12.09.2008
Die auf der Messe „Zukunft Personal“ vom Deutschen Psychologen Verlag veranstaltete Podiumsdiskussion brachte kaum neue Erkenntnisse, gewährte der Öffentlichkeit allerdings einige erhellende Einblicke bezüglich der Positionierung des Themas im Berufsverband deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP).
Vor kurzem erst hatte der Vorsitzende der Sektion Wirtschaftspsychologie im BDP, Dr. Jürgen Smettan, die Einführung eines zweistufigen Coaching-Zertifikats verkündet. So hätte man doch erwarten können, dass er nun der Öffentlichkeit an prominenter Stelle Auskunft geben wollte. Doch Dr. Smettan fehlte auf dem Podium. Damit nicht genug: Auch die Chefredakteurin der BDP-Zeitschrift „Wirtschaftspsychologie aktuell“, für deren Medium mit der Veranstaltung Werbung gemacht wurde, fehlte – wie auch schon im letzten Jahr. Soviel zum Thema „Strategie“.
Moderatorin Uschi Gersch, die sich als „Coach vom Berufsverband deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP)“ ankündigen ließ, stellte dem Publikum die Hälfte ihrer Podiumsteilnehmer als altbekannte Kollegen vor: Beispielsweise den „Gruppen-Fengler“. Hiermit war Professor Dr. Jörg Fengler gemeint, der an der heilpädagogischen Fakultät der Kölner Universität Psychologie lehrt. Ebenfalls als alter Bekannter wurde Herbert Urmann vorgestellt, Inhaber des Kölner Beratungsinstituts Neue Psychologie – den man noch aus seiner Zeit in der Erziehungsberatungsstelle kenne. Damit war - Stichwort "Empathie" - die Mehrheit des Podiums gleich zu Beginn schon unprofessionell ins Licht gesetzt (worden).
Weiterhin auf dem Podium: Dr. Christine Kaul, soeben in ihre Altersteilzeitphase gewechselte langjährige Leiterin des Geschäftsfelds Coaching in der Volkswagen Coaching GmbH und Coaching-Pionierin, und Achim Mollbach, Principal Executive Coaching bei Kienbaum Management Consultants GmbH.
In einer ersten Runde ging es um das interessante Gebiet: Coaching zwischen Professionalität und Profession. Während Dr. Kaul die Zersplitterung der Coaching-Verbandsszene beklagte und Herbert Urmann Coaching nicht als Beruf, sondern als Funktion verstanden wissen wollte, kritisierte Achim Mollbach Defizite in der Coaching-Ausbildung. Dort würde gegenüber der psychologischen die Managementkompetenz zu wenig berücksichtigt. Ebenfalls wichtig sei weiterhin die Feldkompetenz. Und deshalb beschäftige Kienbaum auch keine „Nur-Coachs“. Mollbach: „Man fängt nicht als Coach an, sondern hört im günstigsten Fall damit auf.“ Professor Fengler legte dar, welche Anforderungen er an eine Coaching-Ausbildung stellt, und verglich diese unter anderem mit der Psychotherapie-Ausbildung.
Nach den Methoden und Anforderungen an einen Coach befragt, erläuterte Dr. Kaul, dass ihr primär nicht eine bestimmte „Schule“, aus der der Coach stamme, wichtig sei, sondern dass er überhaupt eine theoretische Heimat habe, sowie das Setting und seine Anforderungen. Herbert Urmann vertrat den Standpunkt, ein Coach müsse ein tiefes Verständnis von Persönlichkeit, Organisation und dem Zusammenwirken beider mitbringen, um erfolgreich arbeiten zu können. Das unterstrich Achim Mollbach, der die starke Trennung beider Domänen in der Vergangenheit bedauerte. Mollbach: „Wir brauchen keine Gespräche über Coaching-Methoden, sondern über Modelle von Organisation und Management“. Bedauerlicherweise blieb er die Frage nach einem konkreten Beispiel für solche Modelle schuldig, was im Publikum nicht gerade gut ankam. Ebenso wie die Bemerkung Professor Fenglers, psychoanalytische Modelle seien besonders hilfreich, das Geschehen in Organisationen zu beschreiben.
Dass nun auch ausgerechnet ein Psychologie-Professor im dritten Diskussionsblock über Methoden der Überprüfung des Coaching-Erfolgs bekannte, „Evaluation ist nie solide“, irritierte ebenfalls nicht wenige Teilnehmer der Veranstaltung. Fand doch parallel zur Messe der 6. Deutsche Fachkongress für Bildungscontrolling statt, bei dem es nun gerade auch um solche Fragen ging. Allerdings relativierte sich Fengler im Folgenden selbst, indem er ein praktisches Selbstevaluations-Tool für die Prozessevaluation vorschlug. Achim Mollbach verwies auf die gemeinsam mit dem Harvard Business Manager durchgeführte Befragung, die nun gerade im Bereich Evaluation Defizite ausgezeigt hatte. Skeptisch äußerte sich der Kienbaum-Berater über Versuche, das Professionalisierungsproblem über Zertifizierung von Coachs lösen zu wollen: „Die Unternehmen selbst tun schon alles, um die Auswahl zu professionalisieren“. – Irgendwie schade, dass da nun der Vorsitzende der Sektion Wirtschaftspsychologie im BDP, Dr. Jürgen Smettan nicht parieren konnte.
Mit einer Rekordbeteiligung von mehr als 500 Ausstellern und über 8.200 Besuchern ist die Kölner Messe „Zukunft Personal“ die europäische Leitmesse für das Personalwesen. (tw)
Weitere Informationen:
www.zukunft-personal.de