Der Kapitalismus hat neuerdings nicht den besten Ruf, denn in der öffentlichen Wahrnehmung zeichnet sich die Marktwirtschaft meist durch Wettbewerb aus und lässt denjenigen als Gewinner dastehen, der „über Leichen“ geht und skrupellos ist: Großunternehmen handeln mit Waffen, verschmutzen die Umwelt, beuten ihre Mitarbeiter aus, quälen Tiere und bedienen sich noch vieler anderer verwerflicher Mittel, um ihren Profit zu maximieren. Dank Globalisierung und immer besserer Infrastrukturen können solche Unternehmen expandieren und noch größeren Schaden anrichten, als es etwa noch vor hundert Jahren der Fall war.
Daher wird der Ruf der Öffentlichkeit nach einer moralischen Instanz, welche diese „Machenschaften“ stoppt oder zumindest zügelt, immer lauter. Viele sehen genau hier den Platz der Wirtschaftsethik, also einer Instanz, die festlegt und durchsetzt, was in der Wirtschaft moralisch erlaubt ist und was nicht. Doch ist es tatsächlich die Aufgabe der Wirtschaftsethik dem Homo Oeconomicus eine Moral zu predigen und ist dies überhaupt möglich?
Niklas Luhmann war der Meinung, dass dies eher nicht möglich sei und sprach der Wirtschaftsethik sogar ihre Daseinsberechtigung ab: „Die Sache hat einen Namen: Wirtschaftsethik. Und ein Geheimnis, nämlich ihre Regeln. Aber meine Vermutung ist, dass sie zu der Sorte von Erscheinungen gehört wie auch die Staatsräson oder die englische Küche, die in der Form eines Geheimnisses auftreten, weil sie geheim halten müssen, dass sie gar nicht existieren“ (Luhmann, 1993; 134).
Luhmanns Antwort ist vielleicht etwas zu drastisch, aber um herauszufinden, was sinnvollerweise als Aufgabengebiet der Wirtschaftsethik gelten kann, ist es wohl notwendig, erst einmal zu wissen, was Wirtschaftsethik überhaupt genau ist. Denn Wirtschaftsethik ist in aller Munde, damit auch mit entsprechend vielen Definitionsansätzen und mit einer kaum überschaubaren und schier endlosen Ansammlung an Begriffen: Corporate-Social-Responsibility, Unternehmensethik, Ethics-Officers, Ordnungsverantwortung, Corporate Citizenship, Wertemanagement, Ethik-Audits ... Wer entsprechend ein Buch zur Wirtschaftsethik aufschlägt, kommt sich manchmal vor wie jemand, der gerade einer Power-Point-Präsentation eines (unseriösen) Unternehmensberaters oder Versicherungsverkäufers beiwohnen darf. Auch er verwendet auf jedem neuen „Slide“ einen möglichst dem Englischen nahen, modern und wichtig klingenden Begriff, hinter dem sich doch meist nur heiße Luft verbirgt. Aber gehen wir erst einmal einen Schritt zurück und schauen uns die grundlegenden Begriffe an und lassen die zweifelhaften unter den Fachausdrücken beiseite. Wenn dann klar ist, worüber man eigentlich spricht, können wir sehen, wie sich Ethik und Wirtschaft tatsächlich zueinander verhalten.
Ethik wird oft synonym mit dem Wort Moral verwendet, dabei wird sie heute in der Philosophie eher als die Theorie der Moral verstanden. So ist z.B. der Utilitarismus eine Ethik, sprich eine Theorie über Moral und diese Moral besagt, dass moralisches Handeln darin besteht, den Nutzen für alle zu maximieren. Eine Wirtschaftsethik wäre demnach eine Theorie der Moral der Wirtschaft, die Normen speziell für die Wirtschaft schafft. Jedoch scheinen sich die Wirtschaft und ihre Handlungsspielräume lediglich in einem Rahmen des Wettbewerbs und der rein rational egoistischen Handlungen wiederzufinden. Die Handlungen, welche die Moral vorgibt, scheinen hingegen zugunsten anderer und klar altruistischer, also uneigennütziger Natur zu sein – damit wären Moral und Wirtschaft unvereinbar. Wenn sich dieses Paradoxon nun bewahrheitet, sprich Moral und Wirtschaft gar keine Berührungspunkte haben, behält Luhmann Recht und der Begriff der Wirtschaftsethik ist eine sinnfreie Worthülse und alles, was an dieser Disziplin hängt, ist lediglich viel Lärm um nichts.
Ethik kann aber anders verstanden werden – und sie wurde z.B. in der Antike auch anders verstanden, nämlich als die Kunst des guten Lebens. Die Moral dient hierbei dem eigenen Glück und nicht dazu, um Rechte anderer zu schützen. Ein moralisch korrektes und gerechtes Verhalten führte laut Platon und anderer antiker Philosophen automatisch zu einem guten Leben. Wer etwas Verwerfliches tat, wurde demnach auch unweigerlich unglücklich. Damit war es für jeden rein rational und bereits aus egoistischen Gründen ratsam, sich moralisch einwandfrei und den geltenden Normen entsprechend zu verhalten. Dass jedoch jeder, der etwas moralisch Falsches tut, automatisch unglücklich wird, scheint nicht nur eine fragwürdige, sondern eine völlig lebensfremde These zu sein.
Man kann sich als sehr glücklichen Menschen einschätzen, obwohl man gleichzeitig manchmal bei Rot über die Straße geht oder während der Schulzeit bei der einen oder anderen Klausur geschummelt hat – und wieso sollten Steuerhinterzieher unglücklicher sein, sofern sie nicht erwischt werden? Nichtbefolgung moralischer Maßstäbe führt also nicht unweigerlich zu einem verfehlten Leben. Dennoch lässt sich Ethik als die Theorie des guten Lebens verstehen und die Moral zumindest als einen Teil dessen, jedoch gehören zu einem guten Leben mehr als nur die strikte Befolgung moralischer Regeln. Daher muss man Wirtschaftsethik nicht als eine Moraltheorie der Wirtschaft verstehen, deren Existenz doch fraglich wäre. Doch was wiederum könnte wohl mit einer Theorie des guten und glücklichen Lebens für die Wirtschaft gemeint sein?
Um dies zu beantworten, hilft es zu verstehen, was mit Ethik, sprich einer solchen Theorie des guten Lebens für einzelne Personen, gemeint ist. Jeder von uns hat Wünsche, deren Erfüllung die Hoffnung auf ein gutes und glückliches Leben in Aussicht stellt. Doch nicht allzu selten kommen sich die Wünsche, um glücklich zu werden, und das Müssen, d.h. die Pflicht, sich moralisch zu verhalten und so eine moralische Norm zu erfüllen, in die Quere: Egoismus vs. Altruismus, Urlaub in der Karibik vs. Patenschaft für ein hungerleidendes Kind?
Diesen Zwiespalt hat wohl bereits jeder schon verspürt und nicht allzu oft hat man sich für die einfachere, die bequemer Lösung entschieden, ist den eigenen egoistischen Wünschen nachgegangen und hat nicht den Versuch unternommen, „die Welt zu retten“. Genauso können Unternehmen sich für Gewinnmaximierung anstatt für faire Löhne entscheiden. Allerdings haben wir im Gegensatz zu Unternehmen ein schlechtes Gewissen und stellen uns die Frage, inwieweit wir jenes vernachlässigen müssen, was wir wollen, um „gut und glücklich“ zu sein? Diese Frage verliert aber bei genauerer Betrachtung massiv an Bedeutung, denn hinter dem, was man muss, steckt ebenfalls das, was man will.
Was bedeutet „Müssen“ überhaupt? Da es weite Teile unseres täglichen Lebens bestimmt, scheint es nicht verkehrt zu sein, diese Frage zu stellen. Wenn ich etwas nicht muss, dann kann ich es tun, aber es auch lassen. Wenn ich aber etwas tun muss, dann kann ich es nicht lassen, sprich, ich unterliege einer Art Zwang. Ein Phänomen, dem man wohl fast jeden Tag begegnen kann, wenn man sich morgens früh aus dem Bett quält und zur Arbeit gehen muss. „Ich muss ins Büro!“ würde also bedeuten, dass ich gezwungen bin dorthin zu gehen. Jedoch bin ich ein freier Mensch und niemand kann mich tatsächlich zwingen, ins Büro zu gehen. Wenn ich aber auf diese Freiheit beharre und nicht ins Büro fahre, werde ich gekündigt – und das will ich nicht: Ich will meine Arbeit behalten und dieses Wollen ist an eine Bedingung geknüpft, nämlich zur Arbeit zu gehen, sonst erwarten mich negative Konsequenzen. Aus diesem Wollen bzw. Wunsch (Arbeit behalten, nicht entlassen werden) und der dafür notwendigen Bedingung (zur Arbeit gehen) entsteht ein Müssen: Ein Müssen, das mich zwingt bestimmte Dinge zu tun, wenn ich meine Wünsche realisieren will.
Hieran erkennt man sehr gut, dass das Müssen kein Gegenspieler des Wollens ist, sondern es geht schlicht darum, welcher Wunsch stärker ist: Der Wunsch, im Bett liegen zu bleiben, nicht ins Büro zu gehen und die Konsequenz zu tragen, oder der Wunsch, meinen Job zu behalten, was aber an die Realisierung einer Bedingung gebunden ist, die mich eben zu bestimmten Dingen zwingt? Sobald ich aber keine Lust mehr auf meinen Job habe und ihn nicht mehr behalten will, verliert dieses Müssen auch seinen Zwangscharakter. Das Müssen hängt also vom Wollen ab. Die Kluft zwischen dem Wollen und dem Müssen ist also gar keine Kluft, denn ich kann zwar nicht ins Büro wollen und trotzdem gehen müssen, aber hinter dem Müssen steckt eben auch ein Wollen – und das ist stärker als das erstere. Alles was ich also mache, ist abzuwägen, ob der Wunsch Zuhause zu bleiben größer ist als der, meinen Job zu behalten. Wenn Letzterer größer ist, muss ich eben zur Arbeit gehen. Im Prinzip verhält es sich immer so, wenn wir etwas tun müssen, denn ohne einen Wunsch im Hintergrund können wir gar nicht zu etwas gezwungen werden.
Somit kommt es bei der Ethik darauf an, Wünsche gegeneinander abzuwägen. Die Befriedigung von egoistischen Interessen geht oft nicht ohne negative Konsequenzen einher, z.B. in Form eines schlechten Gewissens, was dann doch zu eher altruistischen Handlungen zwingt, weil dessen Beseitigung zum starken Wunsch wird. Das schlechte Gewissen selbst hat seinen Ursprung im Mitleid, weil wir empathische Wesen sind und es oft bereuen, egoistisch gehandelt zu haben wenn wir das Leid anderer wahrnehmen. Doch wie soll das bei Unternehmen funktionieren, die ohne schlechtes Gewissen nur ihre gewinnmaximierenden Interessen verfolgen? Um dies herauszufinden bietet sich ein Gedankenexperiment an, bei dem ein Zustand herrscht, in dem Akteure nur egoistische Interessen haben.
... es keine Moral und keine Vorschriften gäbe, keinerlei Regeln oder Gesetze, keinen Staat, kein Müssen, nichts? Jeder könnte tun, was er will. Was auf den ersten Blick fantastisch klingt, weil man so viel Freiheit besitzt, stellt sich bei genauerem Hinsehen als Alptraum heraus. Zwar kann ich tun und lassen, was ich will, doch kann auch jeder andere mit mir machen, was er will, ob es mir passt oder nicht. Keiner kann sich also sicher fühlen und muss in ständiger Angst vor Übergriffen leben. Dieser gesetzlose Zustand wird als der Naturzustand bezeichnet und führt laut Thomas Hobbes zum Krieg aller gegen alle. Der Ausweg scheint recht simpel: sich zusammenraufen und sich gegenseitig versichern, bestimmte Auflagen zu erfüllen und wer sich nicht daran hält, wird von der Gruppe oder einem Souverän, den die Gruppe bestimmt hat, bestraft. Diese Auflagen sind die moralischen Regeln dieser Gruppe bzw. dieser Gesellschaft. Jeder verzichtet auf ein wenig Freiheit und bekommt dafür ein hohes Maß an Sicherheit. Dafür ist es notwendig, dass alle mitmachen, was aber wiederum bedeutet, dass nur diejenigen Regeln zur Auflage werden, die den Wünschen aller entsprechen. Die daraus entstehenden Normen sind ein Set von verschiedenen Formen des Müssens, die zu bestimmten Handlungen oder Unterlassungen zwingen. Man muss z.B. Menschen in Not helfen und es unterlassen andere zu verletzen oder zu töten.
Dieses Gedankenexperiment dient dazu die Legitimation von solchen moralischen Normen zu erklären. Jeder will bis zu einem gewissen Maß in Sicherheit leben und dafür muss er Einschränkungen seiner Freiheit in Kauf nehmen, denn auch hier gilt, wer keine negativen Konsequenzen erleiden will, muss sich moralisch verhalten. Die Palette der negativen Konsequenzen ist breit gefächert von Tadel, Spott, sozialer Ausgrenzung bis zu einer gerichtlichen Verurteilung – eine persönliche Konsequenz kann z.B. das schlechte Gewissen sein. All diese Dinge will man normalerweise nicht, was zum Zwang führt, sich moralisch zu verhalten, auch wenn man nur rein rational seinen egoistischen Interessen folgt.
Dies bedeutet aber auch, dass es keine objektiv gültigen moralischen Normen gibt. Andere Menschen zu töten ist demnach nicht an sich schlecht, sondern nur, weil diese es nicht wollen. Moral kann also so verstanden werden, dass Menschen sich aufgrund ihrer Wünsche bestimmten Handlungsbeschränkungen unterwerfen, damit sie sicher sein können von den anderen dasselbe erwarten zu können. Diese Moraltheorie nennt sich Kontraktualismus, sie stammt aus der politischen Philosophie Hobbes und eignet sich gut als Grundlage für eine Wirtschaftsethik: „Offenkundig hat Hobbes mit seinem berühmten Argument von der Entstehung des Staates, der Institution aller Institutionen, aus der Selbsterhaltungsnot der Naturzustandsbewohner auch ein konzeptuelles Vorbild für das Projekt einer angemessenen Wirtschaftsethik geliefert“ (Kersting, 2008; 16).
Denn der Kontraktualismus kann klar machen, woran moralische Appelle an Unternehmen scheitern: Ein Unternehmen muss nicht befürchten getötet oder verletzt zu werden, hat kein schlechtes Gewissen und damit weniger Gründe, sich Handlungsbeschränkungen zu unterwerfen. Es kann, wenn es nicht durch Gesetze und Sanktionen gehindert wird, z.B. durch Umweltverschmutzung viele Menschen schädigen und hat daher eine andere Stellung als eine Person. Dennoch hat ein Unternehmen Interessen (auch wenn nur egoistische) und an diese gilt es anzuknüpfen.
Der Vorteil des Kontraktualismus gegenüber anderen Moraltheorien, welche gewisse Ideale und objektive Werte postulieren, ist, dass er auch funktioniert, wenn lediglich von egoistischen Interessen der Akteure ausgegangen wird. Was anfangs klingt, als sei dies eher ein Manko einer Moraltheorie ist im Hinblick auf die Wirtschaft ein großer Vorteil. Unternehmen wollen hauptsächlich ihre Gewinne maximieren – sie haben meist rein egoistische Interessen. Dazu ist ihnen oft jedes Mittel recht, das aber die Gesetze eines Landes nicht verletzen darf – das ist die Begrenzung.
Allerdings gibt es nun einige Handlungsweisen von Unternehmen, welche von den meisten Menschen als moralisch falsch bewertet werden, aber gesetzlich nicht verboten sind. Eine erste Möglichkeit ist nun, die Gesetze dahingehend zu verändern, dass solche Handlungen ebenfalls juridisch verboten werden. Dies ist aber meist ein sehr langwieriger Prozess, der nicht immer erfolgreich ist, da Unternehmen natürlich zu ihren Gunsten agieren und den Gesetzgeber beeinflussen, z.B. mit Hilfe von Lobbyarbeit. Doch es gibt noch einen anderen, direkteren Weg Unternehmen zu sanktionieren: Die Konsumenten interagieren letztendlich mit verschiedenen Unternehmen, indem sie ihre Produkte kaufen. Ihr Interesse, das Produkt möglichst billig zu kaufen, können die Konsumenten dadurch erreichen, indem sie beim günstigeren Konkurrenten kaufen oder ganz auf das Produkt verzichten. Das Interesse der Konsumenten an niedrigen Preisen ist damit an die Gewinnmaximierung der Unternehmen gekoppelt. Das Befriedigen der Interessen der Kunden ist damit eine notwendige Bedingung für die Gewinnmaximierung der Unternehmen. Nur gilt dieses Prinzip nicht nur für das Interesse am niedrigen Preis, denn sobald moralisch korrektes Wirtschaften im Interesse der Konsumenten liegt, kann dieses Interesse ebenfalls zu einem Faktor der Gewinnmaximierung werden.
Unmoralisches Verhalten von Unternehmen kann also von den Konsumenten sanktioniert werden, indem sie deren Produkte nicht mehr kaufen, sie können Unternehmen also zwingen, sich moralisch zu verhalten. Es müssen nur genügend Konsumenten mitmachen, genug Menschen müssen bestimmtes moralisches Verhalten wollen und fordern, um es für Unternehmen rational-egoistisch zu machen, moralisch korrekt zu handeln. Moralische Appelle, welche zwischenmenschlich gut funktionieren, sind bei Unternehmen zum Scheitern verurteilt, solange sie ebenfalls an deren Mitgefühl und moralisches Empfinden gerichtet sind, da ein Unternehmen diese nicht hat, sondern meist rein gewinnorientiert ist. Kann man aber unmoralische Handlungen mit der negativen Konsequenz des Gewinneinbruchs verknüpfen, entsteht für die Unternehmen ein Müssen und damit ein Grund, moralisch zu handeln.
Die Wirtschaftsethik ist also keine Theorie der Moral für die Wirtschaft und es ist auch genauso wenig ihre Aufgabe, den Unternehmen Moral zu predigen und sie von ihren Pflichten gegenüber der Gesellschaft zu belehren. In diesem Sinne hat Luhmann tatsächlich Recht. Dennoch ist die Wirtschaftsethik als selbständige Disziplin der angewandten Ethik sinnvoll. Ethik lässt sich, wie dargestellt, auch im antiken Sinne als Theorie des guten Lebens verstehen, was angewendet auf die Wirtschaft ein wohlfunktionierendes Unternehmen bedeutet. Da Moral ohnehin nicht auf objektive Werte, sondern auf das Wollen der Akteure zurückgreift, lässt sich der Kernbereich der Wirtschaftsethik darauf beschränken, Verfahren zu entwickeln, die helfen moralisch korrektes Handeln in Unternehmen zu integrieren; zwischen Unternehmen und der Umwelt genauso wie im Unternehmen selbst. Dabei muss an das Interesse der Gewinnmaximierung angeknüpft werden und kein moralisches Gewissen der Wirtschaft erträumt werden.
Die normative Ethik gibt vor, was moralisch korrekt ist und was nicht, die Wirtschaftsethik muss also hier keine zusätzlich Moraltheorie entwerfen. Jedoch gibt es komplexe Vorgänge in der Ökonomie, die einen interdisziplinären Diskurs erfordern. Ob ein bestimmter ökonomischer Vorgang eine Schädigung des anderen oder lediglich fairer Wettbewerb ist, kann ein Moralphilosoph eventuell gar nicht beurteilen, obwohl er weiß, was moralisch falsch ist, er aber die Handlung eines Unternehmens gar nicht einordnen kann. D.h., die Wirtschaftsethik hat zwar durchaus die Aufgabe, die Handlungen des Unternehmens moralisch zu bewerten, doch kann sie dem Unternehmen keine Moral vorschreiben, sprich keine „Moralpredigt“ halten.
Wenn man also Ethik, Moral, Müssen und Wollen richtig versteht, sieht man, dass die Wirtschaft nicht außerhalb der Moral steht und Wirtschaftsethik keine besondere Moral der Wirtschaft darstellt, sondern dass dieselben Spielregeln für alle Akteure gelten. Unternehmen sind dabei aber spezielle Akteure, die oft weniger Anreize haben diese Spielregeln einzuhalten und deshalb ist es die Aufgabe der Wirtschaftsethik, Anreize zu schaffen und umsetzen, um sie stärker in die ethischen Ideale der Gesellschaft miteinzubinden. Dies funktioniert über Sanktionen und negative Konsequenzen, es sind also dieselben bekannten Mechanismen der Moral im Gange, nur in gewissem Sinne komplexer und weitreichen der als in zwischenmenschlichen Situationen. Daher hat die Wirtschaftsethik eine Existenzberechtigung – auch wenn es keine Moral der Wirtschaft gibt.