„Top Business-Coach 2019 – mit der besten Prozessbewertung“ zeichnet zum ersten Mal Business-Coaches aus und untersucht die Fragen: Woran lässt sich ein erfolgreiches Coaching festmachen? Welche Wirkfaktoren gibt es im Coaching-Prozess? Initiiert wurde die Auszeichnung von „XING Coaches + Trainer“ in Kooperation mit Prof. Dr. Eva Jonas und ihrem Team von der Abteilung Sozialpsychologie der Universität Salzburg sowie mit Prof. Dr. Siegfried Greif vom Institut für wirtschaftspsychologische Forschung und Beratung in Osnabrück. 1.217 Klienten haben die Fragebögen ausgefüllt. Im Folgenden geben die Wissenschaftler erste Einblicke in die Forschungsergebnisse.
Die Wissenschaftler führten den gesamten Evaluationsprozess durch, Voraussetzung war dabei, dass die Auswahl der Evaluationsinstrumente und Bewertungen allein wissenschaftlichen Standards folgt, dass alle Befragungen selbstverständlich strikt vertraulich bleiben und dass sich auch Coaches beteiligen können, die keine Mitglieder von „XING Coaches + Trainer“ sind. Die Idee war, dass nicht nur die Coaching-Ergebnisse, sondern auch die Prozesse aus Sicht der Klienten und Coaches sowie die Qualifikation der Coaches wissenschaftlich analysiert werden. Die große offene Frage war, ob sich genügend Klienten und Coaches auf so ein wissenschaftliches Untersuchungsformat einlassen würden. Der Rücklauf von 1.217 auswertbaren Fragebögen der Klienten ist eine klare positive Antwort.
Schon die ersten Auswertungen der Ergebnisse der Klienten-Prozessbewertungen zeigen theoretisch und praktisch wichtige Resultate. Anhand eines zusammenfassenden statistischen Modelles zeigt sich, dass der von den Klienten berichtete Coaching-Erfolg sich durch zwei zentrale Komponenten abbilden lässt: Aspekte der Zielerreichung und Zufriedenheit mit dem Coaching. Drei Kriterien sind bedeutsam für ein positives Coaching-Ergebnis: Coaching-Erfolg kann am besten durch die wahrgenommene Empathie des Coachs, das Vertrauen in den Coach und die Zusammenarbeit zwischen Coach und Klient erreicht werden. 64 Prozent der Unterschiede in den Daten bei der berichteten Zufriedenheit lassen sich auf diese drei Kriterien zurückführen, bei der subjektiven Einschätzung der Zielerreichung sind es immerhin 44 Prozent. Weitere Analysen sind geplant.
Viele Coaches sind skeptisch gegenüber wissenschaftlichen Untersuchungen. Die Skepsis bezieht sich auf die Verwendung quantitativer Methoden, die von manchen grundsätzlich als ungeeignet angesehen werden. Oft sind Zweifel von Coaches zu hören, dass ihre Klienten nicht bereit seien, „praxisferne“ wissenschaftliche Fragebögen auszufüllen. Auch Verantwortliche für die Auswahl und Bewertung von Coaches und Coachings in ihren Unternehmen würden ihren Klienten und Coaches solche Fragebögen „nicht zumuten“, wie ein Programmmanager im Bereich Führungskräfteentwicklung eines großen modernen Unternehmens gestand, nachdem er sich die Fragebögen angesehen hatte. Dabei haben in der Dissertation von Böning (2015) sogar Top- und Seniormanager solche Fragebögen trotz ihrer in Minutentakten effizient organisierten Arbeitstage ausgefüllt. Aber ganz sicher war nicht, ob die Interessenten am Projekt die Fragebögen ausfüllen oder heftig kritisieren und zurückweisen würden. Bisher ist jedoch kaum Kritik vorgedrungen, was die Länge oder die Fragen selbst angeht. Der bereits erwähnte starke Rücklauf von 1.217 auswertbaren, umfangreichen Bewertungen belegt, dass Klienten für Evaluationen und Untersuchungen mit wissenschaftlichen Fragebögen offen sind.
Damit der Fragebogen dennoch nur das Wichtigste beinhaltete, wurde sehr viel Zeit in die Zusammenstellung der Fragen investiert. Entsprechend orientiert sich der Fragebogen an internationalen Metaanalysen zur Coaching-Effektivität (z.B. Grover & Furnham, 2016) und an Standardpublikationen zu Empfehlungen von Evaluationsinstrumenten für Prozesse und Ergebnisse im Coaching (z.B. Greif, 2017). Da offene Fragen einen Erkenntnisgewinn erbringen können, jedoch meist mehr Zeit benötigen, wurde nur eine Frage von Bachkirova et al. (2015) aufgenommen und regelmäßige Kommentarmöglichkeiten in den Fragebogen eingebaut. Die Klienten wurden gebeten, mit wenigen Worten oder in einem Satz zu beschreiben, was sich durch das Coaching verändert hat. Die Auswertung der qualitativen Antworten wird folgen.
Coaches, die sich beteiligt haben, mussten ebenfalls Online-Fragebögen mit vergleichbaren Fragen ausfüllen. Zu allen Coaching-Prozessen, die von ihren Klienten bewertet wurden, sollten sie unabhängig ihre Einschätzungen abgeben (und natürlich ohne zu erfahren, wie die Klienten die Prozesse mit ihnen bewertet haben). Ist es problematisch, wenn sich Coaches beteiligen, weil sie die Beteiligung und eine erhoffte Auszeichnung als ein „Top Business-Coach 2019“ zum Marketing nutzen wollen?
Grundsätzlich ist wissenschaftliche Forschung zur Legitimation von Coaching als eigenständige Profession unverzichtbar, wenn sie die Wirksamkeit durch Evaluationsstudien nachweisen kann (Fietze, 2011). Coaching-Verbände und Coaches nutzen Evaluationsstudien nicht nur zu Legitimation der Wirksamkeit, sondern auch zum Marketing. Eine ausgewiesene Mitarbeit im „Top Business-Coach“-Projekt kann von Coaches zum Marketing genutzt werden. Dagegen ist aus wissenschaftlicher Sicht nichts einzuwenden. Wenn die Evaluationen mit wissenschaftlichen Methoden durchgeführt werden, sind sie und das Marketing besonders glaubwürdig. Voraussetzung ist dabei allerdings, dass sie nicht als Auftragsforschung mit dem vorgegebenen Ziel durchgeführt werden, in jedem Fall die Wirksamkeit zu bestätigen. Fragestellungen, Methoden, Analysen und Interpretationen sollen ohne Einflussnahme von Auftraggebern unabhängig und ergebnisoffen durchgeführt und in der Scientific Community zur Diskussion gestellt werden. Dies alles trifft auf das hier vorgestellte Projekt zu.
Die folgenden Ergebnisberechnungen wurden anhand der auswertbaren Fragebögen von 1.217 Klienten gewonnen, die insgesamt 326 Coaches zugeordnet werden konnten. 172 Coaches hatten hierbei eine und 154 zwei und mehr Prozessbewertungen. Die Tabelle zeigt die Fragen zur Erfassung von Coaching-Erfolg.
Wie bei dieser Stichprobe zu erwarten war, sind die Mittelwerte durchweg sehr positiv. Die Standardabweichungen bei den Fragen zur Zufriedenheit mit dem Coaching und zur Weiterempfehlungsbereitschaft zeigen einen geringen, die übrigen aber einen breiteren Range. Am positivsten fallen, wie zu erwarten, die Mittelwerte der Weiterempfehlungsbereitschaft (mit 98,5 % erreichen sie fast 100 %) und der Zufriedenheit mit dem Coaching (97,0 %) aus. Die Ratings für die Umsetzung des Geplanten und für den Zielerreichungsgrad beim ersten Ziel liegen ebenfalls erwartungsgemäß mit 83,5 und 87,8 Prozent deutlich niedriger (Die untersten Werte innerhalb der Standardabweichung liegen bei 65,64 und 73,20 Prozent). Da sich Ziele selten vollständig erreichen lassen, wurde zusätzlich nach der Zufriedenheit mit der Zielerreichung gefragt. Sie ist erwartungsgemäß mit 91,0 Prozent etwas höher.
Interessant ist der subjektiv geschätzte Anteil des Coachings an der Zielerreichung. Genau betrachtet ist ein Mittelwert von 84,6 Prozent ein starkes Argument gegenüber Auftraggebern, dass Coaching an der Zielerreichung nach Einschätzung der Klienten einen sehr großen Anteil hat. Dabei ist allerdings davon auszugehen, dass die Ergebnisse im Coaching gemeinsam von Klient und Coach „koproduziert“ worden sind (Greif, 2015; siehe auch Jonas et al., 2018).
Im weiteren Verlauf des Berichts werden die Kriterien für Coaching-Erfolg zu Zufriedenheit und Ziel(-erreichung) aufgrund von Analysen zur Variablenstruktur zusammengefasst. Diese zeigen, dass sich die Fragen zum Coaching-Erfolg in diese zwei moderat korrelierenden, aber verschiedenen Erfolgskomponenten unterteilen. Die Zufriedenheit wird durch die in der Tabelle dargestellten Fragen „Zufriedenheit mit dem Coaching“ und „Weiterempfehlung des Coachs“ gemessen, während Zielerreichung durch die Fragen zum Zielerreichungsgrad, zum Anteil des Coachings an der Zielerreichung und zur Umsetzungsrate erfasst wird.
Die Frage ist naheliegend, ob die positiven Ergebnisse repräsentativ für alle Coachings sind. Die Antwort ist ein klares Nein. Die Teilnehmer am „Top Business-Coach“-Projekt bilden zweifellos eine Positiv-Auswahl. Ähnliches gilt allerdings für fast alle bisher durchgeführten Evaluationsstudien, wenn die Klienten über ihre Coaches geworben wurden. Vermutlich sind auch die Coaches eine Positiv-Auswahl, weil nur solche Coaches sich trauen, an wissenschaftlichen Evaluationsstudien teilzunehmen, die sicher sind, dass ihre Coachings positive Ergebnisse erzielen. Nichtsdestoweniger zeigte sich anhand der Auswertung vieler Skalen, dass die Klienten differenziert bewertet haben und die Bewertungen sich je nach Skala durchaus stärker unterscheiden.
Aus wissenschaftlicher Sicht wäre es für ein realistisches Bild der Wirksamkeit von Coaching erforderlich, die Klienten unabhängig von ihren Coaches für die Evaluation zu gewinnen, z.B. Befragungen aller Klienten eines Unternehmens oder Evaluationen aller Teilnehmenden einer Interventionsstichprobe mit Kontrollgruppen ohne Coaching. Ideal wären Telefoninterviews repräsentativer Bevölkerungsstichproben wie bei Wahlprognosen.
Um herauszufinden, mit welchen Prozessmerkmalen die Erfolgskriterien Zufriedenheit und Zielerreichung zusammenhängen, wurden für jedes Kriterium komplexe statistische Analysen berechnet. Sie zeigen, welche Merkmale eng und statistisch signifikant mit den Erfolgskriterien zusammenhängen. In einer Stichprobe, an der nicht nur die Besten teilnehmen, wären die Standardabweichungen größer und damit auch die Chancen für deutlich höhere Korrelationen gegeben. Die Analysen ermöglichen keinen Nachweis kausaler Ursachen, sondern lediglich statistische Vorhersagen. Wenn allerdings keine signifikanten Zusammenhänge zwischen den Prozessmerkmalen und Erfolgskriterien gefunden werden können oder wenn sie nur sehr gering bleiben, würde das bedeuten, dass diese Merkmale in dieser Stichprobe auch nicht ursächlich für die erfassten Coaching-Erfolgsratings sein können.
Im Folgenden werden zu Prozessmerkmalen Beispielfragen wiedergegeben, wenn die Merkmale signifikante und bedeutsame Vorhersagen ergeben haben. Für die Antworten wurden bei allen Fragen Antwortskalen von 0 (ganz und gar nicht) bis 10 (voll und ganz) verwendet.
Arbeitsbeziehung zwischen Coach und Klient (Working Alliance Inventory, adaptierte Version nach Hatcher & Gillaspy, 2006):
Arbeitsbeziehung: Aufgaben (Task):
Arbeitsbeziehung: Bindung (Bonds):
Arbeitsbeziehung: Ziele:
Vertrauen (adaptierte Fragen nach Mayer et al., 1995; siehe auch Schiemann et al., 2019):
Empathie (die Empathie-Skala setzt sich aus acht an das Coaching adaptierten Fragen zusammen – davon vier zu kognitiver State Empathie (Shen, 2010), drei zur Identifikation von Emotionen anderer und eine Frage zur interaktiven Empathie (Kellett et al., 2006)), z.B.: Ich hatte den Eindruck, dass mein Coach …
Affektkalibrierung (adaptiert nach Greif, 2008): Der Coach ...
Ressourcenaktivierung und Umsetzung (adaptiert nach Greif, 2008): Der Coach ...
Um herauszufinden, mit welchen Prozessmerkmalen die Erfolgskriterien Zufriedenheit und Zielerreichung korrelieren, wurden für jedes Kriterium statistische Vorhersagemodelle, so genannte multiple Regressionsanalysen, berechnet. Abbildung 1 zeigt die statistischen Berechnungsmodelle und Prozessmerkmale, die für einen ersten Schritt der Ergebnisanalyse interessant sind. Der Wert R2 zeigt dabei, wie gut die Erfolgskriterien durch diese Merkmale vorhergesagt werden können. Die Werte an den Linien geben unstandardisierte Regressionskoeffizienten wieder. Je größer diese Werte sind, desto größer ist der Einfluss des Prozessmerkmals auf das Erfolgskriterium.
Sehr plausibel ist, dass die Zufriedenheit der Klienten vom Vertrauen abhängt, das sie ihren Coaches entgegenbringen, und von der Empathie, die sie ihr Coach spüren lässt. Interessant ist aber, dass die Fragen der Skala „Arbeitsbeziehung: Aufgaben (Task)“ ebenfalls zur Vorhersage beitragen. Die Bezeichnung der Skala ist etwas irreführend. Wenn wir die oben wiedergegebenen Fragen dazu genauer betrachten, geht es hier um Klarheit über die eigenen Veränderungsmöglichkeiten, neue Sichtweisen und das Vertrauen, dass die gewünschte Veränderung durch das erreicht werden kann, was der Klient im Coaching tut. Das sind Facetten einer Überzeugung, dass durch das Coaching wirksame und klare neue Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten entstanden sind. Zusammen ließen sie sich psychologisch als eine im Coaching ko-kreierte, speziell auf Coaching bezogene Selbstwirksamkeitserwartung einordnen, wonach die im Coaching neu erkannten Veränderungsmöglichkeiten, Sichtweisen und Handlungen erfolgreich sein werden.
Es überrascht nicht, dass diese Aufgaben-Skala die höchsten Regressionskoeffizienten bei der Vorhersage des Zielerreichungsgrads hat. Gleichzeitig spielt die wahrgenommene Empathie des Coachs eine Rolle. Neu dazu kommt im Unterschied zur Zufriedenheit ein engerer Zusammenhang zur Ressourcenaktivierung und Umsetzung. Das passt sehr gut zu einer der Hauptannahmen aktueller Theorien über allgemeine Erfolgsfaktoren im Coaching-Prozess. Die Ergebnisse werden demnach nicht allein durch die vom Coach gezeigte Empathie ermöglicht, sondern dadurch, dass er oder sie den Klienten aktiviert und dabei hilft, die eigenen Potenziale zu erkennen, zu nutzen und die Umsetzungsversuche zu unterstützen. Die negativen Werte der Affektkalibrierung sind schwer interpretierbar. Sie fallen so gering aus, dass ihre Interpretation sehr spekulativ wäre und nicht versucht werden sollte.
Die zuvor berichteten einfachen statistischen Regressionsmodelle liefern sehr überschaubare und damit einfach zu verstehende Zusammenhangsanalysen. Ihr Nachteil ist allerdings, dass sie immer nur für ein Ergebniskriterium berechnet werden können und nicht für mehrere gleichzeitig. Außerdem hängen die Werte, die die Höhe des Zusammenhangs ausweisen (die Koeffizienten), von der Auswahl der Merkmale ab und können bei kleinen statistischen Unterschieden verschieden ausfallen. Sie sind deshalb nur mit Vorsicht zu interpretieren. Komplexer sind hier sogenannte Strukturgleichungsmodelle. Mit ihnen kann man – vereinfacht gesagt – überprüfen, ob ein komplexes, theoretisch angenommenes Kausalmodell mit der Struktur der erhobenen Fragebogendaten zusammenpasst. Außerdem werden dabei alle Parameter statistisch geschätzt und können so Besonderheiten der Stichprobe wie nicht normalverteilte Daten berücksichtigen. Wie gut das theoretische Modell insgesamt durch die erhobenen Daten abbildbar ist, wird durch sogenannte Fit-Werte überprüft. Die Methode ist zwar komplex, aber die Ergebnisse lassen sich sehr gut grafisch zusammenfassend wiedergeben. Abbildung 2 gibt ein Modell wieder, das gute Fit-Werte zeigt.
Die Werte an den Pfeilen zeigen die Enge der jeweils ermittelten Zusammenhänge und sind ähnlich wie Korrelationen zu interpretieren. In der Mitte stehen zwei Faktoren, die aus den Werten der einzelnen Erfolgskriterien konstruiert wurden, sodass sie wie Fragebogenskalen zusammenfassend gemessen werden können. Rechts stehen die dazu verwendeten einzelnen Erfolgskriterien. (Es ist eine Konvention, die Koeffizienten hier mit zu bezeichnen.) Links stehen die Skalen und Merkmale, mit denen die Faktoren in der Mitte vorhergesagt werden sollen. (Es ist es üblich, diese Koeffizienten mit b zu bezeichnen.)
Wie erwartet, erfassen die beiden Erfolgskriterien Zufriedenheit und Weiterempfehlung einen gemeinsamen Ergebnisfaktor, der „Coaching-Erfolg Zufriedenheit gesamt“ genannt wird. Der zweite Faktor „Coaching-Erfolg Zielerreichung“ kann erwartungsgemäß mit den drei Ratings Zielerreichung, Anteil Coaching und Konsequenz der Umsetzung zusammen gemessen werden. Die beiden Faktoren korrelieren zwar mit r= 0.31, sind aber statistisch gesehen voneinander unabhängig genug, um sie in Evaluationen als verschiedene Faktoren zu verwenden.
Anders als in den Regressionsmodellen oben kann der Faktor „Coaching-Erfolg Zufriedenheit gesamt“ deutlich am stärksten durch Vertrauen des Klienten in die Kompetenz des Coachs, die von ihm vertretenen Werte sowie die Verlässlichkeit und Besorgtheit um das Wohl des Klienten vorhergesagt werden (siehe die mit b bezeichneten Koeffizienten). Zudem zeigt sich auch, dass die vom Klienten wahrgenommene Empathie des Coachs und die Aufgaben-Skala die Zufriedenheit vorhersagen. Dazu kommt ein geringer Zusammenhang mit der Bindungs-Skala des Arbeitsbeziehungsfragebogens. Diese Skala enthält Fragen zur wahrgenommenen Beziehung (ob die Klienten sich vom Coach gemocht glauben, dass er sich auch dann um sie gekümmert hätte, wenn sie unterschiedlicher Meinung sind, und ob sich beide respektieren).
Der zweite Faktor „Coaching-Erfolg Zielerreichung“, hängt wiederum stark von der Aufgaben-Skala ab, gefolgt von der Empathie und dem Vertrauen in den Coach. Interessant sind auch die – wenngleich sehr geringen – Zusammenhänge mit dem Alter. Die älteren Klienten sind demnach ein ganz kleines bisschen zufriedener und erreichen ihre Ziele minimal besser. Die Zusammenhänge zwischen dem Geschlecht der Befragten und der Zufriedenheit sind nicht signifikant. Allerdings schätzten männliche Klienten ihre Zielerreichung etwas höher ein als weibliche. Genauere Analysen werden zeigen, woran dies liegen könnte.
Wie in den Regressionsmodellen oben können die Unterschiede der zusammengefassten Messwerte des Faktors „Zufriedenheit gesamt“ mit 64 Prozent deutlich besser vorhergesagt werden als die des Faktors „Zielerreichung“ mit 44 Prozent. Bei Letzteren wäre es praktisch nützlich, fände man noch andere Prozessmerkmale oder Interventionen im Coaching, von denen die Zielerreichung und Umsetzung abhängen.
Zusätzlich zur Einschätzung der Zufriedenheit mit dem Coaching und der Zielerreichung wurde auch die Zunahme von ergebnisorientierten Problem- und Selbstreflexionen, Gespür für sich selbst und Selbstzugang, Selbstwirksamkeit bei der Lösung von Problemen sowie die Befriedigung grundlegender Bedürfnisse und Selbstkontrolle als weitere mögliche Coaching-Ergebnisse erfragt. Sobald die Analysen komplett abgeschlossen sind, werden auch diese Ergebnisse präsentiert.
Als wichtige einschränkende Vorbemerkung ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Bewertungen des Coaching-Erfolgs und der Prozessmerkmale lediglich um subjektive Wahrnehmungen und Einschätzungen handelt. Diese subjektiven Eindrücke der Klienten sollten deshalb nicht als fragwürdig angesehen werden. Im Gegenteil, es wäre wesentlich fragwürdiger, die Wahrnehmungen und Meinungen der Coaching-Partner nicht zu erfassen und nicht ernst zu nehmen. Menschliches Verhalten kann aus der Sicht der Psychologie nicht nur, aber immer auch durch die subjektiven Wahrnehmungen und Interpretationen (oder Konstruktionen) erklärt werden. Allerdings ist nicht zu erwarten, dass die Zusammenhänge zum beobachtbaren Verhalten hoch sind. So gilt zwar die erfragte Empfehlungsbereitschaft als eine der besten Möglichkeiten zur Vorhersage des tatsächlichen Empfehlungsverhaltens, aber niemals zu 100 Prozent. Im Coaching-Feld könnten beispielsweise manche Klienten zögern, ihren Coach zu empfehlen, weil sie sich nicht gerne „outen“ mögen und abwertende Kommentare fürchten (z.B. „Was, Sie brauchen Coaching? Ich brauche das nicht.“). Bei den Prozessmerkmalen sind nach bisher vorliegenden Studien (Schmidt & Thamm, 2008) keine hohen Korrelationen mit dem beobachteten Verhalten des Coachs (durch geschulte Beobachter erfasst) zu erwarten. Im nächsten Schritt soll geprüft werden, inwieweit die Verhaltenseinschätzungen der Klienten mit den Selbsteinschätzungen der Coaches übereinstimmen.
Trotz der vorangehenden Einschränkungen lassen sich erste praktische Folgerungen aus den Ergebnissen ableiten. Um hohe Werte bei den subjektiven Erfolgsratings ihrer Klienten zu erreichen, wäre den Coaches beispielsweise zu empfehlen, sich zu fragen, ob sie z.B. neue Sichtweisen gefördert haben. Auch der Vertrauensaufbau in die fachliche Kompetenz oder die Bestärkung der Überzeugung, dass die gewünschte Veränderung durch das Coaching erreicht werden kann, könnte Teil der Selbstreflexion oder eines Feedbacks sein. Es lohnt sich deshalb, sich mit den einzelnen Fragen und der möglichen Sicht der Klienten auseinanderzusetzen.
Eine wichtige praktische Folgerung ist, dass bei der Förderung der Umsetzung der Pläne der Klienten und bei der Zielerreichung noch mehr geschehen könnte, um diese Werte zu verbessern. Wie oben berichtet, ist der Mittelwert bei der Umsetzungsrate mit 83,5 Prozent zwar durchaus gut, aber durch die besonders große Standardabweichung reichen die Werte im unteren Bereich bis zu relativ unbefriedigenden Raten von 65,54 Prozent. Den „inneren Schweinehund“ beim konsequenten Umsetzen des Geplanten zu besiegen oder mangelnde Klarheit über die Schritte zur Zielerreichung zu überwinden, sind also auch bei sehr erfolgreichen Coachings für viele Klienten problematisch. Zur Verbesserung kann empfohlen werden, zusätzlich zur Zielklärung die Formulierung bewusster Umsetzungsabsichten zu fördern und die Umsetzung systematisch zu begleiten (Greif, 2018).
Coaches mit mindestens fünf Prozessbewertungen haben die Möglichkeit erhalten, eben diese fünf Prozesse mit diesen Klienten individuell zu bewerten. Außerdem mussten sie Angaben zu ihrer Qualifikation als Coach machen. Wie zu erwarten, hat nur ein Teil der Coaches dieses anspruchsvolle Ziel erreicht. Die Qualifikationsangaben und Bewertungen wurden auf unglaubwürdige Angaben überprüft. Insgesamt 54 Coaches haben diese Hürden erfolgreich bewältigt. Nach der Überprüfung der verschiedenen Glaubwürdigkeits- und Qualitätskriterien wurde auf Basis der Auswertungen eine Liste der besten Bewertungen erstellt. Die prämierten Coaches können die Auszeichnung kostenfrei für ihre Kommunikation und zu Marketingzwecken verwenden und sich entsprechend auf der „XING Coaches + Trainer“-Plattform mit einem Badge präsentieren. Allen an der Evaluation aktiv beteiligten Coaches wird außerdem eine Auszeichnung für die Unterstützung der Wissenschaft und der wissenschaftlichen Überprüfung des eigenen Coaching-Prozesses ausgestellt.
Bisher wurden umfangreiche Daten nur im Hinblick auf Zusammenhänge der Prozessbewertungen mit Zufriedenheit und Zielerreichung analysiert. Geplant ist darüber hinaus eine genaue Analyse der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Wahrnehmungen der Klienten und der Coaches. Weitere Ergebniskriterien werden hierbei einbezogen. Die Durchführung dieser sehr aufwendigen Analysen liegt federführend bei den Mitarbeitern der Universität Salzburg durch Kinder et al. (in Vorber.), die die Ergebnisse in wissenschaftlichen Publikationen veröffentlichen und genauer diskutieren werden.