden, arbeiten Fachzeitschriften oftmals auch mit Fachexperten (Nicht-Journalisten) zusammen, die ihr Wissen und ihre praktischen Erfahrungen in ihre Artikel einfließen lassen.
Die Auswahl der Fachmagazine sollte sich daran orientieren, welche Zielgruppe man ansprechen möchte. Für das Thema „Teamentwicklung interkultureller Projektmitarbeiter“ eignen sich Fachmagazine, die beispielsweise von Geschäftsführern, Personalleitern oder Führungskräften mit Projektverantwortung – also der Kernzielgruppe von Coaches – gelesen werden. Das hat den vorteilhaften Nebeneffekt, dass insbesondere Geschäftsführer und HR-Verantwortliche auch diejenigen sind, die Coaches einkaufen.
In den Fachmagazinen besteht eine relativ gute Chance, dass zwei- bis dreiseitige Artikel, oftmals auch inklusive Autorenkasten mit Portraitfoto, veröffentlicht werden. Folgende Voraussetzungen müssen allerdings erfüllt sein:
Gerade bei qualitativ hochwertigen Print-Magazinen sollten Coaches nicht den Fehler machen, ihre Leistungen und Produkte in den Vordergrund zu stellen. Auch sollten Begriffe, die zurzeit en vogue sind wie z.B. agiles Management oder Arbeitswelt 4.0, nicht penetrant in den Artikel gestreut werden, um auf sich aufmerksam zu machen. Das Ergebnis dieser Bemühungen sind oftmals oberflächliche, werbliche Artikel, die wenig Nutzwert haben und von den Redaktionen zurecht abgelehnt werden.
In Insiderkreisen heißt es oftmals: Ein Fachartikel zur Expertenpositionierung ist Pflicht, der Projektartikel die Kür. Einen solchen zu schreiben, ist aufwändig, da journalistisch anspruchsvoll, dafür hat er aber auch die größte Werbewirkung. Er bietet dem Coach die Möglichkeit, auf ein erfolgreiches Projekt mit einem seiner Kunden aufmerksam zu machen. Indem er seine praktische Vorgehensweise und Methodik beschreibt, kann er sich als Experte für ein bestimmtes Thema positionieren.
Eine wichtige Voraussetzung für den Artikel ist, dass das beschriebene Projekt einen gewissen Reifegrad hat, um z.B. im Rückblick über Erfolgsfaktoren berichten zu können. Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Kunde des Coachs dem Artikel zustimmt. Neben dem Projektverantwortlichen aus dem Unternehmen (z.B. dem Personalleiter) sollten vor allem bei größeren Unternehmen auch die Presseverantwortlichen miteinbezogen werden, die die unternehmenspolitische Brille aufhaben und den Artikel entsprechend überprüfen.
Zurück zu Susanne Edinger: Sie könnte in ihrem Projektartikel zum Beispiel erläutern, warum für ihren Kunden, dem deutsch-französischen Joint-Venture-Unternehmen, ein Teamentwicklungsprozess notwendig wurde und wie sie diesen begleitet hat – sprich welche Instrumente sie zur Entwicklung interkultureller Teams mit welchem Ergebnis eingesetzt hat. Solche Artikel sind bei Redakteuren grundsätzlich gefragt – sofern es keine „Friede-Freude-Eierkuchen“- Artikel sind, sondern auch ehrlich berichtet wird, welche Widerstände es bei dem Veränderungsprozess gab und wie diese gelöst wurden. Denn diese bieten den Lesern, also z.B. den Personalverantwortlichen, die vor einem ähnlichen Veränderungsprozess stehen, oftmals einen guten Handlungsleitfaden.
Für solche Projektartikel beauftragen Berater und Coaches oftmals PR-Experten, die Kontakt zu den Fachmedien pflegen und ein Veränderungsprojekt aus verschiedenen Perspektiven (etwa die des Beraters, des Personalverantwortlichen im Unternehmen und der interkulturellen Teammitarbeiter) beschreiben können. Unterschiedliche Sichtweisen machen den Artikel nicht nur lesenswert, sondern unterstreichen auch die Kompetenz des Coachs, vor allem dann, wenn sich dessen Kunde mittels eines Zitats positiv über die Projektbegleitung äußert. Ein solches Zitat wirkt wie ein Testimonial bzw. eine schriftliche Empfehlung. Allerdings gilt es auch diesbezüglich, die Grenze zum Werblichen nicht zu überschreiten. Kundenstimmen sollten stets einen klaren und für den Leser nützlichen Sachbezug zum beschriebenen Projekt in den Vordergrund stellen, nicht die Person oder allgemeine Tätigkeit des Coachs.
Was für das Online-Marketing oder Vorträge gilt, gilt auch für PR: Wer nur einmal im Jahr eine Aktion plant, indem er einen Artikel publiziert, fällt als Experte nicht auf. Wichtig ist es, regelmäßig in verschiedenen Medien, also neben Fachzeitschriften auch Branchenmagazinen und Online-Portalen – letztere haben den Vorteil, dass sie von dem Artikel zur Homepage des Coachs verlinken können – seine Spuren zu hinterlassen. Das regelmäßige Publizieren kostet zwar Zeit, trägt aber dazu bei, dass potentielle Kunden auf die Homepage des Coachs stoßen. Finden sie hier eine Vielzahl von Artikeln vor, gewinnen sie den Eindruck: Dieser Coach ist ein erfahrener Experte, der seinen Job beherrscht.
Für eine strategische Vorgehensweise ist es ratsam, einen Redaktionsplan mit Themen für ein ganzes Jahr zu erstellen, der Folgendes enthalten sollte:
Möchte Susanne Edinger nicht nur Personalverantwortliche, sondern auch Geschäftsführer der Gesundheitsbranche erreichen, könnte sie z.B. einen weiteren Projektartikel verfassen, den sie einem Gesundheitsmagazin anbietet. Häufig enthalten solche Branchenmagazine auch eine Management-Rubrik, in der solche Projektartikel publiziert werden.
Oftmals fällt es Coaches schwer, Themen auszuwählen, die sowohl ihre Zielgruppe als auch den Redakteur des ausgewählten Wunschmediums interessieren. Eine erste Orientierung bieten die Mediadaten einzelner Fachzeitschriften, die Verlage für ihre Anzeigenkunden einmal im Jahr herausbringen. Die Mediadaten enthalten nicht nur Zahlen zur Höhe der Auflage und zur Leserschaft, sondern oftmals auch eine Themenplanung, in der einzelnen Rubriken Schwerpunktthemen zugeordnet werden.
Bevor Susanne Edinger dem Redakteur das Thema vorstellt, sollte sie sich die Themenplanung online ansehen und möglichst auch regelmäßig einen Blick in die verschiedenen Ausgaben ihres Wunschmediums werfen. So kann sie ein Gespür für eigene Themen entwickeln und herausfinden, wie ein Thema in welchen Formaten aufbereitet wird. Wenn die Beraterin schließlich zum Hörer greift, kann sie zeigen, dass sie sich mit den Inhalten des Mediums beschäftigt hat. Der Blick in die Mediadaten hat für sie noch einen weiteren Vorteil: Sie bieten ihr einen guten Anknüpfungspunkt, um ein Thema für eine bestimmte Ausgabe anzubieten, was die Abdruckwahrscheinlichkeit erhöht.
Wenn die Expertin dem Redakteur ein Thema anbietet, sollte sie folgendes beachten:
In diesem Fall wird das Thema auf eine Mitarbeitergruppe, eine Unternehmenssituation und
einen speziellen Coaching-Schwerpunkt zugespitzt.
Das Formulieren eines konkreten Themas hat für Susanne Edinger neben dem Vorteil, dass sie es dem Redakteur besser „verkaufen“ kann, noch einen weiteren: Indem sie das Thema zuspitzt, erleichtert sie sich selbst die Arbeit: Sie hat einen roten Faden für ihre Geschichte, was ihr das Verfassen des Artikels erleichtern wird. Und sie zwingt sich dazu, in einen inhaltlichen Aspekt tiefer einzusteigen, anstatt viele verschiedene Themen nur oberflächlich anzuschneiden. Im Ergebnis stößt Susanne Edinger auf das Interesse relevanter Fachmedien, in denen sie ihre Artikel erfolgreich platzieren kann. Ihre Wahrnehmung als Expertin wird damit über die Leserschaft der jeweiligen Medien hinaus gestärkt. Wie sich fortan zeigt, zieht sie hierdurch auch die Aufmerksamkeit potentieller neuer Klienten auf sich.