Coaching entpuppt sich für viele Firmen als hilfreiches Instrument für die Förderung und Unterstützung unternehmensinterner Veränderungsprozesse. Zu diesem Zweck investieren immer mehr Unternehmen in Coaching-Fortbildungen ihrer Führungskräfte und etablieren eigene, interne Coaching-Kulturen (Wright, 2005). Die Idee, die sich dahinter verbirgt, ist relativ simpel. Ein zentraler Einflussfaktor für eine erfolgreiche Umsetzung unternehmensinterner Veränderungsprozesse ist das Ausmaß, in dem sich die Mitarbeiter mit dem Unternehmen identifizieren.
Gute Führungskräfte zeichnen sich dadurch aus, dass sie diese Identifikation ihrer Mitarbeiter fördern. Die Qualität des Führungsstils von Managern kann durch den Erwerb von Coaching-Skills deutlich gesteigert werden. Wie lange brauchen die Führungskräfte, die neu erlernte Coaching-Kompetenz umzusetzen? Wie erleben Manager ihre Professionalisierung als interne Coachs? Die vorliegende Studie befasst sich mit diesen Fragen und versucht, erste wichtige Implikationen für die Unternehmen, Führungskräfte und Ausbildungsinstitute abzuleiten.
Analog zum wohl bekanntesten Modell zur Verhaltensänderung (Prochaska, 2000) wurden 99 Führungskräfte, die an der Online-Befragung teilgenommen haben, zunächst fünf verschiedenen Phasen zugeordnet. Diese Phasen unterscheiden sich in der Intentionalität, neu erlerntes Verhalten in der alltäglichen Praxis umzusetzen.
Es wurde angenommen, dass diejenigen Führungskräfte, die in den frühen Phasen des Verhaltensänderungsmodells (Phase 1 und 2) eingeordnet werden können, Nachteile der Umsetzung von Coaching-Fertigkeiten in ihre aktuelle Berufstätigkeit stärker wahrnehmen als die Vorteile. Demgemäß wurde weiterhin vermutet, dass sie weniger Vertrauen in die neu erlernten Fähigkeiten und demnach weniger Zufriedenheit mit ihrem Job entwickeln als Führungskräfte, die sich den späteren Phasen des Modells zuordnen lassen.
Wie erwartet berichteten Coachs in der frühen Phase des Modells (z. B.: Phase der Absichtsbildung) mehr Argumente gegen die Umsetzung der Coaching-Skills am Arbeitsplatz als solche, die bereits mehr als sechs Monate ihre Coaching-Skills konsequent einsetzten (Aufrechterhaltungsphase). Eine noch negativere Sicht zeigten allerdings diejenigen Coachs, die erste Versuche der Umsetzung bereits unternommen haben. Sie äußerten stärkere Bedenken und geringeres Vertrauen in die eigene Kompetenz (z. B.: Es hält mich von meiner eigentlichen Tätigkeit ab; kostet mich mehr Zeit; das wird sowie so nicht funktionieren; Coaching-Skills sind nicht so wichtig) und sahen weniger Vorteile als die Coachs, die bisher noch keinerlei Versuche der Umsetzung gestartet hatten.
Unabhängig davon blieben die positiven Einstellungen gegenüber der Umsetzung von Coaching im Führungsverhalten in allen Phasen auf einem mittleren, aber relativ konstanten Niveau. Besonders hervorzuheben ist, dass der Einsatz der Coaching-Skills mit dem Vertrauen in die eigene Coaching-Kompetenz hoch korreliert ist.
Zu guter Letzt konnte die weitläufige Überzeugung nicht bestätigt werden, dass Manager, die ihre Mitarbeiter coachen, zwangsläufig zufriedener mit ihrer Arbeit sind. Deutlich wurde allerdings, dass frustrierte und demotivierte Manager dem Coaching höhere Wirkung und größeren Nutzen zusprachen.
Als Quintessenz dieser Studie lässt sich festhalten, dass eine effiziente Umsetzung erlernter Coaching-Skills tatsächlich Zeit und Unterstützung seitens der Unternehmen und der Ausbildungsinstitute braucht. Wie sich in der Studie zeigte, könnten die negativen Einstellungen der Coachs bezüglich des Einsatzes ihrer erworbenen Coaching-Kompetenz eine erfolgreiche Umsetzung behindern. Dadurch wäre der Gewinn einer solchen Fortbildung der Führungskräfte für das Unternehmen deutlich geschmälert.
Die Gewährleistung des inhaltlichen Transfers der in der Ausbildung erlernten Coaching-Skills könnte also ein Qualitätsmerkmal von Coaching-Ausbildungen darstellen. Die Autoren schlagen vor, die Nachhaltigkeit einer solchen Fortbildung unter anderem durch die Begleitung der Ausbildungskandidaten – beispielsweise durch Supervision und Lehrcoachs – zu unterstützen, um anfängliche Schwierigkeiten, Bedenken und Hindernisse abzubauen.
Haben die Coachs die anfänglichen Hürden gemeistert, steigen das Vertrauen in die eigene Coaching-Kompetenz und der Einsatz der Coaching-Fähigkeiten. Trotz einiger methodischer Einschränkungen (z. B.: selektive Stichprobe, lediglich Querschnittdesign) ist diese Untersuchung hervorzuheben, da sie den Fokus auf Entwicklungsprozesse der Coachs richtet. Wünschenswert für die Zukunft wären Längsschnittuntersuchungen, um die „Lerngewinne“, aber auch die potenziellen „Hürden“ der Ausbildungskandidaten zu identifizieren. Dies könnte helfen, die Nachhaltigkeit der Coaching-Ausbildungen zu optimieren. Denn für eine effiziente, unternehmensinterne Coaching-Kultur ist nicht nur die Vermittlung der Coaching-Skills, sondern auch deren praktische Umsetzung unabdingbar.