14.01.2014
Die Coaching-Psychologie Subdivision SGCP (www.sgcp.eu) der Britischen Gesellschaft für Psychologie BPS (www.bps.org.uk) hat sich zur Mission gemacht, die Bedeutung von Psycho-logie für Coaching über die Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse, Diskussionen, Publi-kationen sowie Konferenzen hervorzuheben. Entsprechend fand die erste Europäische Coaching-Psychologie-Tagung 2008 in London statt (University of Westminster). Nach der zweiten (2009, London, Royal Holloway University) und dritten (2010, London, City University) Durchführung fand am 12./13. Dezember 2013 nun die vierte Ausgabe dieser Tagung erstmals in Schottland an der Heriot Watt Universität (Edinburgh) statt.
Rund 150 Personen inklusive Beitragende aus knapp 20 Ländern begrüsste Prof. Sarah Corrie (Middlesex University), gegenwärtig Präsidentin der SGCP. Der Titel der Tagung lautete „Coachingpsychologie zur Förderung von Leistung und Wohlbefinden“. Corrie betonte in ihrer Eröffnungsrede insbesondere die gemeinschaftsbildende Bedeutung der Tagung. Dr. Almuth McDowall (University of Surrey) eröffnete die Tagung inhaltlich. Basierend auf einer Kritik am Feedback-Konzept, das gemäss Forschungserkenntnis in der Anwendung oft mehr Schaden anrichtet als Gutes vollbringt, präsentierte McDowall das Feedforward-Konzept nach Kluger & Nir (2006, 2010). Kernidee ist, Erkenntnisse aus erfolgreichen Ereignissen und Erfahrungen auf gegenwärtige Herausforderungen zu übertragen. So vielversprechend die ersten Erkenntnisse aus einer grossangelegten Studie zu Feedforward auch waren, der Unterschied zu lösungsorientierten Ansätzen blieb auch nach dem Vortrag ungeklärt. Die Beiträge von Prof. Sarah Corrie (Developing Coaching Psychology as an Evidence-Based) und Prof. Stephen Palmer (Positive Psychology and Coaching Psychology: A Paradigm Shift focusing wellbeing and performance instead of illness and despair) waren eher allgemein und blieben an der Oberfläche. Der Beitrag von Richta Ijntema (Universität Utrecht) war dagegen höchst interessant. In einer groß-angelegten, quasi-experimentellen Studie untersuchte Ijntema die Effekte eines Coaching-Programms mit Trainingsmodulen in einer großen holländischen Versicherungsgesellschaft. Das Wohlbefinden und das Arbeitsengagement der Teilnehmenden wurde vor, direkt und drei Monate nach der Durchführung des Programms erhoben. Im Vergleich zur Kontrollgruppe konn-ten auf allen Ebenen positive Verbesserungen festgestellt werden. In der Studie wurde ein in der Coaching-Forschung bisher ungenügend berücksichtigter Erfolgsfaktor erkennbar, und zwar der investierte Zeitaufwand, den Klienten ausserhalb der Coachings in entsprechendes Training investieren. Ein zweites, gleich an diesen Vortrag anschließendes Highlight war der Vortrag des Sportpsychologen Prof. Sandy Gordon (University of Western Australia). Gekonnt und erkenn-bar praktisch erprobt, verdeutlichte Gordon wie Erkenntnisse aus der Sportpsychologie und der Arbeit mit Spitzensportlern auf den Unternehmenskontext übertragen werden können. Im Kern seiner Ausführungen lag der Stärken-Ansatz von Linley, den die Teilnehmenden im Rahmen eines vertiefenden Skills-Workshop praktisch ausprobieren konnten. Immer wieder verwies der Sportpsychologe auf interessante Praxisbeispiele und argumentierte überzeugend, wie wenig Sinn es macht, Zeit mit der Bearbeitung von Schwächen zu verbringen. Sind dessen Publikatio-nen zum Transfer sportpsychologischer Erkenntnisse auf den Businesskontext nur annähernd so erfrischend und interessant wie seine Präsentation, so lohnt es sich mit bestimmt, diese zu lesen. Der Workshop von Corrie/Palmer zur kognitiv-behavioristischen Bewältigung von Perfek-tionismus, der Vortrag von Prof. Reinhard Stelter (University of Copenhagen) zum „Third Gene-ration Coaching“ sowie das Referat von Dr. Diana Aguiar Viera (Polytechnic Institute of Porto) zur Bedeutung der Coach-Selbstwirksamkeit für den Erfolg im Coaching haben weiter dazu ge-führt, dass sich der Besuch der 4. Europäischen Tagung zur Coaching-Psychologie sehr gelohnt hat.
Wie an allen Tagungen sind es aber v.a. auch die direkten Kontakte und der Austausch mit den Teilnehmenden aus aller Welt, die aus einem guten einen sehr guten Anlass machen und helfen, beim einen oder anderen weniger guten Referat ein Auge zuzudrücken. So auch bei diesem Anlass. Das Nacht-Essen am ersten Abend im „Royal Scots Club“ mit Dudelsackmusik und Tanz war eine gelungene Abwechslung und vermittelte einen schönen schottischen Geschmack, der in guter Erinnerung bleiben wird. Alles in allem ein informativer, gelungener Anlass mit vielen spannenden Persönlichkeiten aus der internationalen Coaching-Gemeinschaft. (Robert Wegener, Leiter der Internationalen Coaching-Fachkongresse „Coaching meets Research …“ der Hochschule für Soziale Arbeit der Fachhochschule Nordwestschweiz)