11.02.2008
Peter Meier (Name geändert) kommt an keinem Casino, an keiner Spielhalle vorbei, ohne hineinzugehen und den Inhalt seines Portemonnaies auf den Kopf zu hauen. Er ist hoch verschuldet, seine Frau hat ihn verlassen. Doch Spielen ist und bleibt sein zentraler Lebensinhalt. Meier ist ein pathologischer, ein krankhafter Glücksspieler. "Mehr als 100 Menschen wie Herr Meier haben wir jedes Jahr in der Klinik", sagt Dr. Bernd Sobottka, Leitender Psychologe der Klinik Schweriner See, einer Kooperationsklinik der Martin-Luther-Universität.
Der 46-Jährige hat das "Entscheidungsverhalten bei pathologischen Glücksspielern" erforscht und darüber nun promoviert. Bislang hat man den Betroffenen oft wichtige Entscheidungsfähigkeiten abgesprochen, ist von einer eher ungünstigen Behandlungsprognose ausgegangen und hat Maßnahmen zur Glücksspielabstinenz in den Vordergrund gestellt.
Doch Sobottka kam zu einem anderen, durchaus überraschenden Ergebnis: Es gibt keine grundsätzlichen Defizite im Entscheidungsverhalten von Glücksspielern. Während sich die Glücksspieler im Experiment zwar selbst als impulsiv handelnd erleben, trafen sie die Entscheidungen im Kartenspiel nicht schneller und wahlloser als die anderen untersuchten Gruppen. "Unter den von uns hergestellten Bedingungen waren sie absolut in der Lage, ihre Impulse zu kontrollieren", konstatiert der Forscher und zieht daraus entscheidende Schlussfolgerungen: Die vorliegenden Befunde deuten auf ein suchtspezifisches Entscheidungsverhalten bei Glücksspielern hin, bei dem das so genannten Belohnungssystem im Gehirn aktiv ist. „Die Spieler suchen quasi in bestimmter Weise nach Erfahrungen, die ihnen ein gutes Gefühl vermitteln. Ich bin mir nun sicher, dass wir den Patienten mit bewährten verhaltensbezogenen Therapie-Techniken helfen können." (tw)