04.09.2020
Der Coaching-Markt gilt als unübersichtlich. Allein in Deutschland konkurrieren nach Schätzungen etwa 9.000 Coaches um die Gunst potenzieller Klienten und Auftraggeber. Wer einen Coach sucht, ohne vorab klare Auswahlkriterien festgelegt zu haben, wird nur schwer zu einer gut begründeten Entscheidung finden. Es stellt sich also die Frage, auf welche Faktoren Klienten und Verantwortliche in den Unternehmen bei der Auswahl eines Coachs Wert legen sollten. In diesem Zusammenhang ist eine in der Zeitschrift „Organisationsberatung, Supervision, Coaching“ (Ausgabe 3/2020, September) veröffentlichte Studie mit dem Titel „Become the best coach you can be: the role of coach training and coaching experience in workplace coaching quality and quality control“ zu betrachten.
Für die Studie zeichnet ein international zusammengesetztes Team, bestehend aus den Coaching-Forschern Dr. Sandra J. Diller (Universität Salzburg), Prof. Dr. Jonathan Passmore (Henley Business School/Henley Centre for Coaching, University of Reading), Dr. Hazel J. Brown (University of Winchester), Prof. Dr. Siegfried Greif (Universität Osnabrück) und Prof. Dr. Eva Jonas (Universität Salzburg), verantwortlich. Die Forscher gingen der Frage nach, welchen Einfluss die Faktoren Coaching-Ausbildung und Coaching-Erfahrung auf die Qualität und die Qualitätskontrolle (bestehend aus Selbstreflexion, Supervision und Evaluation) von Coaching haben.
Selbstwahrnehmung der Coaches
Um die Frage beantworten zu können, führte das Forschungsteam zwei Erhebungen durch. Zunächst wurden 2.267 Coaches aus mehr als 40 europäischen Ländern befragt, um in Erfahrung zu bringen, über welche Coaching-Qualifikationen und -Erfahrungen die Coaches verfügen, wie sie die eigene Coaching-Qualität bewerten und inwieweit sie Qualitätskontrolle betreiben. Zusammenfassend stellten die Forscher fest, dass besser ausgebildete Coaches auch die Qualität ihrer Coachings als besser einschätzen und in stärkerem Maße Selbstreflexion und Supervision betreiben. Auch erfahrenere Coaches nehmen eine bessere Qualität ihrer Coachings wahr. Mehr Coaching-Erfahrung führt laut den Ergebnissen jedoch nicht zu mehr Qualitätskontrolle und hat gar einen negativen Effekt auf die Häufigkeit von Evaluation.
Fremdwahrnehmung durch Personalmanager
Um die Selbstauskünfte der Coaches um eine Außenwahrnehmung zu ergänzen, wurden darüber hinaus 754 Personalmanager aus Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt. 499 Befragte gaben an, derzeit Coaching in ihren Unternehmen einzusetzen, und erteilten Auskunft hinsichtlich ihrer Auswahlkriterien in Bezug auf Coaches. Zudem beantworteten sie Fragen, die Rückschlüsse auf Coaching-Qualität und Qualitätskontrolle zulassen. Das Ergebnis: Eine umfangreichere Coaching-Ausbildung führt zu besserer Coaching-Qualität und zu mehr Qualitätskontrolle. Eine umfangreichere Coaching-Erfahrung bedingt hingegen keine von außen als besser wahrgenommene Coaching-Qualität.
Die Forscher fanden zudem im Rahmen der Befragung der Personalmanager heraus, dass – neben der Coaching-Ausbildung und der Coaching-Erfahrung – Referenzen ein wichtiges Auswahlkriterium der Personalmanager darstellen. Referenzen führen jedoch – ebenso wie eine umfangreichere Coaching-Erfahrung – nicht zu als besser wahrgenommener Coaching-Qualität.
Letzteres kann als problematisch verstanden werden, denn Coaching steht in dem Ruf, zu erheblichem Anteil ein Empfehlungsgeschäft zu sein. Im Rahmen der Erhebung zur RAUEN Coaching-Marktanalyse wurden Coaches u.a. nach den Aspekten gefragt, aufgrund derer ihre Dienste in Anspruch genommen werden. Wie den im März 2020 veröffentlichten Ergebnissen zu entnehmen ist, stellen Empfehlungen durch gemeinsam bekannte Personen das wichtigste Kriterium dar. Auch die Erfahrung als Coach wurde von den befragten Coaches hinsichtlich der Nachfrage als wesentlich wichtiger eingestuft als eine Coaching-Ausbildung. (de)
Informationen:
https://link.springer.com/article/10.1007/s11613-020-00662-8