Probezeit - verschenkte Chancen

21.05.2008

Studie: Falsche Erwartungen auf beiden Seiten. Intelligente Einarbeitungskonzepte fehlen. Trennung als erstes und nicht als letztes Mittel der Wahl. Coaching als Maßnahme ist noch nicht akzeptiert.

Für die Einarbeitung von neuen Mitarbeitern in der Probezeit gibt es in den Unternehmen offenbar keine tragfähigen Konzepte. Im Gegensatz zu anderen Aufgaben der Personalbetreuung und -entwicklung verfügen weder die Personalabteilungen noch einzelne Vorgesetze über spezielle Integrationsprogramme. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie der Managementberatung Mühlenhoff + Partner. Befragt wurden 85 Personalverantwortliche aus Unternehmen des Mittelstands und von Großunternehmen in Deutschland.

Da die Einarbeitung eines neuen Mitarbeiters kein routinemäßiger Vorgang ist, rückt diese wesentliche Phase der erfolgreichen Besetzung von wichtigen Funktionen in Unternehmen in den Hintergrund. Im Wettbewerb um die besten Mitarbeiter sollte die Gestaltung der Probezeit jedoch an Gewicht gewinnen, da der Markt an qualifizierten, passenden Mitarbeitern begrenzt ist. Zudem sind die Kosten für eine fehlgeschlagene Besetzung nicht unerheblich.

Die am häufigsten genutzten Instrumente zur Mitarbeiterintegration in der Probezeit zeichnen sich dadurch aus, dass sie ohne besonderen Aufwand realisiert werden können: Feedback-Gespräche (93%) und Training on the job (89%) rangieren auf den ersten Plätzen. Dabei bietet ein Drittel der Befragten alle vier Wochen ein Feedback-Gespräch mit dem neuen Mitarbeiter an, rund die Hälfte nur alle acht bis zwölf Wochen – das heißt in der Regel: zwei bis drei Mal während der gesamten Probezeit. Dass diese Maßnahmen neben Einführungsseminaren und Handouts für eine erfolgreiche Integration nicht ausreichen, scheinen auch die Unternehmen zu sehen. Fragt man sie nach ihren Vorstellungen, wie sie die Probezeit optimieren würden, wünschen sie sich eine Zunahme der Feedback-Gespräche.

Bei mehr als jeder vierten Einstellung wird dem Neueinsteiger im Unternehmen ein Mentor zur Seite gestellt. Auch „Coaching“ bieten 47 Prozent der Unternehmen an. Die Aufgabe fällt jedoch den Vorgesetzten oder der Personalabteilung zu, die in der Regel über knappe Zeitressourcen verfügen, wie auch schon die Häufigkeit, bzw. Seltenheit der Feedback-Gespräche belegt. Lediglich rund 17 Prozent der Unternehmen beauftragen für den neuen Mitarbeiter einen externen Coach. Dies lässt den Rückschluss zu, dass anders als in anderen Bereichen, in denen sich Coaching etabliert hat, diese Maßnahme in der Probezeit noch nicht akzeptiert ist. Insgesamt lassen die Maßnahmen den Schluss zu, dass eine systematische Einarbeitung, die sowohl das fachliche als auch emotionale Anwachsen fördert, noch ausbaufähig ist.

Dass sich in der Probezeit Arbeitnehmer und Arbeitgeber trennen, ist kein Einzelphänomen. Ein Fünftel der Unternehmen gibt an, dass ihre Trennungsquote in der Probezeit zwischen fünf und zehn Prozent liegt. Insgesamt zeigt sich, dass bei fast jedem vierten Unternehmen mehr als vier Prozent der Einstellungen in der Probezeit scheitern. Diese Quote ist nicht unerheblich, auch angesichts der mit einer Einstellung verbundenen Kosten. Denn ein Drittel der befragten Unternehmen beziffert die Kosten einer nicht erfolgreichen Stellenbesetzung mit 75.000 bis 100.000 Euro und mehr. Ein weiteres Drittel veranschlagt sie mit 25.000 bis 50.000 Euro. Summiert man dazu noch die Produktivitätsverluste, die durch Einarbeitung und Trennung von neuen Mitarbeitern entstehen, können je nach Stelle rund 200.000 Euro pro fehlgeschlagener Besetzung veranschlagt werden.

40 Prozent der Unternehmen stellen fest, dass ihre Bereitschaft, sich von einem neuen Mitarbeiter zu trennen, in den letzten Jahren gestiegen ist. Am häufigsten kommt es zur Trennung, weil sich herausstellt, dass eine der beiden Seiten in ihren Erwartungen enttäuscht wird (81%). So erfährt der Neueinsteiger erst in der betrieblichen Realität, ob sich seine Vorstellungen erfüllen, ob beispielsweise die Aussagen des Personalmarketings stimmen, ob die Arbeitsplatzbeschreibung zutrifft. Auch bei den Arbeitgebern existieren falsche Erwartungen: Sie erhoffen sich von einem neuen Mitarbeiter vielfach Erfahrungen, die erst im Rahmen langer betrieblicher Zugehörigkeit erworben werden können, und werden folglich enttäuscht.

Als zweithäufigster Grund (60%) wird überraschender Weise die fehlende Fachkompetenz genannt. Obwohl angenommen werden kann, dass diese Anforderungen leicht zu überprüfen sind, scheint dies nicht hundertprozentig zu gelingen. Zwei Ursachen können angenommen werden: Möglicherweise gibt es auf Seiten des Arbeitgebers Defizite; die Anforderungen wurden nicht pointiert genug formuliert. Es kann aber auch am Bewerber selbst liegen: Er versucht, sich im Vorstellungsgespräch möglichst optimal darzustellen und berücksichtigt nicht hinreichend, dass er das, was er verspricht, auch einlösen muss. An dritter Stelle rangiert als Trennungsgrund „Konflikte im Team“ (50%). Dies lässt vermuten, dass nicht hinreichend daran gearbeitet wird, Probleme des Teams zu managen. Die Trennung wird dann häufig als erstes und nicht als letztes Mittel der Wahl begriffen. (tw)

Weitere Informationen:
www.muehlenhoff.com

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