Coach werden ist einfach. Im Grunde könnte sich jede Person von einer auf die nächste Sekunde zum Coach ernennen. Da der Beruf in Deutschland nicht geschützt ist, kann jeder andere Menschen „coachen“ – auch mit unzureichenden Qualifikationen. Doch nur weil man etwas machen kann, heißt es bekanntermaßen noch lange nicht, dass man es machen sollte. Wer schlampig coacht, spielt im schlimmsten Fall mit der Lebensgrundlage seiner Mitmenschen. Daher kann allein aus ethischen Gesichtspunkten ein Coaching nur befürwortet werden, wenn der Coach genügend qualifiziert und intrinsisch motiviert für den Job ist.
Zudem dürfte sich die Kundenakquise für einen unfähigen Coach schwierig gestalten. Auf der eigenen Website oder in einem Werbeclip kann es geschickten Tricksern noch leichtfallen, einen vertrauenswürdigen Eindruck vorzutäuschen. Sitzt der Coach aber plötzlich einem Klienten gegenüber und sieht sich mit komplexen Problemen konfrontiert, für die er keine passenden Herangehensweisen parat hält, weil er sie nie kennengelernt hat, kann die Fassade schnell bröckeln. Da in der Coaching-Branche der Großteil der Kundenakquise über Mund-zu-Mund-Propaganda läuft – ein Umstand, der in der RAUEN Coaching-Marktanalyse 2023 (Rauen et al., 2023) bestätigt wird – dürfte eine Weiterempfehlung für diesen Coach ausbleiben.
Wer ernsthaft daran interessiert ist, andere Menschen professionell zu coachen und das Coaching nicht einfach nur als vermeintlich simple Form des Gelderwerbs ansieht, tut gut daran, sich gründlich ausbilden zu lassen und sich – auch nach abgeschlossener Grundausbildung zum Coach – stetig weiterzubilden.
Am Anfang einer jeden qualifizierten Coaching-Karriere steht die Grundausbildung zum Coach. Hierbei ist zu erwähnen, dass der gebräuchliche Begriff Coaching-Ausbildung so nicht ganz korrekt verwendet wird. Da der Beruf Coach keine rechtliche Anerkennung besitzt, handelt es sich bei den Coaching-Ausbildungen nicht um (Berufs-)Ausbildungen. Formal träfe die Bezeichnung Coaching-Weiterbildung eher zu. Um eine Distinktion zu treffen, wird in diesem Artikel allerdings die Grundausbildung als solche bezeichnet und Maßnahmen, die darüber hinausgehen, als Weiterbildungen.
Coaching-Ausbildungen gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Eine schnelle Suche über Suchmaschinen ergibt Millionen an Treffern. Die Kunst liegt also nicht darin, eine Ausbildung zu finden, sondern die jeweils passende für die eigene Person. Für dieses Vorhaben werden nachfolgend die wichtigsten Kriterien zusammengefasst:
Interessierte sollten sich mit den wichtigsten Begriffen, Theorien und Ansätzen rund ums Coaching vertraut machen. So kann im Lehrplan der einzelnen Ausbildungsanbieter geprüft werden, ob das Institut mit Methoden arbeitet, die man selbst anwenden möchte und ob die Gewichtung der Lehrinhalte mit den eigenen Wünschen und Bedürfnissen übereinstimmt. Dabei wird dazu geraten, dass der Praxisanteil hoch ausfallen sollte (Stiftung Warentest, 2013).
Die meisten Anbieter bieten die Coaching-Ausbildung berufsbegleitend an. Dennoch unterscheiden sich die Angebote in Intensität sowie Dauer. Einige bieten eine asynchrone Ausbildung via Online-Kurse an, bei anderen ist Präsenzteilnahme erforderlich. Obwohl die Meinungen zur Mindeststundenzahl variieren, sind sich die meisten Experten einig, dass solide Coaching-Ausbildungen einer nicht geringfügigen Zeitinvestition bedürfen.
Einer Befragung von Coaching-Experten zufolge, sollte der Mindestumfang einer Coaching-Grundausbildung 187 Stunden betragen (Rauen, 2006). Der Roundtable der Coaching-Verbände (RTC) – eine Interessengemeinschaft von Coaching-Verbänden, aus der 2020 der Dachverband Roundtable Coaching hervorging – empfiehlt ein Mindestmaß von 150 Stunden in Anwesenheit der Dozenten (RTC, 2015).
Einige Ausbildungsinstitute setzen Qualifikationen wie einen Hochschulabschluss oder Berufserfahrung voraus. Interessierte sollten sich daher informieren, um sicherzugehen, dass sie die formalen Zulassungsvoraussetzungen für die Ausbildung erfüllen.
Die Kosten einer Coaching-Ausbildung sind nicht zu unterschätzen. Eine ideale Coaching-Ausbildung durfte nach Expertenmeinung bereits vor einigen Jahren gut und gerne 8.200 Euro kosten (Rauen, 2006). Neben den Kursgebühren kommen ggf. Kosten zur Unterbringung, Verpflegung, Fahrt etc. hinzu.
Die Zertifizierung durch einen Coaching-Verband stellt nicht zwingend einen Qualitätsgaranten dar. Zwar hat der RTC im Jahr 2015 ein Positionspapier herausgegeben, doch stehen darin zur Zertifizierung von Qualifizierungen nur Empfehlungen, keine verbindlichen Vorgaben. Wer nicht teilgenommen hat, wird sich auch nicht an die Empfehlungen des RTC gebunden fühlen. Interessierte sollten sich daher genau informieren, welche Werte und Anforderungen der Verband, der den Ausbildungsanbieter zertifiziert hat, vertritt bzw. stellt. Dennoch ist dieser Punkt nicht unerheblich. Sollte man als Coach in einen bestimmten Verband eintreten wollen, dürfte es sinnvoll sein, bereits die Coaching-Ausbildung in einem von diesem anerkannten Institut zu absolvieren.
Gemäß den Leitlinien des RTC (2015) sollte Coaching sich von anderen Disziplinen wie Expertenberatung oder Psychotherapie deutlich abgrenzen. Interessierte sollten darauf achten, dass der Ausbildungsanbieter Coaching klar definiert und von anderen Disziplinen unterscheidet.
Hierbei geht es nicht nur um persönliche Sympathie. Die Qualifikationen der Dozenten sollten überprüft werden. Sind diese Personen geeignete Lehrkräfte für diese Form des Coachings? Die Dozenten nehmen eine der wichtigsten Rollen in der Gestaltung des künftigen Coach-Daseins ein. Dabei können sie als positives Vorbild fungieren oder die Auszubildenden negativ beeinflussen (Meier, 2017). Es ist anzuraten, den Werdegang und die Philosophie der Dozenten zu recherchieren, um abzuwägen, ob man sich von diesen Personen leiten lassen möchte.
Bevor man sich für eine womöglich lange und teure Ausbildung einschreibt, sollten vorab genügend Informationen eingeholt werden können sowie die Möglichkeit einer Probeteilnahme bestehen (Stiftung Warentest, 2013). Letzteres kann in der Praxis z.B. bedeuten, dass Teilnehmende die Möglichkeit haben, die Ausbildung nach einem ersten Block abzubrechen, ohne dass sie Kosten für die weiteren Ausbildungsblöcke tragen müssen.
Die richtige Auswahl der Coaching-Ausbildung ist essenziell für jeden angehenden Coach. Sie bestimmt nicht nur das Wissen, das er sich im Laufe der Ausbildung zu eigen machen kann, mit dem Namen des Instituts wird er später auch assoziiert werden. Wie ersichtlich wird, ist der Auswahlprozess des geeigneten Coaching-Ausbildungsanbieters kein leichtes Unterfangen. Die Zeit und Mühe sollten künftige Coaches jedoch auf sich nehmen, um Enttäuschungen wie einen Ausbildungsabbruch und damit einhergehend vergeudete Zeit wie auch verschwendetes Geld zu vermeiden.
Mit einer abgeschlossenen Coaching-Ausbildung wird der Grundstein für eine erfolgreiche Coaching-Karriere gelegt. Doch reicht ein einziges Zertifikat bei Weitem nicht aus, um sich am hart umkämpften Coaching-Markt zu etablieren. Auch der RTC (2018) fordert, dass alle Coaches, die von einem RTC-Mitglied zertifiziert wurden, sich zur Qualitätssicherung der ständigen Weiterbildung im Sinne des lebenslangen Lernens widmen. An dieser Stelle docken Weiterbildungsangebote an.
Eine der ersten Fragen, die sich ein Coach stellen muss, lautet wohl: Wen möchte bzw. kann ich coachen? Je nach beruflicher Erfahrung und Position des Coachs kann die Antwort auf die Frage nach der Zielgruppe leicht zu beantworten sein oder erst erschlossen werden müssen. Umfasst die Zielgruppe Personen, mit deren Beruf bzw. Lebensstand der Coach wenig Schnittmengen hat, muss er ggf. über Weiterbildungen Fachwissen nachholen.
Nicht nur bezüglich der Klientel, sondern auch thematisch, kann sich ein Coach mittels Weiterbildungen entweder auf bestimmte Gebiete fokussieren oder breiter aufstellen. Beispielsweise wurde das Thema Krisenmanagement in allen von Stiftung Warentest (2013) getesteten Coaching-Ausbildungen nur am Rande behandelt. Möchte ein Absolvent von einem dieser Ausbildungsstätten sich auf Krisenmanagement spezialisieren, wäre es für ihn ratsam, eine Weiterbildung zu besuchen, die dieses Thema beleuchtet.
Außerdem sind weiterbildende Kurse stets sinnvoll, wenn der Coach nach seiner Grundausbildung feststellt, dass bestimmte Methoden, die ihn interessieren, zu kurz kamen oder gar nicht behandelt wurden. Jeder zusätzliche Ansatz im Repertoire eröffnet letztlich Möglichkeiten, um ggf. einer größeren Bandbreite an Klienten und Anliegen flexibel und suffizient begegnen zu können.
Es können auch Weiterbildungen zu Coaching-verwandten Disziplinen nötig werden. Wie die Coaching-Marktanalyse 2023 (Rauen et al., 2023) zeigt, können die meisten Coaches nicht allein vom Coaching leben. Lediglich 39,49 Prozent vom Gesamteinkommen sowie 42,94 Prozent der Arbeitszeit aller befragten Coaches entfallen im Durchschnitt auf das eigentliche Coaching. Den Rest nehmen Tätigkeiten in Bereichen wie Training, Beratung, Organisationsentwicklung usw. ein. Diese Tätigkeiten unterscheiden sich vom Coaching und bedürfen ihrerseits einer gründlichen Einarbeitung in das jeweilige Metier.
Für die eigene Weiterentwicklung sollten Coaches regelmäßig Supervision in Anspruch nehmen. Während der Supervision kann ein Coach mit einem Kollegen vom Fach sein Coach-Dasein oder bestimmte Coaching-Prozesse reflektieren. Er kann darüber sinnieren, was und warum etwas bei ihm gut oder schlecht läuft. So sollen blinde Flecken erkannt und Misserfolgserlebnisse verarbeitet werden – mit dem Ziel, aus ihnen zu lernen und an ihnen zu wachsen. Bereits während der Grundausbildung sollte Zeit für Supervisionsstunden eingeräumt werden. Doch auch nach Jahren der professionellen Coaching-Tätigkeit kann ein Coach und die Qualität seiner Coachings von regelmäßigen Supervisionseinheiten profitieren. (Loebbert, 2021)
Zu guter Letzt kann ein Coach natürlich sein Wissen weitergeben, indem er selbst Coaching-Ausbildungen anbietet. Getreu dem Motto, „Wer andere lehrt, lernt selbst am meisten“, ist der Lerneffekt dabei nicht zu unterschätzen. Gesetzlich gelten für den Coaching-Ausbilder – wie bereits für den Job als Coach – keine spezifischen Voraussetzungen. Um in der Dozenten-Position als seriös angesehen zu werden und dementsprechend Auszubildende zu gewinnen, sollte ein Coach jedoch über ausreichend Erfahrung verfügen. Sechs Jahre Berufserfahrung als Coach sehen Experten dabei als Mindestmaß an, besser wären – so der angegebene Durchschnittswert – über 8,6 Jahre (Rauen, 2006).