Coaching in Asien

04.02.2010

Den blinden Fleck beleuchten: Der Westler-Stil funktioniert nicht.

Was Coaching konzeptionell zu sein hat, ist zutiefst determiniert durch unsere westliche Kultur. Das ist uns Westlern in der Regel nicht bewusst, denn wir leben (wie die meisten Kulturen) mit einem blinden Fleck für die eigene kulturelle Prägung. Erst wenn wir beginnen, uns aus den Augen anderer zu betrachten, wird uns deutlich, dass wir mit nicht hinterfragten Glaubenssätzen arbeiten:

  • Die Coaching-Beziehung ist eine unter Gleichen.
  • Der Coach gibt keine Ratschläge oder Verhaltensanweisungen.
  • Im Coaching können wir uns intensiv mit den Problemen des Klienten befassen, ohne zuvor eine tiefe Freundschaft entwickelt haben zu müssen.
  • Der Klient ist ein unabhängiges Individuum mit eigenen Ressourcen, das für sich und seine Angelegenheiten selbst verantwortlich ist.

Wird solches Denken blindlings im asiatisch-pazifischen Kontext angewandt, trifft es dort beispielsweise auf das Konzept der Hierarchie, wie es beispielsweise – im weiteren Sinne – für den Konfuzianismus oder die Hindu-Tradition bestimmend ist. Womit die Probleme beginnen. Lina und Dr. Ajay Nangalia (beide Global Coach Trust, Kalyanagar, Bangalore/Indien) zeigen in der aktuellen Ausgabe 1/10 der Zeitschrift „International Journal of Evidence Based Coaching and Mentoring“, wie asiatische Coachs Coaching für den asiatischen Kontext adaptieren.

Dazu gingen sie explorativ vor und befragten eine eher kleine Stichprobe von zehn Coachs aus Singapore, Thailand, Malaysia, Hong Kong, Japan, Taiwan und Indien mit teilstrukturierten Interviews. Die Inhaltsanalyse wurde an der Fachliteratur und Kulturexperten validiert. Die Ergebnisse spiegeln die Besonderheiten im Coaching im asiatischen Kontext:

  • Status des Coachs: Er wird nicht als gleich wahrgenommen, sondern als (ältere) Respektperson oder Lehrer.
  • Rollenzuschreibung an den Coach: Er wird als Mentor wahrgenommen, der seine Einsichten und Weisheit teilt.
  • Coach-Auswahl: Klienten suchen Coachs, die älter, erfahrener und besser ausgebildet sind als sie selbst; und im Zweifelsfall eher einen Mann als eine Frau.
  • Coaching-Stil: Coachs passen sich der Erwartungshaltung ihrer Klienten weitgehend an.
  • Beziehungsaufbau: Ehe Coaching starten kann, muss zunächst eine tiefere emotionale Beziehung zwischen Coach und Klient aufgebaut werden. Das kann drei bis vier Sitzungen oder bis zu drei Monaten dauern.
  • Sozialer Kontext: Bevor Klienten an die eigene Entwicklung denken, machen sie sich Gedanken darüber, wie sie ihr Team entwickeln können – und welche Auswirkungen ihre eigene Veränderung auf das Team haben könnte.

(tw)

Weitere Informationen:
www.business.brookes.ac.uk/research/areas/coachingandmentoring/volume/815_Nangalia_Nangalia.pdf

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