26.09.2008
Es beginnt mit Gereiztheit und Schlafstörungen und endet mit Angstzuständen und Depressionen. Das Erschöpfungssyndrom betrifft Mitarbeiter aller Berufssparten. Auch im IT-Sektor leiden mehr und mehr Mitarbeiter unter dieser modernen Volkskrankheit. „Burnout in der IT-Branche“ heißt ein Arbeitspapier des Rhein-Ruhr-Instituts für Sozialforschung und Politikberatung (RISP), das sich mit Anzeichen, Ursachen und vorbeugenden Maßnahmen beschäftigt. Das An-Institut der Uni Duisburg-Essen entwickelt in einem Projekt bis 2010 Strategien für einen präventiven Gesundheitsschutz in der IT-Branche und gibt in diesem Zusammenhang regelmäßig Arbeitspapiere heraus. Das aktuelle Material ist in Kooperation mit sechs Unternehmen entstanden und richtet sich an Beschäftigte, Personalleiter und Firmenleitungen.
Autorin und RISP-Mitarbeiterin Ursula Kreft beschreibt zunächst die Warnsignale von Burnout. Sie laufen in drei Dimensionen ab und äußern sich in Gefühlen, körperlichen Symptomen, dem Verhalten zur Arbeit und dem Umgang mit der Umwelt: Der emotionalen und physischen Erschöpfung, folgen Zynismus, Demoralisierung, Entfremdung. Am Ende fehlt das Engagement für die Arbeit, und Versagensängste machen sich breit.
Ob man ein Kandidat für Burnout ist, kann man mittlerweile über zahlreiche Selbst-Tests herausfinden. Kreft befasst sich mit dem Für und Wider dieser Online-Diagnoseverfahren. Und sie widmet sich den Ursachen des Ausgebranntseins - ein strittiges Thema. Gilt Burnout in vielen Betrieben immer noch als Tabu oder wird als Problem des Einzelnen gesehen, ist sich die Wissenschaft nämlich uneins über die primären Gründe: Die einen Forscher stellen das Individuum in den Mittelpunkt und sehen Betroffene als Opfer ihres eigenen großen Idealismus, der hohen Ansprüche an sich selbst und den Erwartungen an den Job. Andere Studien gehen davon aus, dass grundsätzlich nicht der Arbeitsstress krank macht, sondern der permanente Verschleiß eigener Reserven. Wer keine neue Energie tanken kann - auch durch positive Faktoren wie Arbeitsfreude und Anerkennung -, bei dem ist das Gleichgewicht zwischen Beanspruchung im Beruf und persönlichen Ressourcen gestört.
Ein anderer Teil der Forschung sieht die Ursachen für Burnout primär im Arbeitsumfeld, den Arbeitsbedingungen und der Form der Arbeitsorganisation, weniger im Verhalten des Individuums. Die moderne Arbeitswelt und die Bedürfnisse der Menschen passen nicht mehr richtig zusammen. Dauerhafte Arbeitsüberlastung, mangelnde Kontrolle über die eigene Arbeit, unzureichende Belohnung, der Zusammenbruch der Gemeinschaft am Arbeitsplatz, fehlende Fairness und widersprüchliche Vorgaben können unter anderem die Folge sein.
Wie lässt sich Burnout aber nun verhindern? Die Autorin gibt Anregungen für betriebliche Maßnahmen und empfiehlt Strategien, wie man sich selbst vor dem „Arbeiten ohne Ende“, wie sie es nennt, schützen kann. So sollten Unternehmen ein umfassendes Gesundheitsmanagement anstreben. Erste Schritte sind verbindliche Arbeitszeitregelungen und Pausenzeiten und eine funktionierende innerbetriebliche Kommunikation, auch um Schwachstellen im Arbeitsprozess, belastende und entlastende Faktoren auszumachen.
Zum persönlichen Selbsthilfeprogramm gehört nicht nur, für einen körperlichen und seelischen Ausgleich zu sorgen. Man sollte auch das eigene Arbeitsverhalten angehen: Puffer in den Terminkalender einplanen, regelmäßige, kurze Pausen einlegen, während des Arbeitstages einmal das Büro verlassen und "private Inseln" schaffen, die jobfrei bleiben. Mühsamer wird es für die, die keine Hobbys mehr haben und kaum noch Bekannte, die nicht Kollegen sind. Um Burnout vorzubeugen ist auch das Gespräch mit Freunden und Kollegen wichtig und im Zweifel mit einem Arzt. Allerdings, das sagt RISP-Mitarbeiterin Ursula Kreft deutlich, nutzen all die individuellen Bemühungen nichts, wenn die Bedingungen im Betrieb nicht stimmen. (tw)