Beruf Coach

Coaching und die Modewellen

Erfolgsgeschichte des Coachings

6 Min.

Erschienen im Coaching-Newsletter in Ausgabe 09 | 2010

Haben Sie sich jemals gefragt, warum Coaching eigentlich nicht wie viele Modewellen gekommen und dann wieder gegangen ist? Eine Antwort darauf lautet, dass das Coaching dies einer seltenen Konstellation von Geschehnissen verdankt.

Nachdem vor 25 Jahren die ersten Berichte über eine neue Beratungsform namens "Coaching" im deutschsprachigen Raum veröffentlicht wurden, hat es nicht lange gedauert, bis erste Kritiker einen anstehenden Niedergang dieser "Modewelle" prophezeiten. Aus heutiger Sicht können diese Vorhersagen als falsch angesehen werden. Es boomen nicht nur Berichterstattung und Buchmarkt, sondern es nimmt auch die Anzahl von Coachs, von Coaching-Ausbildungen und auch von Coachings zu. Inzwischen gehen viele Prognosen davon aus, dass der Coaching-Markt noch weiter wachsen und in der Weiterbildungs- bzw. Beratungsbranche an Bedeutung gewinnen wird. Doch warum ist dies so?

Ein mögliches Erklärungsmuster ist sicherlich, dass mit der anfänglichen Berichterstattung über Erfolgsgeschichten eine Art von sich selbst erfüllender Prophezeiung eingetreten ist: Je mehr über das Coaching berichtet wurde, desto mehr Menschen kamen überhaupt auf die Idee, diese neue Art von Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Und umso mehr Anbieter füllten den Markt. Diese waren wiederum gezwungen, mit diversen Marketingmethoden die Sichtbarkeit ihres Angebotes zu steigern, was zu neuen Büchern, Artikeln und Presseberichten führte. Ein Kreislauf begann.

Dieses Muster kann aber nur eine Art "Initialzündung" erklären. Solche Initialzündungen sind von tatsächlichen Modewellen durchaus bekannt. Ein Thema ist eine gewisse Zeit lang "in", in den Zeitschriften und Magazinen wird darüber berichtet, weil in anderen Zeitschriften und Magazinen ebenfalls darüber berichtet wird und Anbieter nehmen ein neues Produkt und eine neue Dienstleitung in ihr Portfolio auf, weil es die Konkurrenz auch getan ist. Doch weil diese Modewellen letztlich keine oder kaum Substanz schaffen und durch eine nahezu beliebige andere Modewelle wieder abgelöst werden kann, lösen sich diese Wellen ebenso schnell wieder auf, wie sie entstanden sind.

Neben einer Initialzündung muss daher beim Coaching etwas vorhanden sein, dass es von einer Modewelle unterscheidet und dafür gesorgt hat, dass das Coaching nicht nur existent bleibt, sondern wachsen konnte. Als ganz wesentliche Faktoren – wenn auch sicher nicht als einzige – sind dabei die drei folgenden Aspekte von besonderer Bedeutung:

  • Die Innovationskraft der Branche und ihrer Anbieter
  • Der Bedarf in der Wirtschaft
  • Der Nutzen des Coachings

Die Innovationskraft der Branche und ihrer Anbieter

Die Coaching-Branche zeichnet sich durch eine Vielzahl und einen steten Strom innovativer Ideen aus. Da die Medien immer auf "News" angewiesen sind, hat dies der Coaching-Branche stets neue Aufmerksamkeit beschert. D.h. die Coaching-Branche ist keine Modewelle, sie produziert Modewellen! Auf diese Weise kommt der Branche sehr viel Publicity zu, was ein entscheidender Marketingfaktor ist. Natürlich produziert die Coaching-Branche nicht nur Modewellen, sondern auch nachhaltige Innovationen, wie zahlreiche Bücher mit originellen und fundierten Konzepten belegen. Nicht verschwiegen werden darf dabei, dass auch skurrile Angebote in der Branche vorkommen. Letztlich führt aber genau dieser Mix zu engagierten Diskussionen und Reibungen in der Branche, was wiederum für News und damit für Publicity sorgt. Die Innovationskraft der Branche zeigt sich auch in der enormen Angebotsvielfalt, nicht nur was Konzepte, Methoden und Coaching-Angebote anbelangt, sondern auch auf die Coaches und Verbände bezogen, die unterschiedliche Zielgruppen abdecken.

Der Bedarf in der Wirtschaft

Der Zusammenbruch der Sowjetunion samt der Öffnung der Ostblockländer hat zusammen mit den technischen Möglichkeiten des Internets zu einem Globalisierungsdruck geführt, der beispiellos in der Wirtschaftsgeschichte ist. Durch die Entstehung eines globalen Marktes samt Echtzeithandel und 24h-Erreichbarkeit ist ein Effizienzdruck entstanden, dem sich kaum ein Unternehmen entziehen konnte. Die zunehmende Komplexität von Geschäftsabläufen hat zudem dazu geführt, dass Teamwork immer wichtiger geworden. Während früher ein Führungsideal des "starken Mannes" herrschte sind Sozialkompetenzen in der Führungsarbeit immer wichtiger geworden. Gleichzeitig hat die Bereitschaft, Beratung und Coaching in Anspruch zu nehmen, zugenommen. Solche Dienstleistungen werden nicht mehr als "Nachhilfe für Leistungsschwache", sondern als Unterstützung für Bestleistungen (wie im Sport) angesehen. D.h. dass sowohl der Bedarf nach Coaching als auch die Bereitschaft, sich coachen zu lassen, durch einen steigenden Druck in der Wirtschaft und einen Generationswechsel zugenommen haben.

Der Nutzen des Coachings

Auch wenn es in Teilen der Wirtschaft durchaus eine Tendenz gibt, Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, deren Nutzen für den Erfolg eines Unternehmens nicht immer unmittelbar erkennbar ist, haben Unternehmen i.d.R. wenig Geld zu verschenken. Da Coaching zunehmend in Anspruch genommen wird und ein Ende dieser Tendenz momentan nicht absehbar ist, belegt dies eine Wirkung, die von Coaching-Maßnahmen ausgeht. Der Nutzen des Coachings kann aber nicht nur indirekt belegt werden, sondern ist auch durch diverse Analysen und vor allem durch entsprechende Erfahrungen in den Unternehmen bekannt. Im Kern ist Coaching eine Begleitung auf Zeit, in der beim Klienten ergebnisorientierte (Selbst-)Reflexionen gefördert werden. Ein elementares Ziel ist dabei die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel zu stärken. Erst dies ermöglicht es vielen Managern, ihr Führungsverhalten zu optimieren und abgewogenere Entscheidungen zu treffen. D.h. die Wirkung und damit der Nutzen von Coaching basiert auf der individualisierten Unterstützung von Selbst- und Sozialkompetenzen. Der Aspekt der Individualisierung trägt dabei dem Umstand Rechnung, dass Bildung – und damit auch Weiterbildung bzw. Lernen – ein sehr persönlicher Prozess ist. Da Führungskräfte nahezu immer Multiplikatoren sind, kann ein erfolgreiches Coaching eine entsprechende Hebelwirkung entfalten und Entwicklungen ermöglichen, die vorher nicht oder kaum machbar waren. Selbstverständlich bedeutet dies aber nicht, dass mit Coaching alles möglich wird. Das individualisierte Lernen ermöglicht aber durchaus auch in teilweise schwierigen Konstellationen, ermutigende Effekte – was ja bekanntlich nicht nur für das Coaching gilt.

Fazit

Ingesamt betrachtet ist die Entstehungs- und Erfolgsgeschichte des Coachings zumindest auch vielen besonderen historischen Umständen und Zufällen gedankt. Statt selbst eine Modewelle zu sein, hat das Coaching viele Modewellen hervorgerufen – und man kann wohl davon ausgehen, dass noch einige folgen werden. 

Dieser Artikel gefällt Ihnen?

Dann unterstützen Sie unsere redaktionelle Arbeit durch den Abschluss eines Abonnements und ermöglichen Sie es uns, auch in Zukunft fundiert über das Thema Coaching informieren zu können.

Nach oben