Beruf Coach

Kriterien bei der Wahl einer Coaching-Ausbildung. Teil 2

Orientierung im Angebotsdschungel

6 Min.

Erschienen im Coaching-Newsletter in Ausgabe 03 | 2007

Im ersten Teil ging es um Unterscheidungsmerkmale von Coaching-Ausbildungen im Hinblick auf die Länge und den Aufbau sowie auf den Fokus des Kompetenzaufbaus der Ausbildungen. Nun geht es um drei weitere Differenzierungen.

Integrativ oder beratungsschulenorientiert?

Beratungsschulen, die ihre Herkünfte in prominenten Gründerfiguren haben, haben nach wie vor Konjunktur. Auch der Ausbildungsmarkt im Coaching ist davon weitgehend dominiert. Systemisch, lösungsorientiert, psychodynamisch, transaktionsanalytisch, NLP-lerisch, potenzialorientiert sind nur einige der Labels für die genutzten Interventionstechniken. Diese von psychologischen oder psychotherapeutischen Theoriebildungen herrührenden Unterscheidungen sind seit vielen Jahrzehnten identitätsstiftend und marktdifferenzierend. Oft sind es Zufälligkeiten oder Gelegenheiten, die bestimmen, wo man landet und welche dieser Schulen man anschließend gut findet. Der Wert dieser Differenzierung liegt mit Sicherheit darin, dass jeder auch die Beratungsform finden kann, die ihm zunächst am besten entspricht. Gleichzeitig reduziert man durch eine solche Fokussierung auch die Fülle und Komplexität dessen, was man erlernen muss. Je begrenzter und fokussierter ein Ansatz ist, desto mehr ist man natürlich in Gefahr, einer Beratungsideologie aufzusitzen und mit einem einzigen Werkzeug, alle Arbeiten erledigen zu wollen.

Es gibt mittlerweile auch Ausbildungen, die den Anspruch haben, mehrere Ansätze zu kombinieren oder zu integrieren. Auch hier gibt es unterschiedliche und alles andere als allgemein akzeptierte Versuche von Metatheorien oder Kombinationen. Zudem gibt es viele Ausbildungen, die sich gar nicht auf bestimmte Beratungsrichtungen berufen, sondern ausschließlich das Erfahrungswissen und den persönlichen Stil der Ausbilder vermitteln. Viele Ausbilder haben selbst mehrere Ausbildungen absolviert, um eine Weite und eine Vielfalt in der Arbeitsweise zu erlangen. Man kann das als Coach nachahmen und verschiedene Coaching-Ausbildung in unterschiedlichen Richtungen machen. Das ist natürlich aufwändig und teuer. Oder man kann sich Ausbilder suchen, die ihre Art der Integration nun selbst lehren und zur Verfügung stellen.
In jedem Fall sollte man vermeiden in einer "Glaubensrichtung" zu landen. Sie können das im Vorgespräch auch dadurch überprüfen, ob andere Ansätze abgewertet oder belächelt werden. Werden Sie dann vorsichtig. Auch wenn Ausbilder in ihren Publikationen nur das Eigene gelten lassen, ist Vorsicht geboten.

Auch hier müssen Sie also wählen, ob Sie es sich zunächst etwas einfacher machen wollen und sich für eine Ausbildung entscheiden, die Sie in einer speziellen Hinsicht kompetent werden lässt. Das reduziert Komplexität. Die Gefahr ist, dass Sie dann in der Beschränkung "hängen bleiben". Oder Sie entscheiden, dass Sie Coaching umfassend und gründlich lernen wollen. Dann werden Sie mit der Fülle des Wissens zu kämpfen haben und sich gelegentlich überfordert fühlen. Dafür behalten Sie dann als Coach den Überblick, wenn es schwierig wird, und beglücken nicht jeden Klienten mit Ihrem Vorgehen, sondern richten Ihr Vorgehen beim Beraten am Klienten aus.

Zertifikate oder Ruf der Ausbilder?

Bei einer so hohen Investition, wie es eine Coaching-Ausbildung darstellt, will man Sicherheit und Gewähr für Seriosität. Wir leben in einer Kultur, die sehr viele Ausbildungen an Schulen, Universitäten und Verwaltungen stark formalisiert hat. In der Regel erhält man nach dem Abschluss einer Ausbildung einen "Schein". Dass dieser Schein oft eine Bedeutung im doppelten Sinn des Wortes hat, wird dabei leicht vergessen. So zählt dann eben der Harvard-Abschluss mehr, als der von Dingolfing. An dieser Realität kommt man nicht vorbei.

Nun ist Coaching eine Dienstleistung, die ein hohes Vertrauen von Seiten der Auftraggeber braucht. Lange Zeit wurde dieses Vertrauen über Referenzen, Erfahrung, Empfehlungen und Mundpropaganda gehandelt. Der Ruf des Coaches oder in unserem Kontext der Ruf der Ausbilder ist entscheidend gewesen. Dieses Senoritätskriterium ist seit langer Zeit auch bei Ärzten, Heilpraktikern, Juristen und anderen freien Berufen eine wesentliche und erprobte Form der Marktdifferenzierung. Sie beruht letztlich auf den Erfahrungen und Erlebnissen von Kunden. Seit einigen Jahren ist eine Entwicklung im Gang, wo Zertifikate, Qualitätssigel und Gütelabels auftauchen, definiert und gehandelt werden. Selbsternannte Zertifizierer, Verbände und Coach-Klubs versuchen gutes von schlechtem Coaching zu scheiden. Diese Form der Qualitätsprüfung beruht auf der Kompetenz der Gutachter und der von ihnen angewandten Prüfverfahren. So kann man auch eine Wahl treffen zwischen dem eigenen Urteil in Vorgesprächen und dem Gutachterurteil oder beides kombinieren. Wer sich nur auf das Zertifikat verlässt, droht in den Fällen, in denen der Schein einfach nur Schein ist, das schlechtere Ende weg zu haben.

Inwieweit Zertifikate für angehende Coaches bei der Aquise in Unternehmen eine Bedeutung erlangen werden, ist in der Szene umstritten. Je weniger Ressourcen Unternehmen in einen eigenen Auswahlprozess stecken (können), desto mehr werden sie wohl auf die sich entwickelnde Zertifikatswelt einsteigen. Welches der Zertifikate, welcher der Verbände welche Bedeutung bekommen wird, wird sich zeigen. Derzeit ist der Ruf der Ausbilder sicher noch das verlässlichere Kriterium.

Lehren oder Lernen?

Abschließend eine Anmerkung zu einem eher unauffälligem, aber sehr wesentlichen formalen Unterschied, den Sie in den Ausbildungskonzepten finden können. Es geht hier um die Frage der Rollenklarheit von Ausbildern, die nicht unbedingt immer gewährleistet ist.

Wenn Sie sich die Angebote für Coaching-Ausbildungen anschauen, dann werden Sie recht häufig entdecken, dass Ihnen die Institute Versprechungen machen, die nicht die Ausbilder, sondern Sie als Ausbildungsteilnehmer betreffen, etwa: "Nach Abschluss der Ausbildung können Sie xyz !" oder "Sie werden Experte in ZYX!" Jede solche Versprechung ist problematisch, da ein Lehrer die Verantwortung übernehmen kann (und muss), was er/sie lehrt, aber keine Verantwortung übernehmen kann (und darf), was Sie lernen! Keiner kann garantieren, dass und was Sie lernen und wie gut Sie darin werden. Darauf haben immer nur die Teilnehmer, also Sie selbst, einen Einfluss. Keiner kann Sie "lernen" machen. Achten Sie also darauf, was Ihnen versprochen wird. Die Ausbildung sollte klare Auskünfte geben, was gelehrt wird, wie es gelehrt wird, warum es gelehrt wird, was man mitbringen sollte und wie man das Lernen effektiv gestalten kann. Wann immer Ihnen jedoch sichere Effekte und Folgen in Aussicht gestellt werden, oder wenn beschrieben wird, wie Sie nach Ende der Ausbildung sein werden, dann werden Sie misstrauisch und lassen Sie im Zweifelsfall die Finger von diesem Angebot. Es zeigt, dass zugunsten von Marketingeffekten grundlegende Prinzipien von Erwachsenenbildung nicht beachtet oder übergangen werden.

Summa summarum dürfen Sie bei der Wahl einer Coaching-Ausbildung also einige wichtige Entscheidungen fällen, die dann auch Konsequenzen haben. Je mehr Sie die oben genannten Kriterien nutzen, um herauszufinden, wo es Sie hinzieht, desto besser wird Ihre Wahl werden. Und wie oft im Leben ist es bei einer solchen Wahl hilfreich, den Kopf arbeiten zu lassen, Informationen zu sammeln, diese zu ordnen und zu bewerten und dann aber in aller Ruhe den berühmten Bauch entscheiden zu lassen.

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