14.09.2011
Im Interview mit Birgit Weidt für die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift „Psychologie heute“ (9/11) erläutert der Wirtschaftspsychologe und emeritierte Professor Lutz von Rosenstiel (Universität München) wie sich Beruf und Persönlichkeit gegenseitig beeinflussen.
In mehreren großangelegten Studien zeigte sich, dass das betriebliche Wertesystem, also der Kontext, das eigene Wertesystem beeinflusse, gar verändere: Denn Rollenerwartungen prägen. An den Konflikten zwischen beiden Domänen würden aber auch Karrieren zerbrechen, man kenne das von Aussteigern. Bei anderen führe das zu steter Unzufriedenheit. Von Rosenstiel: „Es sollte nicht so sein, dass man in eine Karriere hineinstolpert und mitzieht gemäß dem Motto das muss so sein, aber abends an der Bar die verschmutzte Seele auskotzt. Nur wenige trauen sich dann auszusteigen und etwas anderes zu machen. Deshalb sollte man vorher reflektieren, ob es einem die Sache wert ist. Doch noch gibt es relativ wenige, die sagen: Karriere? Nein danke!“
Karrieremachen produziere Licht- und Schattenseiten. Gerade im Top-Management wachse jedoch die Gefahr der Vereinsamung. In der Wirtschaft sei dies ein ganz großes Problem. „Wir haben in vielen Betriebsanalysen festgestellt“, so von Rosenstiel: „Zwischen der Topebene und dem mittleren Management ist die Kommunikation fast weggebrochen, und die Information, die nach oben durchkommt, ist bereits stark gefiltert. Die Topmanager wollen über ein Problem, das in einem Gutachten auf 50 Seiten dargelegt ist, eine Zusammenfassung von einer halben oder einer ganzen Seite. Die Gefahr dabei ist, dass man dort oben in potemkinschen Dörfern lebt und gar nicht mehr weiß, wie unten gedacht wird.“ Daher plädiert er für eine ausgewogenere Gewichtung von Beruf und außerberuflichen Tätigkeitsfeldern. (tw)
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