Ethik

Nietzsche als Coach?

Der Übermensch im modernen Coaching

Nietzsche als Coach? Diese Frage dürfte – auch weil sie offensichtlich anachronistisch ist – erst einmal merkwürdig wirken. Nietzsches Philosophie vom Übermenschen, die später von den Nationalsozialisten instrumentalisiert und dabei erheblich verzerrt wurde, beinhaltet jedoch Sichtweisen und Leitprinzipien, die dem Coaching nicht fern liegen. So fokussiert Nietzsche auf persönliches Wachstum und Entwicklung mittels Selbstreflexion und -gestaltung. Anknüpfungspunkte zu Nietzsches Philosophie lassen sich etwa in konstruktivistisch und biografisch orientierten Coaching-Ansätzen wiederfinden. 

13 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 2 | 2024 am 15.05.2024

Friedrich Nietzsche, eine Person von großer Bekanntheit und gleichzeitig zweifelhaftem Ruf. Seine Ideen wurden nicht selten als schwer verständlich empfunden, oft falsch interpretiert und von den Nazis missbraucht. Er war ein Philosoph der Kontraste und der scheinbaren Widersprüche. Mit Nietzsche begann eine radikale Abkehr von den traditionellen und hochgeschätzten Vorstellungen von „Gut“ und „Gerechtigkeit“ in der Philosophie. Er brach mit dem religiösen Glauben und setzte auf die Stärkung des selbstbestimmten Individualismus. Als einer der Pioniere in der Philosophie richtete Nietzsche sein Augenmerk auf das Individuum und betonte die Notwendigkeit einer hochindividuellen Entwicklung. Selbstkenntnis und Selbstgestaltung wurden zu seinen Leitprinzipien, die er in seinen Werken eindringlich vermittelte.

Das Konzept des Übermenschen repräsentiert dabei das große Ziel, dem sich das Individuum auf seinem Weg der Entwicklung zu widmen hat. Obwohl Nietzsche sich selbst natürlich nicht als Coach betrachtete, weisen seine grundlegenden Prinzipien erstaunliche Parallelen zum modernen Coaching auf: „Dem Individuum, sofern es sein Glück will, soll man keine Vorschriften über den Weg zum Glück geben: denn das individuelle Glück quillt aus eigenen, Jedermann unbekannten Gesetzen, es kann mit Vorschriften von Aussen her nur verhindert, gehemmt werden.“ (Nietzsche, 1983, S. 86)

Auf einen Blick

  • Nietzsches Philosophie vom Übermenschen ist leicht misszuverstehen und wurde oft fehlinterpretiert oder gezielt entstellt – etwa von den Nationalsozialisten.
  • Tatsächlich zielt Nietzsches Philosophie jedoch nicht, wie der bloße Begriff des Übermenschen zunächst vermuten lassen kann, auf einen besseren oder gar höherwertigen Menschen ab, sondern folgt den Leitprinzipien von stetiger Selbsterkenntnis und individueller Selbstgestaltung, um Selbstüberwindung und persönliches Wachstum zu realisieren. Ein Potenzial, das nach Nietzsche jedem Menschen innewohne.
  • Bei näherem Hinsehen umfasst die Philosophie vom Übermenschen diverse Ansätze, Perspektiven und Prinzipien, die im Coaching wiederzufinden sind bzw. Coaches zur Inspiration dienen können.

Nietzsches Methodik ist daher eine grundlegend hinterfragende und kritisierende, aber nicht urteilende. Durch seine Aphorismen lässt er Spielraum und möchte den Leser anregen, seine Erkenntnis eigenständig zu formulieren und anzuwenden. In wissenschaftlichen Diskursen wird Nietzsche als „Meister des Perspektivenwechsels“ (Schmidt-Lellek, 2004, S. 118) gehandelt, der in all seinen Schriften die Aufforderung an den Leser stellt, die eigenen Gewohnheiten im Wahrnehmen und Bewerten zu hinterfragen. Sieht man die Aufgabe des Coachings darin, den Ratsuchenden insoweit zu unterstützen, dass er seine Probleme und Konflikte selbstständig zu lösen lernt, so wird ersichtlich, warum sich Nietzsche als spät-neuzeitlicher Coach verstehen lässt.

Nietzsches Übermensch

Der Übermensch stellt nach Nietzsche ein Individuum „eines Typus höchster Wohlgerathenheit“ (Nietzsche, 2020a, S. 299) dar, also eines Menschen, der über die herkömmlichen moralischen Vorstellungen und Begrenzungen hinausgeht. Dieses Individuum ist nicht durch die konventionelle Moral oder die gängigen Vorstellungen von Gut und Böse eingeschränkt. Nietzsche sieht den Übermenschen daher als ein Ideal an, das ständige Selbstüberwindung, Selbstverbesserung und Wachstum verlangt. Der Übermensch steht so nicht „über“ anderen, sondern „über“ sich: „Der Mensch ist ein Übergang“ (Nietzsche, 2020b, S. 16). Für Nietzsche repräsentiert der Übermensch nicht nur einen höheren moralischen Status, sondern auch ein erweitertes Bewusstsein und Verständnis für das Leben.

Nietzsche und die Nazis

Es ist wichtig zu betonen, dass Nietzsches Konzept des Übermenschen häufig missverstanden und falsch interpretiert wurde. Leider wurde es im Laufe der Geschichte oft mit politischen oder ideologischen Bewegungen in Verbindung gebracht, die nur zu Teilen mit Nietzsches ursprünglicher Philosophie zu tun haben. Ein solches Missverständnis war die Verbindung zwischen Nietzsche und dem Nationalsozialismus. In seinen frühen Jahren pflegte Nietzsche eine enge Beziehung zu Richard Wagner, dessen antisemitische Haltungen bekannt waren. Obwohl Nietzsche sich später von Wagner distanzierte und eigene Ansichten entwickelte, die sich deutlich von Wagners Ideologien unterschieden, lassen sich in Nietzsches früheren Schriften problematische Äußerungen finden. Diese nährten die spätere Instrumentalisierung durch die Nazis, welche Nietzsches Ideen für ihre eigene Propaganda missbrauchten, das Konzept des Übermenschen vereinnahmten und für ihre Zwecke verzerrten.

Ebenso ist es ein Trugschluss zu glauben, der Übermensch sei ein elitäres Konzept, das nur einer bestimmten „Rasse“ oder Klasse vorbehalten sei. Für Nietzsche standen der individuelle Wille zur Macht und die Fähigkeit des Einzelnen, sich selbst zu überwinden und neue Werte zu schaffen, im Vordergrund. Der Übermensch steht nicht für Überlegenheit über andere, sondern für Selbstüberwindung und die Schaffung eigener Werte jenseits der traditionellen Moral. Jeder Mensch weist nach Nietzsche besondere Dispositionen auf, die zu außerordentlicher Größe befähigen, sofern sie richtig kultiviert werden. Wichtig bleibt ihm nur, dass man sein Wesen verstehen und auf sich aufbauend sein Leben gestalten lernt: „Und damit vorwärts auf der Bahn der Weisheit, guten Schrittes, guten Vertrauens! Wie du auch bist, so diene dir selber als Quell der Erfahrung! Wirf das Missvergnügen über dein Wesen ab, verzeihe dir dein eignes Ich, denn in jedem Falle hast du an dir eine Leiter mit hundert Sprossen, auf welchen du zur Erkenntnis steigen kannst.“ (Nietzsche, 2012, S. 235)

Nietzsches Abgrenzung zum Darwinismus

Friedrich Nietzsche lebte zu einer Zeit, in der Charles Darwins Evolutionstheorie große Wellen in der wissenschaftlichen und philosophischen Welt schlug. Die Ideen des Darwinismus, insbesondere die des „survival of the fittest“, hatten einen tiefgreifenden Einfluss auf das Denken des 19. Jahrhunderts. Allerdings hatte Nietzsche ein komplexes, oft kritisches und teils falsches Verständnis vom Darwinismus.

Nicht der am besten Angepasste, sondern der Kreativste überlebt: Nietzsche argumentierte, dass sich diejenigen in der Evolution durchsetzen, die sich nicht nur am besten anpassen können, sondern zudem am flexibelsten und vor allem am kreativsten in ihrer Umgebung sind. Nietzsche hatte große Bedenken gegenüber der darwinistischen Vorstellung, dass Evolution hauptsächlich durch zufällige Mutationen und natürliche Selektion getrieben wird. Er sah den kreativen und zielgerichteten Willen des Individuums als wichtigen Faktor in der Entwicklung an – und damit vertrat er vielmehr die (falsche) Lamarck’sche Vorstellung von Evolution als die Darwin’sche.

Nietzsches Fokus liegt auf der kulturellen, geistigen und moralischen Evolution des Menschen, während Darwin sich in seiner Vorstellung auf die biologische Evolution konzentriere. Nietzsche lehnt den Sozialdarwinismus ab, da es keine kategorische Rangordnung zwischen „Stark“ und „Schwach“ gebe, sondern Menschen durch verschiedene Interpretationen und Ausprägungen sich ihr eigenes „Stark“ und „Schwach“ konstruieren. Damit distanziert sich Nietzsche auch stark von jeglicher Rassenlehre oder „Überrasse“. Während Darwin in Nietzsches Verständnis den Menschen biologistisch und zufällig sieht, spricht er selbst dem Menschen mehr Eigenverantwortung und Gestaltungswillen zu – im Sinne der Weiterentwicklung zum Übermenschen. Zudem ist Leben für ihn nur in seltenen Fällen als ein wirkliches „Überleben“ zu verstehen, sondern viel eher ein Streben nach Selbstverwirklichung. Auf dieser Prämisse lässt sich Nietzsches Philosophie als ein großes Coaching verstehen, um zu sich zu finden.

Die Verbindung zwischen Philosophie und Coaching

Philosophie und Coaching mögen auf den ersten Blick wie zwei getrennte Disziplinen erscheinen, doch bei näherer Betrachtung offenbaren sich zahlreiche Überschneidungen und Parallelen. Philosophie befasst sich seit jeher mit den grundlegenden Fragen des Lebens, der Existenz und des menschlichen Handelns. Sie sucht nach Antworten auf Fragen wie „Wer bin ich?“, „Was ist der Sinn des Lebens?“ oder „Wie sollte ich leben?“. Diese Fragen sind auch im Coaching von zentraler Bedeutung, wo es darum geht, Individuen zu helfen, Klarheit über ihre Werte, Ziele und Ambitionen zu gewinnen. Antike Philosophen wie Platon und Sokrates beschäftigten sich zudem seit jeher mit praktischen Lebensfragen, z.B. der Frage „Was ist Glück?“.

Coaching kann daher unter gewissen Umständen als eine praktische Anwendung philosophischer Konzepte betrachtet werden. Während die Philosophie theoretische Rahmenbedingungen und Ideen liefert, bietet Coaching die Werkzeuge und Methoden, um diese Ideen im täglichen Leben umzusetzen. In diesem Sinne kann Coaching als eine Art „angewandte Philosophie“ betrachtet werden.

Nietzsche als Coach?

Die Frage, ob Nietzsche sich als Coach gesehen hätte, ist provokant und natürlich anachronistisch, aber nicht falsch. Während er selbst nie in dieser Rolle agierte, könnten viele seiner Ansichten durchaus als Grundlage für moderne Coaching-Techniken dienen. Nietzsche betonte stets die Wichtigkeit von Selbstkenntnis, Selbstüberwindung und das ständige Hinterfragen des Status quo – alles Elemente im Coaching-Prozess. Als Schriftsteller und Philosoph hat Nietzsche – natürlich – keine spezifischen Coaching-Techniken oder -Methoden entwickelt. Dafür hat er gedankliche Anregungen geliefert, um dem eigenen Leben mehr Sinn und Kraft zu verleihen. Coaches liefern nicht „die“ Antwort, aber gute Coaches sind in der Lage, mächtige und provokative Fragen zu stellen, die es Klienten erlauben, ihre eigenen einsichtsvollen Antworten zu kreieren und zu identifizieren.

So stellt auch Nietzsche in seinen Werken, dem Leser einige grundlegende Fragen: „Du läufst voran? Thust du das als Hirt? oder als Ausnahme? Ein dritter Fall wäre der Entlaufene. [...] Bist du echt? oder nur ein Schauspieler? Ein Vertreter? oder das Vertretene selbst? [..] Bist du Einer, der zusieht? oder der Hand anlegt? – oder der wegsieht, bei Seite geht?“ (Nietzsche, 2020c, S. 65) Nietzsche regt den Leser an, über seine eigene Stellung und Positionierung im Leben nachzudenken und darauf aufbauend seine eigenen Schlüsse zu ziehen – getreu der Methodik eines jeden seriösen Coachs.

Der Übermensch im Coaching-Kontext

Nietzsches „Übermensch“ ist eine ästhetische, d.h. in diesem Kontext auch ideell-programmatische Betrachtung des Menschen, welche die Vision verfolgt, den Menschen als ein künstlerisches Schöpfungswerk zu betrachten. Der „höhere“ Mensch verkörpert für Nietzsche eine idealisierte Form des menschlichen Potenzials, die sowohl in moralischer als auch in ästhetischer Hinsicht über das „gewöhnliche“ Individuum hinausgeht.

Das Konzept des Übermenschen lässt sich für den Einzelnen nur individual-ästhetisch verstehen. Eine „höhere“ Form des Mensch-Seins definiert somit jedes Individuum für sich. Nietzsche liefert in seinen philosophischen Betrachtungen implizit mehrere relevante Aspekte für das Coaching zum selbstdefinierten „Übermenschen“:

Psychologische Erkenntnisse: 
Nietzsches Philosophie ist leiborientiert. Psychologische Probleme behandelt Nietzsche daher aus einer Synthese zwischen Körper und Geist. Gedanken lassen sich demnach nicht rein geistlich steuern und lenken, sondern sind mit dem jeweiligen Körper integrativ zu verstehen. Dadurch ist „Nietzsches Coaching-Methodik“ ganzheitlich, indem sie die Enge und Begrenztheit der Sprache umgeht und durch Untersuchungen des Körpers und deren Wirkungen auf den Geist ergänzt. Hierzu passend kommen körperorientierte Ansätze, die z.B. die Betrachtung somatischer Marker beinhalten, im Coaching zum Einsatz.

Historische Betrachtungsweise: 
Schmidt-Lellek (2004, S. 123) erklärt Nietzsches historische Betrachtungsweise so: „Alles, was existiert, ist historisch entstanden und trägt seine Ursprünge, seine Geschichte und seine Zukunft in sich, und dementsprechend ist es auch veränderbar. Genauer gesagt, ein Mensch ist in seinem innersten Streben nach Veränderung, Entwicklung, Vervollkommnung – als ‚ein aus sich rollendes Rad‘ – zu unterstützen. Verstehen heißt also, das geschichtliche Gewordensein rekonstruieren und die Zukunftspotenziale erkennen zu können.“ Jeder Mensch ist individuell und jede Historie über das Individuum erzählt etwas über die jeweilige Entwicklung. Für Nietzsche ist der Mensch daher aus diesem Kontext zu verstehen. Dass nicht wenige im Coaching verwendete Konzepte Anteile von Biografiearbeit aufweisen, harmoniert mit dieser Sichtweise.

Begriff der Entwicklung: 
Nietzsches Modell der drei Verwandlungen des Geistes illustriert relevante Aspekte für Veränderungsprozesse: Die erste Verwandlung ist diejenige zum Kamel. Das Kamel bewahrt das bisherige, das die Lebensgeschichte eines Menschen ausmacht und sowohl die ungelösten Probleme und Konflikte als auch die Ressourcen in sich trägt. Die Verwandlung zum Löwen beinhaltet die Stärke des Nein-Sagens und des Trotzens. Der Löwe kann sich gegen Widerstände erheben und sich von einengenden Strukturen in Wahrnehmung und Bewertung von Handlungsmustern trennen. Die dritte Verwandlung zum Kind hin betont insbesondere das Bejahen von sich und der Welt. Das Kind ist leichtsinnig sowie optimistisch und agiert aus einer starken Eigenperspektive, die kaum von anderen beeinflusst wird. Alle drei Entwicklungen sind als ein Ineinander und Nebeneinander zu verstehen. Damit verbundene Widersprüche auszuhalten, „ist ein wesentlicher Aspekt von Weisheit“ (ebd., S. 123).

Das Leben als Interpretation: 
Nietzsches Perspektive besteht darin, dass die Welt „unendliche Interpretationen in sich schließt“ (Nietzsche, 1999, S. 238). Damit geht die Möglichkeit einher, immer wieder neue Perspektiven einzunehmen und damit Probleme und Werthaltungen auch neu bewerten und lösen zu können. Im Coaching-Kontext kann diese Haltung durchaus in konstruktivistisch orientierten Ansätzen oder Methoden wie dem Reframing wiedererkannt werden.

Selbstreflexion als große Herausforderung: 
In seinen Werken zeigt Nietzsche immer wieder auf, wie schwierig und anspruchsvoll es sein kann, sich selbst besser in seinen Motiven und Werten zu verstehen. Das eigene Selbst erweist sich oft als ein Labyrinth. Nietzsche hat zwar keinen Ariadnefaden bei sich, um den Ausweg aus dem Labyrinth zu manövrieren, doch ermöglicht er es durch Anregungen und Impulse dem Leser, seinen eigenen Ariadnefaden zu weben. Enttäuschungen, Machtmissbrauch, Burnout und andere psychische Leiden lassen sich so drosseln und Energien produktiv kanalisieren.

Fazit

Die Ideen und Konzepte Friedrich Nietzsches haben die Jahrhunderte überdauert und beeinflussen weiterhin verschiedenste Bereiche des menschlichen Denkens und Handelns. In der Coaching-Branche können Nietzsches Werke als Inspirationsquelle dienen, um Menschen auf ihrem Weg zur Selbstvervollkommnung zu unterstützen. Allerdings ist es wichtig, sich der potenziellen Fallstricke bewusst zu sein, wenn man versucht, Nietzsches komplexe und manchmal widersprüchliche Philosophie in praktische Coaching-Methoden zu übersetzen.

Zu den Herausforderungen gehört, dass Nietzsches Werke vielschichtig und interpretierbar sind. Was für einen Leser oder Coach als zentrale Botschaft oder Methode erscheinen mag, könnte von einem anderen anders interpretiert werden. Daher ist es essenziell, beim Anwenden von Nietzsches Ideen im Coaching eine gewisse Demut und Offenheit zu bewahren und – wie immer im Coaching – stets das Wohl des Klienten im Vordergrund zu halten.

Des Weiteren darf nicht vergessen werden, dass Nietzsche niemals den Anspruch erhoben hat, einen Leitfaden für ein praktisches Coaching bzw. eine Beratung zu schreiben. Seine Werke sind tiefgründige philosophische Abhandlungen, die mehr Fragen aufwerfen, als sie beantworten. Das direkte „Übersetzen“ seiner Konzepte in handfeste Techniken könnte daher bedeuten, die Tiefe und Komplexität seiner Gedanken zu reduzieren oder zu verfälschen.

Trotz dieser Bedenken kann Nietzsches Philosophie dennoch einen wertvollen Beitrag zum modernen Coaching leisten, solange sie mit Respekt, Sorgfalt und kritischem Denken angegangen wird. Seine Betonung von Authentizität, Selbstüberwindung und dem Streben nach höheren Idealen kann Klienten dabei helfen, sich selbst besser zu verstehen und ihr volles Potenzial auszuschöpfen.

Abschließend bleibt zu sagen, dass die Auseinandersetzung mit Nietzsches Werken und Ideen sowohl für Coaches als auch für Klienten eine bereichernde Erfahrung sein kann. Sie bietet die Möglichkeit, sich tiefgehend mit dem eigenen Leben, den eigenen Werten und dem eigenen Weg auseinanderzusetzen und dadurch ein erfüllteres und authentischeres Leben zu führen. Es ist jedoch entscheidend, dabei stets eine kritische Perspektive beizubehalten und sich der Grenzen und Herausforderungen bewusst zu sein, die das Einbringen von philosophischen Konzepten in die praktische Coaching-Arbeit mit sich bringt.

Literatur

Nietzsche, F. (2020a). Ecce Homo. Kritische Studienausgabe 6. München: dtv.

Nietzsche, F. (2020b). Also sprach Zarathustra. Kritische Studienausgabe 5. München: dtv.

Nietzsche, F. (2020c). Götzen-Dämmerung. Kritische Studienausgabe 6. München: dtv.

Nietzsche, F. (2012). Menschliches, Allzumenschliches I. Kritische Studienausgabe 2. München: dtv.

Nietzsche, F. (1999). Die fröhliche Wissenschaft. Leipzig: Goldmann.

Nietzsche, F. (1983). Morgenröte. Frankfurt a.M.: Insel.

Schmidt-Lellek, C. J. (2004). Philosophie als Einübung des Perspektivenwechsels am Beispiel von Platon und Nietzsche. OSC, 11(2), S. 109–126.

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