28.03.2011
In den letzten zehn Jahren ist der arbeitsbedingte Stress in neun Mitgliedstaaten gestiegen und lediglich in Schweden zurückgegangen. Nach jüngsten Studien dürften 50 bis 60 Prozent aller Ausfalltage mit Stress in Verbindung stehen. Die unmittelbar von Stress am Arbeitsplatz verursachten Kosten machen nach Schätzungen EU-weit vier Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. So sollen sich die stressbedingten Kosten beispielsweise in Frankreich jährlich auf wenigstens zwei bis drei Mrd. Euro belaufen. Im Vereinigten Königreich gingen schätzungsweise zehn Millionen Arbeitstage durch Angststörungen, Stress und Depression im Zusammenhang mit der Arbeit verloren.
Doch das Ergebnis hatte sich die EU-Kommission eigentlich anders vorgestellt: 2004 schlossen die europäischen Sozialpartner (Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretungen) eine Vereinbarung, um ein Minimum an Schutz vor Stress am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Insgesamt zieht die Kommission zwar eine positive Bilanz. In zwölf Mitgliedstaaten, in denen bis dahin nur wenig getan worden war, konnten Verbesserungen erreicht werden. Heute verfügen 19 Mitgliedstaaten über Rechtsvorschriften oder verbindliche Tarifvereinbarungen, die sich mit arbeitsbedingtem Stress befassen. Regelungen zu arbeitsbedingten Stress wurden auf unterschiedliche Weise in Tarifvereinbarungen oder allgemeinen Sozialpartnervereinbarungen, in Leitlinien oder Rechtsvorschriften verankert. Die Kommission kommt so zum Schluss, dass die Vereinbarung von 2004 einen sozialen Dialog ausgelöst und in den meisten Ländern zu strukturellen Entwicklungen im Bereich von berufsbedingtem Stress geführt hat.
Doch die Vereinbarung wurde nicht in der gesamten EU gleichmäßig durchgeführt. Die Sozialpartner in Malta, Zypern, Polen und Slowenien haben nicht berichtet, wie sie ihren Verpflichtungen nachgekommen sind, und in Bulgarien, der Tschechischen Republik, Deutschland und Estland sind die Ergebnisse hinter den Erwartungen zurückgeblieben. So hätten in Deutschland Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretungen jeweils lieber eigene Strategien gefahren, als gemeinsame. Der heutige Stand der nationalen Umsetzung der Vereinbarung sei in Deutschland heterogen, weil dort eben auch Ländersache, eine gemeinsame nationale Strategie sein nicht wirklich erkennbar.
Die europäischen Sozialpartner sind der Auffassung, dass die Arbeitnehmer zwar durchaus in der Lage sind, kurzfristig hohen Arbeitsdruck zu bewältigen; anhaltende Stresssituationen können jedoch beträchtlichen Schaden anrichten. Die wichtigsten Stressfaktoren sind Arbeitsanforderungen, mangelnder Handlungsspielraum, soziale Beziehungen, emotionale Anforderungen, Wertkonflikte und ethische Konflikte sowie Unsicherheit des Arbeitsplatzes. (tw)
Weitere Informationen:
www.ec.europa.eu/social/BlobServlet?docId=6560&langId=en