„Sind Sie sich sicher? Ich glaube das war so nicht. Das hatten wir anders besprochen. War das wirklich Ihr Verdienst?“ Solche Sätze können Tage, Wochen, Monate oder Jahre nach einer operativen Tätigkeit, Entscheidung oder einem Projekt fallen, wenn es in die Überprüfung geht. An dieser Stelle kann es elementar wichtig sein, anständig dokumentiert zu haben.
Das Coaching-Tool „Success Stories“ soll den Klienten die Möglichkeit geben, sich in ebendiesen Situationen dabei zu helfen, besser auf die Interaktion mit Externen, Kollegen und Vorgesetzten reagieren zu können. Das Tool soll zudem Personen, deren Erfolge „nicht gesehen, anerkannt oder gar anderen zugeschrieben wurden“, darin unterstützen, „ihre persönlichen Leistungen besser zu durchdringen“ (Bache, 2022, S. 46). Somit kann das Tool in Coachings eingesetzt werden, die sich um Selbstwert- und Identitätsthemen drehen, und der sukzessiven Reflexion vom Klienten erbrachter Leistungen samt der kritischen Überprüfung der eigenen Wahrnehmung ein Fundament bieten (ebd.).
In diesem Rahmen wird – wenn vorhanden – auf Aufzeichnungen des Klienten zurückgegriffen, die es ermöglichen, sich relevante Sachverhalten in Erinnerung zu rufen und eine Visualisierung vorzunehmen. Stellt ein Coach aufseiten seines Klienten Unsicherheit bzw. die Tendenz fest, sich eigener Leistungen weniger bewusst zu sein, kann er die vorsorgliche Dokumentation anbieten, um ggf. zu einem späteren Zeitpunkt – z.B. im Rahmen der „Success Stories“ – darauf zurückgreifen zu können und seinem Klienten im Hier und Jetzt zu mehr Souveränität zu verhelfen.
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Den Arbeitsalltag zu dokumentieren, kann für jene Klienten sinnvoll sein, die ihre Selbstakzeptanz, Selbstsicherheit, ihr (authentisches) Auftreten sowie die eigene Handlungskompetenz stärken möchten oder den begründeten Wunsch haben, sich abzusichern. Unter dem griffigen Schlagwort „Catch Yourself“ können Coaches bestimmten Klienten die Dokumentation ihres Arbeitsalltages bzw. Teilen davon (z.B. größeren Projekten) vorschlagen. Dies kann Klienten stärken, wenn es darum geht, sich in komplexen und überwiegend von verbalem Austausch geprägten Organisationsstrukturen sicher zu bewegen, ihre Aufgaben lösungsorientiert und entsprechend der Anweisungen auszuführen bzw. Entstehungsverläufe und in diesem Zusammenhang auch Erfolgsbeteiligungen nachweisen zu können. Weiter kann dieses Vorgehen den Klienten dabei helfen, sich bei begründetem Anlass selbst besser vor hierarchisch übergeordneten Personen oder vor diskreditierenden bis hin zu diffamierenden Interventionen zu schützen.
Das Gefühl, sich auf seine (stetige) Dokumentation verlassen zu können, kann mehr Selbstsicherheit im Handeln und Auftreten des Klienten begünstigen. Allein die Möglichkeit, in einem Protokoll nachlesen zu können, wie z.B. Einzelgespräche gelaufen sind, und für sich selbst ganz sicher erkennen zu können, dass ein Sachverhalt so gelagert ist, wie man ihn in Erinnerung hat, kann dazu beitragen, souverän(er) aufzutreten und Selbstzweifel zu reduzieren.
Anzumerken ist, dass die Dokumentation Klienten im Rahmen eines Coachings als unterstützende Maßnahme an die Hand gegeben werden kann. Sie ist nicht als Allheilmittel zu verstehen. Die Arbeit an handfesten Selbstwert- und Selbstakzeptanzthemen bedarf gründlicher Reflexionen – z.B. um den Ursachen des Gefühls „nicht zu genügen“ (oder anderer dysfunktionaler Glaubenssätze) auf den Grund zu gehen.
Der Coach könnte die Implementierung der Dokumentation mit Fragen wie folgenden einsteuern: „Haben Sie schon einmal Tagebuch geschrieben?“, „Schreiben Sie sich selbst Emails?“, „Kennen Sie den Effekt von Post-It-Notizen?“, „Ist schreiben für Sie eine gute Möglichkeit, einzelne Gedankengänge nachhaltig präsent zu halten?“ Wenn der Coach merkt, dass der Klient mit der Dokumentation beginnt und sich kleine Erfolge einstellen, kann er gezielt auf die Stärkungen hinweisen und die beispielsweise verbesserte Selbstsicherheit im Coaching-Verlauf weiter unterstützen.
Die Dokumentation sollte nicht übermäßig erfolgen, um den Arbeitsalltag nicht zu überfluten, aber ausführlich genug sein, um sich erinnern und Sachverhalte nachvollziehen (und notfalls beweisen) zu können. Es empfiehlt sich, im Coaching abzustimmen, im Rahmen welcher Arbeitsbereiche, welcher Kontakte, Gespräche und Projekte etc. eine gezielte Dokumentation in welchem Umfang sinnvoll ist. Der Klient sollte nicht das Gefühl oder gar den ungesunden Druck entwickeln, so viel wie möglich festhalten zu müssen. Es sollte daher im Coaching auch klar besprochen werden, wann keine Dokumentation vorgenommen werden muss. Im Arbeitsalltag gibt es einige Beispiele, wie gängige Dokumentationen angelegt sind und welchen Umfang sowie welche Inhalte diese haben.
Bei dieser Art der arbeitsvorbereitenden Dokumentation geht es darum, dezidiert zu definieren, wer, wann, welche (wie definierten) Aufgaben übernimmt und dabei Ergebnisverantwortung trägt. (siehe auch SoftSelect, o.D.)
Protokolle halten „den Ablauf und die Ergebnisse von Versammlungen, Tagungen, Verhandlungen, Projekten oder wissenschaftlichen Experimenten“ fest. Das Protokoll stellt eine „Sonderform des Berichts“ dar. (Lernhelfer, 2010)
Etwas weniger formal fällt das Schreiben in Medien wie z.B. einem Tagebuch aus. Es bietet mehr Möglichkeiten, individuelle Themen und Fragestellungen festzuhalten. Hier können auch emotionale Zustände zu einem Thema festgehalten werden und selbstkritisch sowie im Kontext beleuchtet werden. Das Tagebuch bietet eine gute Möglichkeit seine Gedanken oder auch eigene kleine Protokolle zu Themen festzuhalten, die nicht im Lasten- bzw. Pflichtenheft oder formalen Protokollen stehen können.
Ein WhatsApp-Chat bietet dem Tagebuch gegenüber einen Vorteil: Das Smartphone haben die meisten Menschen immer bei sich. D.h., man kann (fast) „live“ eine kleine eigene Dokumentation bzw. Reflexion anfertigen und dieser sogar einen Zeitstempel verpassen, denn WhatsApp versieht die Nachrichten mit Datum und Uhrzeit. Bei Audio- oder Videoaufnahmen muss man allerdings aufpassen. Diese können ohne Zustimmung der aufgenommenen Personen rechtswidrig sein.
Catch Yourself bedarf nur weniger Voraussetzungen. Wichtig ist es vor allem, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein und auch ggf. belastende Dinge aufzuschreiben, um eine lösungsorientierte Perspektive einnehmen zu können. Es braucht Zeit, sich an dieses Vorgehen zu gewöhnen. Mit der Einstellung positiver Effekte wird die Anwendung aber sukzessive zur Routine und fortschreitend optimiert. Komplex wird es jedoch dann, wenn der Klient anfangen muss, einzelne Bestandteile seiner Dokumentation in einen Gesamtkontext zu bringen und diesen objektiv zu beleuchten. Coaches können diesen Vorgang bei Bedarf als Sparringspartner unterstützen, z.B. im Rahmen der Anwendung des Tools „Success Stories“.