Französischer Coaching-Kongress in Lyon

31.07.2009

Kaum Einsparmaßnahmen beim Coaching. Eine junge Branche auf dem Weg der Professionalisierung.

Vom 2. bis zum 3. Juli 2009 fand in Lyon der zehnte nationale französische Coaching-Kongress statt. Organisiert wurde er von der Societé Française de Coaching (SFCoach), die 250 der zirka 2.500 professionellen französischen Coachs umfasst. Am Kongress nahmen 90 Coachs sowie Verantwortliche für Coaching aus Unternehmen teil. Der Kongress stand unter dem Motto „Die Rolle des Coachs in der Gesellschaft“.

In Frankreich ist Coaching viel weniger als in Deutschland von Sparmaßnahmen betroffen, da für das Coaching oft Geld aus dem – unternehmenszentralen – Budget für Fortbildung „umgewidmet“ wird. Jedes Unternehmen ist gesetzlich verpflichtet, mindestens ein Prozent seiner gesamten Lohn- und Gehaltsaufwendungen für Fortbildung auszugeben. Während bei vielen Incentives (französische Klassiker: Teamreise nach Marokko oder Tahiti) gestrichen wurde, wird in Unternehmen Coaching eher als Unterstützungsmaßnahme für einzelne obere Führungskräfte ausgeweitet. Fast alle französischen Coachs verstehen sich als „Coach pour cadres dirigeants des entreprises“.

Coaching ist in Frankreich gemessen am deutschsprachigen Raum jung. Selbstorganisierter kollegialer Praxisaustausch etwa in Form von Lerngruppen steckt noch in den Anfängen. Es gibt in der gesamten französischen Coaching-Szene fast keine Auseinandersetzung oder Austausch mittels Artikel und Foren – da es weder eine Coaching- noch eine OE-Zeitschrift gibt. Jeder „Maître“ schreibt regelmäßig sein Buch, was bei seinen Adepten zu dem für Deutsche fast immer unverständlichen französischen Muster von „Bewunderung des hervorragenden originellen Denkers, der sich brillant auszudrücken weiß, und der unberechenbaren Rebellion gegen die Autorität“ führt.

Die gesellschaftliche Rolle des Coachs wurde in den Eingangsstatements beschrieben als ein „Reinjizieren von Libido und Verlangen in das Unternehmen und die Führungskräfte mit dem Ziel, dass wieder mehr Kreativität entsteht“. Insofern ist die Rolle des Coachs wichtig, um in diesen schwierigen Zeiten, in denen vieles in Frage gestellt ist, die Beziehung der Führungskräfte zur Arbeit „zu sichern“ und den Führungskräften Halt zu geben.

Viel Zustimmung fand eine zentrale Aussage: Der Beginn eines Coaching mag sich an den zwischen Coach, Coachee, Vorgesetztem und (in Frankreich immer beteiligten) Human Ressource-Verantwortlichen getroffenen Zielvereinbarungen orientieren. Letztlich findet Coaching aber „auf einem gemeinsamen Weg und in der Intersubjektivität zwischen Coach und Coachee“ statt.

Fast alle Beiträge waren konzeptionell und normativ angelegt, es gab nur zwei Erfahrungsberichte aus der Praxis. Und doch war der Kongress ein weiterer Schritt der Öffnung für Coaching in Frankreich, was an der Vielfalt der Themen – Coaching als Orientierungshilfe für Abiturienten und Berufsanfänger; Coaching in Familienbetrieben; Macht in Unternehmen; Der Coach und seine Beziehung zum Geld etc. – deutlich wurde. (Michael Holzhauser)

Weitere Informationen:
www.sfcoach.org

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