Beratungsausbildungen lehren die Notwendigkeit von durchdachten und begründbaren Konzepten – in der Praxis fragen die Kunden eher selten danach. In der Literatur sind wirksame Methoden und Settings für unterschiedliche Beratungsanliegen zu finden – in der Praxis dominieren Mischformen.
Konzept oder Kundenwunsch: Woran orientieren wir uns als Beratungspersonen? So formulierte der Berufsverband für Supervision, Organisationsberatung und Coaching (BSO) den Aufhänger des 3. Schweizerischen Beratungs- und Coaching-Tag, der Anfang November in Zusammenarbeit mit der Beratergruppe reflect-on in Bern stattfand und rund 70 Personen anlockte. Auf dem Programm standen drei Keynotes:
- Im ersten Referat nahm Rolf Kuhn, Europäische Stiftung für Interdisziplinäre Studien (EGIS), Bezug auf die drei „M“ im Tagungstitel und fügte noch ein viertes hinzu: die Moral. In seinen Ausführungen entwickelte er das Beratungskonzept als „Regieassistenz“.
- Matthias Mölleney, Inhaber der Beratungsfirma peopleXpert, stellte die These auf, dass erfolgreiche Beratung eine konsequente Kundenorientierung voraussetzt. Er brauchte das Bild des Bergsteigers (Kunde), der eine Begleitung sucht.
- Inés Röthlisberger, Leiterin der Fachstelle „Change und Projektmanagement“ im Personalamt des Kantons Bern, ließ die Teilnehmer an ihrer Sicht als „Einkäuferin“ von Beratungsdienstleistungen teilhaben. Für sie ist das Konzept das „Was“ in der Beraterrolle, das dem „Wie“, der Methode, übergeordnet ist.
Der Cartoonist Pfuschi brachte jeweils im Anschluss an ein Referat das Gehörte präzise und lustvoll „auf den Strich“. Einige seiner Live-Cartoons können auf dem Website der Tagung bewundert werden – zudem stehen dort auch Tagungsdokumente zum Download bereit.
In den Workshops und den moderierten Gesprächsrunden wurden die Anregungen aus den Referaten vertieft, und die Teilnehmenden hatten immer wieder Gelegenheit ihre eigene Position zu reflektieren anhand von Fragen wie:
- Gibt es noch eigenständige beraterische Positionen und Haltungen, unabhängig vom Kundensystem?
- Was ist aus den klassischen Glaubenssätzen der Beratung geworden, wie zum Beispiel: „Vorgesetzte können nicht wirklich coachen“, „Beratung muss neutral und unabhängig sein“?
- Wann kippt die Kundenorientierung von Beratung in Beliebigkeit oder in ethisch fragwürdige Systemerhaltung?
- Was heißt heute Prozess- versus Expertisenberatung?
- Und welche Kompetenzen sind von wem wozu gefragt?
- Sind Methoden wirksam oder Selbstzweck?
- Beratung: Dienstleistung oder Wissensware?
Der 4. Schweizerische Beratungs- und Coaching-Tag soll 2011 – wieder im November – stattfinden. (Susanne Fasel)