Erfolgreich als Redakteurin in einem Verlag, eine stabile und liebevolle Beziehung, gute Freundinnen und Freunde: So sah das Leben von Anna M.* mit Ende dreißig aus. Dennoch schlich sich immer wieder dieses Gefühl der Unzufriedenheit ein, empfand sie ein schwer zu definierendes Ungenügen.
Lag es an der Arbeit? Die Redakteurin hatte im Verlag den Status erreicht, den sie erreichen konnte, da gab es wenig Möglichkeiten zur Weiterentwicklung. Die Inhalte der Arbeit – war sie damit zufrieden? Dazu die bohrenden Fragen: Wie soll es weitergehen, wie werden die nächsten Jahre aussehen, wo will ich hin? Ich muss, ich will etwas ändern, aber was? Alle Gespräche mit dem Partner oder Freunden halfen nicht wirklich weiter.
Anna M. kannte viele Therapeuten und Psychologen – sich einen Coach zur Unterstützung zu suchen, war für sie naheliegend. Sie hörte sich in ihrer Umgebung um und las mehrere Monate die Kolumne eines Coachs in einer Zeitschrift. Die dort beschriebenen Themen vermittelten ihr einen ersten guten Eindruck. Interessant fand sie auch, dass dieser Coach aus einer naturwissenschaftlich-technischen Richtung kam. Denn Anna M. glaubte, sie benötige einen Blick aus einer völlig anderen Perspektive, von jemandem, der nichts mit der Verlagsbranche zu tun hat.
Das erste Gespräch wurde vereinbart: „Es war schlimm“, so Anna M. „der Mann war beherrscht von einem Schubladendenken, in das ich nicht hereinpasste – ein richtiger Reinfall“. Also weiter herum gehört, ein neuer Versuch, wieder ein Mann: „Der Zweite war wenigstens emphatisch, aber sehr darauf fixiert, sofort eine Lösung für mein Problem zu finden. Doch darum ging es mir gar nicht, meine äußere Situation war ja in Ordnung, aber meine innere nicht – ich war auf der Suche.“
Schließlich empfahl eine Freundin eine Frau und Anna M. unternahm den dritten Versuch. „Schon in den ersten zehn Minuten des Gespräches fiel das Wort ‚Prozess‘, den es einzuleiten gilt und da wusste ich, hier bin ich richtig. Denn genau das war es, was ich gesucht habe, jemanden, der mir auf einfühlsame Weise hilft, herauszufinden, was ich ändern will und kann.“
Christian K.*, Ende 40, hatte ein klares Ziel vor Augen, als er die Coach-Suche startete. Er hatte sich gerade mit seinem Arbeitgeber, einer Bank, auf die Auflösung seines Vertrages geeinigt. Unstimmigkeiten mit seinem Chef waren der Grund dafür, dass Christian K. sich als Leiter der Unternehmenskommunikation nicht mehr in der Lage sah, weiterhin vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Nach mehreren Stationen als Kommunikationschef war für ihn dieses Berufsfeld ausgereizt: „Ich wollte etwas anderes machen, aber was?“ Coaching schien ihm eine gute Möglichkeit, seine eigenen Vorstellungen zu klären, neue Ziele zu erarbeiten.
Er bekam einen Tipp von einem Freund, informierte sich über die Methoden und vereinbarte ein erstes Treffen zur Klärung der Erwartungen und Besprechung der Vorgehensweise. „Ich wusste ziemlich sofort, dass ich richtig bin. Eine Frau, etwa in meinem Alter, mit einer ähnlichen Lebensreife und die Chemie stimmte auf Anhieb. Wir legten fest, wie lange das Coaching dauern sollte, welche Ziele erreicht werden sollten und mit welchen Methoden.“
Ob Frau oder Mann war Christian K. im Vorhinein eigentlich egal – da hatte er sich gar keine Gedanken drüber gemacht. Ganz anders Martina S.*: „Ich wusste, es muss ein Mann sein, der etwas älter ist als ich. Erstens kann ich es besser mit Männern und zweitens lasse ich mir von älteren eher etwas sagen“.
Martina S. hatte sich in den vergangenen Monaten häufig über sich selbst geärgert. Warum gelang es ihr nicht, mit dieser einen Mitarbeiterin zurechtzukommen? Sie leitete mit Anfang 40 die Abteilung für Humanitäre Hilfe eines großen Wohlfahrtsverbandes und sah sich häufig größeren Herausforderungen im Umgang mit Mitarbeitern gegenüber. Sie ergaben sich aus den langen Auslandsaufenthalten und den Aufgaben vor Ort, die an den Mitarbeitern nicht spurlos vorübergingen. Katastrophen und menschliches Leid, organisatorische und kulturelle Hürden in vielen Ländern – das kannte Martina S. aus eigener Anschauung und konnte sich meist sehr gut in die Situation hineinversetzen.
Nun fühlte sie sich sogar am Wochenende durch das schwierige Verhältnis zu der Mitarbeiterin belastet. „Ich wollte meine Herangehensweise überprüfen, gern neue Möglichkeiten kennenlernen und dachte, ein Coach könnte mir helfen, die Situation zu lösen.“
Martina S. hatte wenige Wochen zuvor einen Coach kennengelernt, der selbst in der Humanitären Hilfe tätig gewesen war. „Für mich war seine Erfahrung in meinem Tätigkeitsbereich wichtig. Ich wollte nicht erst erklären müssen, was Auslandshilfe bedeutet und außerdem war er ein angenehmer Mensch – ja ich hatte das Gefühl, das könnte gehen.“
Das Know-how des Coachs bezüglich der eigenen Tätigkeit war auch für Angelika R.* ein wichtiges Kriterium bei der Suche. Die hohe Beamtin, Abteilungsleiterin im sozialen Bereich einer Stadtverwaltung, sah sich mit Mitte 40 einem hohen Druck seitens ihres Vorgesetzten ausgesetzt. Sie sollte eine andere Aufgabe übernehmen, die im Prinzip eine Degradierung bedeutete. Der wahre Grund waren aber Rollenkonflikte, der Vorgesetzte wollte Ruhe haben. „Nach dem Gespräch war ich fertig, ich fühlte mich ungerecht behandelt und unter Druck gesetzt.“
Aus anderen Zusammenhängen kannte sie Coaching bereits und beschloss, sich Hilfe zu suchen, weil sie wusste: „Nur mein eigenes Verhalten kann ich ändern, nicht das der anderen. Ich versprach mir eine Reflexion der Situation, wie konnte es soweit kommen und was mache ich jetzt.“ Ihrem Vorgesetzten schlug sie als Kompromiss vor, Zielvereinbarungen zu formulieren und sich einen Coach zu suchen, was dann so auch vereinbart wurde.
Sie wählte eine Frau aus, die sie bereits kannte und die ihr auch von Kollegen empfohlen wurde. „Mir war eine systemische Ausbildung wichtig und dass es eine Frau war. Ich hatte das Gefühl, dass mein Verhalten in Konflikten sehr weiblich ist und dass nur eine Frau dies nachvollziehen kann.“
Klaus H.s* Auswahl bei der Suche nach einem Coach war von vornherein begrenzt. Der Bankfachwirt, Anfang 40, hatte gerade nach zehn Jahren bei einem ökologischen Finanzdienstleister aufgehört. Man trennte sich im beiderseitigen Einvernehmen, nachdem der Vertrieb eingestellt worden war. Im Rahmen dieses Ausstiegs hatte die Firma ihm angeboten, ihm fünf Coaching-Sitzungen bei einer Outplacement-Firma zu bezahlen. Tatsächlich fand er dort eine Frau, mit der er gut arbeiten konnte. „Coaching war für mich die Möglichkeit, mich besser kennenzulernen, um mich möglichst professionell auf meine nächsten Schritte vorbereiten zu können. Mein Coach kannte meine berufliche Umgebung, hatte Einfühlungsvermögen und eine Sprache, die ich verstand.“
Nach den fünf Sitzungen ging Klaus H. noch für einige Coaching-Sitzungen zu einer Frau, die er aus seinem persönlichen Umfeld kannte. Es ging es ihm um eine Persönlichkeit, die auch alternativen Herangehensweisen zugewandt ist, und die ihn im Hinblick auf sein mangelndes Selbstwertgefühl unterstützen konnte. „Ich suchte im Anschluss an das ganz klar auf berufliche Perspektiven ausgerichtete Coaching noch ein Persönlichkeits-Coaching und ich wusste, dass dieser Coach genau das war, was ich zu der Zeit brauchte.“
Sind die hier befragten Menschen auch verschieden, die Situationen, in denen ein Coach gesucht wird, ähneln sich. Alle sind nicht mehr ganz jung und haben schon diverse Berufsjahre hinter sich. Vier von ihnen befanden sich freiwillig oder unfreiwillig in einer Umbruchsituation und suchten nach Orientierung. Eine Klientin war in einer Konfliktsituation mit einer Mitarbeiterin, eine andere mit ihrem Vorgesetzten. Laut Deutschem Bundesverband Coaching (DBVC) sind berufliche Veränderungen das Hauptthema bei Job-Coachings mit 22,8 Prozent der Beratungen, dicht gefolgt von Beziehungs- und Konfliktfragen (19,2 %) und Karriere- und Zukunftsberatung (16,8 %). Alle fünf entscheiden sich bewusst für die Unterstützung durch einen Coach und sind bereit, diese Leistung auch aus eigener Tasche zu bezahlen. Bei der Suche vertrauen sie hauptsächlich auf Empfehlungen, weniger auf andere Quellen wie zum Beispiel das Internet. Keiner hat sich mehrere Angebote vorab schicken lassen, entscheidend für den Beginn der Zusammenarbeit war weniger der Preis, als vielmehr das Gefühl, die jeweilige Person ist die Richtige.
Den ersten Platz unter den Eigenschaften, die einen guten Coach ausmachen, nimmt bei allen fünf Interviewten die Empathie ein. „Einfühlungsvermögen und menschliche Kompetenz“, so formuliert es Klaus H. „Ein Coach muss jemand sein, der merkt, wieweit er mit mir gehen kann“, beschreibt Martina S. und Angelika R. erwartet: „Sie oder er muss es schaffen, dass Du Dich als Person akzeptiert fühlst, dass Deine Probleme ernst genommen werden.“
Eng damit verknüpft ist die Fähigkeit, aktiv zuhören zu können, wie Anna M. deutlich macht: „Ohne Bohren hat mein Coach nicht eher Ruhe gegeben, bis sie verstanden hatte, was ich meinte. Dadurch wurden mir wichtige neue Aspekte bewusst, die mich auch emotional sehr berührt haben.“ Und Christian K. meint dazu kurz und knapp: „Zuhören und nachsetzen können muss ein Coach, damit ich ihn akzeptiere“.
Alle betonten die Bedeutung der Lebenserfahrung und der Methodenkompetenz beim Coach: „Eine gute Ausbildung, entsprechende Weiterbildungen und Erfahrung“ fordert Angelika R. von einem Coach, dem sie vertrauen kann. „Lebenserfahrung und eine psychologische Geschultheit, aber auch Offenheit gegenüber spirituellen Erfahrungen“ braucht Anna M. und betont außerdem, wie gut ihr die Arbeit mit Bildern getan hat, die ihr Coach ihr vorgeschlagen hatte. Ähnlich äußert sich auch Klaus H. „Ich kann nicht abstrakt über Schwierigkeiten reden, die ich selbst habe. Wir haben gemeinsam viel visualisiert, mit Bildern, Fotos und Schaubildern gearbeitet.“
Kenntnis des beruflichen Hintergrunds war für vier der Klienten sehr wichtig: „Ich musste nicht erst erklären, wie eine Bank funktioniert“, so Christian K. und auch Angelika R. wollte nur mit jemandem arbeiten, „der weiß, wie eine Kommunalverwaltung funktioniert“. Auch Klaus H. und Martina S. weisen auf die berufsspezifische Kompetenz ihrer Coachs bin. „Unter anderem dadurch habe ich das Gefühl,“ meint Martina S., „ein Gespräch auf Augenhöhe zu führen“.
Sympathie, Vertrauen und Professionalität werden ebenfalls hervorgehoben: Anna M. nennt eine „große Sachlichkeit gepaart mit Wärme“ als wesentliche Kriterien, während Angelika R. sagt: „Die Frau war mir sympathisch, ich hatte Vertrauen zu ihr, sie hielt aber auch die nötige Distanz“. „Natürlich muss ein Coach vertrauenswürdig sein und einen guten Leumund haben“, sagt auch Christian K. und fügt an: „Außerdem hat mir die Location gefallen. Sie war mitten in der Stadt und strahlte eine vorteilhafte Mischung aus Professionalität und Anonymität aus.“ Interessant, dass dazu von keinem der anderen Befragten eine Aussage kam, denn die Umgebung, in der ein Coaching stattfindet, spielt anerkanntermaßen eine wesentliche Rolle. Bemerkenswert dagegen die Ansicht von zwei der Klienten, die es wichtig finden, dass der Coach zumindest etwas älter ist als sie. Für die drei anderen spielte das keine Rolle.
Sehr unterschiedlich war oder ist die Länge des Coaching-Prozesses bei den fünf Klienten: Für Christian K. war klar, in drei Monaten will er am Ziel sein. Anna M. hat das offen gelassen: „Ich wollte das auf mich zukommen lassen, sehen, was sich entwickelt. Letztlich habe ich mich dann ein halbes Jahr intensiv coachen lassen, insgesamt aber über drei Jahre diese Begleitung gesucht“. Bei Angelika R. waren es sechs Sitzungen in einem halben Jahr: „Bei mir ging es ja um die Lösung eines aktuellen Konfliktes mit meinem Vorgesetzten, da war es schon wichtig, dies in einem überschaubaren Zeitraum zu schaffen.“ Klaus H. war durch seine ehemalige Firma zunächst festgelegt, da sie nur fünf Sitzungen bezahlte. Das zweite Coaching war nicht von vornherein begrenzt, hier waren aber drei Sitzungen zunächst genug. Bei Martina S. läuft der Coaching-Prozess seit einem Dreiviertel-Jahr und sie sieht noch kein Ende, weil sich noch neue Themen ergeben haben, denen sie nachgehen will.
Allen gemeinsam ist wiederum die positive Bilanz des Prozesses: „Ich habe die gemeinsame Analyse der Situation in meinem Amt als ungemein hilfreich erlebt“, beschreibt Angelika R. „Wer hat da welche Rolle, wo stehe ich dabei, wo entstehen warum welche Konflikte. Dadurch bekam ich den Mut und die Kraft, mit den Kolleginnen und Kollegen wieder ins Gespräch zu kommen.“ Heute kann sie besser mit ähnlichen Situationen umgehen, sie hat ihre ursprünglichen Aufgaben behalten, neue sind sogar dazugekommen.
Bei Christian K., Anna M. und Klaus H. war das Coaching der „letzte Schubs“, sich selbstständig zu machen, wie Christian K. es ausdrückt. Er gründete seine eigene Agentur für strategische Unternehmens- und Finanzkommunikation. Dabei hat ihm geholfen, dass durch das Coaching die jüngere Vergangenheit bewertet wurde und er seine Zukunftserwartungen klarer sah. Er bekam Antworten auf Fragen wie: Wo bin ich gut, worin bin ich weniger gut, wann bin ich mit mir selbst identisch, wie sehen mich die anderen? Die Arbeit mit dem Coach brachte seinen Wunsch hervor, sich einen eigenen Angebotsrahmen zu stricken, mit seinen besonderen Fähigkeiten. „Es war ein toller Schritt, die Agenturgründung“, sagt er heute.
Anna M. arbeitet mittlerweile schon länger gern als freiberufliche Redakteurin für verschiedene Auftraggeber. Sie schätzte sehr an ihrem Coaching-Prozess, dass jede Sitzung ein Thema hatte, worauf sie sich vorbereitet hat. „Allein schon das Bemühen, mich verständlich zu machen, hat mir selbst schon viele Dinge klar gemacht“, beschreibt sie einen wesentlichen Bestandteil des Prozesses. „Ich habe durch die Gespräche gemerkt, dass es nicht darum ging, einen Befreiungsschlag zu machen, sondern einzusehen, dass Entwicklungen Zeit brauchen, kleine Schritte, bei denen ich das Ziel nicht aus den Augen lasse.“
„Das Coaching hat mir wieder auf die Beine geholfen“ beschreibt Klaus H. die Wirkung seiner Sitzungen mit dem zweiten Coach. „Zu der Zeit hatte ich ein Tief, mir ging mein Alltag als Bewerbungsschreiber und Hausmann auf den Geist.“ Schon am ersten Coaching schätzte er das Ermutigende: „Es wird einem vor Augen geführt, dass man was kann und dass man den Kopf nicht hängen lassen darf.“ Klaus H. macht sich zurzeit gerade selbstständig als Vertriebspartner einer Stiftung, die ökologisch ausgerichtete Finanzanlagen anbietet.
Das gute Gefühl am Ende einer Sitzung bei ihrem Coach ist auch bei Martina S. wesentlich: „Ich bin immer sehr müde danach, weiß aber, wie ich weitermachen kann. Das ist toll.“ So läuft die Kommunikation mit der Mitarbeiterin wesentlich besser, weil Martina S. deutlich geworden ist, dass dort auch einmal eine klare Ansage vonnöten ist: „Ich schwankte immer so hin und her, wollte motivieren, aber tatsächlich musste ich deutlich machen, entweder Du machst jetzt diese Aufgabe oder es wird schwer, weiter zusammenzuarbeiten. Meine Entscheidung stand eigentlich fest, aber in meiner Rhetorik war ich nicht eindeutig genug.“
Die neuen Erkenntnisse über sich selbst, die Möglichkeit, sich aus scheinbar ausweglosen Situationen zu lösen, und das Erlebnis, dass durch Coaching neue Energien frei werden, Mut gemacht wird: Das führt bei den fünf Interviewten dazu, dass sie sich durchaus ein weiteres Mal in einen Coaching-Prozess begeben würden. „Auf jeden Fall“, ist Angelika R. überzeugt, „wenn ich das Gefühl habe, ich hänge in einer Situation fest, beruflich oder privat, ich könnte mir auch vorstellen, präventiv zum Coach zu gehen, damit es zu bestimmten Situationen gar nicht erst kommt.“ „Ich denke gerade darüber nach“, sagt Anna M., „ich habe kürzlich ein wichtiges Ziel erreicht und jetzt das Bedürfnis nach Veränderung“ und Klaus H. ist sich sogar sicher: „Das waren nicht meine letzten Coachings“. Obwohl sie sich noch mitten in einem Coaching-Prozess befindet, weiß Martina S.: „Definitiv würde ich es wieder tun, auch bei anderen Problemen. Es ist für mich ein guter Reflexionsmechanismus“. Auch Christian K. sieht Coaching als gutes Mittel, sich in einer ähnlichen Situation noch einmal unterstützen zu lassen. Also nicht: einmal und nie wieder, sondern eher: immer wieder.
*Namen von der Redaktion geändert
Auf welchen Wegen erfahren die potenziellen Klienten von Ihnen?
Jagow: Der Großteil der Klienten kommt auf Empfehlung von anderen Klienten. Manche kommen, weil sie mich in Radio- oder Fernsehsendungen gehört oder gesehen haben. Zunehmend mehr surfen im Internet, suchen nach Stichworten und nutzen die Coach-Datenbank. Das sind häufig die Kunden, die sich mehrere Coachs ansehen, sich Angebote schicken lassen, tendenziell aus dem oberen Management. Gerade diese Klienten können oft nicht offen in ihrem Umfeld nach Empfehlungen fragen, weil sie fürchten, dass ihnen das als Schwäche ausgelegt werden könnte.
Was sind, in Ihrer Wahrnehmung, die ersten Kriterien der Klienten bei der Suche nach einem Coach?
Jagow: Meine fachliche Qualifikation als Diplom-Psychologin und mein Know-how zur Außenwirkung der eigenen Person. Dann interessieren der konkrete Ablauf und die Kosten. Hier finden es viele wichtig, dass nicht ich die Anzahl der Sitzungen festlege, sondern sie selbst bestimmen, wie lange und wie oft sie kommen wollen. Eine weitere Rolle spielt das Geschlecht. Weil ich eine Frau bin, kommen viele Frauen zu mir, die ein Job-Coaching suchen. Da es wenige Vorbilder für den ‚weiblichen Erfolg im Beruf’ gibt, möchten sie sich durchaus auch was ‚abgucken’ von ihrem Coach. Die Männer kommen eher zu mir, weil sie einem männlichen Coach gegenüber Konkurrenzgefühle empfinden und sie sich im Gespräch mit einer Frau leichter öffnen können.
Was nützt Ihren Klienten am meisten im Coaching-Prozess?
Jagow: Dass sie beschwingt nach jeder Sitzung gehen, mit neuem Mut, Ideen und Anregungen, wie sie Einfluss auf ihr Leben nehmen können. Dazu gehört, dass es uns gemeinsam gelingt, bestimmte Muster zu stoppen, aus ihnen herauszutreten und neue Erfahrungen zu machen. Sie verstehen, warum etwas so ist, wie es ist, welche Rolle sie darin spielen, und erkennen darüber, wie sie es ändern können. Zentral für die Entwicklung ist damit dieses positive Gefühl – ich bewirke etwas.
Was sind die häufigsten Situationen, in denen die Klienten zu Ihnen kommen?
Jagow: Viele kommen, um sich strategisch mit mir gemeinsam auf Bewerbungen vorzubereiten für den nächsten Karriereschritt – von der Auswahl der Arbeitgeber bis hin zur kompletten Mappe. Oder es beschäftigen sie grundsätzlichere Fragen zur beruflichen Zukunft – Job- und Branchenwechsel, der Schritt in die Selbstständigkeit sowie das Verhältnis vom Beruf- zum Privatleben. Häufig sind es zunächst Konflikte mit Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitern. Das zugrunde liegende Thema ermitteln wir im Erstgespräch zusammen. Die meisten kommen erst, wenn es schon lichterloh brennt. Die Erfahrung zeigt, erst wenn es gar nicht mehr geht, ist der Druck so hoch, dass sich jemand eine professionelle Unterstützung für Veränderung sucht.