08.04.2015
Welche Bedeutung haben Vertrauen und Vertraulichkeit im Coaching? Stehen Vertraulichkeit und Firmeninteressen im Widerspruch zueinander? Wer gewährleistet Vertraulichkeit im Coaching? Solche und weitere Fragen diskutierten rund 250 Teilnehmer und 34 Referenten vom 26.–27.03.2015 auf dem zweiten Coaching-Kongress der Hochschule für angewandtes Management (HAM) in Erding – veranstaltet von der Fakultät Wirtschaftspsychologie mit Prof. Dr. Jutta Heller als Organisatorin.
Zu dem sensiblen Thema „Coaching heute: Zwischen Vertraulichkeit und Firmeninteressen” gaben Experten aus Forschung, Unternehmen und Coaching-Praxis die Möglichkeit zum Nachdenken, kritischen Betrachten und Diskutieren.
Dr. Walter Schwertl, Coach und Autor, eröffnete den Kongress mit seiner Keynote „Firmeninteressen sind kein Widerspruch zu Vertraulichkeit, sondern ein relevanter Teil von Business-Coaching“. Prof. Dr. Carsten Schermuly (SRH Hochschule Berlin) sprach in seinem forschungsbasierten Vortrag über die „Risiken und Nebenwirkungen“ von Coaching. Horst Kraemer, Coach und Autor, stellte in seinem Workshop neurowissenschaftliche Erkenntnisse zur Vertrauensbildung vor: Die Grundlage für eine Vertrauensumgebung ist demnach durch Stressklima stark reduziert.
Die Podiumsdiskussion des ersten Kongresstages mit Vertretern aus Praxis und Forschung wurde von Thomas Webers, Coach und Journalist, eröffnet und moderiert. Zentrales Fazit der Diskussion war: Es brauche eine dialogische Vertrauenskultur zwischen Unternehmen, Klient und Coach, die auch Fehler zulässt.
Dr. Alfons Üffing, Coach, Trainer und Berater der Audi-Akademie, betonte in seiner Keynote, dass Coaching immer noch den effektivsten Ansatz zur Personalentwicklung darstelle, der Coach dabei aber zwischen verschiedenen Shareholder- und Stakeholder-Interessen gefangen sei. Freiwilligkeit und Vertraulichkeit seien für Üffing ein absolutes Muss im Coaching, wobei sich Vertraulichkeit regeln lasse und Vertrauen hingegen erst erworben werden müsse. Prof. Dr. Heidi Möller (Universität Kassel) diskutierte in ihrem Vortrag die Kehrseiten und ambivalenten Aspekte von Vertrauen.
Jörg Middendorf, Coach und Buchautor, stellte am Ende des zweiten Tages aktuelle Ergebnisse seiner 13. Coaching-Umfrage vor, bei der auch das Thema Vertraulichkeit eine zentrale Rolle spielte (Coaching-Report berichtete): Coaching wird stetig professioneller und stabilisiert sich weiterhin. Coaches halten Vertraulichkeit für wichtig, in der Praxis zeigt sich dennoch ein heterogenes Verständnis von Vertraulichkeit. Das Thema Vertraulichkeit wird primär den Coaches überlassen, von Unternehmen werden ethische Grundsätze im Coaching weniger zum Thema gemacht.
Der Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis wurde erfolgreich fortgesetzt. Es konnten wertvolle Impulse zum Thema Vertraulichkeit im Coaching gegeben werden, wenngleich das Kongressthema in einzelnen Workshops und Vorträgen noch stärker hätte Berücksichtigung finden können. Der Kongress war durch eine entspannte Atmosphäre mit viel Diskussionsraum und ausgiebigem Netzwerken gekennzeichnet.
Mit Spannung darf der Kongress im nächsten Jahr erwartet werden, der sich vom 25.–26.02.2016 dem Themenschwerpunkt „Digitale Medien im Coaching” widmen wird. (Prof. Dr. Melanie Hasenbein)
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