Beruf Coach

Fragen an Dr. Anke Nienkerke-Springer

Senior Coach (DBVC) und Coaching-Expertin Dr. Anke Nienkerke-Springer beantwortet Fragen aus der Praxis

3 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 2 | 2015 am 13.05.2015

Welche Veränderungen erleben Sie im Coaching?

Unternehmen stehen Herausforderungen wie Innovationsdruck, einer Verkürzung der Produkteinführzeiten, Fachkräftemangel, dem demografischen Wandel und dem Umgang mit der Digitalisierung gegenüber. Die Komplexität und Geschwindigkeit hat insgesamt zugenommen. Dabei ist der Zahlendruck enorm. Die Anforderungen an Unternehmen sind größer geworden, auch was das Thema Führung und Veränderungsgestaltung angeht. Dies spiegelt sich in Coaching-Erwartungen und spezifischen Fragestellungen wider. Je größer der Druck, desto höher die Erwartung, schnelle Lösungen zu erhalten. Als Coach muss man das Verlangen nach schnellen Lösungen aber nicht per se erfüllen, da man der Komplexität des Klienten sonst nicht gerecht wird. Es erfordert Klarheit und Mut, dem Bedürfnis nach „speed“ ein „less is the new more“ entgegenzustellen und dennoch in der Lage zu sein, die Themen greifbar und mit einer nachvollziehbaren Logik rüberzubringen. Erst dadurch wird der Weg für einen nachhaltigen und gesunden Veränderungsprozess geebnet.

Welche Fähigkeiten muss ein Topmanagement-Coach mitbringen?

Coaching auf Topmanagementebene setzt voraus, Erfahrungen und Wissen aus jeder Führungsebene mitzubringen. Es erfordert eine Haltung und Kommunikation auf Augenhöhe sowie eine diskrete, exklusive und umfassende Begleitung des Managers in seiner Rolle. Dabei ist gefragt, mit welcher Haltung und welchem Tun man welche Wirkung und Resonanz erzeugt. Für Manager ist z.B. ein Change-Prozess immer ein Balanceakt zwischen einfühlendem Verstehen und harter Konfrontation. Den Umgang mit harter Konfrontation haben sich Topmanager im Laufe ihrer Karriere erworben. Auf dem großen Spielfeld zu spielen und erfolgreich zu sein, bedeutet aber auch, Menschen zu überzeugen, Zugehörigkeit herzustellen sowie Emotionen und Machtdynamiken miteinander zu integrieren. Es geht auch darum, sich als Persönlichkeit zu zeigen und Wertschätzung als wertschöpfenden Faktor zu sehen. Das erfordert einen zusätzlichen Aufmerksamkeitsfokus, nämlich den der Achtsamkeit.

Muss hierbei der Coach auch an Einstellungen und Haltung arbeiten?

Ja, allerdings kann ich eine Einstellung nicht verordnen. Ich kann die Wirkung und Konsequenzen des Tuns reflektieren und gemeinsam mit dem Klienten nach Wegen suchen, um zu mehr Flexibilität und Selbstwirksamkeit zu kommen, übrigens ein wichtiger Faktor der Life-Balance. Dies geht aber über Kompetenzen und Fähigkeiten hinaus. Es bedeutet, Leben und Arbeit als eine gestaltende Arbeit aus einer kreativen Sicht zu sehen im Gegensatz zu einer reaktiven Haltung.

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Wie kann ein persönlicher Veränderungsprozess gelingen?

Es fällt schwer, sich aus alten bequemen und liebgewonnenen Mustern und Gewohnheiten herauszulösen. Gerade unter Stress klammern wir uns an alte Muster, selbst wenn wir wissen, dass das nicht mehr brauchbare Lösungen sind. Für Coaching-Prozesse bedeutet das einerseits, die DNA von Organisationen zu verstehen, andererseits eine kreative Spannung zu halten zwischen den Wirklichkeitskonstruktionen des Klienten und der gegenwärtigen Realität. Um Veränderung zu bewirken, gelten ähnliche Kriterien wie bei Change-Prozessen. Es geht in erster Linie um die Klarheit der Vision, der Ziele und das Aufzeigen der Dringlichkeit. Eine nachhaltige Verhaltensänderung geht dabei allerdings nur über eine Veränderung der Einstellung und Haltung.

Welche Eigenschaften müssen Führungskräfte für einen erfolgreichen Change-Prozess mitbringen?

Wirtschaftlicher Erfolg definiert sich durch Wertschätzung. Wertschätzung und Wertschöpfung sind elementare Faktoren für nachhaltigen Unternehmenserfolg. Dabei ist Wertschätzung weit mehr, als nur ein Mitarbeitergespräch zwischen Tür und Angel zu führen. Es hat etwas mit der Fähigkeit zu tun, die unsere Sinne betreffen – z.B. das aktive Zuhören. Das könnte für viele ein erster Schritt sein.

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