Die Analyse der Interviews ergab folgendes Bild: Erfolgreiches Coaching definiert sich in den Augen der Befragten über „Verhaltensänderungen“ der Führungskraft, die sich neben den Aussagen der Coachs vor allem durch die Beobachtungen der Kollegen der Führungskraft validieren. Der Gewinn eines erfolgreichen Coachings für das Unternehmen wird auf zwei Ebenen beschrieben:
Zu den Bedingungen, die das Ergebnis eines erfolgreichen Coaching-Prozesses wesentlich beeinflussen, zählen äußere Faktoren (z.B. die Unternehmenskultur), Eigenschaften der Führungskraft und Merkmale des Coaching-Auftrages. Vor allem die Qualität der Coaching-Beziehung, die Übernahme eigener Handlungsverantwortlichkeit, der Erkenntnis-Gewinn und nachhaltige Gespräche mit dem Coach stellen aus der Perspektive der HR Manager effektive Wirkmechanismen dar.
Besonders erfolgreiche Coachs scheinen sich nicht in spezifischen Fähigkeiten von den weniger erfolgreichen zu unterscheiden, sondern vielmehr nur in der Erfahrung und in der damit verbundenen umfangreicheren Expertise. Diese zeigt sich nach Aussagen der befragten HR Manager vor allem schwierigen und konfliktreichen Coaching-Situationen durch:
Unter Engagement wurde dabei die Fähigkeit des Coachs verstanden, schnell eine gute und tragfähige Beziehung zum Klienten aufzubauen und das zentrale Coachinganliegen zu erarbeiten. Hierzu sind vor allem folgende Qualitäten des Coachs hilfreich: Glaubwürdigkeit, Empathie, und Respekt, sowie die Fähigkeit, auch unter persönlichem und beruflichen Druck, professionelle Haltung zu bewahren. Letzteres bedeutet in schwierigen, emotionsgeladenen und konflikthaften Phasen professionelle Distanz zu wahren, die Bedürfnisse des Klienten im Blick zu behalten und seine eigene Person zurückzustellen.
Eine Reihe der Befragten betont die Relevanz der diagnostischen und analytischen Kompetenz des Coachs, die zugrundeliegenden Faktoren und Kernthemen des Klienten zu erfassen. Dies verlange eine tiefere Kenntnis der systemischen Zusammenhänge und der menschlichen Beschaffenheit.
In Bezug auf den Erkenntnisgewinn und der Übernahme von Eigenverantwortlichkeit durch den Klienten wurden vor allem das ungeschönte, aber dennoch respektvolle Feedback durch den Coach, die Herausforderung des Klienten, seine Komfortzone zu verlassen, als auch die Tatsache, dass der Coach, sich nicht zu schnellen Lösungen hinreißen lässt oder Ratschläge erteilt, als Bestandteile erfolgreicher Coachings genannt.
Fazit: Dem Perspektivwechsel, der im Coachingprozess den Erkenntnisgewinn des Klienten anstoßen soll, wird in dieser Studie wissenschaftlich Tribut gezollt. In dieser ersten von drei Studien wurde die Perspektive der HR Manager herangezogen, um zur Diskussion der Effektivität von Führungskräfte-Coachings beizutragen.
Aus Sicht der HR Manager unterscheiden sich „erfolgreiche Coachs“ nicht durch spezifische Merkmale von weniger erfolgreichen Coachs, sondern es zeigte sich, dass hier eher eine vertiefte Expertise und professionelle Haltung den Ausschlag für das „Mehr an Effektivität“ gibt. Die Wahrung der professionellen Haltung ist -aus Sicht der Auftraggeber- vor allem in schwierigen oder konfliktreichen Coachinganliegen unabdingbar.
Leider ist die Verallgemeinerung der Ergebnisse durch den qualitativen Ansatz, die kleine Stichprobe der befragten HR Manager und die Spezifität der Fragestellung stark eingeschränkt, da der Fokus auf einer Extremgruppe „den außergewöhnlich erfolgreichen Coachs“ liegt. Umso mehr darf man gespannt sein, auf die laut Dagley noch ausstehenden zwei Untersuchungen, die die Sichtweise auf „erfolgreiche Coachings“ um die Perspektiven der Coachs und die der Klienten ergänzen.
Quelle: Dagley, G. R. (2010). Exceptional executive coaches: Practices and attributes. International Coaching Psychology, Vol.5, No.1, pp. 63.- 80.